Volltext Seite (XML)
vo wi Fräulein Laura?" „Nun gut," rief sie lächelnd, „dann also vorwärts!" Ich legte ihre kleine Hand auf meinen Arm, und wanderten weiter. „Ich Ihnen etwas versprechen?" „Liefern Sie . . so heißt es ja wohl? . . . liefern Sie I Arbeit ab und gestatten Sie mir, Sie zurückzubegleiten." zSie scherzen, mein Herr!" „Durchaus nicht." „Aber ich wohne sehr weit," versetzte sie unbesonnen; „< oberen Ende der Rue Miromesnil." „Und ich auf dem Boulevard Malesherbes. Sie sehen, Sache macht sich ganz ausgezeichnet. Also gehen Sie schnell : kommen. Sie ebenso schnell zurück." „Ich möchte es schon, aber es geht nicht. Sie wissen ni wie difficil Fräulein Laura ist, wie lange Zeit sie braucht, ihre Toiletten anzuprobiren. Nein, ich danke! Ich werde lic den Omnibus nehmen " Ich habe nicht weiter darauf bestanden, denn ich sah, daß sie cinschüchtcrte; sie hat mich verlassen, und ich that, als setze meinen Weg fort, dann aber bin ich umgekehrt und habe mich r dem Hause, in das sie eingetreten war, aufgepflanzt. III. Eine Viertelstunde, dann noch eine und eine dritte sind v flossen, ich wollte die Partie schon aufgeben, als das junge Mädch wieder erschien. „Sie schon wieder, mein Herr!" rief sie ängstlich. „Welch' häßliches Wort Sie gebrauchen, mein Fräulein, u welch' unfreundlichen Ton..." „Ja, aber . . ." „Sie thun mir Unrecht," fuhr ich fort; „sehen Sie mich a bin ich der Mann, Ihnen Furcht eiuzuflößen? Sie haben mi eben ohne Augst begleitet; warum erscheine ich Ihnen denn je schrecklicher?" „Eben hatte ich meine Arbeit zu schützen," versetzte sie nar eingewickeltes Packet, das sie mit beiden Händen hält, viele Um stände zu machen scheint. Ihr Blick huscht nach rechts, nach links; sucht sie ein Haus? Nein, sie versucht, ein Obdach zu finden. Doch wir befinden uns am äußersten Ende der Rue de Grenelle. Hier giebt es keine Läden, nichts als hermetisch verschlossene Häuser. Das junge Mädchen schüttelt den Kopf, und ich sehe, wie sie sich in einen riesigen Thorweg flüchtet. Tapfer erträgt sie den Regen und den Wind, nachdem sie das Packet, das sie hinderte, hinter sich gestellt. Der Inhalt dieses Packeis ist also sehr kostbar? Doch die Gesundheit seiner Trägerin ist noch kostbarer. Aber was soll aus ihr werden, wenn sie der eisigen Temperatur ausgesetzt bleibt? Ich widme einige Augenblicke einer aufmerksamen Beobachtung. Das junge Mädchen ist klein, fröhlich und lustig, eine jener Pariser Bachstelzen, die zu allen Tageszeiten und bei jedem Wetter ge wöhnlich ohne große Sorge die Straßen durchwandern und über die schwärzlichen Wassertümpel springen, die sie zu passiren ver stehen, ohne sich ihre weißen Strümpfe naß zu machen. Meine kleine Bachstelze ist ärmlich, aber sorgfältig gekleidet. Ihr dünner, zarter Körper scheint nnter der dünnen, abgeschabten Pelerine und dem schwarzen, an den Nähten weiß gewordenen Kleide zu zittern. Ein Mit Sammetbändern garnirter Hut sitzt auf den reizendsten blonden Haaren von , der Welt. Baumwollene Handschuhe bedecken eine feine, elegante Hand, und große Filz überschuhe vermögen die reizende Form des kleinen Fußes, der un geduldig auf das Pflaster klopft, nicht ganz zu zerstören. Diese Bemerkungen haben sich im Nu in meinen Geist ein gegraben. Ich bin Kenner, ich schmeichle mir! Das junge Mädchen gefällt mir! Gesegnet seist du, Regen, den ich vor kaum einem Augenblick verwünschte; du lieferst mir das Mittel, eine interessante Bekannt schaft zu machen! „Mein Fräulein, Sie werden sich in diesem Winkel erkälten, in dem der Regen und der Wind Sie erreichen können." Sie hat den Kopf erhoben; ihre Augen — was für hübsche Augen! — sind den meinigen begegnet. „Ach ja, es ist kalt," er widert sie; „doch was thun? Es ist kein Omnibus da, und ich muß vor 4 Uhr in der Rue Tasanne .liefern'." „Liefern? Was heißt das?" „Ich meine, ich muß meine Arbeit abgeben, ein prächtiges Kleid, das ich in diesem Packet habe." „Oh, ich begreife; aber- Sie sagen, vor 4 Uhr, und es hat schon halb vier geschlagen." „Das ist es ja eben!" „Nun, verzweifeln Sie nicht . Wollen Sie den Schutz meines Schirmes annehmen?" Zum zweiten Male tauchte das hübsche Kind ihren Blick in den meinigen; ein Schatten der Unruhe huschte über ihre Stirn, ihre rosigen Lippen kräuseln sich, dann nickt sie mit dem Kopf und murmelt- „Warum nicht? — Sie sehen recht vertrauenerweckend aus," fuhr sie in lautem Tone fort: „Mein Herr, ich nehme Ihr Anerbieten dankbar an." Damit ergriff sie wieder ihr Packet und setzte sich wieder in Bewegung. ^Vertrauen Sie mir auch dieses Packet an," sagte ich; „ich kann eS leichter als Sie vor dem Regen schützen." „Sie sind wirklich sehr liebenswürdig. Da nehmen Sie es. Aber geben Sie Acht. So, halten Sie es an den Zipfeln." Während dieser Worte hat eine ihrer Hände die meinigen ergriffen und die Zipfel des Tuches um meine Finger gelegt; dann hing sie sich an meinen Arm und sagte: „Gehen wir schnell, ja?" Gewiß war ich damit einverstanden; doch das Packet-und der Schirm hinderten mich ein wenig; außerdem verwirrte das junge Mädchen mich derartig, daß ich plötzlich mit dem Fuß in eine Pfütze trat. „Oh, mein Herr," rief die Kleine; „ich bitte Sie, geben Sie Acht. Wenn das Kleid für Fräulein Laura verdorben würde, das wäre eine schöne Geschichte! Denken Sie doch, das Kleid ist für ihren Hochzeitsball bestimmt, ein prächtiges Kleid aus blauer Seide!" Ich verspreche, mich aufmerksamer zu zeigen. Die Rue de Grenelle ist lang. Wir plaudern. Wovon? Von allem Möglichen. Ich erfahre, daß meine Begleiterin Stickerin ist, ihr Vater Kürschner, ihre Mutter ebenfalls Stickerin. „Mama ist sehr angestrengt, die arme liebe Mama; daher soll sie sich jetzt auch ein bischen ausruhen. Mein ältester Bruder ist Drechsler, der andere Graveur. Wir wohnen Alle zusammen, und es ist so hübsch, in Familie zu leben, abgesehen . " „Abgesehen?" „Ach nichts!" stottert die Kleine .... „Ich dachte an etwas Anderes. Wir sind jetzt" am Ziel. Ich danke Ihnen tausendmal, mein Herr, Sie haben mir einen großen Dienst erwiesen." „Wenn das der Fall ist, so müssen Sie mir etwas versprechen." Bald wurde sie wieder lustig wie vorher. Von einigen freunt lichen Worten ermuthigt, begann sie ein fröhliches Geplauder. Jh Vater, ihre Mutter, ihre Brüder trugen die Kosten. Einen Augenblick vergaß sie sich und sprach von einem Herr Charles. „Wer ist das?" fragte ich. Eine lebhafte Röthe bedeckte meine Wangen. „Das ist mcii Zukünftiger," sagte sie endlich. „Ah, es ist ein Zukünftiger da? Ich möchte ihn sehen, dieser Jntriguanten." „Ach, Charles ist so gut! Er ist so schön!" rief das Mädchei begeistert. „Sie glauben nicht, mein Herr, wie lieb und geduldv er zu mir ist. Er ist so gebildet! So ernst! Und doch so reizend!' „Gebildet, ernst und doch reizend? Ja, was ist denn diess Herr Charles?" fragte ich ironisch. „Er ist Beamter im Ministerium des Innern," versetzte di Kleine in einem Tone, als hätte sie gesagt: ,Er ist der Minister selbst!' „Schon lange, mein Herr, sahen wir uns an, wenn wi auf der Treppe aneinander vorübergingen, denn er wohnt im selber Hause wie wir. Er hat mir gestanden, wie gern er schon frühe: um meine Hand angehalten hätte. Doch er ist arm wie ich, uw erhält seine Mutter, die schon sehr, sehr alt ist . . . Nun, denke« Sie sich unser Glück! Charles ist im letzten Monat befördere worden! Er hatte gar nicht darauf gerechnet. Sein Bureauchei hat ihn protegirt. Oh, ich habe diesen Chef von ganzem Herzev lieb! Charles hat jetzt eine gute Stelle. Daher hat er auch ohne Zögern um meine Hand angehalten. Meine Eltern, die ihn als einen sehr guten Sohn kennen, haben ihn recht freundlich aus genommen." „Und wann werden Sie sich verheirathen?" fragte ich, einen Moment benutzend, indem das junge Mädchen Athem schöpfte. „In drei Wochen!" „So bald?" „Aber das ist ja gar-nicht so bald, denn wir lieben uns jo seit beinahe zwei Jahren; wir warteten eben geduldig aus Charle? Avancement." „Und dieses Avancement, ist bedeutend?" „Das will ich meinen; Charles bekommt jetzt 2000 Franks." „Wie," ries ich bestürzt; „diese Summe nennen Sie bedeutend? .. Nun, man muß sehr tapfer sein, um unter solchen Verhältnissen einen Hausstand zu begründen." „Sie scheinen nicht gewöhnt zu sein, nachzudenken, mein Herr! Sichere 2000 Franks sind schon sehr schön. Und im nächsten Jahre giebt es vielleicht wieder Zulage. Dann wird sich Charles eine kleine Beschäftigung für die Abendstunden suchen. Ich arbeite ebenfalls. Sehen Sie, wenn ich alles ganz schlecht berechne, kann Fürst, Der : Berge Zephr Knosp bekrür Herrisi Band dem r zu ne: onen und j in de« D auch s und i gerne der N- lingsz Unheil ein b Leben Mense Dl „Und jetzt denken Sie nicht einmal an sich selbst? Ihre kleb Person erscheint Ihnen nicht so werthvoll, als das Kleid