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Wochenblatt stil MW blatt Amis Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff Forstrentamt zu Tharandt. fii* die Königliche Amtshanptmannschast Meißen, für das sowie kür das Königliche unä Nmgegenä. Erscheint seil «lern Iakre 1841 Da- V?ochenb!arl für Wilsdruff erscheint wöchentlich dreimal und zwar Montags, Mitt wochs und Freitags abends 6 Uhr für den folgenden Tag. — Bezugspreis bei Selbstäbholung non der Druckerei sowie allen Postämtern monatlich 55 ssfg., vierteljählich ^,60 Mk., im Stadt« ezirk zugetragen monatlich 60 Pfg., vierteljährlich l,75 Mk., bei Selbstabholung von unseren Landau^gabestellen monatlich 60 j>fg., vierteljährlich t,65 Mk., durch unsere Landau-träger zugetragen monatlich 65 s>fg., vierteljährlich ^,85 Mk. — Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger irgendwelcher Storungen der Betriebe der Zei tungen, der Lieferanten oder der Veförderungseinrichtungen hat der Bezieher keinen An spruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugs preises. Ferner hat der Inserent in den obengenannten Fällen keine Ansprüche, falls die Zeitung verspätet, in beschränkten! 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Nr. 72. Sonnabend den 23. Juni 1917. 76. Jahrg. Der amtliche Teil befindet sich in der Beilage. Mcmg WW SIMM m PoeWerg in W Wer IM j^ikklänge aus äer SckweiL. Einen gewissen Teil der braven Eidgenossen juckt es schon lange in allen Fingerspitzen. Sie sitzen sozusagen vor den Toren des Weltkrieges und sollen doch ihre Hände davon lassen. Man müßte eigentlich meinen, sie würden ihrem Schöpfer dafür danken, aus tiefstem Herzensgrund ihn loben und preisen, daß er sie so lange bewahrt hat vor den schrecklichen Heimsuchungen dieser europäischen Katastrophe, daß er sie schlimmstenfalls nur deren Neben wirkungen verspüren läßt, als da sind: Teuerung, Ausfall des Fremdenverkehrs, erhöhte Militärlasten und ähnliches mehr. Aber nein, manchmal ist man versucht zu glauben, sie fühlten sich nicht als vollwertige Glieder unserer Völkergemeinschaft, so lange sich kein passender oder un passender Vorwand für sie gefunden habe, ihre aktive Teil haberschaft in dem blutigen Ringkampf der Großmächte seierlichst anzumelden. Es ist nicht der östliche, also der überwiegend deutschsprachige Teil des Landes, der so denkt und fühlt. Die welschen Kantone dagegen sprühen vor Ungeduld, und wenn der Berner Bundesrat bis jetzt nicht die Hand fest am Steuerruder der Re publik gehalten hätte, w : weiß, wo die Schweiz jetzt am Ende schon stände. Auch die wohlgefügte Heeresmacht, auf die er sich dabei stützen muß, wenn nicht die staatliche Zentralgewalt und die Ordnung, für die sie allein ver antwortlich ist, ins Wanken geraten soll, wird bereits von heftigen Volksleidenschaften umbrandet. Als kürzlich Militär aufgeboten werden mußte, um in einem welschen Fabritort, wo ein radikaler Journalist gewaltsam aus Lem Gefängnis befreit worden war, das Ansehen der Obrigkeit vor weiteren Bedrohungen zu schützen, ent fesselten diese Vorgänge landauf landab die stürmischsten Erörterungen, und es kostete viele Mühe, den Ausbruch neuer Preß- und Volksstürme gegen dieistaatlichen Autori täten zu verhüten. Da kann es natürlich nicht wundernehmen, wenn so unliebsame Gemütsstimmungen grober Volksteile schon bei geringfügigen Anlässen zu Explosionen führen. Die Anwesenheit des von der Entente mit der ganzen ihr eigentümlichen Brutalität aus seinem Lande vertriebenen Königs von Griechenland in Lugano war dort kaum ruchbar geworden, als der Straßenpöbel sich schon hinter dem unglücklichen Monarchen her machte, ihn aus einem öffentlichen Lokal aufscheuchte und, als feine Person ihren freundlichen Absichten entzogen war, sich die Konsulate der Mittel mächte und ihrer Verbündeten aufs Korn nahni, um wenigstens an staatlichen schildern und Hoheitsabzeichen ihr Mütchen kühlen zu können. Das Handwerk wurde diesen angenehmen „Patrioten" zwar sehr bald von der Orts polizei gelegt und es wurde auch festgestellt, daß sich unter den verhafteten Skandalmachern eine Anzahl landfremder Italiener befanden, bei der nahen Grenze kein Wunder. Aber es bleibt doch ein Schmutzfleck an dem sonst so reinen und schönen Namen des Schweizer Volkes haften. Sie, deren herrliche Kantone sich sonst jedem Flüchtling voll barmherziger Nächstenliebe öffnen, die selbst abge feimten Verbrechern Asylrecht gewähren, weil sie auch in ihnen noch das arme Menschenkind achten und schätzen wollen, sie haben es so weit kommen kaffen, daß ein König, der aus uneigennütziger Liebe zu seinem Volke der schmählichsten Gewalt, der abgefeimtesten Hinter list gewichen ist, in ihren Straßen verhöhnt und be schimpft wurde. Das ist ein trauriges Zeichen der Zeit, traurig in erster Reihe für die Bewohner des Landes, die sich, ihre Ehre und ihre Würde so weit vergessen konnten. Und dann die Ausschreitungen in Genf, die Kund gebungen aus Anlaß des Falles Grimm-Hoff mann! Auch hier geriet die Straße sofort in Be wegung, und auch hier gegen die Mittelmächte und das, was vermeintlich an ihrer Seite kämpfte. Wohlverstanden für den Frieden, ja sogar für den allgemeinen Frieden kämpfte! Der nichts als inter national gesinnte Herr Robert Grimm, der über Deutsch land stets die vollen Schalen feines Zornes, seiner ge hässigen Entrüstung ausgegossen und der jetzt nichts weiter getan hatte als — in Bern, nicht in Berlin — nach den Bedingungen zu fragen, unter denen wohl Deutsch land in Friedensverhandlungen mit seinen Feinden ein treten würde, derselbe Mann wird plötzlich als ein deut scher Agent ausgegeben, um seine Ausweisung durch die russische .Demokratie" als berechtigt erscheinen zn lasten. Und dem Bundesrat Hoffmann wird lediglich daraus, daß er eine Frage eines Landsmannes in der Absicht, dem europäischen Frieden zu dienen, nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäß beantwortet hat, ein Strick ge dreht. Er muß gehen, nicht wegen dessen was er getan hat, sondern wegen des Zerrbildes, das die guten Freunde der Schweiz jenseits ihrer schönen Berge mit teuflischer Gewandtheit von seinem Verhallen entworfen haben. Und unbesehen machen die Schweizer Bürger, so weit sie ihre Gesinnungen aus englisch-französichen Zeitungen beziehen, sich die Hetzereien gegen einen ihrer höchsten Bundesbeantten zu eigen. Im Handumdrehen ist der Mann „erledigt", und zur Feier des Ereignisses wird wieder einmal eine kleine Hetze gegen das Deutschtum ver anstaltet. Ihm wird die furchtbare Schuld nachgejagt, er fei an seinem Teile nach wie vor bereit, zur Beendigung der völlig sinnlos gewordenen Menschenschlächterei dieses Krieges die Hand zn bieten. Bundesrat Hoffmann hat natürlich nur für sich persönlich diese Ansicht aus gesprochen, Ivie er selbst bekundet, von deutscher Seite ist gar nichts geschehen, uni ihn in seiner Meinungsäuße rung zu beeinflussen. Die Sache ist also eigentlich zu dumm, möchte man sagen. Um so mehr scheint sie den Welschen als das willkommen zu sein, was man hierzp- lande ein gefundenes Fressen zu nennen pflegt. Es sind wahrhaftig keine erfreulichen Töne, die aus dem Schweizerlande zu uns herüberklingen und man darf nur hoffen, daß die Behörden und der besonnene Teil des Volkes es dem Pöbel nicht gestatten werden, die über lieferte Freundschaft zwischen uns und der stammverwandten Schweiz zu stören. * Vie Ausschreitungen in Genf. Nach den allmählich einlaufenden Berichten von Augen» trugen überschritten die deutschfeindlichen Skandale in Rens alles bisher Dagewesene. Die Bevölkerung befand ich nach dem Bekanntwerden des Falles Hoffmann-Grimm -n großer Erregung. In einer zu Dienstag ein- serufenen Versammlung der politischen Partei waren 7000 Personen unter freiem Himmel erschienen. Man redete von der Barbarei und von der Vernichtung Deutschlands. Die Menge begann die Redner mit Schmäh- cufen auf den General Wille zu unterbrechen. Man hörte Rufe: „Nieder mit den Boches, Tod den Boches!" Die Erregung stieg auf den Höhepunkt, als der Großrat de Raboux von den deutschen Spionen sprach, die in den Genfer Hotels wimmelten. Einen deutschen Barort nannte er als den Hauptagenten Deutschlands und bezeichnete das Hotel Beau Rivage als dessen Wohnung. Von neuem begann die Menge zu pfeifen und zu schreien: Tod den Boches. Die Menge zog vor das Hotel Beau Rivage, in dem der von dem Großrat de Raboux denun zierte deutsche Baron wohnen sollte. Unterwegs schlossen sich neue Tausende an. Der Direktor des Hotels Beau Rivage stellte fest, daß der gesuchte deutsche Baron längst abgereist war, das brachte-,aber keine Beruhigung. Plötzlich erschienen aber auf dem Balkon zum Kai hinaus einige Damen, entfalteten und schwenkten eine englische und eine amerikanische Flagge. Jubelgeschrei begrüßte die Fahnen. Beschimpfung des deutschen Wappens. Einige hundert Burschen setzten sich plötzlich in Lauf schritt , stürzten den Kai entlang zur Rue des Buet zum deutschen Konsulat, das weit draußen am Seeufer liegt Ma» umstellte das Konfulalsgcbäude. Ein ohren betäubender Lärm beginnt. Bfeife», Johlen, unentwirr bares Geschrei: „Tod de» BochcS". Steine fliegen gegen die Läden der KonfulatSränme, die im ersten Stock liegen und plönUkh klettert eiu Bursche die Balustrade hinaus und reißt unter dem Jubel der Meng« am Kaiserliche» Wappen schild, das aber nur kalb hcruutcrfällt. Eine halbe Stunde tobt der Värni Steine klatschen ohne Unterlast gegen die Vöde» und durch die Fenster in die KonsulatSbureauS. Das herabhängcnde deutsche Wappenschild ist das Ziel des Bom bardements. Die wenigen Polizisten sind machtlos. Kurz vor 10 Uhr holt die Polizei das Schild herunter und bringt es im Automobil auf das Polizeikommissariat. Die Menge sucht das Wappen den Händen der Polizisten zu entreißen und bekommt den Rahmen des Schildes in die Hände. Der Rahmen wird über die Straße getragen und in den See geworren. Die herannahende Polizei iperrt die Zugänge zum Konsulat. Ein Demonstrationszug be ginnt vor den dicht beieinanderliegenden Hotels und Restau rants dieses Viertels, in denen man deutsche Gäste ver mutet. Immer wieder erneuern sich die Schmährufe auf die Boches. Weitere Skandale. Der Pöbelhaufen zog nun vor daS türkische Konsulat, dann vor das österreichische, versuchte *die Wappenschilder abzureißen und warf die Fensterscheiben ein. Die heran eilende Polizei wurde heftig mit Steinen beworfen. Als nach I I Uhr sich die Menge auf etwa 500 Mann verringert hatte, begaben diese sich vor das große Warenhaus Grosch u. Greif, dessen Besitzer ein Deutscher ist. Eine der. riesigen Fensterscheiben wurde eingeschlagen. Dann zog man vor das deutsche Bierhaus „Krokodill", das aber die Polizei rechtzeitig schützte. Etwa 300 Mann zogen jetzt zum österreichisch-ungarischen Konsulat zurück, stießen aber dort auf ein großes Militäraufgebot. Es entspann sich ein Kampf zwischen den Demonstranten und den Gen darmen, die mit Stöcken geschlagen wurden. Die Polizisten zogen blank und gaben aus ihren Revolvern einigeWarnungs- schüffe ab. Bei den Zusammenstößen wurde der Direktor der Genfer Polizei durch einen Faustschlag am Munde verletzt. Verhaltet wurden im ganzen 15 Personen und zwar 18 Westschweizer, l Deutschschweizer, 1 Italiener. Alle sind ganz junge Burschen, der Hauptschuldige, der 19jährige Genfer Lozeron, der bereits verhaftet und nach dem Polizeigebäude abgeführt worden war, konnte ent kommen und flüchtete über die französische Grenze nach St. Julien. Amtliche Entschuldigung. Mittwoch war in Genf Ruhe eingetreten. Das deutsche Wappen wurde wieder über dem deutschen Konsulat be festigt. Der Bundesrat ließ sich telegraphisch Bericht er statten. Der Präsiden« der Genfer Regierung und der Staats- schreibcr begaben sich Mittwoch vormittag auf das deutsche Konsulat und sprachen dem Generalkonsul am-lich das Be dauern der Regierung auS. Ein ähnlicher Schritt erfolgte bet dem österreichischen und türkischen Konsul. Die Vertreter des Kantons Genf im Parlament forderten die Bevölkerung von Genf in einem Telegramm aus Bern zur Ruhr aus und warnen vor neuen Kund gebungen. Westschweizerische politische Hetze. Die französisch gesinnten Blätter der Westschweiz er gehen sich in leidenschaftlichen Anklagen gegen die Politik des Bundesrates. Sie verlangen auf das entschiedenste- die Wahl des Genfer Nationalrates Ader an Stelle Hoff manns mit gleichzeitiger Übertragung des politischen Departements. Ebenso verlangen sie die Ersetzung des Generals Wille durch einen westichweizerischen Gruppen führer. Die Züricher, Berner und Baseler Zeitungen der deutschen Schweiz lehnen fast einmütig diese Forderungen ab, wobei sie hervorheben, der diplomatische Zwischenfall dürfe niemals dazu mißbrauch! werden, auch nur den Schein zu erwecken, als ob die Schweiz nun min destens moralisch in das Ententelager abschwenke. Nationalrat Ader ist ein ausgesprochener Französling. Die deutsch-schweizerische Presse nennt die Haltung der Entente gegen die Schweiz wegen des Zwischenfalls Grimm-Hoff mann einen unfreundlichen Akt. Die Auslassungen der französischen und englischen Blätter würden die schmerzliche Vermutung nahelegen, daß man den diplomatischen Zwischen fall als Borwand willkommen heißt, um die Schwei- schärfer in die Zange zu nebnien, und man iviü allem Anschein nach mtt der Schweiz ähnlich wie mit Griechen land verfahren. — Die unabhängigen schwedischen Sozia- usten haben den «schweizer Grimm aw irdert, als Sekretär der Zimmerwalder Richtung abzut^ en. Dieser Aufforderung hat Grimm Folge geleistet Die Angriffe au? König Konstantin. Der König von Griechenland saß mit einigen Herren .eines Gefolges beim Bier in der Wirtschaft „Gambrinus" zu Lugano, als ein Haufen von den zugezvgenen Reichs italienern, zumeist jungen Burschen und Frauen, eine feindselige Kundgebung mit Pfetten und Geschrei gegen ihn veranstaltete Um der Sache ein Ende zu machen, erhob sich der König und schlug den Weg zu seinem Hotel ein. Die Menge folgte ihm mit Ge johl und nahm schließlich eine so drohende Haltung