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eingeräumten Befugnis; ihn kaum verstehen konnte, wissen, da Tante Juliane im Zorn.' ihre Stimme nickt mäßigte. Natürlich kommen nur die junge Magd und daß nach dem Ausscheiden des Abg. Liebermann in der Fraktion stets der Geist der Eintracht uud der Einmüthig- keit obgewaltet habe, und daß die Mitglieder soweit als möglich ihren parlamentarischen Pflichten nackgekommen seien. Nur Köhler-Langsdorf (Hessen), der eine unüber windliche Abneigung gegen Berlin habe (Heiterkeit), habe bei den mehrfachen Namensaufrufen gefehlt. Der Bericht über die Thätigkeit der Parteileitung ver anlaßte Redakteur Boeckler-Berlin zu der Bemängel ung, daß der Antrag auf Erlaß eines Schacht- Verbotes von der Fraktion nicht wieder einge bracht worden sei. Redner machte ferner Ausfälle auf die Konservativen uud brachte die Wahl in Meseritz-Bomst zur Sprache, wo die Konservativen uud der Bund der Landwirthe den Antisemiten in der schnödesten Weise mit gespielt hätten. Es habe sich schließlich dort eine kon- scrvativ-jüdisch-polnische Clique gebildet, die nur bestrebt gewesen sei, den Antisemiten das Wasser abzugraben. Mit solchen Elementen könne man keinesfalls zusammen- gehen. (Zustimmung.) Die Erkeuntniß, daß der Anti semitismus sich neuerdings in den polnischen Gegenden sehr ausbreile, habe die Gegner im konservativen Lager zu allen möglichen Schritten getrieben. Der Vertrauens mann der Konservativen sei ein polnischer Getreidejude in Mesentz gewesen. Verleger Bruhn-Berlin beschäftigte sich eingehend mit den Vorgängen innerhalb der Partei, die zu der Trennung von der Liebermannschen Gruppe geführt haben. Schon seit 1899 sei es nur noch ein Hängen und Würgen gewesen, und die Erkenntniß, daß Liebermann die Konservativen und den Bund der Landwirthe sür bündniß- iähig hielt und die Antisemiten an diese heranzudrängen suchte, habe diese immer mehr verstimmt, bis es schließlich zum Bruch kam und er, Redner, würde es für höchst bedenklich halten, wenn dennoch jemals eine Verständigung zwischen den beiden Parteien erfolgen würde. Nach weiteren Erörter ungen ähnlicher Art wurde der neue Orgauisationsplan der Partei angenommen. Zum ersten Vorsitzenden der Partei wurde Zimmermann-Dresden, zu Vorstands mitgliedern die Abgeordneten Werner-Kassel, Lotze-Pirna uud Bindewald-Berlin, sowie Dr. Giese-Berlin gewählt. In der Nackmittagssitzung sprach Zimmermann über Zoll tarif und Handelsvertragspolitik. Er polemisirte gegen den Handelsvertragsverein, dessen Bestrebungen von der goldenen und rothen Internationale unterstützt würden, und beantragte eine Resolution, die erhöhte Schutzsätze verlangt und den Zolltarifcntwurf als eine Unterlage begrüßt, die zur lückenlosen Ausgestaltung für alle Produk tionszweige derLaudwirlhschaft und auch sür die schutzlos gelassene Gärtnerei sowie zur Umgrenzung ausreichenden Schutzes ernster Prüfung und Ergänzung durch den Reichs tag bedürfe. Die Resolution sucht zu bestreiten, daß erhöhte Getreidezöüe Handelsverträge ohne Meistbegünstigungs- Bestimmungen, mit ausreichender Berücksichtigung des heimischen Gewerbes in allen Zweigen und der Landwirth- schäft, als Vorarbeit für ein mitteleuropäisches Zollbündniß gegen die russischen, grobenglischen und allamerikanischen Bestrebungen. Abg. Graefe-Bischofswerda forderte höheren Zollschutz für die Schälwaldbesitzer und des Rothweinbaues. Die Resolution wurde angenommen. — Glauch«u, 7. Oktober. Verbandstag sächsi scher Gewerbe- und Handwerkervereine. Pünktlich Vormittags 9 Uhr eröffnete heute der Verbandsvorsitzende, Thomas-Zittau, im MeisterhauslokaldieHauptversammlung mit herzlichem Willkommcngruß, dem sich Bürgermeister Brink mit einem Willkommen im Namen der Stadt und Vorsteher Brox im Namen des hiesigen Gewerbevereins anschlossen. Der Versammlnug wohnten zahlreiche Vertreter der königlichen und städtischen Behörden, der sächsischen Handels- und Gewerbekammer bei. Man hörte zunächst den Bericht des Vorortes Zittau über die Wettin-Stiftung durch Stadtrath Wetzlich-Dresden (Stiftungscapital zur Zeit rund 13900 Mark), sowie schließlich über die jetzt 35 Jahre bestehende Preusker-Stiftung durch Vorsteher Buchwald-Großenhain (Sliftungskapital jetzt circa 9300 Mark). Danach berichtet Herr Krohn-Zittau über die Aufgaben der „Gcwerbeschau", um sie recht zum Verbands organ zu gestalten, uud mahnte zu reger Förderung derselben — Ausführungen, die Verbandssekretär Pangritz warm unterstützte. Dann folgre eine lebhafte Debatte über das neueVerbands-Gruudgesetz, das schließlich nach dem Anträge warmer Befürwortung durch Gauverbandsvorsteher Müller folgt eine lebhafte Debatte über diese hochwichtige Materie, wobei Apotheker Brox vorschlägt, den Antrag zur weiteren Erörterung an den Verbands-Ausschuß zu überweisen, während Handclskammersekretär Dr. Engelmann-Plauen auf die dem ersten Theile des Antrages entgegenstehenden Bedenken aufmerksam macht. Schließlich wird jedoch der Antrag angenommen. Hieran schloß sich ein interessanter Vortrag des Bürgerschullehrers E. Scholze-Zittau, Leiters der dortigen Handwerkerschule, über das Thema: „Schule und Handwerk". Der Vortrag soll auf Wunsch in der „Gewerbeschau" abgedruckt werden. In Zusammenhang damit stand die Anregung des Gewerbevereins Bautzen, mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß dem Handwerke eine größere Zahl unserer intelligenten Jugend zugeführt werden möge. Ein Antrag an den Landesverband, dieser Anregung nachzugehen, findet einhellige Zustimmung, eben- o erklärt man sich fast allgemein gegen die Abschaffung des Sonntagsunterrichts. Auck der Antrag des Gewerbe- Vereins Großschönau, dahin zu wirken, daß auf den säch- ischen Staatsbahnen auch an Sonn- und Festtagen die vierte Wagenklasse in allen Personenzügen verkehre, wird einstimmig angenommen. Der nachträglich gestellte An trag des Gewerbe-Vereins Colditz, der Landesverband wolle beim Finanzministerium dahin vorstellig werden, daß bei den Vorkonferenzen zur Einkommensteuer-Ein- chätzung nicht nur, wie jetzt, ausschließlich Vertreter der Landwirthschaft, sondern auch Vertreter des Gewerbes und der Industrie mit berathender und beschließender Stimme zugezogen werden, wird einhellig angenommen. In den Verbandsausschuß werden dann gewählt die Vereine Zittau, Aue, Dresden,Gewerbevereiu undHandwerkeroerein Großen hain, Stollberg, Gewerbeverein Leipzig, Handwerkerverein Chemnitz, Bautzen, Meißen, Waldheim, Werdau, Mitt weida, Freiberg (Handwerkerverein), Plauen i. V., Sebnitz. Man beschließt, die nächste, 1903 stattfindende Landesvcr- bands-Versammlung in Zittau abzuhalten, wie auch Zittau wester als Vorort gewählt wurde. der Bunche in Betracht. Stina ist in solchen Dingen zu gut und verschwiegen wie das Grab. Sehen Sie, mein lieber alter Freund, ich könnte ja den Tod als Herzschlag darstellen, weil sie in der That an einer Herzschwäche litt, «der —" Der Justizrath legte seine Rechte mit festem Druck auf die Schuller des Arztes. „Sind Sie von der Schuld des Abwesenden so fest überzeugt," raunte er, „daß Sie Ihr Gewissen mit einer solchen schwerwiegenden Lüge, die vor dem Gesetze ein Verbrechen ist, belasten möchten? — Kann es nicht eine andere Hand gethan haben? — Vielleicht liegt ein Raub mord vor?" „Ja, ja, Sie haben recht, es war ein wahnwitziger Gedanke," seufzte der Physikus, schwer alhmend, „ich danke Ihnen für die Zurechtweisung. Kommen Sie also, damit ich die gesetzmäßige Anzeige mache. Vielleicht haben Sie die Güte, mittlerweile an den jungen Dähn zu telegra- phiren." Der Justizrath versprach es und Beide verließen dann, nachdem Dr. Reimann die Thür des Sterbeziwmers verschlossen und den Schlüssel Stina in Verwahrung ge geben hatte, das Haus des Todes. Wie das Gerücht von dem Mord auf Julianenhöh sich in der Stadt so rasch verbreitet haben konnte, wußte kein Mensch zu sagen. Einige hatten den Physikus Rei mann mit den Herren vom Gericht und einem Polizei- Assessor hinauf gehen sehen. Vielleicht hatte der neugierige Laufbursche Jakob, der an Ort und Stelle mit seinem Großvater, dem alten Gärtner und den beiden weiblichen Dienstboten einem kurzem Verhör unterzogen worden war, seine Weisheit an den Manu gebracht, genug, bereits am Vormittag schrieen, wie wir gesehen, die Spatzen es von den Dächern. 4. Harald Dähn, der am Abend vor seiner Abreise es noch einmal vergeblich versucht hatte, eine Unterredung niit der Tante herbeizuführen, war mit sehr unerquicklichen Gedanken und Empfindungen in F. eingetroffen, wo das kurze Telegramm: Rasch zurückkommen; der Tante Unglück zugestoßen — ihn bereits im Gasthof erwartete und mit großer Bestürzung erfüllte. Was konnte nur geschehen sein, war sie schwer krank, vielleicht gar todt? — Das Blut stockte ihm bei dieser Borstellung ani Herzen und sein Zukunftstraum verwandelte sich in eineTodten- Maske. Gewaltsam suchte er sich zu fassen, um zunächst das Nothwendige, das ihm hier oblag, zu Müllen. Ohne Zögern begab er sich zu dem Präses der Kirchenbau- Commission, um sich diesem Herrn vorznsiellen, und ihm zugleich das Telegramm vorzulegen. „Ja, dann nur schnell wieder zurück, Herr Dähn!" sagte der Präses, „eine solche Familien-Pflicht, geht allein andern vor." Der arme Harald — welch' eine Rückkehr und welch' ein Wiedersehen an der Todtenbahre! — Sie waren dabei zugegen, der Physikus und der Justizrath, und der junge Mann ahnte cs nicht, daß die beiden alten Freunde der Gemordeten ihn mit klopfenden Herzen beobachteten. „Tante, Tante!" schluchzte er, neben der Bahre niederkniecnd, „o, daß ick so von Dir gehen mußte, ohne ein Wort des Trostes, der Versöhnung, ohne eine Atm ung des Schrecklichen, das eine verruchte Hand an Dir verübt. — Allbarmherzigcr Gott, es war sckon geschehen, als ich das Haus verließ. O, meine zweite Mutter, hättest Du nur ein Wort der Verzeihung für mich gehabt." Die beiden alten Herren tauschten einen Blick mit einander und athmeten wie erlöst auf. Harald erhob sich mühsam wie ein Greis, es war, als sei etwas in ihm gebrochen. „Fassen Sie sich, mein lieber, junger Freund," suchte ihu der Physikus aufzurickten, „und um Alles in der Welt, klagen Sie sich nicht selber an. Es ist das Ver derblichste, was Sie thun können." „Soll ick nicht klagen, daß sie im Zorn von mir gegangen ist?" stöhnte Harald mit einem vorwurfsvollen Blick. „Muß ich mir nicht zeitlebens Vorwürfe darüber machen, sie verlassen zu haben, ohne ihres Herzens Wunsck zu erfüllen?" „Nun ja, in Ihrer gegenwärtigen Gemüths-Verfaff- ung haben Sie gewiß recht, lieber Dähn!" nahm der Justizrath das Wort. „Folgen Sie uns, Ihren alten Freunden, die es doch zweifellos gut uud aufrichtig mit Ihnen meinen, wie?" , Harald nickte, da er nichts zu sprechen vermochte. „So gut und aufrichtig wie mit unserer alten Freundin," fuhr der Justizrath in tiefer Bewegung fort, „und deshalb müssen wir em Wort im Bertrauen mit Ihnen reden. Kommen Sie!" Er nahm den Arm des jungen Mannes, der sich willenlos fortfuhren ließ, während der Physikus wieder ein leichtes Tuch über das starre Gesicht der Tobten deckte und dann den Beiden folgte. Der Justizrath führte Harald in dos Wohnzimmer, wo er ihn iu's Sopha niederdrückte und neben ihm Platz nahm. Der Physikus setzte sich an die andere Seile des Tisches auf einen Stuhl, füllte aus der-- vor ihm stehenden Weinflasche ein Glas und nöthigte den jungen Mann zum Trinken. „Sie müssen!" befahl er, als Harald abwehrte. „An Sie als den nächsten Verwandten der Todten treten jetzt ernsthafte Anforderungen heran." Schweigend gehorchte der junge Mann, und mit Befriedigung sah der Arzt, wie der Wein ihn zu beleben Wen. . „Nun hören Sie uns aufmerksam an, Herr Dähn," begann der Justizrath mit vorsichtig gedämpfter Stimme, „wir, Dr. Reimann und ick, richten an Sie die ernste Mahnung, von diesem Augenblick an mit Ihren Selbst- Chemnitz ohne wesentlicheAenderung angenommen wurde. Den weiteren Antrag, Anschluß an den Hauptverband deutscher Gewerbevereine ließ man auf sich beruhen. Lebhafte Debatte erregte auch der Antrag des erzgebirgischen Gauverbandes, die Wechselprotestkosten dadurchzuverbilligen, daßuntere Gerichtspersonen usw. ohne Weiteres das Protestiren vornehmen können, und eine diesbezügliche Eingabe an die sächsische Staatsregierung abzugebcn. Der Antrag ward einstimmig angenommen. Dasselbe geschah mit dem weiteren Antrag desselben Gauverbandcs, eine wirksame Bekanntgabe der Manifestanten von der Staatsregierung zu erbitten. 16 Lausitzer Gewerbevereine halten eine Petition beantragt: 1. die Nachaichungstaxe herabzn- setzen, 2. die Nachaichung nur in fünfjährigen Zeitab schnitten vorzunehmen und 3. für die bei der Prüfung in Ordnung befundenen Stücke eine Gebühr nicht zu erheben. Nach ausführlicher Begründung durch den Vertreter des Gewerbevereins Großschönau und kurzer Debatte hierzu wird der Antrag zu 1. und 3. angenommen, zu 2. abge lehnt, da man eine dreijährige Nachaichung für richtiger hält. — Nach kurzer Mittagspause kommt zur Berathung der Antrag des erzgebirgischen Ganverbandes: „Den Bundesrath zu ersuchen, dem Reichstage einen Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welches die Versicherungs- Pflicht nach dem Alters- und Jnvaliditätsqesetz auf alle Gewerbetreibenden und sonstigen Betriebsuntcrnehmer ohne Rücksicht auf die Zahl der von ihnen beschäftigten Personen beziehungsweise unter Beschränkung auf die- icmgen Personen, deren gewerbliches Einkommen einen bestimmten Betrag nicht überschreitet, ausgedehnt wird. Dafern aber eme solche Gesetzesänderung auf Annahme durch tue gesetzgebenden Faktoren nicht rechnen könnte den Bundesrath zu ersuchen, wenigstens von der in 8 2 Absatz 1 Ziffer 1 des erwähnten Gesetzes eingeräumten Besugn' Gebrauch zu machen und möglichst bald die Versicherungs- „Ich hoffe es," erwiderte dieser, „da sind aber die Pflicht auf die dort näher bezeichneten Gewerbetreibenden. Dienstleute hier im Hause, die werden sicherlich davon und sonstigen Betriebsunternehmer zu erstrecken." Nach w'"— ------ . „Ja, wir müssen sogleich nach F. telegraphiren, er wird rm „Deutschen Kaiser" absteigen." von seinem Zwist mit der Tante M dch d.r PHWui Auf Iulianenhsh. Roman von Emilie Heinrichs. (6) (Nachdruck verbaten.) (Fortsetzung.) Der Arzt befand sich in einem Zustand nervöser Un ruhe, wie er sic niemals gekannt oder selbst empfunden hatte. Er trat auf die Veranda hinaus und blickte in wachsender Beklemmung und Ungeduld den schrägen Fahr weg entlang, der zur Stadt hinabführte. Dann suchte er eine Gedanken zu ordnen. Ja, die ungeheuerliche Thatsache blieb bestehen: ein Verbrechen war in dieser letzten Nacht begangen worden, ein abscheulicher Mord an der bejahrten Bewohnerin des Hanfes, unter dessen Dach ihr junger Neffe noch geschlafen )atte und dann ahnungslos abgereist war. „Ahnungslos?" Der alte Arzt zerwühlte sich entsetzt das graue Haar uud schüttelte plötzlich mit einer energischen Bewegung den Kopf. „Nein!" sprach er mit lauter, fester Stimme, „das ist unmöglich!" Und wieder kroch er wie ein häßliches Reptil an ihn heran, der entsetzliche Gedanke, der Harald Dähn mit der grausigen That in Verbindung zu bringen suchte. Ta kam der Justizrath den Weg zur Anhöhe herauf gekeucht, er war ein kleiner, wohlbeleibter Herr, dem das Steigen und zumal die Eile dabei bedeutende Mühe machte. „Was, zum Henker, Doktor, ist denn passirt?" fragte er athemlos, als er oben war und der Physikus ihn chweigend in's Haus zog. „Der Junge faselte, daß Fräulein Pauli gestorben sei. Ist dem wirklich so?" Ter Arzt nickte. „Schlimmer als todt," sprach er leise, als sie im Schlafzimmer standen. „Schauen Sie her, Justizrath!" Sie traten au's Bett, der Physikus schlug den Um hang zurück. „Ich verstehe nicht, was Sie meinen, Doktor!" versetzte der Justizrath halblaut, „sie ist todt, wahrscheinlich am Schlagfluß gestorben. Ja so, ich weiß jetzt," setzte er, sich besinnend, hinzu, „der Streit mit dem Neffen, der Aerger und die Aufregung werden die Hauptnrsache sein. Er hätte auch nachgiebiger sein können. Nun trägt er wahr scheinlich die indirekte Schuld an ihrem plötzlichen Ende. Aber ich hab's ihm voraus gesagt und ihn hinlänglich gewarnt." Der Physikus ließ sachte den weißen Bett-Umhang wieder zusallen und flüsterte: „Wir haben es nicht mit einem Herzschlag, sondern mit einem Verbrechen zu thun, Justizrath! — Unsere alte Freundin ist an Gift gestorben." Kersten fuhr zurück und hob entsetzt die Hände empor. „Riechen Sie dies," setzte der Arzt hinzu, „es ist ihr gewohnter Nackttrunk." Der alte Jurist roch, er konnte sich kaum von seinem Schrecken erholen. „Bitterer Mandclgeruch, murmelte er, „also Blau- säure — O, das wäre mehr als entsetzlich, — aber ihre Züge sind unentstellt, Doktor! - Eine derartige Vergift ung mußte doch andere Spuren hinterlassen." „Die Portion ist groß und stark genug gewesen, die Aermste ohne Kampf zu tödten- Sie begreifen vielleicht jetzt den Grund, weshalb ich Sie erst zu sprechen wünschte, bevor dem Gerichte Mittheitung gemacht wird." Der Justizrath nickte einige Male vor sich hin. Sein faltenreiches Gesicht sah erdfahl auS. „Ich hörte, daß Dähn heute früh abgereist ist," sagte er leise.