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Zweites Blatt. Mn« », »W Marandt, flossen, Sieöenleßn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdors, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Noitzsch, Rothfchönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, . — Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk.54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro vicrgespaltene Corpuszeile. Druck und Verlaq von Martin Berqer in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. Ro. 121. Sonnabend, Sen 12. Oktober 1W1. «». Jahr«. Znm iy.Ksnntag» nachTrinitatir. Luk. 12, 22. 23: Sorbet nicht für euer Leben, was ihr essen sollt, auch nicht für euren Leib, was ihr anlhun sollt. Das Leben ist mehr denn die Speise, und der Leib mehr denn die Kleidung. Ob's wohl auf der ganzen Erde ein Leben giebt, das frei von Sorgen ist? Nein, nicht ein einziges. Der Sorgen lind so viele, wie Menschenleben auf der Erde sind. Wo Sünde ist, da ist Sorge. Die Sorge ist die Tochter der Sünde. Jst's denn verboten, sich Sorgen zu machen um irdische Dinge? Jst's denn nicht ein rühmenswerthes Ding, ein sorglicher Mensch zu heißen, denn ein sorgloser, der in den Tag hineinlebt? Freilich ist es so. Der Heiland, der gesagt hat: Ich muß wirken solange es Tag ist — der läßt uns auch sagen: Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen. Zeit und Umstände treulich ausnutzen, alle Kräfte des Leibes und der Seele wohl auwendcn, das ist für einen Christen einer der ersten Erweise seines Christen- standcs, und es ist ein bedenklich Ding, wenn die Welt einem, der mit dem Munde bekennet, er sei ein Christ, den Vorwurf machen muh, daß sein Christenglaube ihn nicht ge lehrt habe, mit seinen Händen oder mit seinem Kopfe — je nach seinem Stand und Beruf — das Seinige zu schaffen. Jesus redet von einer anderen Art von Sorgen. Jene Sorgen sind gottgeordnet und ein Segen. Die Sorgen, welche Jesus verbietet, sind eine Sünde und darum eine Plage. Dieses Sorgen hat angefangen, als der Mensch den Bund mit Gott gelockert hatte. Als das Herz von dem Quell des Lebens und des Friedens losgelöst war, da fing in ihm die Bekümmerniß um die Zukunft, um das irdische Fortkommen, die Angst der Seele au, ob auch Alles gut gehen werde. Sorgen ist ein Beweis des Unglaubens, des Losgelöstseins von Gott, des Mammonsvienstes. Die Sorge theilt das Herz, es sucht sich andere Götter neben Gott. Wer sorgt, beweist damit, daß sein Herz nicht mehr fest ist, nicht mehr von Gnade allein zu leben begehrt. Wer sorgt, der will sich selbst den Erfolg seiner Arbeit sichern, anstatt ihn dem Herrn anheimzustellen, der da giebt über Bitten und Verstehen. Wer sorgt, beweist, daß er das Sichgenügenlassen noch nicht gelernt oder wieder verlernt hat, daß er nicht das Eine, den Einen gefunden hat, der Alles ersetzt. Wer sorgt, beweist, daß er in ständiger Angst ist, sein Leben und seines Lebens Güter zu verlieren, aber nicht um des Herrn willen, oder daß er beständig nach Gewinn seines Lebens trachtet und zwar abermals nicht um des Herrn willen, und fällt so unter das Gericht des Wortes Jesu: Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es er halten. Und was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele r Hat Gott dir das Leben und den Leib gegeben, hat Gott seinen einigen Sohn für dich gegeben, damit du durch den Glauben an ihn das ewige Leben haben solltest, sollte er dir das Geringere, die Speise und die Kleidung zur Erhaltung dieses Lebens versagen? Wer auf den Herrn harret, den wird die Güte umfangen. Je größer der Glaube, desto kleiner ist die Sorge. Du stehst im Glauben, aber du fühlst dennoch der Sorgen Plage? Du mußt sagen: Das ist meine größte Sorge, daß ich das Nichtsorgen immer noch nicht von Grund ans habe lernen können? Ja, du sprichst: Mir geschähe recht, wenn sie mir als Grabstein meinen Sorgen- steiu setzten!? Sprich zu dem Herrn: Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben! Laß dir von dem Herrn je mehr und mehr die rechte Seelensorge schenken. Je wehr Seelensorge, für dich und für Andere, desto weniger Leibessorge. Je mehr Himmelssorge, desto gründlicheres Losgelöstwerden des Herzens von der Erde. Da kommt's von Tag zu Tag mehr zu der seligen Erfahrung der freunachenden Kraft des Sohnes Gottes, Da wird man je länger desto — nicht sorgloser, sondern sorgen loser, da faltet man die Hände und spricht: O, du Gott der Freundlichkeit, Sorge du alleine. Vriese vsn der See. Von Or. meä. L. bl. (Nachdruck verboten.) Vor Vigo, den 8. Februar 190l. Mit Nebel und Eis begann die Fahrt nach dem sonnigen Süden. Nach 2 Uhr Morgens hatten wir das kalte, raucherfüllte Hamburg verlassen, und schon nach anderthalbstündiger Fahrt saßen wir auf der Elbe fest mit beschädigtem Schiffe. In dem dichten Nebel hatten wir zwei Mal Collision gehabt, erst mit einem Segler, dann mit einem nach Australien gehenden Dampfer; die eine Schiffstreppe war zertrümmert, die Eisenplatten vorn an der Schiffswand verbogen wie Pappeustücken und ein starkes eisernes Ventilatorrohr abgeknickt, als ob es von Glas gewesen wäre. Nun saßen wir aus Grund, quer zur Richtung des Stromes, und nicht weit von uns die beiden anderen Schiffe. In großen Massen trieb die Elbe die Eisschollen an, die sich an dem querliegenden Schiffe stauten; Möven umkreisten schreiend den regungslos lie genden Dampfer, der uns nach den Tropen bringen sollte. So war der Morgen, und so verging der erste Tag. Zwar wurden gegen Abend, als die Fluth ihren Höhepunkt er reichte, Versuche gemacht, loszukommen; wir kamen auch eine kurze Strecke weiter, aber bald schon rasselte wieder die Ankerkelte, und der Dampfer mußte liegen bleiben. Der Vollmond warf wie durch einen dichten Schleier sein bleiches Licht auf den eisigen Strom, und es war bei dem unbestimmten Dämmerscheine unmöglich, zu unterscheiden, ob wir zwischen Eisfeldern fuhren, oder dem Ufer zu- steuerteu. Noch einmal in der Nacht wurde weiterzufahren versucht, aber als gar zu gewagt wieder aufgegeben. Der zweite Morgen fand uns also noch immer auf der Elbe, noch weit entfernt von Cuxhaven und eingehüllt in undurchdringlichen Nebel, der kaum den Kopf des Schiffes erkennen ließ. Es war kalt geworden und hatte zu schneien angei«ngen; jede kleine Pfütze auf dem Deck fror zu Glatteis, und der Schnurrbart beschlug sich mit Reif, wenn man, den Wintermantel über die Uniform, seine Deckpromenade machte. Auf der Brücke stand der wachhabende Offizier in Pelz gehüllt, und unablässig tönte vom Back aus das Anschlägen der großen Schiffsglocke zur Warnung für die anderen Fahrzeuge. Nichts war zur sehen, nur das Läuten anderer Fahrzeuge erinnerte daran, daß Menschen in der Nähe waren. Diese unfrei willige Ruhe dauerte auch über Mittag noch an. Da, gegen 4 Uhr, zerriß plötzlich die Nebelhülle. Wie hinge- zanbert lag das rechte Elbufer vor den erstaunten Blicken, mit dem grauen Leuchtlhurme, dem schneebedeckten Kirch lein und den niedrigen, zwischen kahlen Obstbäumen her- ausschaueuden Fischerhäuschen, ein reizendes Winterbild. Neues Leben erwachte, und vor uns und hinter uns regten sich Dampfer und Segler, nach dem erzwungenen Still liegen die Nordsee zu gewinnen. Doch kurz nur währte die Freude. Die Sonne wurde bleicher und bleicher, die Nebelhörner fingen an dumpf zu tuten, und bald saßen wir wieder in Nebel gehüllt wie zuvor. Erst der nächste Tag brachte uns endlich die Freiheit. Der Himmel war klar, das Wasser ruhig und das Eis kam nur noch in weiten Feldern angeschwommen, in denen der Dampfer beim Durchschneiden eine graue Straße hinterließ. Nach 54stündiger Fahrt passirten wir Cuxhaven, der Lootse ging von Bord und nahm die letzten Briefe mit, die wir von deutschem Boden geschrieben hatten. Die Nordsee war ruhig und still, wie ein Binnenteich. Zum Seekrankwerden kein rechtes Wetter, und doch blieb Mancher aus, als die Glocke zum Essen rief. Schon der Gedanke der See mußte das unheimliche Gespenst oer Seekrankheit heraufzube schwören im Stande sein! Wir fuhren stark westwärts und bald zeigte sich der Unterschied zwischen der wahren Zeit und unserer bis herigen, die um annähernd 40 Minuten voraus war; am empfindlichsten gegen Mittag, da unser Magen noch mitteleuropäisch eingestellt war, das Essen aber nach Schiffszeit gerichtet wurde, und wir länger darauf warten mußten als sonst. — Am Abend blinkte das Feuer von Terschelling herüber; wir befanden uns also aus der Höhe von Holland. Am nächsten Morgen, bei prachtvollem Sonnenschein, hatten wir das Glück, die von Dover zu rückkehrende „Hohenzollern" zu sehen. Das war ein stolzer Anblick, wie die schneeweiße kaiserliche Yacht, be- gleitet von 3 deutschen und einem mächtigen englischen Kriegsschiffe, durch die grünen Wellen dahinglitt; wie ein Scheinwerfer goß die Sonne ihr volles Licht auf das Kaiserschiff, sodaß es weithin sichtbar aufleuchtete. Wir standen Alle an Deck und schauten mit den Gläsern nach, bis nur noch die Rauchwolken am Horizonte sichtbar waren. Eine Stunde später kam die englische Küste in Sicht, Dover lag vor uns und die Fahrt durch den Kanal begann. An den frei abfall-mden Kreidefelsen spritzte die Brandung empor, unser Dampfer signalisirte seine Durch fahrt, und drüben antworteten die Signalflaggen. Zur Linken des Dampfers aber, weit draußen am Horizont, zogen sich die dunklen Linien des Festlandes hin. Die See war auch hier ruhig, nur gegen Abend kamen einige größere seitliche Wellenberge und schlugen klatschend und prasselnd an die Schiffswand und übergossen einen Theil des Decks. Ich hatte ein Fenster meiner Kabine geöffnet, um beim Briefschreiben die reine Seeluft genießen zu können, und die Kammer auf einen Augenblick verlassen, den Brief postfertig zu machen, als eben eine mächtige See heranwälzte und brausend zum Bullauge hereinstürzte. Als ich zurückeilte, war me n schönes Zimmerchen völlig überschwemmt, und der Bob n in einen Teich verwandelt, der plätschernd hin- und herwogte, wie gerade das Schiff sich neigte; ein Fcldstühlchen war verschont geblieben, das wurde nun mein Sitz, bis das Sopha allmählich ge trocknet war. Das war die erste Taufe, die meine Kammer auf dieser Reise bekam, obwohl wir noch nicht den Aequator passirt hatten. — Am Abend des 6. d. M. kamen wir in Cherbourg an. Darüber jedoch, wie über die nächsten Häfen, ein andermal! Vaterländisches. Wilsdruff, den 11. Oktober 1901. — Leipzig, 7. Okt. Die deutsch-soziale Re formpartei, die sich nachher letzten Spaltung der Anti semiten auf dem vorjährigen Magdeburger Parteitage neu gebildet und den größeren Theil des früheren Be sitzstandes der Gesammtpartei übernommen hat (Zimmer- mannsche Richtung), hielt gestern und heute hier ihren ersten Parteitag ab. Zimmermann leitete die Verhand lungen. Abg. Lotze erwähnte im Beucht über die Tha- tigkeit im Reichstage, daß der von der jungen Partei vorbereitete Jnitiativ-Antrag in Sachen des Ausver- kaufs-Unwesens nicht die nöthigen Unterschriften der Licbermannschen Richtung fand. (Pfuirufe.) Mit seinem Plane, die Konservativen, den Bund der Landwirthe und seine eigenen Parteigenossen zu einer wirthschaftlichen Vereinigung zusammenzuschweißen, scheine Liebermann v. Sonnenberg vorläufig noch keine greifbaren Erfolge er zielt zu haben. Dafür entschädige er sich, indem er die junge Partei bei jeder Gelegenheit zu schädigen versuche und es werde dieser jedenfalls sehr schwer werden, auf die Dauer mit Liebermann Frieden zu halten. (Beifall.) In Bezug auf die Thätigkeit der Abgeordneten im Reichs tage stellte der zweite Referent Abg. Zimmerman» fest,