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«MM » MMH Beilage zu Nr. 29. Mittwoch, den 6. März 1901. Die Einführung der Maschinengewehre in die deutsche Armee Wie kürzlich in der Budgetkommission des Reichstages bei Berathung des Militäretats von einem Vertreter der Mililärverwaitung mitgetheilt worden, ist die Einführung der Maschinengewehre im Interesse der Schlagfertigkeit der Armee erforderlich und soll am 1. Oktober 1901 er folgen. Die bereits seit längerer Zeit bei einzelnen Truppen- theilcn mit der Verwendung von Maschinengewehren abge- haltenen Versuche sind günstig ausgefallen. Die Gewehre sind dazu bestimmt, die Feuerkraft der Infanterie zu ver stärken. Ein solches Gewehr giebt 300 Schuß in der Minute. Die Wirkung der Maschinengewehre ist um so größer, als sie selbst nur ein sehr kleines Ziel dem Feinde diäten und sich leicht im Gelände verwenden lassen. Es ist beabsichtigt, sämmtliche Armeekorps mit solchen Gewehren auszustattcn und zu diesem Zwecke Maschinen- gewehrabtbeilungen zu bilden, die je einem Jäger- oder Jnfanterie-Bataillon in derselben Art, wie die Eskadrons Jäger zu Pferde den Kavallerie-Regimentern augegliedert werden sollen. Aus finanziellen Rücksichten wird die Er richtung allmählich erfolgen, und zwar im Jahre 1901 die von 5 Abtheilungen. Bei 11 Jägcrbataillonen und den in Ostpreußen stehenden Infanterie-Regimentern Nr. 45 in Lyk und 146 in Sensburg sind Maschinengewehre bereits eingeführt worden. Wir sind nun in der Lage, unsern Lesern beistehend eine Zeichnung und Beschreibung dieser höchst interessanten und eine so außerordentliche Fcuerschnelligkeit entwickelnden Waffe zu geben. Die von dem Amerikaner Maxim gemachte Erfindung der automatisch schießenden Maschinengewehre bedeutet einen Schritt weiter zu den von pbantasiereichen Schildcrcrn der Zukunftskriege erdichteten Maschinen, welche ganze Armeekorps auf einmal vernichten und so die Kriege zwar blutiger gestalten, aber auf ungleich kürzere Zeit als bis her beschränken. Die Maxim-Waffe ist eine selbstthätige, insofern, als sie das Oeffnen des Verschlusses, die Zuführung der Patronen, das Laden, Schließen und Abfeuern selbst besorgt, wenn man sie einmal geladen hat und abfeuert. Die geniale Idee des Erfinders, den bei jeder Feuer waffe schädlichen Rückstoß der Pulverladnug der Patrone als nutzbringende Kraft zu benützen, um mit derselben alle jene Arbeiten zu verrichten, welche sonst dem Schützen zuftelcn, wie: Oeffnen des Verschlusses, Entfernen der leeren Patronenhülse, Einfuhren einer neuen Patrone, Schließen des Verschlusses und endlich Abfeuern des nächsten Schusses, um alle diese Arbeiten ohne Hinzuthun menschlicher Kraft, also automatisch durchzuführen, fand überall staunende Bewunderung und rühmliche Anerkennung. Die Maxim-Mitraillense besteht aus einem gewöhn lichen Gewehrlaufx, welcher fast über seine ganze Länge mit einem bronzenen Mantel umgeben ist. Rückwärts schließt an den Lauf ein viereckiger Gehäusekasten an, welcher den Verschluß und iene Mechanismen enthält, durch welche das automatische Laden und Abfeuern bewirkt wird. In der oberen Figur ist der Lauf mit dem Gehäusekasten bildlich dargestellt. Das Gewicht derselben beträgt nur 19 k^. Außen am Kasten sieht man ein Hebelsystem, welches mit der Hand in Bewegung gesetzt werden kann; mit der Bewegung desselben korrcspondirt die Bewegung des Verschlusses. Das Laden der Mitrailleuse erfolgt auf folgende originelle Art: die einzelnen Patronen (gewöhn liche Gewehrpatronen) sind in einem beliebig langen Garn bande, welches nebeneinander liegende Schlupfen besitzt, eingeschichtet; das Band wird in einem seiner Enden in eine Durchlochung des Gehäusekastens „eingefädelt". Be wegt man nun mit derHand das Hebelsystem einmal vor- und rückwärts, so wird, korrespondirend hiermit, das Verschluß stück nach rück- und wieder vorwärts geführt. Beim Zurück gehen des Verschlusses wird von demselben eine Patrone aus dem Band herausgezogen; beim Vorgehen des Ver schlusses wird diese Patrone in den Lauf geschoben, der Verschluß geschlossen. Durch einen Druck auf den Abzug wird nun der erste Schuß abgefeuert. Durch die beim Schüsse entwickelte Rückstoßkraft wird jetzt das Hebelsystem selbstthätig in Bewegung gesetzt, das heißt das Verschluß stück einmal nach rück- und vorwärts bewegt. Bei ersterer Bewegung wird eine Patrone aus dem Band, — das gleichfalls automatisch um ein Stück weiter gerückt ist — und die leere Patronenhülse aus dem Lauf herausgezogen; bei letzterer Bewegung wird die aus dem Bande genommene Patrone in den Lauf geschoben und die leere Hülse durch eine Auswnrfsöffnung herausgeschleudert. Drückt man nun niit dem Daumen an einem rückwärts am Gehäuse kasten befindlichen Drücker, ähnlich dem Taster eines Morse schen Apparates, so geht der Schuß unmittelbar nach dem Schließen des Verschlusses ab; bei fortgesetztem Drucke auf den Taster bewegt sich das Hebelsystem kontinuirlich vor- und rückwärts, das heißt, die Mitrailleuse schießt ohne Unterbrechung fort, so lange Patronen im Bande vor handen sind; hört der Druck am Taster auf, so steht die Mitrailleuse stille. Schiebt man endlich eine Sperre vor den Taster, so daß letzterer konstant in seiner gedrückten Lage verbleibt, so kann man die Mitrailleuse ruhig verlassen, sie knattert im gleichmäßigen Takte ununter brochen fort, bis alle Patronen aufgezehrt sind. Das Band mit den Patronen wird bei jedem Schüsse automatisch um ein Stück verschoben, und nach und nach quer durch den Gehäusekasten der Mitrailleuse hindurchgezogen. Die außerordentliche Feuergeschwindigkeit, wie schon erwähnt, 600 bis 700 Schuß in der Minute, würde natür lich ohne Aumentuug besonderer Mittel den einzigen Lauf in der kürzesten Zeit derart erhitzen, daß die Waffe ganz unbrauchbar würde. Um dies hintanzuhalten, wendet Maxim —wie bereits angedeutet, und das ist ein weiteres geniales Moment seiner Erfindung — eine Kühlung des Laufes mit Wasser an. Das Wasser befindet sich in dem bronzenen Mantel, der den Laus umgiebt, und bespült letzteren nahezu in seiner ganzen Länge. Die durch das! fortgesetzte Schießen dem Laufe ertheilte Wärnie wird^ nun dazu verwendet, das Kühlwasfer zu erhitzen und später i in Dampf zu verwandeln, während der Lauf selbst nicht! über die Temperatur des siedenden Wassers erhitzt wird. Ohne diese Wasserkühlung würde der Lauf nach kurzer Zeil glühen.! Im unteren Theil unserer Zeichnung ist das Maschinen- > gewehr abgeprotzt, und von einem auf dem Lafettenbaum! sitzenden Mann bedient dargestellt; der obere Theil enthält j die Seitenansicht mit seitlich offenem Verschluß, der seine i einzelnen Bestandtheile klar erkennen läßt. Vaterländisches. Wilsdruff, den 5. März 1901. — In Köttewitz gerieth in der Papierfabrik der Arbeiter Kaffenda mit dem rechten Arm in eine Papier schneidemaschine. Dem Unglücklichen wurde die Muskulatur des betreffenden Unterarmes vollkommen zerschnitten und zerstückelt. Der Verletzte wurde dem Carolahause zu Dres den zugeführt. — Döbeln, 2. März. Einer wohlorganisirten und äußerst raffinirt arbeitenden jugendlichen Diebesbande ist in den letzten Tagen die hiesige Criminalpolizei auf die Spur gekommen. Diese Diebe, fünf hiesige Schuljungen im Alter von 14 Jahren, betrieben hauptsächlich die Plün derung von Ladenkassen, doch nahmen sie auch die ver schiedensten Gegenstände mit. Eine ganze Menge gestohlenes Gut wurde in verschiedenen Verstecken oorgefunden. — Gottleuba, 4. März. Wegen Verdachts, einen im Hause seiner Ehefrau ausgebrochenen Braud vorsätzlich veranlaßt zu haben, kam der Drahtwaarenfabrikant Oel schlägel zur Haft. Der Verhaftete hatte seine Möbel, Werkzeuge uud Waarenlager seines Geschäftes hoch ver sichert. — Großenhain, 3. März. Die Kränklichkeit unter den hiesigen Schulkindern ist zur Zeit besonders groß. Etwa der dritte Theil aller Kinder liegt an Influenza u. s. w. darnieder. — Grimma, 2. März. Der Socialist Auer sprach in Hohenstein-Ernstthal für — die Flotte. Er sagte: „Mau muß mit der Möglichkeit rechnen, daß wir mit den Waffen in der Hand uns gegen fremde Uebergriffe zu vertheidigen haben. Ich rechne damit, und es wird unter meinen Parteigenossen nur wenige Schwärmer geben, die nicht damit rechnen, daß dies für die mitteleuropäischen Staaten ans absehbare Zeit hinaus gilt. Deßhatb halte ich auch aufrecht, was ich in Hannover gesagt habe: wenn die Arbeiter einmal wirklich gleichberechtigt sind, wenn sie unter Verhältnisse kommen, daß sie als Gleichberechtigte sich fühlen, dann werden sie unter Umständen ganz gewiß auch zu der Nothwendigkeit kommen, für die Flotte zu stimmen. Denn wer sich als gleichberechtigter Bürger fühlt, wird sich auch als gleichverpflicbtetcr Bürger fühlen...." Es ist interessant, schreiben die „Gr. Nachr.", zu beobachten, wie ein socialdemokratischer Führer nach dem andern sich von den früher so stark betonten Endzielen abwendet. Es ist ihnen klar geworden, daß sie mit ihrem Hinweis auf den Zukunftsstaat keinen vernünftigen Arbeiter ge winnen können und deßhalb dieser — taktische Schachzug. — Auerbach, 28. Fcbr. Die König!. Staatsan waltschaft zu Plauen hatte es abgclehnt, gegen den Bür germeister Kretzschmar in Auerbach wegen der dem Stadt verordnetenkollegium daselbst in der Sitzung vom 4. De zember 1900 angeblich zugefügten Beleidigung öffentlich Klage zu erheben, weil diese nicht im öffentlichen Interesse liege. In Folge dessen hat nun das Stadtverordneten kollegium in seiner Sitzung am Dienstag Abend beschlossen, gegen den Bürgermeister Privatklage wegen Beleidigung zu erheben. In derselben Sitzung ist übrigens auch be schlossen worden, einen Protest gegen die Erhöhung des Getreidezolles zu erlassen. — Buchholz, 2. März. Mit knapper Noth dem Tode entrissen wurde der 10 Jahre alte Sohn eines hie sigen Fabrikbesitzers. Der Knabe war in einen selbster bauten künstlichen Schneeschacht gekrochen. Während er unter den zusammengetragenen Schneemassen weilte, brachen dieselben plötzlich zusammen und verschütteten ihn derart, daß er sich aus denselben nicht mehr zu retten vermochte. Als der Aermste auch nach eingebrochener Dunkelheit nicht in die elterliche Wohnung zurückkehrte, hielt man Umschau nach ihm und hierbei arbeitete man den Knaben aus dem Schneehaufen leblos heraus. Die Wiederbelebungsver suche waren zwar van Erfolg, noch immer aber leidet der Knabe an großer Erschöpfung. Lerntest Uathrein. Roman von B. v. d. Lancken. (19) (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Es steht in diesem Augenblick felsenfest bei Kath'rin', daß sie lieber niemals einen Kuß von Männerlippen em pfangen, niemals einen geben will, wenn es ihr versagt ist, ihn dem Mann zu geben, ihn von dem Mann zu empfangen, den sie und der sie liebt. Kath'rin' bleibt vor der Bank auf den Knieen liegen und läßt bie gefalteten Hände in ihrem Schootz ruhen, ihre thräuenschimmernden Augen blicken zu dem Stückchen blauen Himmel hinauf, der durch das Blättergewirr zu ihr herniederlugt, und neben ihrer heißen Liebe regt sich in ihr die Frage: „warum muß er es gerade sein, er, dessen Herz doch nicht frei ist, und der ebenso einsam durchs Leben gehen muß, wie ich, weil er just so stark, so treu und hoffnungslos liebt." Es dauert lange, lange, ehe sie Ruhe und Klarheit in ihr Denken bringt, es ist Alles noch so neu und so unfaßlich, und sie weiß, daß ihr schwere Kämpfe bevor- stehen — endlich muß sie gehen; sie geht langsam den Weg zurück, den sie gekommen; sie ist ruhig, wie man es