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WMatt fir MlsörW Tharandt, Aossen, Siebenteln und die Amgegendm. No 17. Donnerstag, den 7. Februar 1661 6b. Jahrg Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Rat. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. . Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanmberg Brrkenham, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaufbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Vohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschöuberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnscrlionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpus,zeile. T'nM unt Beriah vvn Marlin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktton Martin Berqer daiewtt. Holzverfteigerung auf Tharandter Staatsforftrevier. Im Gasthof „zur Tanne" in Tharandt sollen Montag, den 11. Feb ruar 1901 von Vormittags 9 Uhr an, nachstehende Nutzhölzer, als: 21 harte und 737 Weiche Stäminr, 132 harte und 468 Weiche Klötzer, 2195 weiche Derb- und 17,130 weiche Reisstangen und 2 Rm. harte Nutzscheite, sowie ebendaselbst Donnerstag, den 14. Februar 1901 von Vormittags 9 Uhr' an nachstehende Brennhölzer, als: 11 Rm. harte und 33 Rm. weiche Brennscheite, 71 Rm. harte und 110 Rm. weiche Brennknüppel, 3 Rm. harte Zacken, 136 Rm. harte und 65,5 Rm. weiche Aeste versteigert werden. Näheres enthalten die bei den Ortsbehörden und in den Schankstätten der um liegenden Orte aushängenden Plakate. Kgl. MÜMlMMNlllW ll. Kgl. Mjimtml UmM, am 2. Februar 1901. Grotz. Wolfframm. politische Rundschau. Kaiser Wilhelm hat nach fast zweieinhalbwöchent lichem Verweilen am Dienstag Nachmittag England wieder verlassen, nachdem am Montag die endgiltige Beisetzung der Leiche seiner Großmutter im Mausoleum zu Frogmore erfolgt war. König Eduard gab seinem kaiserlichen Neffen das Geleit an Bord der Nacht „Hohcnzollern". Beide Fürsten passirten bei dieser Gelegenheit London und hier wurden dem Kaiser lebhafte Kundgebungen dargebracht. In den Straßen hatte sich eine große Menschenmenge ein- gefunden, um durch Huldigungen dem Kaiser für die seiner Großmutter gegenüber bewiesene Verehrung und Pietät zu danken. Die lauten Ovationen ließen erkennen, daß die Londoner Bevölkerung der langen Trauer offenbar schon genug hat. Der Wagen der beiden Fürsten wurde von Eavallerie und reitender Infanterie eskortirt, auf den Häusern wehten die Fahnen wieder Vollmast. Der Ab schied war ein sehr herzlicher, Onkel und Neffe umarmten und küßten sich verschiedene Male. Mit seinem Vater reiste Kronprinz Wilhelm ab. Auch Prinz Heinrich von Preußen hat mit seinem Geschwader die englischen Gewässer ver lassen und kehrt nach der Heimath zurück. Kaiser und Kroupriuz begeben sich zunächst nach dem Taunus, um die Kaiserin Friedrich zu besuchen. Kaiserin Auguste Viktoria machte am Dienstag von Homburg aus einen Abstecher nach Karlsruhe, wo sie das badische Großherzogpaar und dessen Tochter, die Kronprinzessin von Schweden besuchte. Abends fand die Rückkehr nach Homburg v. d. Höhe'statt. Die Hoftrauer in Berlin für die Königin Viktoria hat eine Abkürzung erfahren; sie ist auf kaiser lichen Spezialbesebl auf zwei Monate festgesetzt worden, während ursprünglich drei Monate festgesetzt worden waren. Der Kaiser und Herr Ballin. Mit Bezug auf die Verhandlung im Abgeorduetenhause über die Anstell ung von Juden in Staaisämtern schreibt die „Voss. Ztg.": Man erzählt, daß der Kaiser bei seinem jüngsten Besuch in Hamburg dem Generaldirektor Ballin gesagt habe, er stehe nicht an der rechten Stelle, es müsse dafür gesorgt werden, daß er dahin gelange. „Ja, Majestät wissen wohl nicht . . . „Was, daß Sie Jude sind? Das ist U* Mö gleichgültig, das macht mir nichts; das können E-w Adeln sagen." Die Tante Voß muß es ja wissen. Studien des Kronprinzen in England. Die Münchner „Allg. Ztg." übernimmt eine Londoner Meldung, U! - n r Kronprinz auf Wunsch des Kaisers im Laufe dieses Jahres einige Zeit in England verbringen soll, uw.U "'schen handelswirthschaftlicheu und socialen Verhältnisse des Inselstaates kennen zu leimen. Diese Meldung wird dahm berichtigt, daß der Wunsch des Kaisers zwar auf eine Aeußerung des Monarchen zurückzuführen, allein „im Laufe dieses Wahres" an dessen Verwirklichung nicht zu denken sei, da der Kronprinz gerade seiner ein jährigen Dienstzeit, wie jeder wehrpflichtige Reichsbürger, M genügen hat, eine längere Uuterbrechung dieser aktiven Dienstzeit aber nicht beabsichtigt ist. Außerdem wird es sich der Kronprinz auch erst angelegen sein lassen müssen, die deutschen „politischen, Handelswirthschaftlicheu und so zialen Verhältnisse" kennen zu lernen. Das ist um so nothwendiger, als es ihm ja sonst an einem Maßstabe für tue englischen Verhältnisse vollständig fehlen würbe. Der Reichstag nahm am Montag die Spezial- berathung des Etats des Reichsjustizamtes bei Titel 1 „Gehalt des Staatssekretärs" in Angriff. Es entspann sich eine die gejammte Sitzung ausfüllende allgemeine juristische Debatte, in welcher die verschiedenartigsten Dinge auf's Tapet gelangten. Der erste Redner vom Tage, der Nationalliderale Bassermann, besprach die Verschleppung von Prozessen in der bayerischen Rheinpfalz, die Frage der kaufmännischen Schiedsgerichte, das Schiffspfandrecht im internationalen Verkehr und die gesetzliche Regelung der Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker. Nach einer Erwiderung des Staatssekretärs im Reichsjustizamt Nieberding ließ sich der Freisinnige Beck-Coburg über die gesetzliche Regelung der Entschädigung unschuldig Ver hafteter und über unhaltbare Zustände im preußischen Ge richtsvollzieherwesen vernehmen, daneben trat er den Aeußer- ungen Bassermanns über die Prozeßverschleppung in der Pfalz entgegen. Auch diesem Redner ließ Staatssekretär Nieberding eine Entgegnung zu Theil werden. Im weiteren Verlaine der Debatte sprachen aus dem Hause noch Stadt hagen (sz.),Garlinski(Pole),Müller-Meiningen (fr. Volksp.), Spahn (Centr.) und Böckel Mutis.), wobei die Ueberlastung der preußischen Richter, der Prozeß Sternberg, das ab lehnende Verhalten des Buudesrathes gegenüber vielen Rcichstagsrcsolulionen, die reichsgesetzliche Regelung des Privatversicherungswesens, die Behandlung jugendlicher Verbrecher, Mißstände in der Beurkundung im Personen stände, die bedingte Verurtheilung, die Könitzer Mordan gelegenheit und noch andere Themata erörtert wurden. Staatssekretär Nieberding griff auch in diese ferneren Verhandlungen wiederholt ein. — Zugegangen ist dem Reichstage die neue Vorlage, betr. den Verkehr mit Wein. Deutscher Reichstag. Am Dienstag berieth das Haus den Reichsjustizetat weiter. Abg. Bargmann (fr. Vp.) bedauert, daß nach den Erklärungen des Staats sekretärs auf eine baldige einheitliche Regelung des Straf vollzugs keine Aussicht sei. Bedauerlich sei auch die ab lehnende Haltung der Regierung zu dem Verlangen nach Entschädigung unschuldig Verhafteter. Was den von Herrn Böckel erwähnten Könitzer Fall anlange, so meine er, daß diese Angelegenheit in das preußische Abgeordnetenhaus gehöre. Redner fordert ferner Revision der Majestäts beleidigungsprozesse. Abg. Herzfeld (Soz.) streifte die Fälle Konitz und Sternberg und wendete sich gegen das Ver halten der Antisemiten in der Könitzer Angelegenheit. Weiter kritisirte er die Prozeßführung bei mecklenburgischen Schwurgerichten unter Schilderungen eines Falles in Wismar. Staatssekretär Nieberding entgegnete, dergleichen gehöre nicht vor den Reichstag, und ferner äußerte er: Wenn der Könitzer Mord im Abgeordnetenhause zur Sprache komme, würde die Regierung die Aufklärung geben, die sie geben könne. Ruhiges Blut sei das Nöthigste in dieser Angelegenheit. Hierauf erfolgte Vertagung. Mittwoch: Antrag betr. Theaterzensur. Protestkundgebungengegen die geplanten Getreidezölle werden als Gegenagitation der Liberalen in zahlreichen deutschen Städten geplant. Bezügliche Ankündigungen liegen schon aus allen größeren Städten vor. Reichstag und Regierung werden jedenfalls von einer wahren Hoch- fluth von Petitionen in der Getreidezollfrage überschwemmt werden. Der deutsche Landwirthschaftsrath ist am Diens tag zu seiner 29. Versammlung in Berlin zusammenge treten. Staatssekretär Graf Posadowsky begrüßte die Ver sammlung. Er hoffte, daß die Verhandlungen dazu bei tragen würden, dem Außenstehenden klarzulegen, welche Bedeutung die Landwirthschaft habe und in welcher Lage sie sich thatsächlich befindet. Zum Vorsitzenden wurde Abg. Graf Schwerin (kons.) gewählt. Die Versammlung faßte sodann Beschlüsse über die Reform der Amortisationsschuld und Lebensversicherung als Mittel zur Schuldentlastung; ferner über die Neuorganisation des Landwirlhschaftsralhs. Danach soll der Landwirthschaftsrath, der bisher einen lediglich privaten Charakter trägt, nunmehr von der Reichs regierung als die offizielle Vertretung der deutschen Land wirthschaft anerkannt werden. Am heutigen Mittwoch Abend findet ein Festessen statt, zu welchem auch Reichs kanzler Graf Bülow sein Erscheinen zugesagt hat. Ministerstürzerei sagt die Nat. Ztg. den Conser- vativen nach. Die Kreuz.-Ztg. hatte die Reden des Eisen- bahnministcrs v. Thielen und des Finanzministers v. Miquel etwas ironisch kritisirt. Durch diese Beurtheilung des conservativen Blattes, so bemerkt nun die „Nat. Ztg.", scheint die im Abgeordnetenhanse vielfach vertretene Auf fassung bestätigt zu werden, daß der nächste Zweck der diesmaligen Canal-Action der Conservativen die Beseitigung einiger Minister und deren Ersetzung durch zuverlässige Gesinuungsgeuossen der Rechten sei. Eine Antwort da rauf wird natürlich nicht ausbleiben. Aus Wien: An die allseitig mit Beifall aufge nommene Thronrede, die namentlich die heikle Sprachen frage in objektivster Weise berührt, und durch ihre Ver sicherung freundschaftlichster Beziehungen zum gejammten Auslande, dem Wunsche auf Erhaltung des Friedens eine kräftige Stütze verliehen hat, knüpfen Optimisten die Hoff nung, oaß nun auch der Reichsrath zu positiven Leistungen sich ermannen werde in gemeinsamer Liebe zum Kaiser und zum Vaterland. Leider kann der vorurtheilsfreie Be obachter nicht recht in den Hoffnungsjubel einstimmen; der neue Reichsrath hat schon in seiner Eröffnungssitzung zu schlimme Proben des Nationalitätenhaders und der Oppositionssucht gegeben, als daß man ihin ein günstigeres Prognostikon stellen könnte als seinen Vorgängern un rühmlichen Angedenkens. Wien, 5. Febr. Am Schluffe der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses fand ein Zwischenfall statt. Die Jungczechen und die czechischen Agrarier mit der radicalen Arbeiterpartei hatten die staatsrechtlichen Verwahrungen in dem bisher üblichen Inhalte eingebracht. Die Verwahr ung der Jungczechen war in deutscher, die andere aber in czechischer Sprache eingebracht. Bei der Verlesung der letzteren protestirten die Deutschen lebhaft. Abg. Wolf ruft: „Was wird da verlesen? Das versteht ja kein Menschs" Stürmische Entgegnung von czechischer Seite, anhaltender Lärm. Namens der Deutschen legt Abg.Kaiser Verwahrung gegen die Verlesung in czechischer Sprache ein. Aus Rom: König Viktor Emanuel von Italien wird aller Wahrscheinlichkeit schon in den nächsten Tagen vor die Nothwendigkeit gestellt sein, ein neues Cabinet zu berufen, da das noch von seinem Vater berufene Ministerium Saracco dermaßen ins Wanken gerathen ist, daß sein Sturz stündlich erfolgen kann. Natürlich ist man sehr gespannt, welche Männer das Vertrauen des jungen Mo narchen in so hohem Maße genießen, daß er sie mit der Leitung der Staatsgeschäfte betraut. — Der Abgeordneten.