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die Handelsverträge in Geltung standen, um so mehr ver stummten die Angriffe der Agrarier, oder doch ihre Forder ungen, unter Umgehung der Verträge den Preis für in ländisches Getreide in die Höhe zu treiben. Und der Kaiser, der sich wiederholt zu scharfem Tadel genöthigt gesehen hatte, verzieh gern. Tief bekümmerten Herzens habe Ich bemerken müssen, so sprach er in Ostpreußen, daß sogar aus den Mir nahe stehenden Kreisen des Adels Meine besten Absichten mißverstanden, zum Theil bekämpft worden sind, ja sogar das Wort Opposition hat man Mich ver nehmen lassen. Eine Opposition preußischer Adeliger gegen ihren König ist ein Unding. Meine Thür ist allezeit einem jeden Meiner Unterthanen offen und willig leihe Ich ihm Gehör. Tas sei fortan ihr Weg, und als ausgelöscht be trachte Ich Alles, was geschah. Aus ganz neuer Zeit liegt kein Katserwort über die Lage der Landwirthschaft, über etwaige Staatshilfe zur Abschaffung der landwirthschEtlichen Nothlage oder über die Umgestaltung der Handelsverträge vor. Auch der Reichskanzler, Graf v. Bülow, hat über diese Fragen bisher unverbrüchliches Schweigen bewahrt. Dagegen inangeltes nicht an indirekten Aeußerungen des Monarchen, die kaum einen Zweifel darüber gestalten, daß die Handelspolitik des deutschen Reiches unmöglich in agrarische Bahnen einlenken kann. Ich werde fortsetzcn. Mein Bestes zu thun, um die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den anderen Nationen zu erhalten und beständig zu stärken. Daß es gelungen sei, das Vaterland durch die Handelsverträge in neue Bahnen za lenken, die nicht wieder verlassen werden sollten, hat der Kaiser wiederholt erklärt. Die Erhaltung guter Handelsbeziehungen zu allen Völkern der Erde ist ein Grund- und Leitsatz der kaiserlichen Politik, deren Motto lautet: Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser. Fassen wir alle diese Aeußerungen des Kaisers wie in einem Conventrationspunkte zusammen, so gewinnen wir daraus die Ueberzeugung, daß auch die vom Grafen Bülow vorzunehmende Revision der Handelsverträge an dem bis herigen Princip der Meistbegünstigung festhalten und von einer erheblichen Erhöhung der Getreidezölle kaum die Rede sein wird. j)slitische Rundschau. Das Kaiserpaarhat wiederum seine Winterresidenz, das Königliche Residenzschloß in Berlin, bezogen. Anläßlich des 200-jährigen Jubiläums der preußischen Monarchie hat, wie bekannt, die Krönungsstadt Königsberg dem Kaiser eine Votiftafel gestiftet. Die Tafel ruht auf rothem Sammet in einer massiven Mahagoni- Cassette. Sie enthält die Widmung: „Seiner Majestät dem deutschen Kaiser und König von Preußen Wilhelm II. > huldigt in Ehrfurcht am 200. Gedenktage der ersten Königs krönung die Stadt Königsberg." — Der Grobherzog von Baden ist erkrankt. Er läßt sich am 18. durch seinen Sohn vertreten. Eine türkische Spezialgesandtschaft unter Führ- : ung Turkhan Paschas trifft voraussichtlich am Sonntag Abend in Berlin ein, um dem Kaiser ein Handschreiben des Sultans zu überbringen und den Hoffestlichkeiten am 18. Januar beizuwohnen. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Mr. White, ist vom Präsidenten Mac Kinley beauftragt worden, dem deutschen Kaiser die Glückwünsche der Untonsregierung und des amerikanischen Volkes zum 200jährigen Jubiläum des Königreichs Preußen auszusprechen. Im Eingänge der Reichstagssitznng vom Freitag erbat und erhielt Präsident Graf Ballestrem die Genehmig ung des Hauses, Sr. Majestät dem Kaiser und König die Glückwünsche des Reichstages zum 200jährigeu Bestehen des Königreichs Preußen darzubringen. Dann unterzog der Reichstag den vom Abgeordneten Nißlcr (cons.) ein- gebrachten Gesetzentwurf zur Abänderung des Reichsin- validenfonds-Gesetzes der ersten Lesung. Der beantragte Ge setzentwurf verlangt auch für solche Kriegsveteranen, welche erst später durch Alter oder Krankheit zu weniger als einem Drittel erwerbsunfähig geworden sind, dauernde Unter stützung seitens des Reiches und ist von einer Resolution begleitet, in welcher der Reichskanzler ersucht wird, durch einen Nachtragsetat die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Abg. Nißler wies bei Begründung seines Antrages auf die absolute Nothweudigkeit hin, bedürftige Veteranen im Kampfe ums Dasein aus Reichsmitteln nachhaltig zu unter stützen, es sei dies geradezu eine Ehrenpflicht des Reiches. Im Sinne dieser Ausführungen sprachen sich auch alle folgenden Redner aus dem Hause aus, und zwar Vertreter der Konservativen, Freikonservativen, des Centrums, der Sozialdemokraten, der Nationallibcralen, der Reformer, der süddeutschen Volkspartei und der freisinnigen Vereinig ung, also fast sämmtlicher Reichstagsparteien. Uni so be- frcmdlicher war es, daß sich die Regierung gegenüber dieser eiumüthigen Kundgebung des Parlaments in schweigen hüllte, abgesehen von einer bedeutungslosen Bemerkung des Regierungskommissars Geheimraths Plath — will die Regierung etwa den „Drückeberger" spielen, wenn es gilt, bedürftigen Veteranen aus den reichen Mitteln des Reiches etwas zuzuwenden? Der Gesetzentwurf Nißler und die hierzu gehörige Resolution wurden schließlich mit Ein stimmigkeit der Budgetkommission überwiesen. Die weitere Sitzung wurde durch die erstmalige Erörterung verschiedener von den Sozialdemokraten und vom Centruin herrührender Gesetzentwürfe in Betreff der Gewerbegcrichte und über haupt der Pflege des Friedens zwischen Arbeitgebern nnd Arbeitnehmern ausgefüllt, doch brach das Haus diese Debatte nach ganz kurzer Dauer wieder ab. Am Sonnabend wurde die Spezialberathung des Etats wieder ausgenommen Im Reichstage gelangte am Sonnabend bei Fort setzung der Berathuug des Spezialetats des Reichsamtcs des Innern die leidige 12000-Mark-Angelegenheit noch mals aufs Tapet. Der erste Redner voni Tage, der Sozialdemokrat Fischer, erging sich wiederum des Breiten in gehässigen Ausführungen über dies Thema und bean tragte schließlich die Einsetzung einer besonderen Commission seitens des Reichstages, welche die zwischen dem Reichsamte des Instern einerseits, der Centralgruppe der Industriellen und anderen Jnteressentengruppen anderseits angeblich be stehenden politischen und finanziellen Beziehungen erforschen und darüber dem Reichstage Bericht erstatten soll. Der von dem Vorredner scharf angegriffene Staatssekretär Graf Posadowsky verthcidigte sich kaum minder scharf, wies auf seine langjährige, stets mit im Interesse der Arbeiterschaft gehaltene sozialpolitische Thätigkeit hin und schloß mit dem Wunsche, daß an seiner Stelle niemals ein Monn stehen möge, der das Lob und die Billigung des Vorredners finden würde. Abg.Rösicke-Dessau (wild-lib.) sprach zwar auch seine Mißbilligung des Vorganges mit den 12000 Mark aus, meinie jedoch im Uebrigen, der Abgeordnete Fischer scheine hierin zu viel beweisen zu wollen. Abg. Dr. Oertel sang der Arbeitskraft und der persönlichen Lauterkeit des jetzigen Staatssekretärs im Reichsamte des Innern ein allerdings nur bedingtes Loblied, und erörterte daneben besonders die Bäckereiverordnung des Bundesraths. In der weiteren Debatte verbreitete sich der Freisinnige Wiemer über die Thätigkeit der Gewerbe- und Fabrikiu- spektoren, welches Thema dann auch noch der Sozialde mokrat Wurm behandelte, wobei er namentlich die Wirk samkeit der Fabrikinspektoren in Sachsen einer abfälligen Kritik unterzog. Der sächsische Bundesrathsbevollmächtigte, Geh. Rath Fischer, trat den bezüglichen Ausführungen Wurms entgegen, worauf Vertagung erfolgte. Die Aussichten der im preußischen Abgeordnetenhause bereits zweimal abgelehnten und nun zum dritten Male eingebrachten Kanalvorlage werden im Allgemeinen nicht als ungünstig bezeichnet, nachdem die Hauptbedeuken der landwirthschaftlichen Kreise durch die neulich erfolgte Zusicherung eines höheren Getreidezolles von Seiten des Grafen Bülow gemildert sind. Im Uebrigen trägt der wesentlich erweiterte Gesetzentwurf auch den Wünschen des Ostens mehr Rechnung, als die früheren Entwürfe. Es giebt freilich auch abweichende Meinungen. So schreibt die Staatsbrg.-Ztg.: „Gesichert ist in der Vorlage eigent lich nur der Bau des Mittellandkanals mit seiner Theil strecke nach dem Rheine hin. Dagegen haben die Kom pensationen, die vor zwei Jahren der Landtag forderte, Ausbau der Schifffahrts-Verbindungen nach dem Osten, keine gesicherte Grundlage; denn dieser Ausbau wird von einer Reihe von Verbindungen abhängig gemacht, und es ist ausgeschlossen, daß in dieser Form die große wasser- wirthschaftliche Vorlage zur Anlage gelangt." Der erste Vizepräsident des Reichstages, Herr von Frege, hat nach den „Dresd. Nachr." jüngst geäußert, er werde vom parlamentarischen Leben mit Ablauf der jetzigen Legislaturperiode Abschied nehmen. Er hat seinen bisherigen Wahlkreis 23 Jahre ununterbrochen vertreten. Neue Uniformen. Zum 18. Januar soll es man cherlei Uebcrraschungen geben. Der Königsb. Allg. Ztg. zufolge vielleicht auch neue Uniformen. Es handelt sich im wesentlichen um Abschaffung des sogenannten Ueberrocks, an dessen Stelle für den Dienst ein litowkenartiger Waffenrock nach österreichischem Schnitt in grauem Tuch treten soll, während der bisherige hellblaue Waffenrock nur für Parade und Gesellschaftszwecke dienen soll. Auch sollen angeblich in der ganzen Armee durchweg die hell gelben naturfarbenen Stiefel, wie sie bisher nur die Jäger zu Pferde trugen, eingeführt werden. Die deutsche Kolonie in Petersburg veranstaltete am Freitag Abend eine glänzende Abschiedsfeier zu Ehren des von fernem Petersburger Posten abberufenen deutschen Botschafters Fürsten Radolin, der bekanntlich als Nach folger des Fürsten Münster nach Paris geht. Hierbei brachte Fürst Radolin einen längeren hochpolitischen Trink spruch auf Kaiser Wilhelm und den Czaren aus, in welchem er das auf die Erhaltung des Friedens gerichtete Wirken beider Herrscher feierte und weiter hervorhob, wie Deutschland und Rußland ohne gegenseitige Rivalität eng zusammengehen können, da ihre Lebensinteressen sich nirgends kreuzten. Das Abschiedsfest, bei welchem auch die Ge mahlin des Fürsten Radolin zugegen war, nahm einen überaus harmonischen und angenehmen Verlauf. Wien, 12. Jan. Die Wahlen, welche nunmehr keine Uebcrraschungen mehr bringen werden, schließen mit einem Verluste der Sozialdemokraten von 6, der Christlichsozialen von 7, der Klerikalen von 6 Mandaten, der Czechen von 1 und der Slovenen von 1 Mandate, welche insgesammt den deutsch gesinnten Parteien, vor allem den Radikalen zufallcn. Die sonstigen Verschiebungen fallen nicht in den streng nationalen Rahmen. Dev Rvieg mit China. Die gemeinsame Note der Mächte wegen der Friedens bedingungen wird nun von den chinesischen Bevollmächtigten Tsching und Li-Hung-Tschang unterzeichnet, und dann wird man weiterwarten können. Denn es ist so sicher, wie zweimal zwei gleich vier, daß dann erst, vielleicht nach einer kleinen Pause, das Herummarkten um die Details beginnen wird, namentlich wegen der Strafen für die Hauptschuldigen und der Entschädigung. Daß der Kaiser von China nicht nach Peking gelassen wird, bevor nicht Prinz Tuan, General Tungfuhsiang und Konsorten es schwarz aus weiß haben, daß sie mit einem blauen Auge fortkommen, ist selbstverständlich, es kann also inzwischen noch mancherlei passiren. Einzelne Banden tauchen noch immer ans und geben den europäischen Truppen Beschäftig ung und wer weiß, ob es am Ende trotz allem Bisherigen nicht doch nöthig wird, daß Graf Waldersee eine Kolonne nach Singanfu schickt und dort den chinesischen Hof auf heben läßt. Dort sollen noch immer ziemlich viel Truppen stehen; diese gehorchen blind den Europäerfeinden. Daß die chinesischen Hofkreise noch sehr wenig gedemüthigt sind, ergiebt sich aus den hochtrabenden Worten des in Peking anwesenden Prinzen Tschun, des Bruders des Kaisers. Tsclmn soll eventuell als Abgesandter an den deutschen Kaiser nach Berlin gehen. Aber mau kann nur wieder holen: Erst abwarten, bis es so weit ist! Wegen des russischen Verhältnisses zu China und zur Mandschurei werden noch immer mancherlei Worte gemacht. Wozu das Alles? Der Czar hat diese chinesische Provinz ste behalten, gleichviel, ob darüber noch ein paar Ries Papier vollgeschricben werden oder nicht. Dev Tvansvaalkvieg. Die englischen Depeschen über die Boeren sind heute mehr als je, was sie meist freilich waren, leeres Stroh. Sie besagen allenfalls, was die Briten wünschen, weiter nichts. Ebenso stehts auch mit der Angabe, es seien im Ganzen 15182 Boeren gefangen. Davon sind kaum zur Hälfte wehrfähige Männer, zum Andern sind es Greise, Krüppel, Weiber, Kinder, Ochsentreiber, vcrdää tige Aus länder usw. Außer Cronje's Kolonne sind nie mit einem Male wirklich bedeutende Boereutrupps gefangen. Hin gegen erzählt man nicht, daß die Boeren ihren englischen Gefangenen jetzt die brauchbaren Beinkleider zum eigenen Gebrauch fortnehmen und den ganz untauglichen die Knöpfe abschneiden. So kehrten mehrere hundert Mann gefangene Grenadiere ins Lager jüngst zurück. In der Kapkolonie sind die Boeren, da es den Engländern arg au Reiterei fehlt, ziemlich Herren der Situation und rühren ihren Plan, alle Verbindung zwischen Kapstadt und den rückwärts stehenden britischen Truppen abzuschneiden, ebenso sicher, wie erfolgreich durch. Die Thaisache, daß in Transvaal und im Oranjefreistaat nur die Hauptverkehrslinien noch von den Engländern besetzt sind, zeigt am Besten, wie es mit der Verproviantirung steht. Dewet hat den ihm fol genden General Knox und dessen Truppen jammervoll zugerichtet; das ganze Korps ist marode, fast alle Pferde sind kaput. Die Thaisache, daß Dewet plötzlich verschwun den ist, zeigt, daß er einen anderen Erfolg sicher vor Augen hat. Spazierritte hat der Mann nie gemacht. Wenn nicht ganz unvorhergesehene Erfolge eintreten, ist der voll ständige Rückzug der Engländer aus den Boeren-Ländern wegen des grimmig wachsenden Mangels in einigen wenigen Wochen unausbleiblich. Lebensmittel, Mannschaften, Pferde — Alles fehlt, Eins mehr, wie das Andere! In Kap-Zeitungen werden auch allerlei tolle Gerüchte verbreitet, so besonders, die Boeren planten einen Ueberfall, keinen regelrechten Angriff, auf Kapstadt, um die Regierungsviertel anzuzünden, und den Kapkolonisten damit zu Gemüthe zu bringen, wie die Briten es in den Boerenlanden mit den Farmen getrieben. Bei der großen, weit um sich gegriffenen Marodigkeit der englischen Truppen kann man wohl einen kühnen Boerenstreich erwarten. Vom Kriegsschauplatz selbst liegen dagegen nur fol gende Meldungen vor: Kapstadt, 11. Jan. Die Minenkammer und die Militärbehörden haben einen Modus vereinbart, wonach binnen Kurzem 1200 Minenangestellte nach dem Rand zurückkchren sollen, um die Minen zu bewachen, unter der Bedingung, daß sie in ein Eisenbahn- oder Pionier-Regi ment oder in das Randrifles-Korps eingereiht werden und überall im Rand Dienst thun sollen. R«vze Chronik. Der neueste Beruf im Aankeelande. Dem Beginn des 20. Jahrhunderts war es Vorbehalten, eine neue, recht einträgliche Profession ins Leben zu rufen. Amerika ist das Land, wo es fortan „Kinderwächter", nicht miß- zuverstehen mit Kinderwärtern, geben wird. Daß Babies und kleinere Kinder reicher Leute trotz der Aufsicht von Ammen und Erzieherinnen zwecks Erpressung eines hohen Lösegeldes geraubt werden, gehört jenseits des Weltmeeres nicht zu den Seltenheiten. In letzter Zeit wagen sich die Kindercntführer aber auch an Knaben nnd Mädchen her an, die das 10. Lebensjahr längst überschritten haben. So wurde vor einiger Zeit einem Millionär in Omaha der einzige 15 jährige Sohn gestohlen, und jetzt sind die Kreise der New-Aorker Geldaristokratie durch das geheimnißvolle Verschwinden von May Radford, der 12jähr- igen Tochter eines sehr vermögenden Bankiers, in be greifliche Aufregung versetzt worden. Der Millionär Edwin Gould hat nun kürzlich zwei hünenhafte Diener engagirt, die Tag und Nacht Kinder bewachen müssen. Andere Dollarfürsten folgen seinem Beispiel, und die Zeitungen sind überschwemmt mit Annoncen, in denen Männer und Frauen sich als „Kinderwächter" anbieten. Schmölln, 11. Jan. Durch die Unvorsichtigkeit einer Magd, welche ihr Bett mit einem heißen Ziegelstein zu erwärmen suchte, konnte in Schloßig leicht ein Scha denfeuer aufkommen. Glücklicherweise wurde das Feuer rechtzeitig bemerkt, allerdings, nachdem der glühende Ziegelstein Bett und Möbel bereits in Asche gelegt hatte. Das erste gerichtliche Nachspiel zum Berliner großen Sternberg-Prozeß wird heute daselbst stattfinden. Die Anklage richtet sich gegen Fräulein Harriet Platho, In haberin des Bank- und Kommissionsgeschäftes von I. Platho, und gegen den Kaufmann und Grundstücksmakler Hugo Arndt wegen verleumderischer Beleidigung des Ober staatsanwalt Dr. Jsenbiel. Die Angeklagten hatten münd lich und schriftlich verbreitet, eine der Familie des Ober staatsanwalts befreundete Frau von Graefe sei gewonnen, Dr. Jsenbiel zu bewegen, daß er Schritte thue, die Be gnadigung Sternberg'S oder die Beeinflussung des Reichs gerichts zu Gunsten Sternberg's herbeizuführen. Natür lich sollte auch da wieder Sternberg's Gold rolliren. Wie Jemand solche verrückte Gedanken ernst nehmen konnte, ist chwer einzusehen. Der Dampfer Russie. Die schiffbrüchigen Mann schaften und Fahrgäste des bei Faraman gescheiterten Dampfers Russie sind gerettet, aber dies Schiffsunglück ist so eigener Art, daß eine Beleuchtung des ganzen Vor falls vom hohem Interesse ist. Fünf Tage lang hat der Dampfer mit 102 Menschenleben an Bord an der südfranzösischen Küste im Sande gesteckt, gepeitscht von Stürmen und Wogen, nur 250 Meter vom Lande ent fernt, aber kein Rettungsboot vermag sich zu nähern. Todtenstille herrscht an Bord des Schiffes, alle Passagiere nebst den überflüssigen Mannschaften sind im Zwischen raum eingeschlossen. Aber am Margen des vierten Tages gingen Lebensmittel und Trinkwasser aus und der Sturm blies aus vollen Backen. Was drinnen in der Kajüte an Verzweiflungsszenen sich abspielt, kann man sich denken. Kleinere Dampfer versuchen das Schiff zu erreichen, müssen aber schleunigst umkehren, um nicht gegen die Russie ge worfen zu werden. Die neuen Leinenraketengeschütze