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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 24.12.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189512244
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18951224
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18951224
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-12
- Tag 1895-12-24
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Monat
1895-12
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Jahr
1895
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asiatischen Dingen interesstrt sind, Rußland und England, haben beide es für gut befunden, an der ostasiatischen Frage einst weilen nicht weiter zu rühren, allerdings wird letztere aber sich sofort erneut hochaktuell gestalten, sobald nur Rußland erst hin länglich gerüstet ist, um seine Pläne im fernen Osten mit Nachdruck aufzunehmen. Episoden von begrenzter Wirkung stellen noch immer der Feldzug der Spanier auf Kuba und das kriegerische Verhältniß Italiens zu Abissynien dar. In beiden Fällen erscheinen zwar ernstere internationale Folgen nicht gänzlich ausgeschlossen, je doch ist diese Möglichkeit sowohl in der kubanischen Angelegen heit als auch bei dem neuen Afrikafeldzuge der Italiener zur Zeit noch in weitem Felde. Ganz verstummt sind gegenwärtig die marokkanische und die egyptische Frage, daß sich jedoch dort wie hier mancherlei Gegensätze und Interessen kreuzen, bleibt freilich unbestreitbar. JmUebrigen bleibt nach wie vor die bis herigen Mächte, Gruppirung in der hohen Politik bestehen, auf der einen Seite der Dreibund, auf der anderen der französisch- russische Zweibund, beide Gruppen haben sich bislang höflich, ja entgegenkommend behandelt, es ist kein Grund zu der Be fürchtung vorhanden, daß es hiermit im neuen Jahre anders werden könnte. Tagesgeschichte. Weihnachtsstille herrscht auf de« Gebiete der inneren Po litik, die Pforten des Reichstages und der versammelten Einzel parlamente sind einstweilen geschlossen, verstummt sind vor dem siegreichen Strahlenklanze des herrlichsten Festes des Jahres all' die großen und kleinen Fragen des Tages. Erst wenn vor Allem wieder die Reichstagsarbeiten begonnen haben werden, dann wird auch das Interesse an den politischen Tagesvorgängen wieder aufleben, und dies umsomehr, als ja die Entwickelung des Dinge in der neuen Reichstagssession nach vielen Richtungen hin noch durchaus abzuwarten bleibt. Vorerst aber macht das poesievollste, wonnigste Fest des ganzen Jahres seinen Zauber allenthalben geltend und unter seinem allbeherrschenden Ein flüsse müssen sich auch die politischen Sorgen und Verdrießlich keiten, die Zänkereien und Reibungen zwischen den Parteien in die dunkelste Ecke zurückfliehen. Mögen sie in diesem Winkel noch recht lange verbleiben. Niemand wird ihrer zur gnaden reichen Weihnachtszeit begehren und so erschalle denn der Ruf weithin durch die deutschen Lande: „Fröhliche Weihnachten!" Ein neuer Gesetzentwurf, welcher sich auf die Regelung des Verkehre mit Handelsdünger, Kraflfuttermitteln und Saat gut bezieht, ist jetzt von der „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht worden. Ob der Entwurf noch in der gegenwärtigen Session an den Reichstag gelangt, muß dahingestellt bleiben, wahr scheinlicher ist es jedoch, daß er infolge des scharfen Widerspruchs, welchen er aus den Kreisen der Händler und Mühleninteressenten erfährt, einer Umarbeitung unterzogen wird. Das scharfe Vorgehen gegen die sozialdemokratischen Führer und Agitatoren auf grund der geltenden Gesetze wird auch in manchen Kreisen, die sonst gewissermaßen als staatserhaltend bezeichnet werden müssen, gemißbllligt. Man behauptet einer seits, durch Polizeimaßregeln werde man die sozialdemokratische Bewegung nicht schwächen, sondern stärken, andererseits, die Sozialdemokratie könne erfolgreich nur durch weitgehende soziale Reformen bekämpft werden. Beide Annahmen sind unseres Erachtens irrig. Schon heute lehrt der Augenschein, daß die sozialdemokratischen Agitatoren, daß insonderheit die sozialde mokratischen Zeitungen infolge der schärferen Handhabung der Gesetzgebung sich einer weit größeren Mäßigung befleißigen, als in den oorangegangencn Jahren. Die Besorgniß der leitenden „Genossen" von einer üblen Wirkung der „Polizei maßregeln" ist namentlich in Bebels Reichstagsredc zum Aus druck gelangt; im übrigen aber möge man getrost abwarten, welche Früchte das heutige Vorgehen gegen die Sozialdemokratie zeitigen werde. Wir sind davon überzeugt, daß sie nicht so ausfallen werden, wie die sozialdemokratischen Wortführer der Welt glauben machen möchten. Was nun die Bekämpfung der sozialdemokratischen Bewegung durch soziale Reformen be trifft, so hat diese bisher unleugbar volles Fiasko gemacht. Wir sind selbst aufrichtige Anhänger einer zielbewußten Sozial reform und hoffen auch, sie auf dem Boden der bekannten kaiserlichen Erlasse weiter fortgeführt zu sehen, allein als Kampf mittel gegen die sozialdemokratische Bewegung können wir sie unter den jetzigen Verhältnissen noch weniger betrachten als früher. Nirgends in der Welt herrscht staatlicherseits eine leb haftere Fürsorge für die Arbeiterschaft als in Deutschland, und doch tritt die Sozialdemokratie nirgends unpatriotischer, gehässiger und hetzerischer auf als innerhalb der deutschen Grenzen. Von Anerkennung der bisherigen fast riesenhaften sozialpolitischen Leistungen für die Arbeiter ist in der Sozialdemokratie keine Spur wahrzunehmen. Im Gegentheil kann man täglich die Beobachtung machen, daß die sozialdemokratischen Agitatoren diese Leistungen nicht nur verkleinern, sondern sie auch zu dis- kreditiren trachten. Wollte man selbst dos ganze WirthschaftS- Programm der Sozialdemokratie, soweit es innerhalb der heutigen Gesellschaftsordnung erfüllbar ist, aussühren, so würden die leitenden und agltirenden „Genoffen" immer wieder neue For derungen erheben und neue Motive auffindcn, um die Unzu friedenheit der Arbeiterschaft rege zu erhalten. Unter solchen Umständen erlahmt begreiflicherweise nicht nur der gute Wille der Vorsitzenden, auf die doch die Sozialreform in erster Linie sich stützt, zu weiteren reformmäßigen Fortschritten, sondern es bricht sich auch die Ueberzeugung Bahn, daß alles, was für die Arbeiterschaft geschieht, der sozialdemokratischen Partei und deren Ansehen zu gute kommt. Erst kürzlich hat im Reichs tage der sozialdemokratische Wortführer kühn behauptet, die sosialen Reformen seien bei uns in Deutschland nur aus Angst vor der Sozialdemokratie unternommen worden. So unbe gründet diese Behauptung ist, so allgemein findet sie unter dem sozialdemokratischen Anhänge Glauben. Dieser Glaube aber muß zerstört werden, die sozialdemokratischen Führer und Agitatoren müssen durch die Machtmittel des Staates belehrt werden, daß man sie und ihre Hetzereien nicht fürchtet, sondern daß man ihnen kaltblütig, aber energisch zu begegnen weiß. Auf die Arbeiter wird es zweifellos einen großen Eindruck machen, wenn klar erwiesen ist, daß der scharfe Kurs gegen die Sozialdemokratie auch von Bestand bleibt. Wird ihnen dann zugleich klar gelegt, daß ihre Wünsche so lange ohne Erfüllung bleiben müssen, bis die sozialdemokratischen Führer und Agitatoren unschädlich gemacht sind, daß die Vertretung ihrer Interessen durch eine vaterlandslose revolutionäre Partei nur zu ihrem materiellen Schaden ausschlagen kann, dann werden sie sich besinnen, und eine Trennung der Arbeiter von den Sozialrevolutionären wird dann nicht mehr als undurch führbar sich erweisen. Das neue österreichische Ministerium Badeni hat vom Abgeordnetenhause das Budgetprovisorium bis Ende März 1896 in zweiter und dritter Lesung bewilligt erhalten. Unter den obwaltenden Umständen kann die Regierung hiermit ein ganz annehmbares parlamentarisches Weihnachtsgeschenk verzeichnen. — Der ungarisch- Ministerpräsidrnt Baron Bauffy wurde am Freitag »om Kaiser Franz Josef in der Wiener Hof burg in besonderer Audienz empfangen. Der russische Thronfolger Großfürst Georg weilt seit voriger Woche an der französischen Riviera. Am Freitag Nachmittag 8 Uhr traf der Dampfer „Petersburg" mit dem hohen Kranken an Bord auf der Rhede von Villaranche-sur-Mer ein, offizieller Empfang fand nicht statt, offenbar im Hinblick auf den leidenden Zustand des Großfürsten. Die in Villafranche anwesenden russischen Fürstlichkeiten und der Bürgermeister er warteten den Dampfer am Quai; eine zahlreiche Menschen menge wohnte der Ankunft des Dampfers bei. Seit einigen Tagen konstatiren die Berichte aus Kon stantinopel übcrrinstimmend, daß die Bevölkerung für die fortgesetzten Hetzereien des armenischen Komitees sowohl wie auch für die Kundgebungen der jungtürkischen Partei unem pfindlich geworden ist. Man erwartet zwar einen neuen Per sonenwechsel im Großvezierat, aber man fürchtet keine neuen Unruhen. Das Einlaufen der zweiten Stationsschiffe hat in der mohamedanischen Bevölkerung der Hauptstadt nicht die geringste Beunruhigung hervorgerufen, so daß die Befürchtungen des Sultans, infolge deren der Versuch gemacht wurde, die Mächte zum Verzicht auf ihre Forderung zu bestimmen, sich als gänzlich unbegründet erwiesen haben. — Kleinasien ist noch immer der Schauplatz entsetzlicher Metzeleien. Die „Frkf. Ztg." meldet aus Konstantinopel vom 20. d.: Die in Zeitun eingeschlossenen 400 türkischen Soldaten, sowie 500 Civilisten, Frauen und Kinder, sind am Sonntag von den 1200 Armeniern, welche den Ort belagerten, niedergemacht worden. Die Pforte notifizirte dies den Botschaftern und er- theilte gestern an Mustafa R-msi Pascha den Befehl, mit 10000 Soldaten und zwei Batterien heute früh Zeitun anzu greifen, zu bombardiren, zu zerstören und die Armenier nieder zumachen. Die Lage auf Kreta wird in Meldungen, welche der Pforte zugegangen sind, als sehr ernst geschildert. Die türkischen Truppen erlitten durch die Insurgenten wiederholte Niederlagen. Der Generalgouverneur von Kreta verlangt eine Verstärkung von mindestens 16 Bataillonen, einstweilen konnten nur 5 Bataillone aus den türkischen Garnisonen in Syrien nach Kreta abgesandt werden. Vaterländisches Wilsdruff, Weihnachten 1895. Wiederum grüßt uns da« herrlichste Fest des Jahres in seinem strahlenden Wunderkleide, von Neuem feiern wir Weihnachten. Mitten hinein in die Unruhe des werktägigen Schaffens, wie in die mannichfachen Stürme und Kämpfe des wirthschaftlichen und politischen Lebens wirst das erhebende und beseligende Fest der Geburt unseres Herrn und Heilands seinen Hellen Schimmer, der nach allen Seiten hin Liebe, Frieden und Versöhnung kündet. Liegt doch wahrlich auch eine tiefe symbolische Bedeutung in dem Strahlenglanze der Weihnachtskcrzen! Aus der uralt heidnischen Zeit unserer Vorvordern stammen noch die meisten unserer heutigen Weihnachtsdräuche, namentlich der lichterglänzende geschmückte Tannen- oder Fichtcnbaum, dessen Urbild die heilige Eberesche war, welche die alten Germanen an ihrem Jul- oder Wintersonnenwendefest mit Gaben und Lichtern zierten. Aber unser christlich-germanischer Weihnachtsbaum überragt in seiner Bedeutung unermeßlich seinen heidnischen Vorgänger, er ist gleichsam zum flammenden Symbol des Christenthumö und dessen höchsten Festes geworden, die wahre Liebe und die reine Freude, Brüderlichkeit und Versöhnlichkeit kündend. Welcher Zauber, welche Fülle von Seligkeit liegt doch in dem Wort- Weihnachten und über der ganzen Weihnachtszeit! Auf Flügeln der Erinnerung trägt es uns Erwachsene zurück zu den Stätten unserer Jugendzeit, ins Vaterhaus, wo wir jauchzend dengaben- besäeten Weihnachtstisch mit seinem herrlichen Mittelpunkte, dem leuchtenden Tannenbaume, umsprangen, Wonne und Entzücken im Herzen! Ja, Weihnachten ist darum so recht zunächst das Fest der frohen Kindheit und der Häuslichkeit, dessen eigenartiger Zauber gerade in unseren germanischen Gauen sich so voll zu entfalten pflegt. Aber daneben stellt es auch das Fest der christlichen Liebe und Barmherzigkeit dar, jener herrlichsten Eigenschaften der erhabenen Lehre des Messias, und weiter ist es das Fest der allgemeinen Brüderlichkeit, der Versöhnung und Friedfertigkeit, wie sie Christus und seine Jünger so feurig aller Welt predigten. Glücklicher Weise erfüllt sich an den Völkern Europas auch diesmal die alte Heilsbotschaft der Weihnachtszeit: „Und Friede auf Erden!" Die Wolken, die sich im Südosten des Weltthciles bedrohlich genug cmporthürmten, beginnen sich wieder zu zerstreuen und nach menschlicher Voraussicht werde» wir also auch noch fernerhin die Segnungen des gesicherten Völkerfriedens genießen können. Auch auf dem Gebiete unserer vaterländischen Angelegenheiten schweigen angesichts des be seligenden Festes allmählich die Stürme und Kämpfe des Tages, obschon eS nur eine kurze Ruhepause ist, die uns da die Weih nachtsfeier bringt. Aber wir wollen uns ihrer von ganzem Herzen freuen und vor dem schimmernden Weihnachtsbaume nitge für eine kurze Frist die Erinnerung daran verblüffen, daß die politische Lage in unserem deutschen Vaterlande so Vieles zu wünschen übrig läßt und daß wir nach dem par lamentarischen Gottesfrieden der Weihnachtszeit nur neuen Kämpfen entgegengehen. — Wie schon Jahre vorher, so auch am diesjährigen heiligen W-lhnachtsfest werden arme und kranke, Unterstützung bedürftige Einwohner unserer Stadt sowohl vom hiesigen „Frauenverein" als auch vom hiesigen „Fechtverein" durch reichliche Geldgaben und durch Naturalien unterstützt, um ihre Armuth und Noth zu lindern. Mögen die Gaben, welche aus vollem Herzen dar gebracht werden, auf guten Boden fallen und der Dank der Unterstützten sich durch menschliches Betragen die rechte Bahn brechen, dabei nicht vergessend, daß ein rechter Vater im Himmel wohnt, der seine Kinder nie vergißt. — Von einer Weihnachts- bescheerung für arme Kinder hat der „Frauenverein" wie der „Fechtvcrein" diesmal Abstand genommen, jedoch wird die Unter stützung der Kinder den Fcchtverein in seiner Januarversammlung be schäftigen. Beiträge und Namensuaterschriften zur gemeinsamen Neujahrsgratulation werden auch jetzt noch bei Herrn Apotheker Tzschaschel in Empfang genommen. — Weihnachtsvergnügungen: Im „Hotelzum weißen Adler" findet am 1. Weihnachtsfeiertag ein großes Extra- Konzert vom Wilsdruffer Stadtmustkchor statt; ein gleiches Konzert von derselben Kapelle am 3. Weihnachtsfciertag im „Schützenhaus". Die uns vorliegenden Programms sind bestens gewählt und dürften den Geschmack aller Besucher wohl treffen. Weitere Konzerte finden im „Gasthof zur Krone" in Kessels- dorf vom Gesangverein Liedertafel daselbst und im „Gasthof Deutschenbora" vom 11. Infanterieregiment statt. — Oeffentliche Ballmusiken sind am 2. Weihnachtsfeiertag zu verzeichnen in den Sälen des „Hotel Adler"-Wilsdruff, „Schützenhaus" - Wilsdruff, „Lindenschlößchen"-Wilsdruff, „Oberer Gasthof". Kesselsdorf, „Gasthof Unkersdorf", „Gasthof Limbach", „Gast hof Kaufbach", „Gasthof Weistropp", „Deutsches Haus"« Röhrsdorf und im „Gasthof zum Erbgericht"-Röhrsdorf. Im Gasthof zu Grumbach findet am 2. Weihnachtsfeiertag „Casino" statt. — Bei der in Gemäßheit der Verordnung vom 4. März 1881 am 18. d. M. stattgefundenen Zählung waren in hiesiger Stadt 152 Pferde und 395 Rinder vorhanden. — Einen M ord an ihrem eigencns neugeborenen Kinde beging am 28. v. M. eine im Rittergut Neukirchen be dienstete unverehelichte 26jährige Wirthschafterin. Ihrem ersten Geständniß nach wollte sie das Kind in einem Teiche ertränkt haben; nach stattgefundener Untersuchung ergab sich jedoch dies als Unwahrheit und hat die unnatürliche Mutter nach neuestem Geständniß ihr Kind verbrannt. Dieselbe wurde beim hiesigen königlichen Amtsgericht in Haft gebracht. — Vor einigen Tagen wurde in Geyer die Frau des Theatcrdirektors Uhle begraben. Während einer Vorstellung im RathhauSsaale war sie bei Verlassen der Bühne ausgezlitten und hatte sich einen innerlichen Schaden dadurch zugezogen, der schließlich zu ihrem Tode führte. — Zu der Verurtheilung des Bahnwärters Wolf, der das Oederaner Eisenbahnunglück verschuldete, schreibt der „Freiberger Anzeiger" treffend: „Wenn man sich diesen Uebel- thäter, der nun durch eine schwere aber gerechte Strafe seinen Theil der Schuld sühnen wird, und fein Vorleben näheransieht, so wird man nicht umhin können, auch gegen diesem Manne vorgesetzten Instanzen schwere Vorwürfe zu erheben. Wie konnte man einen Menschen, der eine solche ungeheuerliche Menge von Disciplinarstrafen wegen Vergehen im Dienste aufzuweisen hat, neun Jahre lang aus seinem verantwortungsvollen Posten an einer der verkehrsreichsten Strecken unseres Landes belassen? Wie konnte man sich nur damit begnügen, einen solchen unzuverlässigen An. gestellten nur mit ganz geringen Geldstrafen (30, 40 Pfennige!) zu belegen, anstatt ihm um der allgemeinen Sicherheit willen zu suspendiren! Eine solche Nachsicht ist geradezu unbegreiflich und regt die Frage an, ob nicht unter solchen Umständen eine Anklage desselben Inhalts gegen diejenigen Beamten hätte erhoben werden können, welche auf die Beibehaltung eines solchen Mannes auf diesem Posten maßgebenden Einfluß besaßen. — Folgender Witz soll dieser Tage in einem Meißner Lokal ausgeführt worden sein. Einer der dort bei einer ge- müthlichen Weinkneipcrei betheiligten Herren kam in fröhlicher Laune auf den Einfall, sich heimlich ein Glas Essig geben zu lassen. „Rufen Sie mal den Wirth", wurde dann dem Kellner besohlen. Hurtig eilt der Gastwirth herbei, um sich nach den Wünschen seiner Gäste zu erkundigen. „Aber Herr Wirth, das soll Winkler Hasensprung sein, kosten Sie doch selber ein mal, wie sauer das Zeug ist!" Nichts ahnend, setzt der Wirth das Glas an den Mund und nimmt einen festen Schluck. Zwar verzieht sich sein Gesicht sofort in Mitleid erregender Weise und man sieht, wie der edle Saft seinen Gaumen peinigt. Aber das es Essig gewesen ist, ahnt er doch nicht, und auf seinen Wein darf er doch nichts kommen lassen. Mit heroischem Muth bringt er also seine Mienen wieder in Ordnung und meint dann mit dem Tone gekränkter Unschuld: „Na, an dem Weine ist doch nichts auszusetzen!" — Ein Eifersuchts-Drama? Ein auf der großen Brüdergaffe in Dresden wohnender Schuhmacher verstarb vor einigen Tagen an einer Stichwunde; der Hals war ihm durchbohrt. Der Tod trat wenige Stunden nach dem Vor kommniß ein und war der Betreffende in Folge der schweren Verwundung nicht mehr in der Lage gewesen, noch irgend ein Wort zu sagen. Er selbst sollt: sich ein Mess« jn Yen Hals gestoßen haben, wie sein Cousin, ein Schriftsetzer, der zur kritischen Zeit mit ihm zusammen in einer Stube gewesen war, behauptete. Dieser Schriftsetzer ist jedoch Kalo nach dem Vorkommniß in Untersuchungshoft genommen worden, ebenso die Ehefrau des selben, uns es scheinen erhebl'che Zweifel darüber entstanden zu sein, ob der Verstorbene wirklich durch Selbstmord geendet hat. Bekannt ist in dem fraglichen Hauss, daß zwischen dem Schuh macher und seinem Cousin unmittelbar vor dem angeblichen Selbstmord eine erregte Eifersuchtöscene stattzesunden hat. Der Erstere mag zur Eifersucht berechtigte Ursache gehabt haben. In den letzten Tagen ist die Wohnung des Verstorbenen, nach dem dort Durchsuchungen stattg-funden hatte», unter Schloß und Riegel gelegt worden; ferner ist die Grube geräumt worden, wobei besonders nach einem Messer gesucht worden sein soll, welches, wie man hört, auch gefunden wurde. Die Leiche des unter so auffallenden Umständen ums Leben gekommenen Mannes ist erst beerdigt worden, nachdem eine gerichtliche Sektion statt gefunden batte. — Glauchau, 19. Dezember. Gestern wurde dem Di rektor und Componisten Heinrich Pfeil, der s-it mehreren Jahren als Redakteur an der „Glauchauer Zeitung" thätig ist, eine große Auszeichnung dadurch zu theil, daß sechs hiesige Män- nergcsangvereinc zu Ehren seines 60. Geburtstages eine» Fest kommers im Saale des Theaterlokals abhieltcn, wobei der geliebte Liederkomponist nicht nur in Worten hochgefeiert, sondern auch durch That geehrt wurde, in dem man ihm ein namhaftes Ehren geschenk, zu welchem eins große Anzahl deutscher Gesangvereine beigesteuert hatte, überreichte. — Die Nachricht über die erfolgte Festnahme desMör derS Maiwald hat sich bestätigt. Maiwald ist in Bolkcnhain fcstgenommen und an die Königl. Staatsanwaltschaft in Hirsch berg abgeliefcrt worden. — In Bolkenhain hatte Maiwald, wie innerlich, das Haus seines Schwagers in Brand gesteckt aus Rache, weil dieser seinerzeit als Belastungszeuge gegen ihn aufgetreten war in dem Prozeß, der mit der Verurtheilung Maiwald's zu 6'!^ Jahren Zuchthaus endete. In Bolken hain war cs auch, wo er kürzlich auf seine eigene Mutter und lin das Haus des Gemeindevorstehers Schüsse abgegeben hatte
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