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'AHO Z- iß LL L» -V WchmM sm MW Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), s Nlk. 30 j)f., durch die Post bezogen f B7k. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. Tharandt. Ma. Mealtha md die UmMadea. Imtsblalt Inserate werden Montags, Mittwochs «ck Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis f O pf. pro dreige- spaltene Eorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt kruck und Verlag von Marlin Berger in Firma H A. Berger m Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 148. Sonnabend, den 14. Dezember 1895. Bekanntmachung. Sonnabend, den 21. dss. Mts., Vormittags 112 Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 10. Dezember 1895. Königliche Amtshauptmannschaft. Bekanntmachung, neue Bearbeitungen des amtlichen Waarenverzeichniffes zum Zolltarife und des statistischen Waarenverzeichnifses betreffend. Von dem amtlichen Waarenverzeichnisse zum Zolltarife sowie von dem statistischen Waarenverzeichnisse nebst Verzeichniß der Massengüter sind neue Bearbeitungen erschienen, die mit dem z. Januar künftigen Jahres in Kraft treten werden. Diese Druckwerke können im Wege des Buchhandels bezogen werden. Außerdem aber sind die Zollstellen angewiesen worden, sie in je einem Exemplar zur Einsichtnahme durch das Publikum an Amtsstellc bereitzuhalten. Dresden, am 6. Dezember 1895. Königliche Zoll- und Steuer-Direktion. Dr L-üke. Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. 47. Der Krieg gegen die Ostarmee ir. (Dijon, Nuits.) General von Werder hatte bekanntlich die schwere Aufgabe erbalten, den Rücken der Armee im Südwcsten zu sichern, wo bei er sich, wie schon früher erwähnt, von Len verschiedensten Truppenansammlungen besrobt sah. Besondere Thätigkeit ent-- wickelten die Franzosen in Cote d'Or, wo Garibaldi in der! Gegend von Autun ein größeres Corps zusammenzog. Es war wiederholt im November zu kleinen Scharmützeln und Gefechten gekommen, besonders in der Gegend von Dijon, die zum Theil glücklich, znm Theil unglücklich für die Deutschen verlaufen waren, jedoch keine entscheidende Bedeutung hatten. Am 19. November waren die Etappentruppen in Chatillon sur Seine, drei Compagnien des Landwehrbataillons Unna und eine Schwadron Reseroehusaren unter Oberst Lettgau, früh 6 Uhr von mehreren 1000 Garibaldianern und Franktireurs unter Riciotti Garibaldi überfallen. Die Wachen wurden über rumpelt, der Gasthof, in dem der Stab einquartirt war, wurde umzingelt, 11 Offiziere in den Betten gefangen genommen, vier Wagen, die Papiere und Briefschaften des Stabes erbeutet. Die Landwehrleute stürzten einzeln auf die Straße heraus und begannen das Gefecht; die Garibaldianer erschossen aber gleich zu onfang die Hornisten und Trommler, um das Signalgeben zu verhindern. Nach dreistündigem Kampfe begann Lettgau, da er hörte, daß die Rückzuzslinie bedroht sei, den auf oem linken Seineufer liegenden Stadttheil zu räumen. Der Gegner brach den Kampf ab. Die Preußen, die 8 Offiziere und 186 Mann verloren hatten, konnten aber bald daraus die Stadl wieder besetzen. Die Stadt wurde bald darauf wieder verlassen, als 10000 Garibaldiner gemeldet wurden, dann aber wieder besetzt. Es war klar, daß dem Freischärler- und Franktireur unwesen gegenüber ernste Maßregeln nöthig waren. General von Werder ließ durch fliegende Kolonnen die Umgegend von Dijon säubern und eS kam wiederholt zu kleinen Gefechten. Am 26. November fchien es beinahe, als ob es zu einem ernsthaften Zusammenstöße mit garibaldischen Truppen kommen werde; unter großem Lärm rückten die Garibaldianer gegen Dijon heran, allein noch ehe es zu ernstem Kampfe kam, zogen sie sich ebenso rasch zurück, als sie gekommen waren. Am 27. November verfolgten die Badenser die Garibaldianer und fügten ihnen eine Niederlage bei. Bei ihren Streifzügen nach Süden kamen die Badenser vor Autun am 1. Dezember an; sie vermochten nicht die Stadt zu nehmen und mußten den Rückzug nach Dijon wieder antreten. Auf dem Marsche da- hm, bei Vende nesse, wurden sie am 3. Dezember von 5000 Franzosen unter General Cremer angegriffen. Die in der Minderzahl befindlichen Badenser stürmten eine steile Höhe hinauf und warfen die feindlichen Bataillone, welche die Offi ziere vergeblich mit Säbelhieben ins Gefecht zurückzutreiben suchten. Mit einem Verluste von 150 Mann erreichte die Kolonne am 4. Dezember Dijon. Die Bavenser hatten unter ler großen Kälte und mehrtägigem Schneefall, mehr noch an dem Mangel an Lebensmitteln schwer zu leiden. Im Norden und Nordwesten von Dijon, von Lanzres und Troyeö aus, beunruhigten französische Streifkolonnen fort gesetzt die Deutschen. Ge - ral von Zestrow hatte Befehl er- dolten, über Chatillon nach Langres zu operiren. Es kam zu mehreren kleinen Gefechten und Ueberfällen. Am 8. Dezember wurde die Besetzung von Chateau Dilain von überlegenen feind lichen Kräften angegriffen, Hauptmann Hauser aber leistete mit zwei Compagnien Unna so tapferen Widerstand, daß der Feind nach mehrstündigem Gefecht unter Zurücklassung von 46 Todten und Verwundeten abzog. Theils in Hinsicht auf Bourbaki, theilS weil sich aus Nationalgarden, Fraktireurs und Marinetruppen an der Donne und der oberes Seine eine stärkere Heeresabtheilung zusammen ballte, befahl das große Hauptquartier Mitte Dezember dem General von Zestrow, nach Auxerre, halbwegs zwischen Chatillon und Guim zu marschiren. Am 20. Dezember vertrieb er aus diesen Orten Nationalgarden und Franktireurs. Inzwischen hatte Werder den Generalmajor v. D. Goltz auf Langres ent sandt. Bei Longueau, südlich der Festung kam es zu einem Gefechte am 16. Dezember, wobei der Feind geworfen wurde und 200 Todte und Verwundete und 80 Gefangene einbüßte, während der Verlust auf deutscher Seite 4 Todte und 14 Verwundete betrug. In noch mehreren kleineren Gefechten und Ueberfällen blieb Goltz mit seiner kleinen Schaar Sieger. Zu ernstem Zusammenstoß kam es am 18. Dezember in dem heißen Treffen von Nuits. Es handelte sich darum, im Süden von Dijon, das Bahnnctz zu sichern, das beständigen, französischen Angriffen ausgesetzt war. General von Glümer rückte mit der 1. und 2. badischen Brigade, 7 Schwadronen und 6 Batterien von Dijon ab, Werder mit der Hauptkolonnc ihm folgend. Oestlich von Nuits stieß man auf starken Wider stand; der Feind stand auf den steilen Höhen, die sich bei Nuits erheben; er hatte, da in rascher Folge die Truppen mit der Eisenbahn ankamen, 10000 Mann zur Verfügung. Oberst v. Wechmar erstürmte, von einer Batterie unterstützt, um einhalb 12 Uhr Boncourt und das Gehöft la Berchsre. Es entwickelte sich ein harter Artilleriekampf um den Eisenbahndamm, auf welchem die Franzosen feste Stellung genommen hatten. Lange wogte hier der Kampf hin und her. Endlich, als Verstärkung eingetroffen war, wurde ein allgemeiner Angriff gewagt, bei dem Glümer und Prinz Wilhelm von Baden verwundet wurden. Hierauf übernahm Weider selbst das Kommando. Die Infanterie ging 1500 Schritt durch das freie Terrain in aufgeweichtem Boden sprungweise von 50 zu 50 Schritt vor; die letzten 400 Schritt wurden im Laufschritt zurückgelegt und es gab nun ein wüthendes Handgemenge. Endlich, um 4 Uhr, wich der Feind in Auflösung nach Nuits. Dieses mußte hierauf noch im Sturm genommen werden. Die Badenser blieben in Nuits und lagerten auf dem Markte. Die Franzosen hatten 16 Offiziere und 1700 Mann, die Deutschen 55 Offiziere und 885 Mann ver loren. Es war ein blutiges Opfer dafür, daß eine Abwehr doch nur auf kurze Zeit erzielt war. Nachdem am nächsten Tage festgestellt war, daß der Feind abgezogen war, führte Werder die Badenser auf Dijon zurück. So zog sich bis Ende Dezember der Krieg im Osten hin, unter kleinen Waffcnthatcn, auch zuweilen vergeblichen Versuchen, als plötzlich eine ernste Gefahr auftauchte, die selbst Deutschland mit feindlichem Einfall zu bedrohen schien. Es war die Armee Bourbakis, die herannahte, über deren Schicksale wir später berichten werden. Die Erklärungen des Fürsten Hohenlohe im Reichstage. Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe hat am zweiten Tage der allgemeinen Etatsdebatte im Reichstage Veranlassung ge nommen, mit einer in mehrfacher Beziehung bemerkenswerthen Rede in die Verhandlungen einzugreifen. Sie knüpfte an die Angriffe an, welche der sreikonservative Abgeordnete v. Kardoff Tags zuvor an die Regierung gerichtet und in denen der Führer der Freikonservaliven der Regierung unter deutlicher Anspielung auf die »Köller-Crists* Mangel an Einheitlichkeit und unklares Auftreten vorgeworfen hatte. Bestimmt hat nun Fürst Hohen lohe diese Angriffe in seiner Dienstagsrede zurückgewiesen und betont, über die von ihm bei Uebernahme der Geschäfte aufge stellten Programmpunkte sei nach wie vor völlige Uebereinstimm ung unter sämmclichen Mitgliedern der Regierung vorhanden. Die Abgabe einer solchen offiziellen Erklärung seitens des leitenden Staatsmannes des Reiches und Preußens war in der That auch höchst nothwendig, die Gerüchte über Differenzen im Ministerium Hohenlohe wollten ja gar nicht aufhören. Sicher lich sind jene aber auch nicht ganz unbegründet gewesen, wie eben der Rücktritt des Ministers des Innern v. Köller genugsam be weist, und der Reichskanzler selber muß zugcben, daß dos Aus scheiden Herrn v. Köllers durch unüberbrückbare Mißhelligkeiten im Schooße der Regierung veranlaßt worden sei. Nur ist er aber hierbei mit voller Entschiedenheit der vielverbreiteten Annahme entgegengetreten, daß die Angelegenheit der einstweiligen Auf lösung der sozialdemokratischen Parteiorganisationen in Berlin Herrn o. Köller mit zur Einreichung seiner Demission bestimmt habe. Demnach hat die Legendenbildung über die Vorgänge, welche zur Amtsniederlegung des genannten Ministers führten, durch die Erklärungen des Reichskanzler« wenigstens in diesem einen Punkte ihre Beseitigung erfahren, freilich bleibt auch jetzt noch so manches an der „Köller-Crists* unaufgeklärt. Den „springenden Punkt* in der Reichstagsrcde des Kanz lers stellen indessen zweifellos seine Auslassung über die künftige Stellungnahme der Regierung zur Frage der ferneren Bekämpfung der Sozialdemokratie dar. Seit dem Scheitern des „Umsturz gesetzes* in der vorigen ReichstagSsesston herrschte Ungewißheit darüber, ob die Regierung aufs Neue versuchen würde, gegen die sozialdemokratischen Ausschreitungen auf dem Boden der ge scheiterten Vorlage vorzugehcn, oder ob sie eine Bekämpfung der sozialdemokratischen Bewegung auf anderem Wege bezwecke, oder ob sie einstweilen die Dinge überhaupt gehen lassen wolle. Diesen Zweifel hat der Reichskanzler durch seine Erklärungen über die künftige Politik seiner Regierung gegen die Sozialde mokratie erfreulicher Weise ein Ende bereitet, denn längere Un klarheit und Ungewißheit über die RezierungSabsichten nach der gedachten Richtung hin wäre nur vom höchsten Uebel gewesen. Den betreffenden Versicherungen des Fürsten Hohenlohe ist nun zu entnehmen, daß die Regierung kein Zurückgreifen auf die „Umsturzgesetzgebung" plant, daß sie jedoch trotzdem zur Fort setzung des Kampfes gegen die verderblichen Ausschreitungen der Sozialdemokratie entschlossen ist. Es soll dies zunächst durch ein schärferes Vorgehen innerhalb de« Rahmens der bestehenden Gesetzgebung geschehen, aber zugleich deutete Fürst Hohenlohe an, daß neue gesetzgeberische Maßnahmen in« Auge gefaßt werden würden, wenn die bestehenden Gesetze keine genügende Handhabe zur erfolgreichen Zurückdrängung der sozialistischen Ge fahr darbieten sollten. Vorläufig darf man wohl hoffen, daß die jetzigen Gesetze in der That noch genügen, die sozialdemo kratischen Welterstürmer in ihren Schranken zu halten, wenn die Gesetze nur in entsprechender Weise gehandhabt werden, zu einem neuen Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie sollte nur im Falle zwingender Noth gegriffen werden. Mit großem Recht aber hat der Kanzler noch hervorgehoben, daß eine kräftige Ini tiative der Regierung gegen die Umsturzbestrebungen nur bei einer kräftigen Unterstützung seitens des Reichstages möglich sei. — Jedermann weiß indessen, wie wenig sich die Rcichsregierung auf da« jetzige RcichSparlament verlassen könnte, wenn sie eine durchgreifende Aktion gegen die Sozialdemokratie insceniren wollte.