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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 28.11.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189511282
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18951128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18951128
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-11
- Tag 1895-11-28
-
Monat
1895-11
-
Jahr
1895
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ischen Mit- I V0M imen, !e be- irden. id 16 neidet ereine hmen mmte rstört tscher ich in Die j Ge- die nur ilten. > bei imel- Last« aats- illige ithet n ist onen sind. aus Un- ßten Reer düng ieint keine i das eites nnes aben i ein forte Er- srei- rpS, der ber t zu 3ot- hen Ne- die Mf- ver- ren, tz"> sche lln- tigt Iche 7a n gen len- fetzt da- >er- its !Nt- Se- )ält rle, der rd. um uer -ll- ks- er- der hr- »a- ter ers der der der "g :in Id- :in en nn Im >itz ir- >er it- >er s- o- -n d- ch it — Am Sonntag früh verunglückte tödtlich im ersten Brückenbergschachte zu Zwickau der 37 Jahre alte, verbeirathete Häuer Franz Bernhard Lang. Vater von 4 Kindern. Lang hatte mittelst Dynamits zu sprengen, als unerwartet ein Schuß losging und ein Gesteinsstück ihm ins rechte Auge drang, den Schädel und die Gesichtsknochen zertrümmerte. Der Tod trat sofort ein. — Am Montag suchte ein Brautpaar in einem Leipziger Geschäft Möbel zum Kauf aus, wobei es dem Bräutigam auf fiel, daß seine, wie er wußte, vermögenslose Braut bedeutend werthvollere Stücke zum Ankauf vormerkte, als er zu bezahlen im Stande war. Er glaubte erst, seine Braut erlaube sich einen Spaß mit ihm, als dieselbe aber allen Ernstes auch die Rechnung für die ausgesuchten Möbel verlangte um dieselben sofort bezahlen z: können, wußte cr vor Erstaunen nicht, was er sagen sollte. Die Frau zog aber eine Börse von 2000 M. aus oer Tasche und jetzt erst erfudr d r o^blüffte Bräutigam, daß seme zukünftige Fran ein Vermögen v:n 50000 M. be sitzt, von welcher Summe ihr gestrenger Herr Vormund ihr zu ihrer Vcrheirathung vorläufig 20000 M. übergeben hat. — Grimma, 23. November. Gestern Abend wurde unsere Stadt von einer Feuersbrunst heimgesucht, wie sie hier wohl seit Jahrzehnten nicht vorgekommen sein dürfte. Vier große Scheunen, mit Getreidevorräthen und Stroh bis obenan gefüllt, standen zu gleicher Zeit in Flammen, so daß die ganze Stadt tageshcll erleuchtet war. Von den Besitzern der Scheunen, Hilbie, Pegau, Zweinert und Laue jun., dürfte der letztere am schwersten heimgesucht sein, da er einen Theil seiner Vorräthe schon einmal durch Feuer verloren hat; es war dies bei dem Brande der in der Nähe des neuen Postgebäudes gelegenen Scheune. Auch der Schaden an landwirthschaftlichen Maschinen dürfte sehr beträchtlich sein. Die Ursache des Feuers ist unbe kannt, doch wird Brandstiftung vermuthet. — Erst jetzt dringt in weitere Kreise die Nachricht von einem empörenden Vorfall, der in die schöne Feier der Einweih ung der Kirche zuKreinitz, welche am 12. November erfolgt ist, einen grellen Mißton gebracht hat. In wohlverstandenem kirchlichen Interesse hotte der Kirchenvorstand beschlossen, nicht nur die Einweihungsfeier, sondern zugleich die jährliche Kirchweih von Montag nach dem Todtenfeste auf den zweiten vorhergehen den Montag zu verlegen. Hiergegen erhob die Patronatsherr schaft um des historischen Rechts des alten Kirchweihdatums willen Einspruch, während ein Theil der Gemeinde sich in hart näckige Opposition gegen den Kirchenvorstand hineintreiben ließ. Um des lieben Friedens willen änderte der Kirchenvorstand seinen Beschluß dahin ab, daß die Einweihung der Kirche zwar am 11. November stattfinden, in anderen Jahren aber die Kirch weih zum herkömmlichen Tage gefeiert werden solle. Trotzdem dauerte nicht nur der lärmende Widerspruch fort, sondern ein unbekannter Frevler hat in der Nacht vom 9. zum 10. November die herrlichen Altarfenster durch Steinwürfe schwer beschädigt. In dem Bilde „Jesus und Magdalena", das die Schwester gemeinde Jakobsthal geschenkt hat, sind glücklicherweise die Ge stalten unversehrt geblieben, aber die Unterschrift: „Deine Sünden sind Dir vergeben" völlig zertrümmert. Ein zweiter Stein- wurf hat oben im Mittelfenster, wo der Gerichtsengel mit Waage und Flammenschwrrt thront, die Scheibe hart neben dem Schwert durchlöchert. In der tieferregten Gemeinde herrscht der lebhafte Wunsch, daß es gelingen möge, den Urheber dieser Unthat der wohlverdienten Strafe zuzuführen. Die neue Kirche, nach Plänen des Architekten Zeisig in Leipzig m gothischem Stile erbaut, gewährt sowohl von außen wie von innen mit ihrem schlanken Thurm, ihrem schön gewölbten Altarplatz, ihren gemalten Fenstern und prächtigem Altar einen überaus harmonischen und würdigen Anblick. Die Fenster stammen von Türcke in Zittau, die Malereien im Innern von Schulz in Leipzig und der wirklich sehenswerthe und gleich den gemalten Fenstern zum größten Theile aus freien Liebesgaben beschaffte Altar von Große in Meißen. Eine werthvolle Beihilfe zu den Baukosten der Kirche gewährte die von der obersten Kirchenbehörde genehmigte all gemeine Kirchenkollekte im Herbste vorigen Jahres. Im Jrrenhause. Roman von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Er betrachtete sich selbstzufrieden im Spiegel, zog langsam die feinen Glacä's an und ergriff den Hut. „Man soll uns bewundern," fuhr er lächelnd fort, „gegen seitig beneiden. Auch reizt es mich, dieses Genie aus dem Sattel zu heben, diesen Burschen, der es gewagt hat, in das ernste Reich der Wissenschaft sich zu verirren und Männern vom Fach die Spitze zu bieten, mag er bei seinen Farbetöpfen und Tonmalereien bleiben, aus unserem Heiligthum fcheere er sich fort, der eitle Narr!" Doktor Gustav Morbach vergaß über den Splitter seines Nebenbuhlers den eigenen mächtigen Balken. Jetzt verließ er das Hotel und stand bald vor dem ein samen Hause der Wittwe Walther, die er im nächsten Augen blick auf das Herzlichste begrüßte, wobei sein Auge suchend um herschweifte, ohne die Tochter finden zu können. „Sehen Sie wohl, meine liebe Freundin," sprach er in einer herzgewinnenden Weise, „das haben wir nun von dem vielen nächtlichen Arbeiten: halb erblindet muß ich Sie wieder finden, prophezeite ich Ihnen das Schicksal nicht schon vor drei Jahren?" „Ach ja, mein lieber Herr Doktor!" versetzte die Mutter, fast weinend vor Freude, „was aber konnte ich machen gegen die eiserne Nothwendigkeit? Das Leben ist so schwer —" „Nun, das hat hoffentlich bald ein Ende, Ihre Tochter, — doch wo ist sie? Hat sie den Freund ganz vergessen und kommt nicht einmal, ihn zu begrüßen?" „Ach, die arme Louise — Sie wissen es wohl nicht, Herr Dortor?" „Daß sie sich ohne mein Wissen verlobt hat, das böse Kind, leider weiß ich das," versetzte Morbach langsam und laut, indem sein Blick nach der Thür sich wandte, durch welche in diesem Augenblick Louise geräuschlos eintrat. Er erhob sich und trat ihr entgegen, wobei er rasch ihre zitternde Hand ergriff und den Blick überrascht, mit flammen der Bewunderung auf Vie herrliche Gestalt heftete. „Louise!" sprach er leise, „so müssen wir uns Wieder sehen? — O, sei mir gegrüßt, — Du, die stets und immer dar das Traumbild meiner Gedanken gewesen, während Du meiner so bald vergessen konntest." „Herr Doktor," stammelte das junge Mädchen verwirrt und wie betäubt, „Sie gaben mir niemals das Recht, Ihrer in der angedeuteten Weise zu gedenken, — keine Nachricht von Ihnen gab uns Kunde, daß Sie der Armen sich erinnerten. Jetzt bin ich die Braut eines Andern — " „Und liebst ihn, Louise! —sprich, bei dem Gott der Wahr heit, Du liebst ihn wirklich?" „Diese Wahl war meines Herzens freier Wille," versetzte sie leise und mühsam, „Niemand hat das Recht, mich so zu inquiriren." „Du liebst ihn nicht," rief Mohrbach ungestüm, „ganz anders würdest Du mir geantwortet habeü, wenn Dein Herz für diesen Mann spräche. Drum habe ich, als Dein älterer Freund, auch das Recht, Dich so zu fragen, und über Dein Glück zu wallen. Wie durfte dieser Mensch mit einer solchen Ver gangenheit es wagen, die unreine Hand nach meiner unentweihten Rose auszustrecken? — Verwüstet an Leib und Seele hat er selber den Genius in sich mit Füßen getreten und sich unwerth eines solchen Schatzes gemacht. O, Kind! wende mir nicht ein, daß er durch die Liebe zu Dir gebessert worden, willst Du das Sühnopfer seiner Sünden sein? — Womit hat er es an Dir verdient? — Vielleicht durch seme niedrige Eifersucht, mit welcher er Dich noch für das Riesenopfer, welches Du dem Ge sättigten durch Deine unentweihte Schönheit und Tugend bringst, täglich quälst und tyrannisirt?" „O, halten Sie ein," flehte Louise unter hervorbrechenden Thränen, „ich kann und will es nicht hören. Sie werden meiner Pflicht mich nicht abwendig machen, was ich diesem Manne geschworen —" „Ist Meineid, Du armes Kind!" fiel Mohrbach rasch ein, „selber hast Du Dich betrogen, hüte Dich, durch ein un auflösliches Band diesen Meineid bis vor den Altar zu trogen und das heiligste zu versuchen. Noch ist es Zeit und bei Gott sei es geschworen, ich zerreiße diese unwürdige Fessel, um Dich glücklich zu machen, so glücklich, wie Du es verdienst. — Louise!" fuhr er mit steigender Leidenschaft fort, „ich liebe Dich, so treu und innig wie ein Weib nur geliebt werden kann, Du bist meine erste, meine einzige Liebe, von keiner niedrigen und unwürdigen Leidenschaft in den Staub getreten. Rein kann ich diese Hand Dir bieten, und wenn je ein Weib beglückt soll sein, so werde ich Dein Loos Dir gestalten selig und beneidenswerth. Das Mitleid mit jenem Manne, den Du aus der Tiefe zu Dir emporzogst, um ihn vor den gänz lichen Versinken zu erretten, ließ Dich dieses unselige Band knüpfen, das Gott sei Dank! noch nicht unauflöslich geworden ist." „Und nun ich ihn vom Verderben errettet, soll ich ihn höhnend wieder Hinabstoßen, noch tiefer denn zuvor?" rief Louise gewaltsam nach Fassung ringend. „Wer giebt Dir die Bürgschaft seiner vollständigen Besser ung?" versetzte Mohrbach ernst, „armes Kind! laß Dich'nicht von dem thörichten Wahn beherrschen, als könne ein kranker Baum gesunde Früchte tragen, oder ein Spieler von Profession dem grünen Tisch für immer entsagen, die erste, beste Gelegen heit läßt ihn zur alten Gewohnheit zurückkehren." „Dann habe ich mein Gewissen mir bewahrt," sprach Louise leise. „O, über diese Selbsttäuschung," fuhr Mohrbach fast heftig fort, „Dein Verlobter glaubt doch an Deine Liebe?" Louise neigte leise das Haupt. „Wie sollte ers auch nicht," lachte jener bitter, „mag er ooch nicht wenig stolz darauf sein, nach einigen wilddurchtobten Jahren, die den Jüngling zum Greise machen, noch der Liebe oer schönsten und tugendhaftesten Jungfrau werth befunden zu sein, er, der nicht einmal eine Existenz in die Wagschale zu werfen vermochte. Muß da nicht der ungläubigste an Liebe glauben." Das junge Mädchen verhüllte ihr Gesicht, sie war ver nichtet von dieser Logik. Stumm hatte die Mutter zugehört und mit keiner Silbe oder Bewegung in die Unterredung eingegriffen. „Sein Genie, sein Geist haben sie geblendet, — ihr Herz hat Ihnen stets gehört, Herr Doktor!" sprach sie jetzt mit ruhigem Ernste. Heftig zuckte Louise zusammen, sie ließ die Hände von dem bleichen Antlitz sinken und blickte vorwurfsvoll zu der Mutter hinüber. „O, Mutter, Mutter!" sprach sie leise, „womit habe ich diese Demüthigung verdient?" Aber schon hatte Mohrbach sie umfangen und in stür mischer Freude an seine Brust gepreßt. „Ich lasse Dich nicht, Geliebte!" rief er, „mein warst Du früher schon und keine Welt soll Dich meinen Armen entreißen. O, kein Wort mehr dagegen, ich lese mein Glück in Deinen Augen und kämpfen will ich mit meinem Neben buhler um diesen köstlichen Preis. Laß mich für Dich handeln, er muß Dir entsagen, wenn er ein Fünkchen Ehre noch in der Brust trägt." Sanft entwand sich Louise den Armen des Doktors, ihre Kraft war zu Ende, ihr Widerstand gebrochen, — zu all mählich brach die Liebe zu diesem Manne, welche glühend unter der Asche seliger Erinnerungen fortgebrannt, jetzt sich Lahn und zu groß war die Versuchung, um nicht darunter zu erliegen, zumal die eigene Mutter auf jener Seite stand. „O, diese Qual, sie wird mich tödten," seufzte die Arme den schönen Versucher verwirrt anschauend, „es ist ja nicht möglich, es kann nicht möglich sein." — „Es soll aber möglich sein," rief Mohrbach, — „laß mich nur handeln; Wolfgang ist nicht hier." „Er ist zu seinem Vater berufen, der wahrscheinlich im Sterben liegt." Sie schauderte bei diesem Wort entsetzt zusammen. „Ja so, deshalb hat er wohl gestern einen so fröhlichen Abschiedsschmaus mit seinen Freunden gefeiert, wie ich ver nommen," warf Mohrbach verächtlich hin. „Der Abscheuliche!" rief die Mutter empört aus, „er kam mir in der Thot halb betrunken vor." Louise schwieg, — es war ihr selber so vorgekommen, als habe er ein Glas zu viel getrunken und das nach einer solchen Nachricht. Wieder krampfte sich ihr das Herz zusammen und ihr Treubruch kam ihr schon lange so häßlich nicht mehr vor. Was konnte sie in der Ehe von einem Manne erwarten, der des Vaters schwere Erkrankung mit einer Orgie feierte? — War hier das eigene Glück, ja die Pflicht der Selbster haltung nicht das Heiligste und Nächste. „Gieb mir seine Adresse, Louise!" fuhr Mohrbach, zärtlich ihre Hand küssend, fort, „ich werde Alles zum glücklichen Ende führen. Willst Du?" Ach wie sie ihm in die glänzenden Augen schaute, da fühlte sie, daß von dieser Stunde an das Leben an Wolf gangs Seite für sie die Hölle bedeuten würde und der Tod — Erlösung — Seligkeit! daß nur an diesem Herzen ein neuer Liebesfrühling ihr erblühen könne, und all ihr Sehnen und Denken fortan nur diesem Manne gehöre, der auch ihr erstes und einziges Ideal gewesen. Wie viel Elend würde der Menschheit erspart, wenn die Selbsttäuschung de« Herzens unmöglich wäre! Gustav Mohrbach hatte mit der Mutter im Bunde ge siegt; er war stolz auf diesen Triumph, stolz auf seine künftige Gattin, deren Schönheit die ganze Aristokratie der Hauptstadt beschämen sollte. Ob er sie wirklich liebte? — Wir zweifeln nicht daran, war Louise doch zu schön, zu liebenswerth, um nicht selbst einen Egoisten entflamm n zu können; und ein starrer, ver knöcherter Egoist war Dotier Moinboch noch lange incht, wenn er auch die beste Anlage dazu besaß. Es war Abend, als er in jein Hotel zurückkehrte und so gleich eine telcgraphff,e Depesche an den Professor Hermann Wolfgang in Z. obsenden ließ. Drittes Kapitel. Vcrrathen. In der Nacht nach seiner Ankunft war Hermanns Vater gestorben; der hcimathliche Wohnort stand mit der Haupt- Eisenbahn in Verbindung, man konnte in sechs Stunden jene Stadt, wo Frau Walter wohnte, erreichen. Hermann hatte die telegraphische Depesche, worin Doktor Gustav um feine schleunige Zurückkunft ihn ersuchte, erhalten. Dieser Name traf ihn wie ein Blitzstrahl, der Mutter Lob preisungen, wenn sie von ihm redete, sowie Louisens absolutes Schweigen hatten längst seinen immerwachen Argwohn erregt, und was er von Andern über diesen Mann gehört, war nicht darnach angethan, ihn zu beruhigen. Und jetzt war das Gespenst seiner Liebe verkörpert er schienen, hatte sich direkt an ihn gewandt, kalt und vornehm um seine Rückkehr ersucht, befand sich dort bei seiner Braut vielleicht in diesem Augenblick bei ihr, auf alte Bekanntschaft und Freundschaft pochend. Was sollte die Depesche bedeuten? Wozu die Eile für jenen Mann? Eine marternde Unruhe ergriff sein Herz und die wilde Qual der Eifersucht wollte dasselbe zersprengen. Er muß hin, um jeden Preis. — aber da hielt ihn die Leiche des Vaters zurück, dessen blasses Gesicht mahnend zu ihm sprach, — es war der Einzige auf Erden, der auch den Verirrten noch immer treu geliebt und stets die verzeihenden Arme ihm entgegen ge streckt hatte. Längst war ihm die Mutter schon gestorben, er hatte sie kaum gekannt, Geschwister besaß er nicht, der Vater war seine ganze Familie gewesen auf Erden, bis er Louise gefunden. Jetzt lag der treuste Freund auf dec Bahre, — und sie, die er über alles liebte, mehr als den Vater, hatte sich viel leicht in dieser Stunde schon treulos von ihm gewandt. „Vergieb, Du treues Herz!" flüsterte er, bei der Leiche des Vaters niederknieend, „o, vergieb, daß ich Dich verlaffe, wieder reißt mich die Leidenschaft von Dir, wie so oft im Leben, doch ich kehre wieder, Vater! meinen Schwur in Deine kalte Hand, ich kehre zurück, um noch einmal Dein theueres Antlitz zu sehen und Deinen Staub der Erde zu übergeben." Dann ordnete er hastig das Nothwendigste an, schützte eine dringende Reise vor und bat, mit der Beerdigung bis zu seiner Rückkehr zu warten. O, der Dampf ist doch eine segensreiche Kraft und ihre Anwendung die köstlichste Erfindung! Aber doch ging dem Unglücklichen der blitzschnelle Courierzug viel, ach viel zu langsam. Jetzt war das Ziel erreicht. Hermann Wolfgong besann sich zwei Minuten, ob er zuerst nach dem Union-Hotel zu jenem Dr. Gustav Mohrbach oder vielmehr lieber zu seiner Verlobten eilen solle. Er wählte das Letztere und stürmte dorthin, war es doch Heller Tag und die Thür unverschlossen, wenn Louise daheim war, auf welche Weise er sie am leichtesten überraschen konnte. Jetzt stand er im Hause, vor ihrer Stubenthür, er wollte ruhig, gefaßt sein, und vermochte es doch nicht, das Herz wollte ihm die Brust zersprengen. Niemand hatte ihn bemerkt, sein Eintreten vernommen, drinnen war Alles todtenstill; doch nein, jetzt regte sich Hektor, er sprang mit lautem, freudigem Geheul gegen die Thür. „Wer ist draußen?" hörte er die Mutter fragen, und — das Herz stand ihm still, als eine Männerstimme ant wortete: „Vielleicht kommt Louise, ich werde einmal nachsehen, sie bleibt recht lange!" Hermann ließ ihm keine Zeit dazu, er riß die Thür auf und starrte bleich, mit funkelnden Augen auf den Fremden hin, der ihn kalt und vornehm anschaute. „Ah, wahrscheinlich Herr Hermann Wolfgang!" ließ sich Letzterer jetzt ruhig vernehmen. „Der bin ich", versetzte Hermann mit vor Erregung zitternder Stimme, „und Sie, mein Herr! sind wahrscheinlich der Dr. Gustav Mohrbach, welcher mich mit seinem Telegramm von der Leiche des Vaters aufschreckte, um Sie hier in der Wohnung meiner Braut zu finden; dürfte ich mir die Frage erlauben, mit welchem Recht Sie sich hier befinden?" „Ei, ei, Herr Wolfgang!" sprach die Wittwe jetzt mit scharfer Betonung, „noch bin ich Herrin in diesem Raume und lasse meine Gäste nicht beschimpfen." „Ich war der Freund dieser Familie, bevor Sie sich hier eingedrängt, mein Herr!" nahm Mohrbach ruhig aufts Neue das Wort, „es thut mir leid, wenn meine telegraphische Bitte Sie von der Leiche ihres Vaters aufgeschreckt hat, wie Sie sich ausdrücken und wundert es mich, daß Sie eine solche heilige Pflicht hintenan setzen konnten um der Bitte eines Ihnen völlig Fremden zu willfahren. Mich kann es nur freuen, daß Sie so prompt erschienen sind, obgleich ich die Sache zwischen uns Beiden am liebsten unter vier Augen in meinem Hotel arrangirt hätte." (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Moderne Dienstboten. Commis (im Schnittwaaren- laden, zum Dienstmädchen): „Fräulein, nehmen Sie diesen Stoff! So einen hat Ihre Gnädige auch!" —Dienstmädchen: „Haben Sie nichts Besseres?" * Die That einer Wahnsinnigen hat am 22. d. M. Nachmittags die Bewohner der Potsdamer Vorstadt in Spandau in Aufregung versetzt. Die junge Frau des Stubenmalers Seekamp in der Jordanstraße wurde plötzlich von.GeisteSstörung befallen. Sie verbarricadirte sich in ihrer zwei Treppen hoch
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