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er langsam eine Prise und sagte! »Jetzt ist mir Alles er klärlich, der tolle Professor will die frühere Geliebte befreien—" »So lebt er noch?" rief Mohrbach bestürzt und etwas unbedachtsam. Der Direktor blickte ihn scharf an und versetzte ruhig: »Sie rechneten also auf seinen Tod? — Warum jagten Sie ihm nicht selber eine Kugel durch den Kopf, Eie hatten hin reichende Ursache dazu. Das kommt davon, wenn man Anderen solche Geschäfte überläßt. Ein sauberes Früchtchen, dieser Schwager, — es wäre ein Verdienst des Professors, wenn er ihn für immer unschädlich gemacht. Nun hören Sic meinen Bericht, Doktor." Und er erzählte die kurze Zusammenkunft mit dem Pro fessor Hermann, wie den tragischen Ausgang derselben. Athemlos lauschte Mohrbach diesem mit grausamspöttischen Bemerkungen gewürzten Bericht und ergriff jetzt mit ungestümer Freude, die zu seiner gewöhnlichen exclusiven Vornehmheit einen seltsamen Kontrast bildete, beide Hände des Direktors. »Dafür möchte ich Sie küssen, mein theuerster Freund!" nef er jubelnd, »mein ganzes Leben hindurch will ich Ihnen danken für diesen Dienst. Unter Wahnsinnigen der angebetete, berühmte Professor, todt für diese Wilt, lebendig begraben, — o, prächtig, prächtig —" « »Sachte, mein Verehrter!" mahnte der Direktor, »Ihre Freude ist zu laut, zu ungestüm, — wollen Eie die Welt darauf aufmerksam machen? Ich habe freilich der ersten Gefahr vorgebeugt, indem ich ihn als wahnsinnig behandelte, doch damit ist noch immer nicht viel für die Zukunft gewonnen, da ich ihn unmöglich lange einsperren kann wie ein wildes Thier." „Und was kann Eie daran hindern, die Rolle fortzu spielen ?" Der Direktor zuckte die Achseln. »Sie urtheilen une ein Kind, lieber Doktor, — Professor Hermann ist eine zu bedeutende Erscheinung, um ihn mir nichts dir nichts für unzurechnungsfähig zu erklären. Das Erste, was uns jetzt obliegt ist, der Polizei Anzeige von dem absonderlichen Vorfälle zu machen." „Sie werden doch nicht —" „Gewiß werde ich solches thun," fiel der Direktor ernst ein, „es steht mehr dabei auf dem Spiele, die Nothwendigkeit zwang mich leider zu einer Gewaltthat, die mir bittere Früchte tragen kann und mich in der That ebenso sehr verdrießt, da der Professor mein persönlicher Feind durchaus nicht ist. Die seltsame Forderung desselben wird und muß meine augenblick liche Maßnahme, die als eine Art Nothwehr gelten kann, voll ständig rechtfertigen. Jetzt kommts darauf an, ob er Ihren Schwager getroffen und ihn gctödtet hat; wo sollte das.Duell stattfinden?" »Bei der Eremitage im Lusthölzchen." »Der Wagen wird sogleich wieder hier sein, warten wir darauf, Sie begleiten mich und wir machen an dem schönen Morgen die Promenade durchs Lusthölzchen zu Fuß." »Gut, ich zittere selber vor Ungeduld, was aus dem Burschen geworden ist." „Er könnte uns trefflich dienen, wenn er noch einige Stunden leben möchte. — Ach, da höre ich den Wagen vor fahren, kommen Sie, mein Lieber!" »Ich mache in zwei Minuten Toilette." Mohrbach hielt Wort, so rasch hatte der elegante Mann noch niemals Toilette gemacht, bald rollte der Wagen mit ihm davon, nachdem der Direktor dem Kutscher bedeutet, beim Lusthölzchen zu halten, und von da langsam weiter zu fahren. Bald hatten sie dasselbe erreicht, und durchschritten es rasch und schweigend, während der Wagen auf der Chaussee weiter fuhr und am Ende des Gehölzes halten blieb. Bei der Eremitage angekommen, schauten sich die Herren nach allen Seiten um, ohne etwas von einem Todten oder Verwundeten zu entdecken. „Der liebe Schwager hat Ihnen eine Nase gedreht, Dok tor!" lachte der Direktor verächtlich, „so hat er mir die unan genehme Suppe eingebrockt, wofür der Galgen ihm den Lohn auszahlen mag." „Er soll mir wicderkommen, der Bandit," murmelte Mohr bach, verschiedene Bäume, Bosketts und Gebüsche umkreisend, „zum Henker, hier finde ich eine Lösung,» rief er Plötzlich, als er den gebundenen Bruno erblickte, der eine äußerst jammervolle Erscheinung darbot und halbohnmächtig ihn anstarrte. Ueberrascht kam der Direktor herbei und half dem Doktor, den Elenden von seinen Banden zu befreien, sowie den Knebel zu entfernen. „Der ist vortrefflich bedient," sagte er lachend, „der Pro fessor scheint auch hierin Studien gemacht zu haben." „Der Hund," schrie Bruno, der fast blau im Gesicht war von Aufregung, »jetzt sollen seine Tage gezählt sein —" ,O still, mein Lieber," -gebot der Direktor, „strecken sie nur erst die Glieder, bevor Sie so schreien von Ihren künftigen Thaten, der Muthige prahlt nicht davon. Er hat Sic doch wie ein Gentleman behandelt, nach dem, was Eie mit ihm im Sinne hatten." „Erzählen Sie, wie Alles zugegangen, Bruno!" sprach Mohrbach ungeduldig. „Aber hübsch kurz und leise," mahnte der Direktor. Bruno gehorchte und warin wenigen Minuten damit fertig „Gut," meinte jener, „dieser Ueberfall an einem friedlichen Spaziergänger —" „Welcher den Frühzug verpaßt und sich eine Motion machen wollte," fiel Mohrbach eifrig ein. »Ist der beste Beweis kompletten Irrsinns," setzte der Direktor würdevoll hinzu. „Ich aber spüre nicht die mindeste Lust, mit diesem Pro fessor vor's Criminal-Gericht zu treten," rief Bruno trotzig. „Darum wird man Eie nicht lange fragen, mein lieber Herr!" versetzte der Direktor achselzuckend, »es kommt hier vor allen Dingen darauf an, den Wahnsinn jenes Mannes zu kon- statiren, um größere Gefahr zu verhüten." „Ich werde diese Sache meinem Schwager schon klar machen," bemerkte Mohrbach, »es wäre doch wohl nothwendig, wenn Sie mit uns zurückkehren, lieber Direktor!" Dieser besann sich einen Augenblick. »Wir nehmen zusammen ein Frühstück in meinem Hause ein," fuhr Mohrbach fort, »und Sic begeben sich alsdann mit meinem Schwager zur Polizei. „Das Frühstück lasse ich mir gefallen," rief Bruno, »ich spüre einen heidenmäßigen Hunger, — mit der Polizei bleib' man mir drei Schritte vom Leibe." „Sie haben dieselbe doch hoffentlich nicht zu fürchten, mein Verehetestcr?" lächelte der Direktor spöttisch. „Wäre ich ein Schurke »der größerer Verbrecher, sicherlich nicht," gab Bruno gleichmüthig zurück, „ein ehrlicher Mann hat sie stets zu fürchten." „Gut, mein Bester, dann laufen Sie nicht die mindeste Gefahr dabei," lächelte Mohrbach, „doch wozu das lange Hin- und Herreden, nur rasch an's Werk, es gilt, einen gemeinschaft lichen Feind zu bekämpfen und dazu mutz ein Jeder von uns nach Kräften beitragen." „Nun wohl, meine Herren, dann folgen Sie mir." In wenigen Minuten hatten sie den Wagen erreicht und bald auch wieder des Doktors Haus an der Terrasse, wo ein solennes Frühstück mit feurigem Rebensaft die ängstlichen Scrupel des ehrlichen Bruno bald zerstreute und ihn gefügig machte. (Fortsetzung folgte Vermischtes. * Was man bei „Sultans" ißt und spielt. Im »Ber liner Tageblatt" hat Herr Eugen Wolf ein Bild von dem Fest entworfen, welches der Sultan von Sansibar am 8. No vember dem deutschen Gouverneur, Herrn von Wißmann, ge geben hat. Herr Wolf übersandte dem Blatte auch die Speise karte und das Musikprogramm, zwei Dinge, die Nicht-Fest- theilnehmer freilich immer nur mit süßsaurem Gesicht betrachten können. Wie in Sansibar selbst sich die Interessen ver schiedener Völker begegnen, so zeigen auch diese Karten inter nationales Gepräge. Mit reichem Golddruck und lebhafter Blumenornamentur sind die Karten von einer französischen Firma sehr geschmackvoll hrrgestellt und arabisch, englisch und deutsch bedruckt. Dos Musikprogramm, vom Kapellmeister C. Saldanhv unterzeichnet, ist meist englisch, führt aber Strauß' Walzer „Die Grillenbanner", ein bißchen Offenbach und Lieder von H. Sievert auf. Den Schluß bildet, extra groß gesetzt, „Heil dir im Siegerkranz". Wie seltsam das in Afrika klingen mag! Die Namen der Speisen sind durchaus deutsch. Man kann ganz gut glauben, in einem ersten deutschen Restaurant zu speisen, wenn man liest, daß unter anderem auf die Kaviarschnitten Schildkrötensuppe, auf das getrüffelte Ochsenfleisch Tauben mit Edelpilzen folgten. Hinter dem Stangenspargel folgt Kaiserpudding und den Schluß macht — Eis L in Wißmann. Das ist die einzige Art, wie man Wiß mann aufs Eis führen kann. * Schneidemühl, 22. Dezember. Gei einer Treibjagd in Dziembowo verunglückte ein Treiber dadurch, daß ein ange schossener Hirsch ihn aufgabelte und ihn dabei aufschlltzte. Der Treiber starb.