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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 26.11.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189511265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18951126
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18951126
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-11
- Tag 1895-11-26
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Monat
1895-11
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Jahr
1895
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Heer und die Flotte wurden nach europäischen Muster umge staltet. Seit 1870 sind für die Armee die deutschen Einricht ungen zum Vorbild genommen. Eisenbahnen, Dampfschiffe, sogar unterseeische Telegraphen fanden Eingang, und bei dem unablässigen Bemühen der Regierung, das Land vorwärts zu bringen, wird Japan in nicht zu ferner Zeit sich getrost mit anderen Kulturstaaten messen können. Daß es schon so weit gekommen ist, zeigte der Krieg Japans mit China, in dem das kleine, aber mit allen Neuerungen der alten Welt ausgestattete Jnselreich den Sieg über das mächtige China, dem Reiche der Mitte, gewann. (Fortsetzung folgt.) Tagesgeschichte. Das „Volk" schreibt in seiner letzten Sonntagsnummer über die in Zeitungen aufgetauchten Berichte über die Disziplinar untersuchung gegen Stöcker folgendes: „Die Frage, ob gegen den Hofprediger a. D. Stöcker die Disziplinaruntersuchung ein geleitet worden sei, wird noch immer auch in ernsthaften Blättern erörtert. Wir bemerken, daß an Stellen, wo man von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens Kenntniß haben müßte, nichts davon bekannt ist." Hieraus wäre sonach zu erkennen, daß die aufgetauchten Berichte der Wahrheit entbehr-n. Hof prediger a. D. Stöcker sollte auch nach weiteren Zeitungsbe richten seine Predigten im StadtmisstonShause zu Berlin ein gestellt und bereits am Bußtage nicht gepredigt haben; dies entbehrt ebenfalls der Wahrheit, denn das „Volk" schreibt an einer anderen Stelle: Auch in dem neuen Stadtmissionssaale, wo Hofprediger a. D. Stöcker vor einer gewaltigen Menge über Volksbuße predigte (der Andrang war noch größer als sonst, sodaß viele trotz schnell aufgestellter Stühle und Sessel stehen mußten) wurde das heilige Abendmahl gefeiert. Auch die kirchlichen Nachrichten für den Todtensonntag weisen den Namen Hofprediger a. D. Stöcker auf. Die zur Zeit in den Bundesraths-Ausschüssen ruhenden, Entwürfe, betr. die Novelle zu den Reichsjustizgesetzen und betr. den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren Ersatzmitteln, (Margarinegcsetz) sind jetzt amtlich veröffentlicht worden. Ersterer Entwurf stellt sich als eine Umarbeitung der vorjährigen, nicht zur Erledigung gelangten Novelle zum Ge- richtSverfassungsgesetz und zur Strafprozeßordnung dar, der Ent wurf des Margarinegesetzes entspricht in seinem Inhalt im All gemeinen des hierüber in den letzten Tagen bereits veröffentlichten Zeitungsmittheilungen. — Definitiv genehmigt wurden in der letzten Wochenplenarsttzung des Bundesrathes die Vorlagen über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes und über die Abänderung des Gesetzes, betr. die Erwerbs- und Wirthschafts- genosscnschaften. Nach dem vom Bundesrathe genehmigten Entwurf einer Abänderung des Gesetzes über die Erwerbs- und Wirthschafts- genofsenschaften sollen Konsumvereine im regelmäßigen Ge schäftsverkehr Waaren nur an ihre Mitglieder oder deren Ver treter verkaufen dürfen. Auf landwirthschaftliche Konsumvereine, die ohne Haltung eines offenen Ladens die Vermittelung von rein landwirthschaftlichen Waaren vielfach nur nach vorgängiger Umfrage bei ihren Mitgliedern besorgen, findet diese Be schränkung keine Anwendung. Um dieser Bestimmung den Erfolg zu sichern, sind Verkäufer, die wissentlich an Nichtmit glieder verkaufen, ferner Mitglieder von Konsumvereinen, die ihre Legitimation einem Dritten zur Entnahme von Waaren überlassen, sowie solche Personen, die sich der Legitimation eines Mitgliedes zu diesem Zwecke bedienen, mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. bedroht, lieber diese Art der Legitimation soll der Vorstand der Konsumvereine eine Anweisung erlassen, die aus Erfordern der höheren Verwaltungsbehörde abschriftlich mit- zutheilen ist. Diese Behörde soll befugt sein, die Vorstands mitglieder zur Einreichung oder Abänderung der Anweisung durch Geldstrafen bis zu 300 Mark anzuhaltcn. Gegen diese Straffestsetzungen findet Beschwerde an die Landrscentral- behörde statt. Wenn der Wortlaut des Gesetzentwurfs betreffend die Er richtung von Handwerkskammern richtig ist, den ver schiedene Blätter veröffentlichen, so unterscheidet er sich in nur wenigen Punkten von dem Entwürfe, den die Regierung der Handwerkerkonferenz im letzten Sommer vorgelegt hat. Vor allem enthält der fünfte Paragraph nach wie vor die Be stimmung — und das dürfte der für die Handwerker anstößigste Punkt der Vorlage sein — daß, wer immer ein Handwerk ein Jahr selbstständig betrieben hat, in die Handwerkskammern wählbar ist, während die Handwerker bekanntlich einen Be fähigungsnachweis verlangen. Wie erinnerlich, bestand die Konferenz damals auf ihrer Forderung in dieser Beziehung nicht, um dadurch nicht das Zustandekommen des ganzen Gesetzes ern! lich zu gefährden. Zufriedenheit ist ein Laster! Dieser ursprünglich von dem freisinnigen Abgeordneten Dr. Barth verfochtene Grundsatz wird in der sozialdemokratischen Presse unausgesetzt den Arbeitern ge predigt. So schrieb jüngst die „Brauer-Zeitung": Zufriedenheit ist der Ausdruck geistiger Verkommenheit, ist moralischer Tod, bedeutet für die Arbeiterklasse geistige und körperliche Vernichtung: Zufriedenheit der Arbeiter ist das Ideal aller profithungernden Unternehmer, aller prassenden Junker und heuchlerischen Pfaffen. Letztere predigen die Zufriedenheit nicht im Interesse der etwaigen Seligkeit der armen Arbeiterseele, sondern in dem aller Be sitzenden, nach Reichthum, Wohlleben und Rang dürstenden Arbeiterausbeuter im Klassenstaate." Wir haben es hier lediglich mit einem Toschenspielerkunststück zu thun. Zufriedenheit if noch immer eine Tugend und wird es bleiben. Zufriedenheit darf aber nicht, wie es hier geschieht, mit Mangel an Streben verwechselt werden. Man kann sehr wohl ein zufriedenes heiteres Gemüth besitzen und dabei noch materieller Besserung und innerer Vervollkommnung streben. Die Sozialdemokraten sind aber wie die Freisinnigen unter allen Umständen Feinde der Zufriedenheit, weil sie unter Unzufriedenen überhaupt Anhang zu finden vermögen. Darum wird eben mit aller Gewalt „das zarte Blümlein Zufriedenheit" auszurotten versucht. Des Wider spruchs, der bei diesem Kampfe gegen die Zufriedenheit darin liegt, daß der Freisinn die Menschheit zufrieden und glücklich zu machen verspricht, wenn seine Manchesterideen zur Herrschaft gelangen würden, und daß die Sozialdemokratie durch Etablirung des Zukunftsstaates jede Unzufriedenheit aus der Welt schaffen zu wollen, erklärt—, dieses Widerspruches scheinen sich die Feinde der Zufriedenheit nicht bewußt zu sein. Die konservative Pattei Schlesiens hielt in voriger Woche einen Parteitag in Breslau ab. In der am Schlüsse der Verhandlungen angenommenen Resolution spricht sich der Partei tag für Stärkung des Mittelstandes, für eine besonnene Fort setzung der sozialen Reformpolitik, aber gegen die einseitige Richtung unter den christlich-sozialen Bestrebungen, ferner zu Gunsten einer energischen Fortführung des Kampfes gegen die Sozialdemokratie aus und befürwortet schließlich den Erlaß eines Volksschulgesetzes. Posen, 21. November. Beim Brande eines Hauses in Kempen verbrannten 3 Kinder im Alter von 1'/2 bis 3 Jahren. Gin sechsjähriges Kind erlitt lebensgefährliche Verletzungen. Die Kinder waren von der aufs Feld gegangenen Mutter ein geschlossen worden und haben wahrscheinlich mit Zündhölzern gespielt. Der lungenleidende Erzherzog Franz Ferdinand, der künftige österreichisch-ungarische Thronfolger, wird dieser Tage nach Kairo abreisen, um den ganzen Winter über in Egypten zu bleiben. Es scheint demnach, daß weder der Aufenthalt des Erzherzogs im Höhenklima des Mendelhofes, noch sein Verweilen in dem wilden Küstenklima von Luissin-Piccolo (Dalmatien) die wünschenswerthe Besserung im Befinden des habsburgischen Fürstensohnes zur Folge gehabt haben. Dem radikalen Ministerum Bourgeois in Frankreich hängt der Himmel noch immer voller Geigen. Kaum ist dem neuen Regime in der Arton-Affaire ein so glänzendes Vertrauens votum seitens der Deputirtenkammer ertheilt worden, so kann es einen abermaligen durchschlagenden parlamentarischen Er folg verzeichnen. Nach mehrtägigen Debatten genehmigte die Kammer die Vorlage über die Erbschaftssteuer am Freitag in der Schlußabstimmung mit 404 gegen 120 Stimmen, womit das Kab inet Bourgeois den ersten der von ihm dem Parlamente vorgelegten größeren Gesetzentwürfe durchgesetzt hat. — An der Pariser Börse wollten Spekulanten eine neue Crists durch be rechnete Angriffe auf die großen Pariser Kreditinstitute Hervor rufen, das Manöver scheint aber nach vorliegenden Meldungen mißglückt zu sein. — Dem Admiral Gervais scheint die gleich zeitige Strandung von drei Panzerschiffen des von ihm befehligten Geschwaders in der Nähe von Toulon mindestens eine tüchtige Nase vom Marinemmister Lockroy einzutragen. Letzterer hat von Gervais einen telegraphischen Bericht über die Strandungs affaire verlangt und ihn angewiesen, sich mit seinem Geschwader bis zur Entscheidung des Ministers bei Salos d' Hyere zu halten. Aus Cuba kommen für Spanien neue Hiobsposten. Ihnen zufolge hat der erwartete größere Zusammenstoß zwischen den spanischen Truppen unter General Navarro und den Auf ständischen unter Antonio Maceo bei Santa Clara stattgefunden und mit einer schweren Niederlage der Spanier geendet. Die selben mußten nach 17 stündigem Kampfe fliehen und ließen allein an Todten 500 Mann auf dem Schlachtfelde zurück. Ferner ist von den Jnsurgentenführer Gomez das Fort Palevo in der Provinz Santa Clara genommen worden. Ueber die orientalischen Wirren liegen augenblicklich keine neuen Nachrichten von größerem Belang vor. Einiger maßen reden macht höchstens die neuentstandene Frage der Zu lassung eines zweiten Depeschenbootes für die Botschafter Oester reich-Ungarns, Italiens, England und Rußlands in Konstan tinopel, welche Forderung vom österreichischen Botschafter von Calice Namens seiner Kollegen gestellt worden ist. Im Palaste des Sultans hat ein großer Ministerrath eigens zur Erörterung dieser Forderung stattgefunden, über seine Ergebnisse verlautet aber noch nichts. Zur ständigen Ueberwachung der in der Wiederherstellung der Ordnung in Anatolien erzielten Ergebnisse ist von der Pforte eine besondere Commission eingesetzt worden, welcher u. A. auch der Minister des Inneren angehört. Es sieht jetzt gar nicht schön aus in Sofia. Die So- branje ist russisch, selbst die liberalen Radoslawisten gingen ins russophile Lager, nur um Opposition gegen den Fürsten und die Regierung zu machen, was allerdings nicht hindert, daß sich die Abgeordneten prügeln und beschimpfen. Der Saal in der Stawbuler Straße in Sofia hat wohl schon manche Rauferei gesehen, aber die letzte Nachlsitzung der Sobranje scheint das landesübliche Maß überstiegen zu haben. Die schönen Seelen, die sich ohrfeigen und als „Pferdedieb" und „Räuber" be zeichnen, finden sich allerdings sofort brüderlich zusammen, wenn es gilt, dem Fürsten etwas Unangenehmes zuzufügen. Es fehlt jetzt die starke Hand Stambulows, der es verstand, tue theilweise rohen und ungezügelten Kräfte mit Macht zu erfolg reicher wirthschaftlicher Arbeit zusammenzuhalten. Vaterländisches Wilsdruff.' Der am Sonnabend Abend von unserer Stadt aus beobachtete Feuerschein hat, wie wir in Erfahrung gebracht haben, von einem in Colmnitz bei Freiberg entstandenen Schadenfeuer hergerührt. Bereits am Morgen desselben Tages brannte daselbst eine Scheune nieder, während am Abend das Gut des Gutsbesitzers Dietrich ein Raub der Flammen wurde. Die Bewohner des Gutes haben nur mit Mühe und Noth ihr nacktes Leben retten können; acht Schweine sind mit verbrannt. — Wenn über die Wichtigkeit der Geschäfts-Annoncen, namentlich in der Weihnachtszeit, wohl kaum ein Zweifel be stehen kann, so könnte man noch darüber diskutieren, wie oft Jemand annoncieren soll, es gilt da etwa dasselbe, was feste Biertrinker von ihrem Leib- und Magen-Elixier behaupten: „Zu viel kann man wohl trinken, doch trinkt man nicht genug." Und so heißt es hier: „Genug kann man wohl annoncieren, doch annonciert man nie zu viel." Das scheint des Guten zu reichlich, aber es ist nun emmal so, daß je größer der Er folg ist, je häufiger man annonciert. Ans Essen und Trinken erinnert den Menschen der Hunger und der Durst, ans richtige Einkäufen erinnert die häufige Annonce. Beim ersten Male kauft Niemand, beim zweiten Male schenkt man der Sach- Beachtung, beim dritten Male fängt man an, darüber zu reden, bis es schließlich zur Entscheidung kommt. Da sagt nun wohl Jemand: „Ja die Sache dauert aber etwas lange." Das stimmt allerdings, aber wo fallen die Geldstücke beute ohne Weiteres in die Ladenkasse? Kein Baum fällt auf den ersten Hieb. Aber kommt die Ernte nach einem gründlichen Annoncieren, dann kommt sie auch tüchtig. Kein Volk der Erde ist so hinter dem schnöden Mammon her, wie die Ameri kaner, nirgendwo wird aber mehr annonciert, wie in Amerika. Daß nordamerikanische Geschäftsleute in einer einzigen Woche 50000 M. für Annoncen ausgegeben haben, ist durchaus nichts Besonders, und wöchentliche Jnseratenrechnungen von 10,000—20,000 M. sind etwas Gewöhnliches. Wir haben aber auch in Deutschland genug Firmen, die in jeder Woche, die Gott ihrem Geschäfte giebt, 3000 M. und darüber für Zeitungs-Annoncen ausgeben, deren Inserate dem Leser so selbstverständlich sind, wie Tag und Nacht, auf die an be stimmten Tagen schon gewartet wird. Da wird dann auch gekauft, und wir haben auch im deutschen Vaterlande Laden ¬ geschäfte, deren Tageseinnahme schon hunderttausend Mark be- irug. Natürlich kann es nicht überall in die Tausende gehen, und das braucht's auch gar nicht, schon mit kleinen aber dauernden Annoncen ist viel auszurichten. Die Annonce ist der Leitstern für das Publikum, das gern kaufen möchte, dem die Wahl aber noch Qual macht. Und eine Mahnung zum Schluß: Keine Freundschaft zwischen Geschäftsmann und Publikum ist so über alle Anfechtungen erhaben, daß eine ge schickte Annonce von anderer Seite ihm nicht Kunden rauben kann, wenn er selbst die Hände müßig in den Schooß legt. — Die Sächsische Landeslotterie bringt dem Staate an Abzugsgeldern von den Lotteriegewinnen die Summe von 5,138,250 Mk. ein. Von dieser Einnahme gehen jedoch ab für Besoldungen an zahlreiche, bei der Lotterie thätige Beamten 74,550 Mark, für Provision der Kollekteure 725,400 Mk., für Drucksachen 86000 Mark u. s. w., so daß dem Staate schließlich ein Ueberschuß von 4,235,481 Mark alljährlich verbleibt. — Dresden, 22. November. Gestern Nachmittag be- wegte sich ein endloser Leichenzug durch die Löbtauer-, Weißeritz- und Friedrichstraße nach dem äußeren Friedrichstädter Friedhöfe zu. Der Schänkwirth Welde, ein bekannter sozialdemokratischer Par teigänger wurde beerdigt und Tausende von Gesinnungsgenossen, zum Theil mit Frauen und Kindern, gaben ihm das letzte Geleite. Dem Zuge voraus schritten eine Anzahl Männer und Frauen, welche allerlei Blumenschmuck, Lorbeerkränze u. s. w. trugen. Wie man hörte, waren die Kränze zum Theil mit rothen Schleifen verletzen gewesen, diese letzteren hatten aber auf Verlangen der Polizei entfernt werden müssen. Viele Hunderte folgten dem Sarge, und in allen Straßen, die der Zug berührte, hatten sich Menschenmassen aufgestellt. Auch der Friedhof war von Menschen angefüllt. Ein Geistlicher war nicht zugegen und sonstige Reden dursten nicht gehalten werden. Die Polizei war überall stark vertreten. — Sonnabend Nachmittag sprang ein Mann auf dem Neustädter Markt in Dresden von dem Vorderperron eines im Gange befindlichen Pferdebahnwagens herab, kam dabei zu Falle und mit beiden Beinen unter die Räder. Er trug schwere Verletzungen davon und mußte ins Krankenhaus ge bracht werden. — Für die Lotterie der Ersten Sächsischen Pferdezucht- Ausstellung ist soeben der Ankauf der Gewinne beendigt worden. Außer dem ostpreußischen Stuten-Material im Werthe von ca. 50000 Mark, welches auf der Ausstellung selbst den unge- theiltesten Beifall und Anerkennung, selbst auch derjenigen Kreise gefunden, welcher sich diesem Zuwachs sächsischer Zucht zuvor fceptisch verhalten hatten, sind aus den der Pferoezucht ver wandten Industriezweige weitere Gegenstände für ca. 45000 M. in Dresdener Geschäften, welche sich an der Ausstellung be- theiligt hatten, zum Ankauf gelangt. — Diese'Zahlen sprechen wohl am besten für die Nützlichkeit des Unternehmens für die sächsische Pferdezucht und die hiesigen industriellen Geschäfts kreise. — Bei der Auswahl der Gewinngegenstände hat der Dresdener Renn-Verein als Veranstalter der Lotterie versucht, nicht nur praktische Zwecke, sondern auch vor allem guten Ge schmack zum Ausdruck zu bringen. Ganz besonderes Streben ist darin gesucht worden, daß nicht nur bezüglich des Pferde materials, sondern auch hinsichtlich der Jndustriegewinne durch Vielseitigkeit und Gediegenheit etwas ganz außergewöhnliches geboten wird. Daß der Dresdner Renn-Verein hierin Wort hält, dafür dürften wohl seine bisherigen Veranstaltungen ge nügende Garantie bieten. — Nach dem in der letzten Sitzung des Landeskulturrathes die Nützlichkeit der Ersten Sächsischen Pferdezucht-Ausstellung durch das Königliche Ministerium fest- gestellt, dürften die Züchter des Landes nunmehr keinen An stand nehmen, diesen ersten praktischen Versuch zur Hebung der Remontezucht so zu fördern, wie er cs thatsächlich verdient, und ihren Bedarf an Mutterstuten für die Remontezucht anzumelden, damit der eigentliche Nutzen der ganzen Veranstaltung voll und ganz erfüllt wird. — Hinzuzufügen ist, daß beim Ankäufe der Jndustriegewinne überall die Bedingung gestellt ist, daß nicht convenirende Gewinne zum vollen Werth gegen andere passende Gegenstände des Lieferanten innerhalb 14 Tagen nach Gewinn ziehung eingetauscht werden dürfen. — Es ist hierdurch für die Loosgewinner ein sehr dankenswerthes Entgegenkommen getroffen worden. Die Ziehung findet ohne Reduzirung des Spielplanes endgiltig am Sonnabend den 14. Dezember 1895 statt und dürften die Gewinne einen willkommenen Zuwachs auf den Weihnachtstisch bieten. — Schellenberg, 21. November. Nachdem bereits am Sonntag Abend in Großwaltersdorf im Dietzeschen Gasthof durch unter dem Dache in Brand gerathenes Schüttenstroh ein Schadenfeuer entstanden war, welches aber rasch wieder ge dämpft werden konnte, brach am Bußtag abends im genannten Otte abermals ein Brand aus. Es fielen diesmal den Flammen Scheune und Seitengebäude des Rüger'schen Gutes zum Opfer, wobei 47 Gänse mit verbrannten. Man vcrmuthet Brand stiftung. Im Jrrenhause. Roman von E. v. Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung). Hermann Wolfgang war kein eigentlich schöner Mann, seine Gestalt war mehr schmächtig, als kräftig oder gor imposant, das gelblich blasse Gesicht mit dem blonden Schnurrbart, der etwas matte Blick der blauen Augen verriethen nur zu deutlich eine wüste Vergangenheit. Und doch war dieses Antlitz ungemein interessant, besonders wenn er lächelte, oder ein fesselnder Gegen stand den Geist anregend beschäftigte, dann schwebte das Genie siegreich auf der hochgewölbten Stirn und aus den Augen blitzte der Strahl des Geistes, der diesen jungen Mann, welcher kaum fünfundzwanzig Jahre zählte, mit seinem Götterkuß geweiht hatte; und mit diesem Strahl hatte er sich auch das schöne Mädchen unterjocht, welches er leider nur zu oft mit seiner Eifersucht tyrannisirte. Liebte Louise ihn? — Sie hatte es bis zu dieser letzten Stunde geglaubt, — es war ein Traum gewesen, aus welchem die unerbittliche Logik der Mutter sie jäh und gewaltsam aufge rüttelt hatte. Nicht immer, ja nur selten hat das Herz Theil an dem, was der Geist bewundernd umfängt. Hermann Wolfgang war einer der Bevorzugten des Himmels, deren Genie jede Kunst, jedes Wissen spielend erfaßt und übt; die Musik hatte ihm ihren Wunderstempel aufgedrückt, er spielte und komponirte, ja, schaffte selbst den Text als ein geborner Poet. Ec war Maler und diese Kunst schien im Grunde sein eigen^ licher Beruf zu sein, obgleich er auch in der Bildhauerei dile^
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