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„Du selbst hast geplaudert, Lini, hast das beglückende Geheimnis verraten — im Traum. Es war an jenem Tage, da Du mich im Hause Belling getroffen und meiner Anwesen heit ohne Prüfen denselben Grund unterschobst, den auch Leonore beliebte allerwärts anzugeben. Ich sah in Deiner sichtlichen Bestürzung, an dem Schmerz, der aus Deinem Auge brach, daß auch Deinem jungen Herzen jene einzige Stunde verhängnisvoll geworden, daß mein Erscheinen in Deines Vaters Hause die Dornenhecke zerrissen und Dorn röschens Herz hatte erwachen lasten. Dies Herz gehörte mir, Lini, das sah ich mit Entzücken an Deinem verstörten Wesen, an der absichtlich zur Schau getragenen Lustigkeit, die nur sehr mangelhaft, für meinen Blick wenigstens, die Qual verdeckte, welche Dich ergriffen hatte, und welcher momentan durch eine wohlthätige Ohnmacht ein Ende ge setzt wurde. Leonore faß neben Deinem Lager und bewachte Deinen Schlaf. Sie erhaschte in den wenigen Worten, die-Du unbewußt he-vorstießest, das ganze Geheimnis, das wir gemeinsam behüteten, und in derselben Stunde fand sie meine Brieftasche, welche ich, wohl infolge meiner eigenen Aufregung, hatte liegen lassen und in ihr den Beweis und die Bekräftigung dessen, was Deine Lippen im Schlummer verraten hatten. Leonore beschloß, diese Kenntnis zu ihrem eigenen Vorteil zu verwerten. Du solltest an mir zu zweifeln die Berechtigung haben, was lag da näher, als die unschuldige Rose zum Hilfsmittel zu nehmen? Und fast hatte es den Anschein, a's sollte Leonore triumphieren, fast wäre es ihr geglückt, uns zu trennen, wenn ich nicht mit einer Beharrlichkeit ohne Gleichen nach Fäden gesucht hätte, die eine Anknüpfung ermöglichen ließen. Als mir nun die Annonce, worin Du einen Administrator suchtest, in die Hände gelangte, war mein Plan sofort gemacht. Ich setzte mich mit Onkel Berens in Verbindung, den alten Herrn hatte ich vom vorigen Jahre noch in gutem Angedenken —, legte ihm die Sache an's Herz, und nun bin ich gekommen, habe die Komödie in Scene gesetzt und hoffen.lich auch den Beifall meines Publikums, das heißt den Deinigen, errungen." Lini schwieg noch immer. Das Uebermaß der Freude betäubte sie. Die Hände, welche Horst wieder freigelass n, hatte sie vor das Antlitz gelegt und wehrte den Thränen nicht, die ihre Augen feuchteten. Da nahm er sachte die kleinen Hände hinweg und tauchte seinen Blick lange und tief in ihre dunklen Sterne. „Hast Du kein Wort für mich, Liebling?" „Was soll ich noch sagen, nachdem Du mir alle Waffen aus der Hand gewunden?" fragte sie mit reizender Hilflosigkeit. „Du sollst mir sehr viel sagen, Lini," bat Hofft, „Du sollst mir gestehen, daß Du mich liebst, daß Du mein süßes Weib sein und mir folgen willst, wohin ich Dich führe." „Bis an's Ende der Welt," wollte sie erwidern, da er aber ihren schelmischen Blick sah, zog er sie ungestüm in seine Arme, küßte leidenschaftlich ihre Lippen, daß Lini's Worte unausgesprochen blieben. Sie stand nun dort am Fenster, an seiner Brust geborgen, von seinen Armen umschlungen, an demselben Fleck, an welchem sie vorher in die Abendlandschaft hinaus geschaut und sich nach ihm gesehnt hatte. Alles Leid der vergangenen Wochen und Atonale versank in diesem ein zigen Augenblick, in dem Gedanken, an ihn glauben, ihm vertrauen, ihn lieben zu dürfen allzeit. „Zürnst Du mir nicht wezen des beleidigenden Zweifels, Horst?" frug sie leise, angstvollen Blickes. „Ich zürnte Dir nicht, Lini, wohl aber thatest Du mir sehr weh damit. Doch, mein Lieb, alles ist vergessen jetzt, da ich Dich dennoch errungen. Blicke freudig vor wärts, wir gehen einer glücklichen Zukunft entgegen." „Hast Du dem Administrator Deine Befehle erteilt, Lini?" frug Doktor Berens, der soeben eintrat. „Ja, wo steckt Ihr denn?" Mit holdem Erröten trat Lini aus der von der Gardine verhüllten Fensternische auf den alten Freund zu, während Horst strahlenden Angesichts rief: „Die Herrin hat alles in meine Hände niedergelegt, Herr Doktor, sie vertraut sich und ihr Haus ganz meiner treuen Führung an!" „Na, endlich!" rief der alte Arzt. „Kind, Du hast es mir recht schwer gemacht, Dich glücklich zu wissen. Gott sei Dank, daß die Ueberredung gut gelungen; nach unserm Gespräch von vorhin hatte ich gelinde Zweifel. Na, Kind, wer hatte nun Recht mit seinen Ansichten über die Landwirte? Willst Du die Deinen noch aufrecht er hallen?" „Sicherlich nicht, Onkel Berens, wie konnte ich es ahnen, daß — Horst und Herr Frey identisch seien?" sagte Lini errötend, während sie sich aus Freyschlag's Armen, die sie von neuem umfangen hielten, wand und, den alten Doktor umhalsend, ihm in's Ohr flüsterte: „Onkel Berens, ich bin namenlos glücklich!" Humoristisches. Kin schlechter Kockel. Ein Bäuerlein hat in der Stadt einen großen, schönen Hahn gekauft. Zum Erstaunen des Händlers bringt er das Tier aber nach einigen Tagen zurück und meinte kleinlaut: „Verzeihen S', den Stadtgockel kann ich nicht brauchen! Der kräht erst um Sechse!" Aas Andenken Bei einer schwurgerichtlichen Verhandlung gegen eine Diebesbande wurde ein Angeklagter gefragt, woher er die Diebesschlüfsel habe, welche man bei ihm gesunden. Gedämpften Tones erwiderte er: „Es ist noch ein Andenken von meinem seligen Vater!" Kin friedfertiger Krieger. Was, einen Soldaten lieben Sie? Einen Menschen, der dazu berufen ist, andere umzubringen?!" — Köchin: „O, mein Emil ist ganz friedfertig! Sie glauben nicht, wie besorgt der ist, daß nichts umkommt!" Mißverständlich. Morgen reise ich auf ein Vierteljahr nach Italien, Fräulein Marie. Werden Sie mir bis dahin ein gutes Andenken bewahren?" — „Gewiß, Herr Graf; geben Sie es nur her!" Auch ein Hrund. „Wollen Sie mich nicht Ihrer Schwieger mutter vorstellen?" — „Ne, ne, lasten Se man!" — „Ich kenne sie aber gar nicht!" — „Ich kenne sie aber!" Kin Satiriker. Redakteur: „Ihre letzte Liebesgeschichte endet schon wieder am Traualtar; nehmen Sie doch einmal einen weniger tragischen Abschluß!" Deplazierter Wunsch. Der kleine Hugo soll die Ferien bei Verwandten in Berlin zubringen. Vor seiner Abreise schärfen ihm die Eltern, denen die Freigebigkeit des Onkels bekannt ist, noch ein: „Wenn dir der Onkel etwas schenken will und dich srägt, was du haben willst, dann sagst du: Einen Sommerpaletot!" Hugo kommt glücklich in Berlin an und wird bald in eine Konditorei geführt. „Was willst Du, Hugo," fragt ihn der Onkel, „einen Windbeutel over ein Stück Nußtorte?" „Einen Sommerpaletot!" lautete die rasche Antwort. rrätsel. Von den 49 zwciziffrigen Zahlen in den Feldern des Quadrats sollen 17 gestrichen werden und zwar so, daß die Summe der übrig bleibenden 32 Zahlen 189.7 beträgt. Jede der drei Zahlen 40, 61, 88 soll wenigstens einmal ge strichen werden und wenigstens einmal übrig bleiben. Wieviel mal mutz man die Zahl 40, wieviel mal die Zahl 61, wieviel mal die Zahl 88 streichen? Anmerkung. 40 Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV-, 61 Thronbesteigung Wilhelm I., 88 Regierungsantritt Friedrichs III- und Wilhelms II. 88 40 40 40 40 40 83 40 61 61 61 61 61 40 40 61 88 88 88 61 40 40 61 88 88 88 61 40 40 61 88 88 88 61 40 40 88 61 61 61 61 61 40 88 40 40 40 40 40 Nachdruck aus dem Inhalt dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. Avril 1870. Redaktt»». Druck und vrrlag »«n «n,erstetn, >erni,«r»»e.