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U-AiW ßr WW Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens- tag», Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen ( Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern (0 Pf. > ThmM Men, Menlthn md die AmMM«. Kmtsblntt Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreize- spaltene Lorpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt» Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger m Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 132. Donnerstag, den 7. November 18SS. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen der Händlerin Laroline Wilhelmine Bretschneider in Rsthschönberg ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußoerzeichniß dec bei der Vertheilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vermögensstücke der Schlußtermin auf den 4. Dezember 18S5, Bormittags S Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst bestimmt. Wilsdruff, den 5. November 1895. Biels), Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Aus Deutschlauds großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. (Nachdruck verboten.) 36. Frankreich im Oktober-November 1870. (Fortsetzung.) Dos einzige, was von feiten der neutralen Staaten geschah und geschehen konnte, war die Möglichkeit eines Waffenstillstandes anbahnen zu helfen, während dessen in Frankreich Wahlen statt finden konnten und das Land seinen Willen bezüglich des Friedens kund geben konnte. Von deutscher Seite hatte man daran ein entschiedenes Interesse; nur so war es möglich, zu einer Ver- bandlung mit einer legitimen Regierung zu kommen. Graf Bismarck erklärte dies in einer Denkschrift vom 4. November, indem er zugleich die schreckliche Lage darlegte, in welche ein zu lange fortgesetzter Widerstand die 2 Millionen der Pariser Be völkerung bringen würde; es wäre bei einem bis zum äußersten Augenblicke fortgesetzter Widerstand nicht möglich, dann Lebens mittel in genügender Menge und zur rechten Zeit zur Stelle zu schaffen. Er wies auch auf die geringen Aussichten des Widerstandes hin; in den Gefechten, die bis dahin vor Paris stattgehabt, hatten die französischen Truppen nicht einmal ver mocht, auch nur die vorderste Linie der Cernirungstruppen zurück zuwerfen. Am 10. November erwiderte Gambetta das Rund schreiben, indem er betonte, die Gefechte seien für Frankreich siegreich gewesen, die preußische Armee leide selbst Mangel, sie sei entkräftigt und demoralistrt etc. Auch Frankreich wünsche den Frieden und dieser müsse ein dauerhafter sein. Für Deutschland war es ein kritischer Augenblick. War die französische Regierung klug genug, durch Ausschreibung von Wahlen das Land zu befragen, so kam es wahrscheinlich sehr bald zum Frieden, der dann sicherlich kein dauernder sein konnte. Die Nation hätte die Niederlagen dem Kaiserreiche und dem „Verrathe" aufgebürdet, sich selbst und ihr Paris für unbesiegbar gehalten und binnen kurzem sich auf einen neuen Krieg, einen Krieg der Rache gerüstet. Jndeß war nicht nur die französische Regierung selbst unklug genug, nicht an die Zukunft zu denken, sie war auch allzusehr abhängig von jenen Elementen der Straße, der sie ihr Bestehen zu danken hatte. Am 30. Oktober erschien mit Geleitsbriefen der Regierung von Tours versehen, Thierö in Versailles, begab sich nach Paris, um dort die nöthigen Vollmachten zu holen und kehrte dann nach Versailles in's feindliche Hauptquartier zurück, wo nun die Waffenstillstandsfrage zwischen ihm und dem Bundeskanzler in mehrfachen Unterredungen verhandelt wurde. Bismarck erklärte sich bereit, einen Waffenstillstand von 25 Tagen auf Grund des einfachen augenblicklichen Standes der Dinge abzuschließen. Während des Waffenstillstandes sollten in Frankreich die Wahlen zu einer Nationalversammlung stattfinden, für welche deutscher seits jede Erleichterung gewährt wurde; auch im Elsaß sollte gewählt werden. Jndeß Bismarck kannte seine Leute; die französische Regierung, welche dieses Entgegenkommen wohl als Schwäche auslegen mochte, instruirte ihren Unterhändler, nun auch die Verproviantirung von Paris für die Dauer dieses Waffen stillstandes zu verlangen. Man muß Bismarck bewundern, daß er gegenüber dieser naiven Anmaßung ruhig blieb. Wie gesagt handelte die Regierung nicht mehr frei; sie war abhängig von jenen Leuten, welchen sie beständig derUnbesteg- lichkeit Frankreichs, die Unmöglichkeit der Einnahme von Paris, den Vcrrath der Generale vorgehalten, denen sie die Niederlagen als Siege ausposaunt hatte. Sehr richtig fragten diese Ele mente, wozu der Waffenstillstand solle, wenn die deutsche Armee dem Hungertvde nahe und aufgerieben sei. Die Führer jener Zehn des Volkes glaubten jetzt ihre Zeit als gekommen. Am 31. Oktober nachmittags, als die Regierung auf dem Stadt haus versammelt war, erschien zunächst eine Deputation, welche jedoch nur die Avantgarde der jetzt rasch und unaufhaltsam ein dringenden Pöbelmasse war. Nach einer mehrstündigen wilden Scene war glücklich wieder einmal eine provisorische Regierung ernannt, bestehend aus grimmigen Fanatikern, wie Flourens, Millisrö, Delescluze, Planqui, Felix Pyat, unter denen selbst in Rochefort nicht mehr als voll galt. Die Mitglieder der Regierung wurden als Geiseln behalten; ihr Leben hing an einem Faden und es ist wie ein Wunder, daß sie es behielten, Um 8 Uhr wurden einige von ihnen, Trochu, Arago, Ferry durch einen muthigen Angriff eines Bataillons Nationalgarde befreit, in dem Getümmel entkam auch Picard, der seinen Kopf soweit beisammen hatte, um nun Generalmarsch schlagen zu lassen und eine Anzahl zuverlässiger Nationalgarden zusammen zubringen, denen es dann auch spät in der Nacht gelang, die Männer von Belleville, welchem Arbeiterviertel die Rotte größten- theils angehörte, zu vertreiben und die übrigen Regierungsmit glieder zu befreien. Diese hatten, namentlich Julius Faure, unter den Händen der Aufrührer einen rühmlichen persönlichen Muth bewiesen; sie waren jedoch nach Beendigung des Aufruhrs nicht entschlossen genug, energisch gegen die Hochverräther vor zugehen. Die Regierung ließ sich vielmehr durch eine allge meine Volksabstimmung ein Vertrauensvotum geben, konnte aber nicht wagen, unter solchen Umständen einen Waffenstillstand ab- zuschließcn, der dem Verrathgeschrei neue Nahrung gegeben haben würde und von dem übrigens Gambetta nichts wissen wollte. So kam es, daß die Waffenstillstandsverhandlungen abge brochen wurden und der Krieg bis zum Aeußersten proklamirt ward. Deutscherseits konnte man mit diesem Ergebniß zufrieden sein. Man konnte jetzt, einmal an der Arbeit, reine Bahn machen, und wenn dann einmal diese Unterscheidung beliebt wurde, Frankreichs Republik militärisch vernichten, wie man es als Kaiserreich militärisch vernichtet hatte. 37. Der Festungskrieg H. Neben der Einschließung von Paris und dem offenen Feld kriege mußte die Aufgabe der deutschen Heeresleitung sein, die zahlreichen Festungen, welche die Märsche und Verproviantirung der deutschen Truppen hinderten, in ihre Hand zu bekommen. Der Festungskrieg stellte an die deutschen Truppen und Führer um so höhere Anforderungen, als für denselben aus dem Ge- sammtaufgebot deutscher Heere nur verhältnißmäßig gering Truppenmaffen verwendet werden konnten. Am 24. Oktober fiel Schlettstadt, als Festung von ge ringer Bedeutung. Obgleich die Besatzung gering und der Platz schwach war, hatte doch der Kommandant Graf Reinach die Uebergabe mit den stolzen Worten „meine Bedingungen werden die Kanonen sein" abgelehnt. Als aber 56 schwere Kanonen und Mörser angelangt waren und in dem ersten ausgehobenen Laufgraben die Kanonen ausgestellt wurden, ergab sich die Festung am nächsten Tage. In der Stadt herrschten skandalöse Zustände; Volkshaufen und betrunkene Soldaten durchheulten die Gassen, unbekümmert um die ausgebrochenen Feuersbrünste, welche erst von den deutschen Pionieren gelöscht wurden. Ec« beutet wurden 120 Geschütze und 7000 Gewehre. Der Ver lust der Deutschen während der Belagerung betrug 20 Mann. In der Reihe folgt nun der Fall von Metz, am 27. Ok tober, der der Vollständigkeit halber hier nochmals aufgeführt sei. Die Festung Verdun, welche die Hauptlinie der nach Deutschland führenden Bahnen m einer für die deutsche Ver pflegung, Munitions-Versorgung und anderer höchst unangenehm fühlbaren Weise durchschnitt, war bereits seit längerer Zeit Gegen stand deö deutschen Angriffes. Die Festung hatte eine Be satzung von 6000 Mann, lag aber, rings von Höhen umgeben, in einem Thale und bot deshalb für hinreichend starke Geschütze ein gutes Ziel. Nach dem mißlungenen Handstreiche seitens der Sachsen am 24. August war die Festung nur beobachtet und erst am 23. September völlig eingeschlossen worden. Am 26. September wurde die Festung mit Feldgeschützen beschaffen, nach dem mehrere Ausfälle der Besatzung siegreich abgewiefen worden waren. Am 13. Oktober waren schwerere Geschütze eingetroffen und nun donnerten 52 Geschütze gegen die Festung. Der über legenen französischen Festungs-Artillerie gelang es jedoch schon im Anfänge des Angriffes, die im Westen angelegten Batterien niederzuhalten und auch der Infanterie bedeutende Verluste bei zubringen. Ein sehr energischer Ausfall am 20. Oktober hatte bedeutenden Erfolg; eine Höhe wurde von den Ausfalltruppen erstürmt, die Belagerer wurden im Westen gänzlich zurückgedrängt und 12 Geschütze zerstört, deren Zurückziehung wegen des auf geweichten Lehmbodens nicht mehr möglich gewesen. Jndeß wurden nach und nach 102 große Belagerungsgeschütze heran gebracht und es sollte nunmehr ein durchgreifender Angriff er öffnet werden. Diesen wartete jedoch der Kommandant General Guärin de Waldersbach nicht ab, vielmehr bat er am 3. No vember um Waffenstillstand, an welchen sich am 5. November die Kapitulations-Verhandlungen schlossen. Am 8. November kam die Kapitulation zn stände und am 9. November wurde die Festung übergeben. 2 Generale, 11 Stabs-, 150 andere Offiziere und 4000 Mann wurden kriegsgefangen; erbeutet wurden 136 Geschütze und 23000 Gewchre.(Forts, f.) Tagesgeschichte. Berlin. Der König von Portugal ist am Montag mittels Sonderzuges um 9 Uhr 40 Minuten von der Wild- parcstation abgereist. Der Kaiser und der König waren im offenen Wagen vom Neuen Palais gekommen. Beim Abschiede umarmten und küßten sich beide Monarchen. Der Kaiser trug portugiesische, der König preußische Uniform. Auf dem Bahn hofe waren anwesend: Prinz Friedrich Leopold von Preußen, der Erbprinz und Prinz Karl von Hohenzollern, sowie die übrigen in Potsdam anwesenden Prinzen, ferner eine Deputation des 20. Regiments. , Am Sonnabend Nachmittag stattete der König von Portugal dem Reichskanzler Fürsten zu Hohenlohe- Schillingsfürst einen Besuch ab, welcher über eine halbe Stunde währte. Dem Reichskanzler ist das Großkreuz des portu giesischen Thurm- und Schwertordens mit der Kette verliehen worden. Berlin kann Anspruch darauf machen, das größte Ge schäftshaus zu besitzen, wie es selbst das in dieser Beziehung vorbildliche Amerika nicht aufzuweisen hat. Das Haus ist an Stelle der 21 Häuser in der Kaiser-Wilhelm-, Rosen-und Neue Friedrichstraße entstanden und hat eine Front von 250 m. Dieser Bau besteht aus Erdgeschoß und vier Stockwerken, jedes mit 53 hohen, breiten, zum größten Theil erkerortig angelegten Fenstern. 24 Fahrstühle (8 für Personen und 16 für Lasten) mit elektrischem Betriebe sind vorhanden. Der Riesenbau, der lediglich aus Stein, Eisen und Glas besteht, umfaßt, wie der „Konf." meldet, 40 in sich abgeschlossene Abtheilungen, die nur für Geschäftszwecke bestimmt find. Die Agitation fürdie Einführung des Befähigungs» nachweises hat in den Kreisen der Handwerker trotz der Be schlüsse der Juli-Konferenz nicht nachgelassen. Jetzt sind die Berliner Jnnungsmeister entschlossen, der Regierung eine Peti tion zu unterbreiten, einen Termin festzusetzen, an dem sie be reit sei, den Befähigungsnachweis gesetzlich einzuführen. Zu diesem Zwecke soll für den 14. November eine Versammlung aller Berliner Handwerksmeistereinberufenwerden. Die Tages ordnung dieser Versammlung wird in einer Sitzung der ständigen Deputation des „Jnnungsausschusses der vereinigten Innungen zu Berlin" festgesetzt werden. Die sozialistischen Mitglieder des Reichstags in Dänemark haben einen Antrag eingebracht, welcher bezweckt, den achtstündigen Arbeitstag gesetzlich zu normiren. Nach diesem Anträge sollen die neuen Gesetzesbestimmungen auf alle Personen, die über 14 Jahre alt sind und in anderer Dienst Arbeit ausführen, und zwar auch auf Personen, die in Comptoirs angestellt find oder im Dienste des Staates oder der Kommune stehen, An wendung finden. Paris, 4. November. Deputirtenkammer. Ministerprä sident Bourgeois verlas heute die Erklärung der Regierung, in welcher es heißt: Wir werden den Willen der Kammer ge horchen, indem wir über die durch die Tagesordnung Rouanet hervorgehobenen Thatsachen die weitere Untersuchung eröffnen. Wir werden die gerichtlichen Untersuchungsakten veröffentlichen, um dem Parlamente zu ermöglichen, ein politisches Urtheil ab zugeben, welches diesen Thatsachen gegenüber am Platze ist. Wir werden eine Vorlage einbringen, welche es den Parlaments mitgliedern bei Strafe des Verlustes ihres Mandates unter sagt, an Verwaltungsräthen von Gesellschaften, welche mit dem Staat Verträge schlossen, theilzunehmen. Betreffs der gerichtlichen Untersuchung werden wir eme gewiße Oeffentlichkeit verlangen.