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dem schönen, glatten Gesicht Deiner Schwester lauert, sonst hätte ich Lini unbedingt gewarnt und sie dort fort genommen. Wie sie es fertig gebracht, das arglose Kind Dir in die Arme zu treiben, der Du nur nach dem Gelds und nicht nach dem reizenden Mädchen die Hand aus strecktest, habe ich heute erfahren, wenn mir auch noch nicht alles klar ist; aber auch dahinter werde ich kommen, und dann wird es mir ein Leichtes sein, den Glauben an mich in Linis Herzen wieder aufzurichten. — Was willst Du jetzt thun, nachdem mit Deiner Kousine Vermögen auch Deine Lustschlösser zusammenstürzten?" „Du kannst über mich spotten, mich verhöhnen, Horst, Du weißt nicht, was es heißt, vis-L-vis äs risu zu stehen. Mit Karoline erstand mir ein Rettungsengel: nun dieser mir entschwunden, bleibt mir nichts anderes übrig — wie eine Kugel vor den Kopf," sagte Leo in dumpfer Resignation. „Leo, um Gottes willen, was willst Du damit sagen?" „Daß ich ruiniert bin. Gelingt es mir nicht, meine Schulden — Ehrenschulden sind es, Horst, — zu bezahlen, dann werde ich kassiert, und die Kugel ist mein Los. Eine sehr einfache, aber recht traurige Geschichte, die öfter vor kommen soll." „Warum aber sprachst Du nicht zu mir von Deinen Verlegenheilen, nennst Du das Freundschaft?" frug Horst in tiefer Erschütterung. Die Ergebenheit Leos in das selbstgeschaffene Schicksaal erfaßte ihn mehr, wie es alles Jammern, alles Klagen zu Wege gebracht haben würde. „Weil ich von meinem zukünftigen Schwager kein Geld nehmen wollte." Horst fuhr auf. „Davon schweig!" donnerte er dem Freunde entgegen. „Niemals ist mir eingefallen, mich mit Deiner Schwester zu verbinden; hat mein Benehmen diese Hoffnung in Euch genährt, so kann ich nur bedauern, so unvorsichtig gewesen zu sein. Leonores scharfer Verstand, ihre um die Meinung der Welt unbekümmerte Art, mit uns zu verkehren, reizte, interessierte mich, die Plänkeleien mit ihr erfrischten mich und regten mich an — weiter nichts. Ich sah in ihr einen Kameraden, dem, zu allen andern Eigenschaften, ein verführerisches Acußere zu Gebote stand, — mehr war sie mir niemals; nicht einen Augenblick ist der Wunsch nach ihrem Besitz in meinem Herzen aufgestiegen; auch dann nicht, als Lini mir noch fremd war." Leo winkte. „Ich wußte es und habe Leonore ge warnt, doch, wer nicht hören will, muß fühlen!" (Schluß folgt.) Mit WM. > (Zu dem gleichnamigen Bilde.) „Leise — ganz leise, der Vater will schlafen," sagte die Lehrersfrau und wehrte dem polternden Schwarm. Sie machten nun lange Gesichter und sahen sich ratlost an. Was beginnen? Getollt und getobt hatten sie genug, nun wollten sie etwas vornehmen, wobei man schön zur Ruhe kam. „Schule spielen," schlug Hänschen vor, dem die Schule noch ein Buch mit sieben Siegeln war und der deshalb etwas ganz Besonderes dahinter sah. Und so geschah es. Peter baute schnell auS einem langen Brett eine Bank, Marianne schleppte verstohlen die große Schiefertafel aus der Schulstube in's Freie — durch den Garten getragen sah es niemand, und Lieschen war der Herr Lehrer. „Ich kann's," sagte Hänschen sehr eifrig und quietschte mit dem Schieferstift erbärmlich auf der Tafel, das ganze runde Gesichtchen voll Ernst und Schaffensdrang, während Peter mit vollstem Brustton: Stille Nacht, heilige Nacht deklamierte. Unwillkürlich faltete Marie bei dem bekannten Vers die Hände, wie sie es gewohnt war, und Hannchens dun le, nachdenkliche Augen hingen mit derselben sorgenden Angst an dem Spielgefährten, als wäre wirklich der gestrenge Lehrer vor ihnen. Nur Marianne hatte ihren Kopf mit ganz anderen Dingen voll. Der Himmel war so blau, die Sonne schien so schön; ein Schmetterling jagte einer Mücke nach — schwapp, da hatte er sie erwischt, und Marianne schrie laut auf vor Schreck. Nun war die Andacht gestört. „Ach, das dumme Schule spielen," sagte der kleine Faulpelz, „ist es nicht genug damit alle Tage? Ich glaube, bei uns giebt es schon Erdbeeren, kommt, die wollen wir suchen. Und so geschah es und das Schule spielen hatte sein Ende. B. Reuther. Sommer und Winter. In meines Lebens Sommerzeit Schien mir's, als müßt' sie ewig dauern, Und was die Sonne weit und breit Beschien, niemals im Winterkleid Könnt' es vergehen und vertrauern. Des Lebens Winter kam so bald! Wo sind der Jugend frohe Sonnen, Die meine reizende Gestalt Umflossen einst? Nun bin ich alt — Ein schöner Traum ist rasch zerronnen! Humoristisches. Auch etwas. „Hat dir deine schriftstellerische Thätigkeit schon etwas eingebracht?" — „O ja, einmal ist ein Manuskript aus der Post verloren gegangen, da habe ich 42 Mk. vergütet bekommen!" Berechtigte Scheu. Redakteur: „Nun, kommen Sie doch näher?" — Junger Dichter (mit einem scheuen Blick aus den Papier korb): „Bitte, thun Sie erst das Ding da weg!" Sein Vorteil. Frau Weitz: „Lieber Mann, wie ich schon seit mehreren Tagen bemerke, hat unsere Tochter Kummer: sie ißt nichts, sie trinkt nichts, sie will auf keinen Ball gehen, sie braucht kein neues Kleid ... ich fürchte, das arme Kind liebt hoffnungslos!" — Herr Weiß: „Liebes Kind, thu mir den Gefallen und liebe mich auch hoffnungslos!" Daher. Richter: „Da sind Sie also mal wieder wegen Taschen diebstahls angeklagt-, sechs Monate haben Sie sich gut geführt!" Taschendieb: „Ja, ich hatte ein Geschwür am Finger!" Verfeinerung. Sergeant: „. . Und was ist denn Ihr Vater, Moses?" — Moses: „Der hat'n Antiquitätenladen for — Kleider!" 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