Suche löschen...
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 17.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189510176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18951017
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18951017
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-17
-
Monat
1895-10
-
Jahr
1895
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Diese That schadet nicht nur den Anarchisten, sondern auch der sozialdemokratischen Partei mehr als tausend Reden gegen den Anarchismus und die Sozialdemokratie es zu thun vermochten. Wie die Mühlhäuser Blätter noch melden, hatte sich Fabrikant Schwartz nach seiner Berwundung nicht einen Augenblick Illu sionen über seinen Zustand gemacht: „Ich habe denselben Stich erhalten wie Carnot," sagte er stoisch zu seinen Familien angehörigen, und den Aerzten, die ihn behandelten, gestand er ein, daß er sich verloren wisse. In seiner Erzählung über den Hergang beim Attentat ließ er kein Wort des Hasses über den Mörder fallen; er zeigte vielmehr Mitleid mit der Verirrung dieser Narren, die die Menschheit verunehren. „Ich verzeihe ihnen, denn die Unglücklichen wissen nicht, was sie thun," war sein Urtheil. Schwarz hatte noch vor kurzem einen mit den: Poststempel „Mülhausen 24. 9. 95. 12—1 N." versehenen Brief folgenden Inhalts erhalten: „Ihr Leben ist in großer Gefahr. — Hüten sie sich. — Gehen Sie nachts nicht spät aus — legen Sie ein Stahlhemd an, oder verreisen Sie für einige Zeit. — Beherzigen Sie diese Warnung! — Ein Warner." Die „Berl. Polit. Nachr.", welche bekanntlich mit dem preußischen Finanzministerium Beziehungen unterhalten, schreiben: Die Konvertirungsfrage wird in Anlaß der Äußerungen des Herrn Reichskanzlers noch immer lebhaft erörtert und sogar in einigen Zeitungen der Versuch gemacht, aus den Aeußerungen eine gewisse Meinungsverschiedenheit zwischen den Reichskanzler und dem Finanzminister herzuleiten. Man braucht aber nur an die Erklärungen, welche der Finanzminister in der vorigen Session des Abgeordnetenhauses abgegeben hat, zu erinnern, um die Haltlosigkeit dieser Auffassung darzuthun. Der Finanz minister hat damals auf das bestimmteste hervorgeboben, daß die Frage der Konocrtirung nicht nach rein fiskalischen Gesichts punkten entschieden werden dürfe, daß vielmehr für den Staat wesentlich auch wirthschaftliche und sozialpolitische Gesichtspunkt in Betracht kämen, daß der Staat vorübergehende Konjunkturn nicht benutzen dürfe und zu einer Konvertirung erst schreiten könne, wenn die Ueberzeugung von dem dauernden Rückgang des Zinsfußes gewonnen sei. Ob und wann Lieser Zeitpunkt vorhanden sein werde, lasse sich zur Zeit gar nicht üdersehen; wenn die Regierung ihn für gekommen halte, dürfe sie früher nicht reden, sondern müsse handeln. Die Aeußerungen des Herrn Reichskanzlers stehen unserer Meinung nach grundsätzlich auf demselben Boden und beurtheilen die Konvertirungsfrage offenbar aus denselben Gesichtspunkten. Ob und zu welchem Zeitpunkte eine definitive Entscheidung der Slaatsregierung an gezeigt ist, bleibt eine offene Frage, welche von der weiteren Entwickelung der Verhältnisse abhängig ist. Frühere und heutige Aeußerungen einzelner Preßorgane, welche nur deren eigene Anschauungen wiedergeben, können hiergegen nicht in Betracht kommen. Aus Paris kommt eine erfreuliche Kunde von dem Ein drücke der Dresdner Kongreßwoche auf die französ ischen Gäste. Herr John Grand-Carteret schreibt im Figaro einen begeisterten Artikel über die Aufnahme, welche die französischen Schriftsteller in Deutschland gefunden hätten. Die Feste würden den französischen Gästen ewig unvergeßlich sein. Bon diesen Festtagen an könne vielleicht eine neue Aera für die französisch deutschen Beziehungen datiren. Wie vor dem Kriege genieße der Franzose heute wieder alle Sympathien Europas. Das sei die wahre Revanche des französischen Geistes. Der Artikel schließt: An den Ufern der Elbe haben wir das alte (?) Deutschland wiedergefunden. In Leipzig, nahe dem Schlacht felde, auf welchen Franzosen und Deutsche die große Schlacht schlugen, haben heute Franzosen uuo Deutsche zusammengetrunken auf den großen Kampf der Zukunft für den Fortschritt, für die Verbreitung des Lichtes, für die Versöhnung. Jetzt sei das Wort an den Völkern. Mögen sie sich erheben aus ihrer Le thargie und mögen die Regierungen handeln! Der Sieger reicht die Hand, soll der Besiegte sie zvrückweisen? Diese Frage aufwerfen, heißt, dieselbe auch gleichzeitig lösen. Grand-Carterel bezeichnet den Dresdner litterarischen Kongreß als ein geschicht liches Ereigniß, da die deutsche Volksseele in Sachsen sich zum ersten Male seit 1870 den Franzosen in Liebe erschlossen habe. — Es ist gewiß ein Erfolg des Dresdner Kongresses, wenn er dazu beigetragen hat, bei den Franzosen die Ueberzeugung von der friedliebenden Gesinnung des deutschen Volkes zu befestigen, obwohl den Franzosen selbst keine andere Gastlichkeit erwiesen worden ist als allen anderen Gästen des, wie wir wiederholen, im vollsten Sinne des Wortes, internationalen Kongresses. Auf dem Gebiete der Fragen, welche den Dresdner Kongreß be schäftigten, giebt es für Deutschland keine engherzigen nationalen Interessen, sondern nur solche der alle Völker verbindenden Kultur und Gesittung, die nur auf dem Boden des Rechtes ge- gedeihen können. Ueber den Zusammenstoß der beiden englischen Dampfer „Napier" und „Livonia", bei dem 14 Menschen umkamen, liegen einige nähere Nachrichten vor. Der „Napier", Kapitän Walker, aus North Shields, war mit Holz beladen und befand sich auf der Reise von Kronstadt nach Rotterdam. Als sich in der Nacht vom Donnerstag der Dampfer bei der Insel Oeland befand, sah man am Bord um 3 Uhr Plötzlich den großen Dampfer „Livonia" in der dunklen, nebligen Luft auftauchen. Ein Zu sammenstoß war unvermeidlich, und kaum war die „Livonia" in Sicht gekommen, als auch schon der „Napier" seinen Steven mittschiffs in die „Livonia" gebohrt hatte. Der Stoß erfolgte mit so furchtbarer Gewalt, daß der Dampfer „Livonia" fast quer durchgebrochen wurde, und gleich darauf strömte das Wasser ein und füllte die Räume. Vom „Napier" aus versuchte man den Verunglückten Hilfe zu bringen; die Nacht war aber finster, so daß die Rettungsarbeiten erschwert wurden. Die „Livonia" hatte solche Verwüstungen erlitten, daß der Dampfer in 3—4 Minuten sank. Dem „Napier" gelang es, wenigstens einen Theil der Besatzung zu retten. Die „Livonia" war aus Leith und befand sich mit einer Fracht Kohlen und Eisen auf der Reise von Grangemouth nach Riga. Die Besatzung bestand aus 21 Mann, außerdem befanden sich drei Passagiere, darunter eine Frau, sämmtlich Russen, an Bord. Die beiden männlichen Passagiere, sowie acht Mann der Besatzung wurden gerettet, die übrigen und die Russin fanden ihren Tod im Meere. Der „Napier", der Donnerstag Vormittag mit den Geretteten in Kopenhagen eintraf, hat gleichfalls erheblichen Schaden er litten. Das linke Vordertheil des Schiffes ist zertrümmert und es hat zwei mächtige Löcher, eins über, das andere unter dem Wasserspiegel. Vaterländisches. Wilsdruff, 16. Oktober. Der diesjährige Herbst- Markt in unserer Stadl findet morgen Donnerstag, dm 17. und Freitag, den 18. d. M. statt. Hoffentlich ist die Witterung zu diesen beiden Tagen eine günstigere als heute, denn heftige Regengüsse und öftere unerquickliche Finsterniß wechseln mit einander ab, ja man war wiederholt gezwungen am Vormittag wie Nachmittag von dem elektrischen Licht Gebrauch zu machen. — Der Königl. Sächs. Militärverein Grumbach und Umgegend feierte am letzten Sonntag Abend im Erbgerichtsgast hofe daselbst sein Stiftungsfest durch Konzert und Ball. Der Saal war mit den Büsten Ihrer Maj. König Alberts und Kaiser Wilhelms des II., sowie mit der schönen neuen Fahne des Vereins und mit Kränzen und Guirlanden geschmückt. In den Konzertpausen nahmen sowohl die Vorstandsmitglieder des Vereins, sowie anwesende Gäste Gelegenheit zu ernsten und heiteren Ansprachen; der erste Trinkspruch galt selbstverständlich dem hohen Protektor des Vereins Sr. Majestät dem allgeliebten König Albert, an welchen sich der Gesang der Sachsenhymne anschloß. Eine ganz besondere Ehrung widerfuhr den Com- battanten der Kriegsjahre 1866 und 1870/71, indem denselben durch Herrn Gemeindevorstand Herzog Ehrenbänder, auf denen die betreffenden Schlachtentage verzeichnet stehen, über reichte, welche von den Kampfgenossen mit freudigem Danke ent gegengenommen wurden. Ein flotter Ball hielt die Mitglieder mit ihren Angehörigen bis in die ersten Morgenstunden in echt kemeradschaftlicher Weise zusammen. — Löbtau. Wie es ja zu erwarten war und wie es sich bei gleichen Gelegenheiten in anderen Orten ebenfalls beobachten ließ, nimmt die Zahl der Besucher des Lutherfest- spieles von Vorstellung zu Vorstellung immer mehr zu. Bei den letzten Aufführungen war die geräumige, mit allem Komfort ausgestattete Halle fast bis auf das letzte Plätzchen gefüllt, während der Zudrang auswärtiger Gäste sich ebenfalls deutlich bemerkbar macht. Auch kann man die Wahrnehmung machen, daß die Darsteller, obzwar schon bei der Erstaufführung Treffliches geleistet wurde, sich mehr noch in ihre Rollen hineinzuleben scheinen, ein Umstand, der den Gesammteindruck nur heben kann. Eine ganz anerkennenswerthe Einrichtung ist es ferner, daß die einzelnen Rollen, abgesehen von der Hauptrolle des Luther, nicht an jedem Aufführungsabend vom gleichen Dar steller gegeben werden und selbst bei mehrmaligem Besuche des Festspieles daher günstige Gelegenheit zum kritischen Vergleich der verschiedenen Auffassungen geboten ist. Aber nicht nur der dramatische, sondern auch der musikalische Theil des Festspieles bildet in demselben einen wichtigen Faktor und trägt durch die feierlichen und in ihrer Einfachheit umsomehr ergreifenden Choräle zu der erbauenden Wirkung wesentlich bei. Sind die Auf gaben, welche die Musik bei dem Festspiele zu lösen hat, auch nur einfache und den eigentlichen Kunstgesang ousschließende, so ist doch diese Eigenart in der Bedeutung der volksthümlichen Aufgabe des Herrig'schen Werkes begründet. — Meißen. Die amtliche Hauptkonserenz der Direktoren und Lehrer des Schulinspektionsbezirks Meißen wird unter Vor sitz des Schulraths Wangemann nächsten Montag, den 21. d. M., von Vormittags Uhr an im Saale des Gasthauses zur Sonne abgehalten. Gegenstand der Verhandlung ist: Unser Katechismusunterricht und die Förderung der Gegenwart (Re ferent Schuldirektor Schneider in Nossen.) — Achtundzwanzig Taschenuhren, die ihrenDaseinszweck verfehlt haben, fand man kürzlich beim Reinigen einer Schleuse unter einer Brücke m der Nähe des Arsenals in Dresden in Papier eingewickclt. Die Feuchtigkeit hatte bereits sehr zerstörend gewirkt. Sie hatten offenbar schon Jahr und Tag dort gelegen. Sie rühren von einem Einbruch her, der im März 1893 bei einem Uhrmacher in Radeberg verübt wurde. Der Dieb ist seiner Zeit ermittelt worden und sitzt jetzt noch auf lange Zeit in Waldheim; dagegen glückte es damals nicht, die von ihm gestohlenen Uhren sämmtlich aufzufindcn. Jetzt sind sie durch Zufall gefunden worden. — Vor einigen Tagen Hausirte in der Johannvorstadt zu Dresden ein Mann mit einer Brille vor den Augen, an- scheinend ein Ausländer, mit Büchern. Gleichzeitig mit seinen Schriften wurde von ihm in stiller Wehmuth ein Zettel vorge legt, auf dem das eine Wort „taubstumm" zu lesen war. Eine Frau nun, die dem Verkäufer nicht recht traute, trug dessenun geachtete so recht selbstverständlich und harmlos, was denn so ein Buch koste und siehe da — die Wirkung dieser Worte wirkte zauberisch auf den Armen, denn in seiner Ueberraschuug ant wortete er prompt darauf mit fester Stimme: 35 Pfennige. — Tableau. — Ein um das Wohl der Stadt Glauchau hochverdienter Mann, der Fabrikant Ernst Bößneck, ist am Freitag Abend 9 Uhr im Alter von 76 Jahren verstorben. Der Heimgegangene war stets ein auf das Wohl seiner Arbeiter bedachter Prinzipal und ein hochbegabter, unternehmender und erfolgreicher Groß- Industrieller in der Webwaarenbranche. — Zwickau, 14. Oktober. Gestern früh wurde nach Verbüßung fünfmonatigen Gefängnisses der bekannte sozialde mokratische Redakteur Gradnauer aus Dresden und heute früh nach Verbüßung einjähriger Gefängnißstrafe der hiesige sozialistische Agitator Sachse aus hiesigem Lanbesgefängniß entlassen. Die hiesigen Genossen" empfingen dieselben in der Nähe der Anstalt. — Tannenberg bei Geyer, 12. Oktober. Zu einer erhebenden Trauerfeierlichkeit gestaltete sich am gestrigen Nach mittag die Beerdigung des bei dem Eisenbahnunglück bei Oederan schwer verletzten und vorgestern seinen Leiden erlegenen Soldaten Paul. Nachdem am 10. Oktober die irdische Hülle des Verstorbenen mittelst Leichenwagens von Chemnitz nach hier überführt worden war, traf gestern Vormittag eine Abtheilung Soldaten der bei dem Unfälle in Oederan so schwer betroffenen 1. Kompagnie des 133. Infanterieregiments in Begleitung von Offizieren und Unteroffizieren hier ein. Unter regster Antheilnahme der Ge meinde, insbesondere deS Militärvereins, des Turnvereins, der Feuerwehr und des Gesangvereins setzte sich der fast endlose Trauerzug unter den Klängen des Trauermarsches in Bewegung. In der Kirche wurde der Sarg am Altarplatz niedergesetzt; die Offiziere nahmen stehend vor demselben, zu beiden Seiten die Fahnenträger genannter Vereine Platz. In tiefergreifender Rede gedachte Pastor Schneider des entschlafenen Sohnes, Bräutigams, Kameraden und Christen und tröstete des weiteren alle Angehörigen und Mitleidenden im Hinblick auf Gottes ewige Liede. Hierauf folgte di- Beisetzung auf dem Friedhöfe. Weil von Herzen kommend, wirkten auch zu Herzen gehend die warmen Worte, welche Premierlieutenant von Wachsmann im Auftrage des Chefs der 1. Compagnie und Hauptmann von Petrikowsky für das Regiment unter Niederlegung von Lorbeer- kränzen dem verblichenen Kameraden widmeten. — Kappel b. Chemnitz, 13. Oktober. Ein bedauerns- werther Unfall hat sich gestern auf der hiesigen Kochstraße er eignet, indem die am 13. Oktober 1892 geborene Dora Elsa Arnold aus dem 3 Stockwerk hinab in den Hof stürzte und mit zerschmettertem Kopfe aufgehoben wurde. Der Vater des Kindes befand sich außer Hause auf Arbeit und die Mutter desselben war im Waschhaus beschäftigt. Die 9 Jahre alte Schwester des verunglückten Mädchen war damit beauftragt worden, auf dasselbe acht zu geben, hatte jedoch das Schwester chen ins Bett gelegt, eingeschläfert und war nach mit der Mutter genommener Rücksprache auf die Straße gegangen, um mit anderen Kindern zu spielen. Jedenfalls ist das dreijährige Mädchen erwacht, hat das verschlossene Fenster geöffnet, nachdem es einige Blumenstöcke zur Seite geschoben, um nach der Schwester zu sehen, und ist hierbei zum Fenster hinausgestürzt. — Groitzsch, 13. Oktober. In der Leipzigerstraße ist ein vierjähriger Knabe aus dem Erkerfenster eines Hauses zwei Stock hoch herabgestürzt. Großen Muth und Geistesgegenwart zeigte hierbei die 14Vs Jahre alte Elsa Pfänder von hier, welche mit zwei gefüllten Wassereimern die Leipzigerstraße daher kam und das Kind herunterfallen sah. Schnell entschlossen die Eimer von sich werfend, konnte sie noch den Knaben in ihrer Schürze auffangen, der mit dem bloßen Schrecken davonkam, denn von einigen unbedeutenden Hautabschürfungen auf dem Rücken ab gesehen, trug das Kind keinerlei Schaden davon. — Die „Korrespondenz des Nationalliberalen Vereins für das Königreich Sachsen" bringt an der Spitze ihrer jüngsten Nummer folgenden Aufruf: „An unsere Gesinnungsgenossen richten wir vor den Landtagswahlen nochmals die dringende Bitte, nach Kräften für das Zusammenhalten der Ordnungs parteien zu wirken. Leider ist dies durch den neulichen Bruch zwischen den Leitungen der conservativen und der deutsch-sozialen Partei erschwert. Trotzdem hoffen wir, daß in allen Wahl kreisen, wo nicht besondere Gründe dies verhindern, die Wähler aller staatserhaltenden Parteien Schulter an Schulter gegen die Umsturzpartei zusammenstehen werden. Leipzig, den 12. Oktober 1895. Der Vorstand des Nationalliberalen Vereins für das Königreich Sachsen. Or. Gensel, Vorsitzender. — Leipzig. Ein frecher Schwindel ist letzter Tage von einem in den dreißiger Jahren stehenden Manne, der sich „Werl" nannte, ausgeführt worden. Der Schwindler erschien in einem hiesigen feinen Pensionate und wollte angeblich seinen Sohn daselbst für ein Jahr in Pension thun. Man war auch bereits betreffs des Preises übereingekommen, als mit einem Male der sehr fein gekleidete Fremde mit dem Verlangen herausrückte, die Jnstitutsvorsteherin solle ihm 30 Mark geben, da er noch Verschiedenes in der Stadt einzukaufen, leider aber das Geld vergessen habe. Die vertrauensselige Jnstitutsdame händigte dem „feinen Herrn" auch wirklich das Geld ein und — den Betrüger sah man niemals wieder. (E i n g e s a n d t.) Die Mode unserer Frauen. Mit dem Mit- und Zartgefühl unserer jetzigen Frauenwelt hat es doch eine eigene Lewandtniß. Beim Anblick eines ungewohnten Gegenstandes geräth das jetzige Geschlecht sofort in die größte Aufregung, weil es eben nach eigner Meinung zu sehr nervös ist. Hat der Anblick irgend etwas schauerliches an sich — und mag es noch so gering sein — dann folgt sicher sofortige Ohnmacht. Das Zart- und Mitgefühl, das dem Weibe einmal innewohnt und das nach seiner Meinung dem Manne ganz und gar ab geht, weil er eben selten weint und alles ruhig erträgt und betrachtet, äußert sich nun in verschiedener Weise. Die Brumme im Zimmer, die durch ihre an das Fleisch geschmeißten Eier wiederholt den Appetit der Frauenwelt verdarb, wird nicht ge- tödtet. Der Maikäfer, der größte Feind unserer Bäume, wird, wenn er von dem nervösen weiblichen Geschlechte auf dem Rücken liegend betroffen wird, sorgfältig gewendet. Eine ekle Mode, di- einer Unmasse von schädlichen Insekten das Leben giebt, wird dadurch vor dem Unlergange beschützt, indem man sie sorgfältig auf ein Blatt Papier hinübergleiten läßt und sie dann ebenso behutsam an die Luft setzt. Am Schluffe lleßen sich noch Dutzende von Beispielen anführen, die dos Zartgefühl der Frauen in unverkennbarer Weise darthun. Daß aber das bei der geringsten Gelegenheit vom weiblichen Geschlechte ge zeigte Mit- und Zartgefühl nichts weiter als Verstellung, als eine Täuschung ist, dos zeigen wenigstens unsere deutschen Frauen durch den Aufputz ihrer Hute, den sie einer irgend halb ver rückten Pariserin nachäffen. Seit melreren Jahren und ganz besonders dieses Jadr gefällt es der sanguinischen Frauenwelt jenseit der Vogesen auf ihren Hüten die schönsten ausgestopften Vögel zu tragen. Mit Vorliebe verwendet man dazu die die Natur in großartiger Weise schmückenden Kolibris oder Blumen- küsser, die gleich buntfarbigen Schmetterlingen in Südamerika von Blume zu Blume sich tummeln. Es ist eine Sünde und Schande für unsere deutsche Frauenwelt, sich diese Mode auch anzueignen. Armen Kolibris, ihr müßt gleich vielen anderen eurer schön gefiederten Kameraden der unbeschreiblichen Hart herzigkeit der zarten Damenwelt zum Opfer fallen. Bald wird man auch von euch als nur von einmal gelebten Geschöpfen reden müssen. Gewiß werdet ihr lieblichen Kinder der Vogel welt gleich dem Einsender dieser Zeilen wünschen, daß es doch einmal den verrückten Pariserinnen bekommen möchte, statt der mit euren Leichnamen geputzten Hüten einen umgestürzten Kaffee- trichier, der als Quaste die Blume eines Hasen hat, zu tragen. An Nachahmung der Frauenwelt wird es sicher nicht fehlen. Marktbericht. Meißen, 12. Oktober. Ferkel 1 Stück Mk. 6 -11, Butter 1 Kilo Mk. 2,40-2,72. Dresden. 14. Oktober. (Getreidcpreise.) An der Börse per 1000 Kilsgramm Weizen weiß nm 142—148 Mk., do. braun alt 140—144 Mk., Roggen, neu 123—126 Mk., Gerste 140—155 Mk., Hafer alt, 125-130 Mk, do. neu 121—129 Mk. — Auf dem Markte: Kartoffeln per Centner 2 Mk. — bis 2 Mk. 30 Pf. Butter per Kilo 2 Mk. 40 Pf. bis 2 Mk. 60 Pf. Heu per 50 Kilo 2 Mk .70 Pf. bis 3 Mk. — Pf. Stroh per Schock 24 Mk. — Pf. bis 26 Mk. — Pf. Schlachtpfer-eVPnl die Roßschlächterei von O-wal- Mensch in Potschappel.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)