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Wochenblatt für Mckuff Erscheint ,i< w-chentlich dreimal u. zwar Dienst tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen I Mk.55pf. Einzelne Nummern (0 Pf. TharM DD, Mealcha mb die AMMben. Imlsblult Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige- fpaltene Eorpuszeile. für die Kgl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 117. Donnerstag, den 3. Oktober 18SS. Erlaß an sämmtliche Ortspolizeibehörden des hiesigen Verwaltungsbezirks. Die Ortspolizeibehörden des hiesigen Verwaltungsbezirks werden unter Hinweis auf die am 21. Mai dieses Jahres erlassene, die Maßregeln zur Abwehr und Unterdrückung der Schwemeseuche, der Schweinepest und des Rothlaufs der Schweine betreffende Bekanntmachung veranlaßt, die der letzteren beigedruckte Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern zu Dresden vom 10. Mai 1895 innerhalb ihrer Orte noch ganz besonders zu veröffentlichen. Meißen, am 30. September 1895. Königliche Amtshauptmannschaft. I. A. Meusel. Aus Deutschlands großer Zeit. Erinnerungen zum 25jährigen Jubiläum des Krieges 1870/71. Von Eugen Rahden. (Nachdruck verboten.) 29. Der Seekrieg. Die außergewöhnlich schlechte Vorbereitung des Krieges auf französischer Seite tritt nirgends so klar in die Erscheinung, als in dem Seekriege. Jedermann hatte erwartet, daß die französische Flotte, welche der deutschen an Zahl, Kriegsübung und Ausrüstung weit überlegen war, in Verbindung mit dem französischen Landheer operiren und die deutschen Küsten in ihrer Länge von 108 Meilen nicht nur beunruhigen, sondern sehr energisch angreifen und mit Tmppen überschwemmen werde. In Wirklichkeit ober passirte der großen französischen Flotte das Schlimmste, was ihr passirea konnte: man hörte und sah von ihr so gut wie gar nichts, sie griff überhaupt nicht thätig in den Gang der Kriegsereignisse ein, sie blieb ohne den geringsten Einfluß auf den Gang und Ausfall des Krieges. Für die kleine deutsche Flotte war das Engagement zu großen Seeschlachten von vornherein ausgeschlossen; im Ganzen wollte man sich damit begnügen, in der Devensive zu bleiben und diesem Gesichtspunkte gemäß wurden auch alle Anordnungen ge troffen. Für die deutsche Oberleitung handelte cs sich vor allem darum, für eine Vertheidigung der Seeküste Vorsorge zu treffen. Generalgouverneur Vogel von Falkenstein war die gesammte Leitung dieser Vertheidigung anvcrtraut worden. Vor allem wurden die wichtigen Flußmündungen und Hafenvlätze mit Be festigungen versehen, Torpedos gelegt und endlich wurde ein Rekognoscirungsgeschwader unter C'lvetten-Kapitän Arendt ge bildet, um in See zu kreuzen und nach den fremden Schiffen auszuschauen. Es wurde eine freiwillige Seewehr gebildet, an allen deutschen Küsten ein Signaldienst und freiwilliger Wach dienst angeordnet, zu welchem die braven Bewohner sich freudig stellten. Die Blockirung der deutschen Küsten wurde von den Franzosen zwar wiederholt angezeigt, sie kam jedoch nie zur Ausführung. Die französische Flotte war am 30. Juli vor Kopenhagen er schienen, dann, von dänischen Handelsschiffen geleitet, in die Ost see gelangt; sie zeigle sich eine Zeit lang vor den Strand batterien am Kieler Hafen, ließ sich in den Buchten von Neu stadt, Wismar, Warnemünde, sowie bei Rügen sehen, zeigte sich am 8. August bei Colberg, am 19. August bei Danzig, ruhte dann aber in der Kjöge - Bucht (Seeland) aus. Es fehlte eben auch hier, gerade wie bei den französischen Landoperationen, an einem einheitlichen Plan und daneben an ausreichenden Landungs truppen. Eine unter Vice-Admiral Fourichon gebildete fran zösische Nordseeflotte hielt eine Zeitlang bei Helgoland, doch die stürmische Witterung, in welcher die Panzerschiffe nur schwer die See hielten, verhinderten hier, wie in den andern Gewässern, größere Unternehmungen. Da die Republik zur Bildung neuer Armeen auch der Marinetruppen bedurfte, wurden beide Flotten zurückgezogen. Am 5. September verschwanden die feindlichen Fahrzeuge aus der Nordsee, am 28. August aus der Ostsee. Soviel in Umrissen aus dem Seekriege. Einige interessante Einzelheiten seien noch erwähnt. Zu einem kleinen Seegefecht kam es am 17. August bei Hiddensen (Rügen). Der deutsche Aviso „Grille" wußte die französische Flotte, welche er auf einer RekognoScirungsfahrt antraf, zur Verfolgung zu locken, bis jene in den Bereich dreier deutscher Kanonenboote gekommen waren und nun kam es in der Nähe des Wittower Posthauses zu einer deftigen gegenseitigen Beschießung, bei welcher sich die deutschen Geschütze wesentlich treffsicherer erwiesen, als die französischen. Das Gefecht wurde gegen Abend abgebrochen. Ein zweites Gefecht fand in der Nacht vom 21. zum 22. August im Putziger Wyk, nördlich von Danzig, zwischen dem deutschen Schiff „Nympfe" und vier französischen Schiffen statt. Die letzteren waren in genannter Bucht vor Anker gegangen und lagen nichts ahnend und sorglos nachts da. Die Nympfe machte sich aber nachts auf und manövrirte sich mit aner- kennmswerihem Geschick und Kaltblütigkeit bis auf 2000 Schritt an den Feind heran, der urplötzlich beschossen wurde. Nachdem mehrmals Feuer gegeben, machte sich die Nympfe vor der Ver folgung des Feindes davon und erreichte glücklich den Hafen. Das eine französische Panzerschiff war arg zerschossen worden und soll der Feind 18 Todte gehabt haben. Der Zweck der kühnen That war aber erreicht: die französischen Schiffe waren mißtrauisch geworden und verließen sehr bald wieder die Bucht. Außer der Wegnahme einiger Kauffahrteischiffe durch die französischen Schiffe hatte die französische Flotte den deutschen keinen Schaden zugefügt. Am 16. September konnte bereits offiziell mitgetheilt werden, daß die Blockade der Weser und Elbe thatsächlich aufgehoben sei und am 25. September erließ der Generalgouverneur eine Bekanntmachung, laut welcher der größere Theil der getroffenen Sicherheitsmaßregeln wieder be seitigt, die Hafenfeuer wieder angezündet, die Seezeichen, Tonnen- und Lotsenschiffe wieder ausgelegt werden konnten. Die trans atlantischen Dampferlinien nahmen ihre Fahrten wieder auf. Es ist endlich noch eines im Auslande stattgehabten See gefechtes zu erwähnen, das eine achtungswerthe Leistung eines deutschen Schiffes zeigt. Im Hafen von Havanna lag das Kanonenboot I. Klaffe „Meteor" (3 Geschütze, 64 Mann) neben dem französischen Aviso „Bouvet" (5 Geschütze, 85 Mann). Da der Hafen neutral war, dampfte der „Meteor" am 7. November hinaus, den „Bouset" zum Kampfe herausfordernd. Dieser folgte jedoch dem Rufe nicht, weshalb der „Meteor" wieder einlief. Am 8. November verließ der „Bouvet" den Hafen und der „Meteor" folgte, laut Anordnung der Hafenbe hörden, erst 24 Stunden später. Er traf das französische Schiff auf hoher See und attakirte in schneidigster Weise, worauf sich bei bedecktem Himmel, hoher See ein 2 Vzstündiges, heftiges Gefecht entspann. Der „Bouvet" versuchte, das deutsche Kanonen boot zu „rammen"; letzteres wich jedoch aus und versuchte, den Franzosen zu entern. Dabei trafen die Schiffe etwas spitz und so scharf aufeinander, daß der „Meteor" die Masten verlor, doch hatte er bei der Gelegenheit dem Gegner einen Schuß in die Dampfmaschine geschickt, der jenen zwang, Segel zu setzen, uw den Hafen zu gewinnen, was ihm auch gelang, bevor der haoarirte „Meteor" ihn noch einmal angreifen konnte. Beide Schiffe mußten behufs Reparatur den Hafen aufsuchen. So war der mit recht ungleichen Kräften begonnene See krieg nicht ohne Ruhm für die junge deutsche Flotte. Der „Zweibund". Es kann nicht überraschen, wenn von französischer Seite an die jüngsten französisch-russischen Freundschaftsdemonstrationen, wie sie sich durch den offiziellen Manöverbesuch des russischen Generals Dragomiroff und den gleichzeitigen Aufenthalt des russischen Ministers des Auswärtigen Fürsten Lobanoff jenseits der Vogesen darstellen, wieder allerhand chauvinistische Hoffnungen geknüpft worden sind. Dies erscheint im Gegentheil um so be greiflicher, als sogar angesehene russische Preßstimmen, wie z. B. der „Petersburger Herold", in Hinblick auf die stattgehabten Unterredungen des Fürsten Lobanoff mit seinem französischen Collegen, dem Minister Hanotaux, in Contrexäville der Anschau ung Ausdruck verliehen haben, daß der so oft schon und doch stets vergeblich verkündigte Abschluß des formellen Bündnisses zwischen Frankreich und Rußland jetzt wirklich vor der Thür stünde. Da braucht man sich natürlich nicht zu wundern, wenn die auf das französisch-russische Bündniß gestellten Revanche hoffnungen die Franzosen erneut üppig ins Kraut schießen und wenn von ihnen abermals die intime Freundschaft mit dem Czarenreiche für die bekannten Zukunftsträume weiter Volkskreise in Frankreich lebhaft escomptirt wird. Hat ja Fürst Lobanoff soeben von Contrexsville aus auch seinen bereits angekündigten Besuch in Paris selbst abgestattet, wohin auch der russische Bot schafter Baron Mohrenheim mit Unterbrechung seines Sommer urlaubes beordert worden ist, um bei der Berührung des Fürsten Lobanosts mit den offiziellen Pariser Kreisen zugegen zu sein — wahrlich Grund genug für die leicht erregbaren gallischen Köpfe, wieder ihre politischen Lieblingsluftschlöffer aufzubauen! Aber all' diese sanguinischen Schlüffe, welche das Wünschen und Träumen des Franzosenvolkes aus dem Aufenthalte des leitenden Staatsmannes Rußlands in Frankreich und aus seinem intimen Verkehr mit den maßgebenden Männern der Republik zieht, stellen sich einer nüchternen Betrachtung eben kaum mehr als phantastische Gebilde dar. Seit den Tagen von Kronstadt und Toulon hat es mit zu den Regeln der russischen Staats kunst gehört, die sich dem geliebten Rußland aufdrängende Freund schaft der französischen Republik zur Verwerthung für verschiedene Zwecke der russischen Politik warm zu halten, ohne daß man sich doch in Petersburg zu bestimmten Engagements gegenüber dem „Freund" verpflichten wollte. Nur immer hübsche Demon strationen und kleine Gefälligkeiten, die weiter nichts kosteten, hatte man als Antwort für das stürmische Liebeswerden der Republik um die Gunst des autokratischen Czarenreiches, und wirklich haben die in ihre Revancheidee verrannren Kreise Frank reichs diese gelegentlichen Aufmerksamkeiten von russischer Seite immer als baare Münze genommen. Vorläufig ist aber nach wie vor schwerlich anzunehmen, daß Rußland endlich geneigt sei, sich Frankreich gegenüber zu binden und Verpflichtungen zu riS- kiren, welche das russische Reich in bedenkliche Abenteuer in Europa hineinziehen könnten. Weit eher ist das Geheimniß der fortgesetzten russischen Liebenswürdigkeiten gegen Frankreich in dem Wunsche Rußlands zu suchen, für etwaige kriegerische Ver wickelung, die ihm in Ostasien drohen könnten, den französischen Freund als „Soutien" zu besitzen, offenbar hat die russische auswärtige Politik jetzt die ostastatischen Dinge weit mehr im Auge, als die verschiedenen schwebenden europäischen Fragen. Namentlich gehört ein früherer oder späterer Zusammenstoß Ruß lands mit Japan keineswegs zu den Unwahrscheinlichkeiten und in diesem Falle könnte ersterer Macht ein Zusammengehen mit Frankreich begreiflicher Weise nur höchst erwünscht sein. Sicherlich wird die ganze Situation in der Aufsehen er regenden Petersburger Mittheilung der „Times" richtig geschildert, wonach Frankreich in Hinblick auf die französische Reise Lobanoffs gewarnt wird, von der russischen Freundschaft einen voreiligen und indiscreten Gebrauch für Zwecke zu machen, mit denen die unmittelbaren Ziele der russischen Politik durchaus unvereinbar seien. Es mag sein, daß man es in dieser von der „Times" lancirten Kundgebung nur mit einem englischen Fühler zu thun hat, der ausgestreckt wird, um die Tragweite der russisch-fran zösischen Verständigung gegenüber den Interessen Englands zu ermitteln. Nichtsdestoweniger entspricht jedoch dieser „Fühler" der allgemeinen Auffassung, daß Rußland die „Entente" mit Frankreich weniger wegen seiner europäischen, als vielmehr wegen seiner asiatischen Pläne pflegt, nur die französischen Politiker sind oder stellen sich blind für diese Lage der Dinge. Tagesgeschichte. Anläßlich einer jüngst stattgehabten Reichstagsersatzwahl hat ein Blatt darauf aufmerksam gemacht, daß die Wahlkämpfe in Deutschland auf ein immer niedrigeres Niveau herab sänken, daß die Kandidaten selbst in unwürdiger Weise um die Stimmen des einzelnen Wählers bettelten und daß deshalb für vornehm denkende Männer sich immer mehr und mehr die po litische Arena verengere, weil sie aus moralischem Ekel nicht in dieser Weise einen Mitbewerb ausüben könnten. Das Blatt hat vollständig Recht. Die politischen Kämpfe der letzten Zeit haben einen Charakter angenommen, der höchst unerfreulich ist. Neben den von den Wahlkandidaten selbst angewendeten Prak tiken hat dazu aber zumeist der Umstand beigetragen, daß sich in letzter Zeit vor den Wahlen eine ganz eigenthümliche SpecieS von Personen bemerklich macht, die sogenannten Wahlagitatoren. Wenn Jemand von der Richtigkeit und Zweckmäßigkeit seiner politischen Anschauung durchdrungen ist, wenn er meint, daß von der Durchführung derselben das Heil des Vaterlandes ab- bängt, so wäre es thöricht, ihm bas Recht zu bestreiten, für seine Ideen zu agitircn, soweit sie sich im Rahmen der be stehenden Staats- und Gesellschaftsordnung bewegen. Niemand wird es also Jemand mit der gemachten Einschränkung übel nehmen, wenn er im Wahlkampfe möglichst viele Stimmen auf seine Partei zu vereinigen sucht, es wird nur, falls die Agi tation über die im gewöhnlichen Leben gezogenen Grenzen de- Anstandes und der Schicklichkeit hinausgeht, das über diese Grenzen hinausgehende Mehr der Agitation getadelt werden müssen. Jedoch die Species von Personen, die wir im Auge haben und die in letzter Zeit bei den politischen Wahlen eine