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Tharandt. Achen. Mealeha md die Umgegenden Amtsblatt Erscheint , wöchentlich dreimal u. zwar DienS-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern (0 Pf. i. Inserate werden Montags, Mittwochs und freitags bis spätestens Mittags z2 Uhr angenommen. Insertionspreis sO Pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt- Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger m Wilsdruff. - Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 116. Dienstag, den 1. Oktober 1895, Bekanntmachung. Der diesjährige Herbstjahrmarkt wird Donnerstag, den 17. und Freitag, den 18. Oktober ds. Js. abgehalten. Wilsdruff, am 23. September 1895. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Vekanntnrirehung. Da nach den diesbezüglichen Bestimmungen der Kirchenvorstands- und Synodalordnung in diesem Jahre die Herren Gerichtsrath vr. Gangloff und Erbrichter Ludewig aus Grumbach und von den vor 3 Jahren neu hinzugewählten Mitgliedern, die durch das Loos bestimmten Herren Leimfabrikant Krippenftapel Beutlermstr. Junge, welche sämmtlich wieder wählbar sind, aus dem Kirchenvorstande auszuscheiden haben, so macht sich eine Neu wahl nothwendig, welche Sonntag, den 13. Oktober d. I., in der Kirche nach dem Gottesdienst bis ^11 Uhr Vormittags stattfinden soll. Hiernach sind bei der diesmaligen Kirchenvorstandswahl 3 Vertreter aus Wilsdruff und 1 Vertreter aus dem eingepfarrten Theile von Grumbach zu wählen; es haben daher die Wähler aus Wilsdruff 3 Namen, die Wähler aus Grumbach nur 1 Namen auf den bei der Wahl abzugebenden Stimmzetteln zu verzeichnen. Stimmberechtigt sind alle diejenigen Hausväter der Kirchgemeinde, sie feien verheirathet oder nicht, welche 1. dns 25. Lebensjahr erfüllt haben, 2. weder durch Verachtung des Wortes Gottes noch unehrbaren Lebenswandel öffentliches Aergerniß gegeben, noch von der Stimmberechtigung bei Wahlen der politischen Gemeinde ausgeschlossen sind, 3. sich in die Wahllisten einge- zeichnet haben, welche bei Herrn Kaufmann Engelmann, in der Expedition der Stadtkämmerei und für die Wähler aus Grumbach Wilsdruffer Antheils bei Herrn Erbrichter Ludewig vom 25. September bis 10. Oktober d. I. ausliegen. Wählbar sind alle stimmberechtigten Gemeindeglieder der Parochie, welche das 30. Lebensjahr vollendet haben und von gutem bewährten christlichen Sinn, kirchlicher Einsicht und Erfahrung sind. Die Kirchgemeinde Wilsdruff wird gebeten, sich zahlreich an dem Wahlakt zu betheiligen und dadurch ihren kirchlichen Sinn zu bethätigen und zu beweisen, daß sie das Amt eines Kirchenvorstehers in seiner Bedeutung für das kirchliche Gemeindeleben zu würdigen wissen. Wilsdruff, den 23. September 1895. Der Kirchen vor st and. G Ficker, Pfarrer, als Vorsitzender. Unsere Söhne. Im „Sächsischen Jnnungsboten" schreibt Meister Ehren fried: „Und wenn ich zehn Jungen hätte, Handwerker ließ ich keinen werden!* sagte neulich ein ehrbarer Meister der Schneider innung. „Wenn es auch nicht ausreicht, um meine Drei studieren zu lassen, so soll der eine, der sehr hübsch schreibt, „bei der Feder bleiben* den anderen, „will ich bei einen Kaufmann thun", und für den Dritten erlange ich vielleicht eine Frei stelle im Seminar. Dumm find sie alle Dreie nicht und es wäre schade um die Jungen, wenn sie bei einem Handwerker in die Lehre müßten!" so erging sich der ein hinreichendes Auskommen und drei Söhne habende Meister weiter. TrauriK — aber wahr! Es ist ja ein schon oft behandeltes Thema von dem Höherhinauswollen mit den Handwerkersöhnen, von der Mißachtung des eigenen Berufes oder des Handwerkerstandes überhaupt, von der U-berschätzung anderer Stände u. s. w. Aber trotzdem schon oft darüber geschrieben wurde, brachte mich obige Aeußerung des guten Schneiderkollegen auf den Gedanken, auch einmal meine Meinung niederzuschreiben und an den „Jnnungsboten" einzuschicken, vielleicht liest doch der eine oder der andere eine Nutzanwendung heraus. Ja, mit dem Höher- hmauswollen der eigenen Jungen ist es so 'ne Sache; dieses Streben findet man aber nicht nur bei Handwerkern, sondern e« kommt ohne Ausnahme in allen Ständen vor; nur daß es bcr letzteren nicht so auffällt, wie bei ersteren. Dec Sohn des Gelehrten, des Beamten u. s. w. wird für die Karriere des Vaters vorbereitet, d. h. xx soll womöglich auf der Staffel, die sein Vater erklommen, einige Stufen höher steigen. Hierin unterscheiden sich nun die Mehrzahl der Handwerker von anderen Ständen, denn nicht in der eigenen Branche soll der Junge höher hinaus, sondern es wird für denselben gleich ein „höherer Beruf gewählt. In früheren Jahren sand man es sehr häufig, daß Handwerksbetriebe mehrere Generationen nach einander in einer Familie blieben und dadurch auch meist an Umfang und Bedeutung gewannen. Heutzutage kommt dies weniger vor, weil den Jungen frühzeitig schon klar gemacht wird, daß des Vaters Handwerk „ein Plack sei", daß es „nichts mehr ein bringe", daß „das Handwerk überhaupt Noth leide und auch nichts mehr gelte" u. s. w. Es fehlt eben den Alten die Liebe zum Berufe, es fehlt das ausgeprägte Standesbewußtsein, eö fehlt das Vertrauen zur eigenen Kraft — und dieser Mangel ist nicht nur in vielen Fällen auf das Fortkommen der Hand werker von Einfluß, sondern macht auch deren Söhne dem Handwerke abwendig. Die Liebe zum Berufe, die Freude an der eigenen Arbeit und an dem in seiner Werkstatt Geschaffenen muß den Meister beseelen, er wird dadurch immer vorwärts streben, sich beruflich zu vervollkommnen suchen, und seine Aus dauer, seine Geschäftstüchtigkeit wird der Konkurrenz der Ma schinen oder der Großbetriebe Stand zu halten vermögen. Seine Liebe zum Berufe, die sich in seinem Thun und Schaffen widerspiegelt, wird aber ansteckend auf die Seinen wirken und bei seinen Jungen dürfte sich kein großes Sehnen nach einem anderen Berufe einstellsn, es sei denn seine außerordentliche Begabung, wirkliche, nicht eingebildete, vorhanden, die an und für sich die Wahl des Berufes vorschreibt. Die Freude am Berufe geht aber einem großen Theile der Handwerker ab, die zwingende Nothwendigkeit ist die Triebfeder bei ihrer Arbeit und das Handwerk ist eben „ein Plack!" Ist es da ein Wunder, daß die Söhne höher hinaus wollen selbst dann, wenn sie dies nicht sollen! Wo aber die Berufsfreude mangelt, da ist es ge wöhnlich nicht weit her mit der Achtung vor dem eigenen Stande, dem Standesbewußtsein. Warum aber soll sich ein in seinem Fache tüchtiger Handwerker geringer schätzen, als ein Gelehrter, ein Künstler, ein Beamter u. s. w.? Sowenig als der Hand werker die wissenschaftlichen Leistungen des Professors über nehmen kann, ebensowenig wird es dem Professor gelingen, die Fertigkeiten des Handwerks auszuüben. Ein jeder, mag er sein, was er wolle, muß den ihm vom Schicksal angewiesenen Platz ganz ausfüllen und denselben behaupten mit Berufs freudigkeit und nie schwindendem Standesbewußtsein. Und wenn dies bei uns Handwerkern allerwegen der Fall ist, dann wird auch unser eigener Nachwuchs das Handwerk nicht ge ringschätzend über die Achsel ansehen und wir werden uns in unseren Söhnen die besten Stützen des Handwerks heranziehen. Betrachten wir uns einmal den Lebensgang eines Handwerkers. Meist von nicht mit Glücksgütern gesegneten Eltern stammend, lernte er unter nicht etwa rosigen Verhältnissen sein Metier, sah sich als Geselle eine Reihe von Jahren die Welt an und läßt sich endlich in einem Orte, an den ihn besondere, (meist Herzens-)Beziehungen fesselten, häuslich nieder, um sein Gewerbe selbstständig zu betreiben. Der junge Meister hat meistentheils zunächst Jahre lang mit Noth und Sorge zu kämpfen, die Familie wird zahlreicher und nur zähe Ausdauer und' rastlose Thätigkeil vermögen es, daß „er sich über Wasser hält", noch und nach vorwärts kommt, ja sogar etwas vor sich bringt, dann naht aber großentheils der Wendepunkt. Die über die Ver hältnisse hinausgehende Erziehung der Kinder, die Befriedigung der die Mittel der Eltern übersteigenden Ansprüche der Heran wachsenden Söhne und Töchter, das Nachlassen der Arbeits kräfte des Meisters bringen — geschäftliche Einbußen gar nicht gerechnet — seine Vermögensverhältnisse nach und nach wieder zurück; die Leistungsfähigkeit seiner Werkstatt beginnt zu sinken, ein Geselle nach dem andern wird entlassen und endlich sitzt der Meister, alt und grau geworden, allein in der Werkstatt: das niedergehende Handwerk verkörpernd! Diesem Niedergange wäre der Meister nicht verfallen, wenn zu rechter Zeit ein ge schäftstüchtiger Sohn dem Vater als Stütze zur Seite stand, wenn ein Sohn, anstatt vielleicht als stellenloser Kaufmann, oder als halbfertiger Beamter, oder als auf Freistellen angewiesener Schüler, vder nach Stipendien haschender Student noch immer die elterliche Unterstützung zu beanspruchen, durch Eintritt in das väterliche Geschäft sich und den Eltern Unterhalt und Aus kommen sicherte. Die Früchte des Gewerbefleißes reifen heut zutage nicht in so reichem Maße, daß sich der Handwerker mit Beginn der 60er Lebensjahre vom Geschäft zurückziehen und seinen Lebensabend als Privatmann" beschließen kann. Solches Glück ist nur Wenigen beschieden. Der Handwerker muß meist bis zum letzten Athemzuge aktiv bleiben und deshalb ist das, was ich bereits aussprach, um so nothwendiger; es muß dem alternden Vater der lebensfrische Sohn im Geschäfte zur Seite stehen, um in dem Betriebe keinen Stillstand, keinen Rückgang eintreten zu lassen. Deshalb, Handwerkskollegen, laßt Eure Söhne Handwerker werden, damit Ihr im Alter eine Stütze an ihnen habt, haltet auch Euer Handwerk stets hoch und in Ehren, damit Euer Nachwuchs nicht schon in der Kindheit nase rümpfend an der Werkstatt vorübergeht; bewahrt aber auch Euch die Berufsfreudigkeit, welche uns Lust und Liebe zu allem unseren Thun und Schaffen giebt und deren Segen früher oder später nicht ausbleibt. Und zum Schluß seht mit neidlosen Augen auf die Vertreter anderer Stände, denn wie der Boden des Handwerks „nicht mehr golden ist", so ist auch bei anderen Ständen „nicht alles Gold, was glänzt." Beherzigt, was der Dichter sagt: „Genieße froh, was Dir beschieden. Entbehre gern, was Du nicht hast, Ein jeder Stand hat seinen Frieben, Ein jeder Stand hat seine Last." Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm erfreut sich in der Waldeinsamkeit von Schloß Rominten fortgesetzt des besten Wohlbefindens; sein dortiger Jagdaufenthalt verläuft sehr befriedigend. Mitte dieser Woche gedenkt der hohe Herr von Rominten nach Hubertusstock abzureisen, um in den großen Forsten von Hubertusstock eben falls Jagden abzuhalten. Die Kaiserin, welche zur Zeit noch in Schleswig weilt, scheint ihren Plan, auch nach Rominten zu kommen, wieder aufgegeben zu haben, denn man sieht im Neuen