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Komplimenten zu Tisch führen zu lassen; denn schon hatte ein Diener gemeldet, daß serviert sei, und aus der dichten Masse der Herren lösten sich einige in blinkenden Uniformen und schwarzen Fracks los und schritten unter Anführung des Festgebers auf die Damen zu. „Mein gnädiges Fräulein, ich habe die Ehre," sagte Leutnant von Cronstedt, indem er sich vor Eva verbeugte. Das junge Mädchen hatte gelernt, Seelenschmerz zu verbergen; denn ein beglücktes Lächeln schien ihren kleinen Mund zu umspielen, als sie, gerade da Brandenburg mit der stolzen Steinegg vorüberschritt, ihre Hand in den Arm des Freiherrn legte. Der Offizier mußte indessen bald die Erfahrung machen, daß die Liebenswürdigkeit, mit der er ausgenommen worden, trotz aller seiner Bestrebungen keinen höheren Grad annahm, sondern daß Eva nach einigen munteren Aeußerungen bei Tische plötzlich schweigsam und so zer streut wurde, daß er eine Frage an sie immer wieder holen mußte. Immer und immer wieder schweifte Evas Auge hin über zu der hohen Männergestalt neben dem schwarzen Lockenkopfe. Wie angelegenlichst die Beiden mit einander flüsterten! Jetzt hoben sie die Gläser empor, und er er widerte Walburgas langen Blick ausdrucksvoll, das ihr dunkelfarbiges Gesicht bis unter die Locken errötete. „Ein interessantes Paar, wie für einander geschaffen," sagte Cronstedt, welcher endlich gefunden hatte, was seiner Dame Aufmerksamkeit so gänzlich in Anspruch nahm. „Bei den Kameraden ist es bereits abgemachte Sache, daß dieser Brandenburg oder vielmehr Orvieto die Komtesse als Haus frau heimführen wird." „Was halten Sie von dem Gerüchte?" fragte Eva mit gepreßter Stimme. „Ich halte dafür, daß es so ganz Unrecht nicht hat," entgegnete der Leutnant, lächelnd an seinem Schnurrbarte drehend. „Steinegg hat seinen Aufenthalt in hiesiger Gegend augenscheinlich nur wegen Brandenburg, welchen er in Rom kennen lernte, verlängert; es ist auffallend, wie sehr die sonst so reservierte Familie den Maler heranzieht." „Wird eine Gräfin Steinegg sich entschließen können, einen einfach Bürgerlichen zu heiraten?" fragte Eva. - „Sie müssen bedenken, mein gnädiges Fräulein, daß der Künstlername Orvieto eine Grafenkrone reichlich aus wiegt," entgegnete Cronstedt wichtig. „Sollte Orvieto in dessen nach einem Adelstitel Verlangen tragen, so brauchte er sich nur an den Fürsten von L. zu wenden, und sein Wunsch wäre erfüllt." Seufzend dachte das junge Mädchen darüber nach, ob nicht Jemand das Recht habe, sich zwischen diese beiden Menschen zu drängen, als jubelnde Musik das Zeichen zum Beginne des Tanzes gab. Im Nu flog Alles von den Stühlen empor, wie elektrisiert folgte die junge Welt den Tönen, welche im Nebensaale erklangen. „Fräulein Eva, ich bitte um den ersten Tanz," sagte Normann sich verneigend. Cronstedt, welcher sich bereits dazu aufgestellt hatte, wollte entschieden dagegen einschreiten, Eva machte jedoch lächelnd Veltheims Rechte als Hausherr geltend und ver tröstete den Freiherrn auf den nächsten Tanz, worauf sie zu den Klängen eines Strauß'schen Walzers durch den Saal schwebte. Nach dem folgenden Tanze, eine Quadrille, wurde Eva das Ersehnte plötzlich zu Teil. Cronstedt geleitete sie in ein lauschiges, kleines Nebengemach, um hier ein wenig zu ruhen. Als sie emporschaute, erblickte sie sich Alfonso gegen über, dessen dunkles Auge jedoch fremd und teilnahmlos dem ihrigen begegnete, als habe er sie nie gesehen. Mit keinem Zucken seines schönen, regelmäßigen Ge sichts nahm er Notiz davon, daß Eva mit verzehrender Unruhe an seinen Zügen hing, daß sie unverkennbar auf einen einzigen warmen Strahl aus seinen gleichgültig drein schauenden Augen hoffte. Cronstedt, welcher offenbar annahm, daß die Beiden sich fremd seien, suchte ihre Bekanntschaft zu vermitteln: „Mein gnädiges Fräulein, Sie erlauben — Herr Branden burg, Fräulein Herold," stellte er sie einander vor. Alfonso verbeugte sich kalt und förmlich, und als die Dame, mit welcher er sich unterhalten hatte, ihre Verwunderung darüber aussprach, daß er Fräulein Herold nicht bei seiner Schwester kennen gelernt, hörte Eva, wie er sagte: „Es mag sein, daß ich die Dame bei Oktavia gesehen habe, doch entsinne ich mich ihrer nicht. Meine Schwester ist schon lange fort." „Lange? Vor zwei Monaten war sie noch hier," klang die lachende Entgegnung. „Große Künstler scheinen kurze Gedächtnisse zu besitzen." (Fortsetzung folgt.) Gemeinnütziges. Junge Erbsen nach französischer Art. Man bringt die Erbsen mit einem guten Stück Butter, Zwiebel, Salz und einer kleinen Dosis Zucker in eine Kasserole, rührt sie fleißig um und läßt sie gar werden, ohne eine andere Flüssigkeit als 4—5 Eßlöffel auf gelösten Liebigs Fleischextrakt beizugeben, worauf man die Kasserole zudeckt. Im Momente des Anrichtens verrührt man ein Eigelb in etwas frischer Butter, bringt diese Mischung aus eine Schüssel und schüttet die Erbsen darüber. (I/Loonornis oullnsärs.) Humoristisches. Weber fluffig. Redakteur: „Werden Fräulein morgen als Margarethe auf- trcten?" Sängerin: „Ja, Herr Redakteur, und deshalb wollte ich Sie bitten, in Ihrem Berichte zu bemerken, daß ich eben noch eine An fängerin bin." Redakteur: „Aber, das ist ja nicht notwendig, das bemerkt man ja ohnedies!" Hi« Wink des Schickfats. Kassierer: Auf diese Karte haben nur Familienmitglieder Eintritt. Ist denn die Dame Ihre Braut? Er (sie verschämt ansehend): Das wäre eigentlich 'ne Idee! Unüberlegte Antwort. Besuch: „Sagen Sie, ich hörte, in Ihrem Schlosse soll ein Geist umgehen." — Schloßherr (sehr be schränkt): „Unsinn! Wo sollte denn der Herkommen?" Doch etwas. „Du hast wohl, seitdem wir uns nicht gesehen haben, einen eigenen Herd gegründet?" — „Noch nicht, einstweilen erst 'mal einen Petroleumkocher!" Nachdruck aus dem Inhalt dieses Blattes verboten. Gesetz vom 1l. Avril 1870. Redaktion, Druck und Berlag von B. Angerstein, Wernigerode.