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WchmM str Wilsdruff TharM Uossen, Mtckh« und die UMMdtii. -r- Imlsblült für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis Viertels, z Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk.ööpf. Einzelne Nunnnern fO Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. »1. Sonnabend, den 3. August 18SS. Die wirthschafttiche Lage in Deutschland. Der jahrelange Druck, welcher infolge des Zusammen wirkens verschiedener ungünstiger Umstände aus unserem ge jammten erwerblichen und wirthschaftlichen Leben lastete, scheint endlich etwas weichen zu wollen. Die kürzlich veröffentlichten Gutachten und Berichte der deutschen Handelskammern über die bisherigen Wirkungen der Handelsverträge Deutschlands mit Oesterreich-Ungarn u. s. w. auf unsere wirthschaftlichen Ver hältnisse lassen im Allgemeinen erkennen, daß die lange Stockung in Handel und Wandel allmählich einer Wendung zum Bessern Platz macht, wenngleich in vielen Erwerbszweigen die Depression des jüngsten Jahrzehnts noch immer mehr oder weniger vor herrscht. Aber gerade in einer Anzahl der hervorragendsten industriellen Branchen Deutschlands ist ein wiederbeginnender Aufschwung unbestreitbar, wie er besonders in der Eisenindustrie hervortritt und wie er sich weiter in der mit letzterer eng ver bündeten Maschinenindustrie zeigt. Fast allenthalben zeigt sich in den Centren dieser hochwichtigen Erwerböthätizkeit erneut eine erhebliche geschäftliche Belebung, die nicht zum mindesten auf die aus verschiedenen Gegenden des Auslandes eingegangenen umfassenden Aufträge auf Lieferung der mann'chfachen Eisen- und Stahlartikel, Maschinen u. s. w. zurückzuführen ist. Auch in einem anderen bedeutsamen Erwerbszweige unseres Vaterlandes regt sich wieder erhöhtes Leben gegenüber der Stagnation der letzten Jahre, in der Textilindustrie. Hier kann nach fast allen Richtungen hin eine ganz bemerkenswerthe Besserung d:S Geschäftsganges verzeichnet werden, so in der Fabrikation von Wollstoffen, Wirkwaaren, Modewaaren, in der Seidenindustrie, m den Spielwaaren- und Kurzwaarenbranchen, in der Posamentenindustrie. Verhältnißmäßig ruhig geht es allerdings noch in der Spitzenindustri- zu, aber dieser spezielle Manusakturzweig hat in den drei letzten Jahren geradezu glänzende Cvnjunkturen genossen, wenn ihm nun die launische Modegöttin ihre Gunst einmal sparsamer zuwendet, so muh die Epitzmindustrie diese Abwechslung eben ruhig hinnehmen. Auch noch andere Branchen haben ihren Antheil an der einge- tretenen Besserung der wirthschaftlichen Thäligkeit, wozu vor Allem das Kohlengewerbe gehört, und daß ein regerer Geschäfts gang gerade in letzterem wiederum vielen sonstigen, mit ihm direkt oder indirekt zusammenhängenden Betrieben, zu Gute kommt, braucht wohl nicht erst besonders nachgewtesen ui werden. Auch noch weitere Industrien können für sich günstigere ge schäftliche Cvnjunkturen verzeichnen, wie die Leder-, Papier- und chemische Industrie. Am deutlichsten, weil ziffernmäßig, spiegelt sich du ,m Ganzen und Großen zu bemerkende Wiederzunahme in der in dustriellen Thäligkeit Deutschlands in die Steigerung der deutschen WaarenauSfuhr während des ersten Halbjahres 1895 gegenüber der gleichen Periode deS Vorjahres wieder. Diese Zunahme beträgt nach vorläufigen Feststellungen 165 Millionen Mk. und wenn hieran auch nur ein gewisser Theil der deutschen Exportindustrie und des Exporthandels interessirt ist, so bleibt ein solcher wiederbeginnenber Aufschwung der deutschen Ausfuhr doch immerhin erfreulich genug. Hoffentlich hat man es in der anhebenden neuen AufwärtSbewegung des gewerblichen Lebens in Deutschland mit keiner bloS vorübergehenden Erscheinung, sondern mit einer länger dauernden besseren Periode in unseren wirthschaftlichen Verhältnissen zu thun, die schließlich nach allen Seiten befruchtend wirken wird. Diese Erwartung muß nicht zum wenigsten bezüglich der deutschen Landwirthschafl ausge sprochen werden, denn in diesem größten unserer Erwerbsstände will sich die auf anderen Gebieten zu bemerkende wirtschaftliche Besserung noch nicht zu erkennen geben. Noch wie vor leidet die Landwirthschaft unter der Ungunst der Zeiten, noch immer ist die Preislage ihrer Erzeugnisse durchschnittlich eine sehr niedrige, was selbstverständlich auf die Kaufkraft der ländlichen Bevölkerung lähmend zurückwirkt. Um so mehr muß man darum wünschen, daß auch die Landwirthschaft aus der sich markumden Wendung unserer wirthschaftlichen Verhältnisse schaue "bb" und ebenfalls endlich etwas bessere Zeiten Tagesgeschichte. " Der Kaiser hat Freitag, den 2.August, vormittags von Kiel Reise nach England mit der „Hohenzollern" und der ^Gefion durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal angetreten. Die Dacht geht am Abend desselben Tages bei Helgoland vor Anker und setzt am Sonntag Nachmittag die Reise nach England fort. Am 16. August abends wird der Kaiser von England wieder in Wilhelmshafen eintreffen. Kaiser Wilhelm hat dem König Oskar auf drathlichem Wege in den herzlichsten Worten seine Freude über hie Reise in Schweden, über die Sehenswürdigkeiten, die Schönheiten des Landes und den außerordentlichen Empfang, den ihm die Bevölkerung bereitet, ausgesprochen. Ueber die Jnnur.gskonferenzen, die in Berlin vom Montag bis Mittwoch im Beisein von Vertretern der Reichs regierung und der preußischen Regierung stattgefunden haben, liegen noch keine näheren Mittheilungen vor. Indessen ist nicht zu bezweifeln, daß die dett versammelten Vertretern der deutschen Jnnungsverbände unterbreitete Regierungsvorlage über die Or ganisation des Handwerks und die hiermit zusammenhängenden sonstigen Maßnahmen zur Wiederkräftigung des Handwerks im Wesentlichen gutgeheißen worden ist. Berlin, 31. Juli. Der „Rcichsanzeiger" schreibt: Die Jnnungskonferenz beendete gestern die Berathung der Regierungs vorlage betreffend Organisation des Handwerks. Die Vorlage bastrt auf dem Prinzip der Zwangsinnung, welches Prinzip von der Konferenz dahin erweitert wurde, daß der Großbetrieb, der handwerkmäßig ausgebildete Gesellen beschäftigt, zu den Unkosten der Innung beitragen soll. Die Forderung des Be fähigungsnachweises wurde fallen gelaffen, nachdem die Regierungs vertreter erklärt hatten, die Regierung lasse sich gegenwärtig unter keinen Umständen auf einen Befähigungsnachweis ein. Bezüglich des Lehrlingswesens wurde der Regierungsvorlage zu gestimmt, wonach auch nicht handwerkmäßig Ausgebildete, welche ein Gewerbe 5 Jahre selbstständig betreiben, Lehrlinge aus bilden dürfen. Betreffs des Meistertitels nahm die Konferenz die Regierungsvorlage an, wonach den Meistertitel nur derjenige führen darf, der das Gewerbe erlernt und die vorgeschriebcne Prüfung abgelegt hat. Ueber den Befähigungsnachweis schreibt die „Kreuz-Zeitung" in ihrer Wochenschau: „Die Handwerker werden allerdings nach Dem, was über das Resultat der Reise unserer Commission nach Oesterreich verlautet, wohl Ursache haben, ihre Hoffnungen etwas herabzustimmen, wenigstens insoweit, als der Wille der Regierung für die Erfüllung ihrer Wünsche entscheidend ist. Es heißt, die Commissionen hätten sich vin dem Nutzen des Befähigungsnachweises nicht zu überzeugen vermocht, und was das bedeutet, weiß Jeder der in solchen Dingen kein Fremdling ist. Alles kommt darauf an, mit welchen Augen man es an steht. Und wenn uns jetzt gesagt wird, man fei für Hand werkerorganisation, aber für Organisationen ohne Befähigungs nachweis, so bedeutet das ungefähr so viel, wie für den Krieger ein Gewehr ohne Patrone. Wir wissen allerdings, daß man einwerfen wird, in Oesterreich sei der Befähigungsnachweis der verschiedenen Handwerke gegeneinander in oft lächerlicher Weise abgegrenzt; es führe zu komischen Competenzconflikten, wenn Bäcker und Conditor, Klempner und Schlosser sich darüber stritten, was Sache des Einen oder des Anderen sei. Allein wir brauchen doch nicht jeden österreichischen Fehler nachzumachen. Die Hauptsache ist nicht die Abgrenzung der Befugnisse eines Handwerksmeisters gegen die eines anderen, sondern die Wahrung der Handwerker-Gerechtsame für die wirklichen qualifizirten Meister gegenüber den Pfuschern und dem kapitalistischen Ausbeuterthum. Da soll der Befähigungsnachweis der Schlagbaum sein, welcher die^unnützen, schädlichen Elemente vom Handwerkerstande fern- Zum 25. Male sind jetzt die Tage der ersten großen Zusammenstöße im deutsch-französischen Kriege, der Schlachten von Weißenburg (4. August), Wörth (6. August) und Spichern (6. August) wieder zurückgekehrt. Mit banger Er wartung sah man damals wohl überall in deutschen Landen den ersten wirklichen Kämpfen zwischen den vaterländischen Heeren und den sieg- und schlachtgewohnten Truppenmassen des Fran zosenkaisers entgegen, zumal das erste Gefecht zwischen Franzosen und Deutschen, das bei Saarbrücken vom 2. August, infolge der großen Uebermacht der Feinde mit dem Rückzüge der Deutschen endete. Dann aber kam die Kunde von den glänzenden deutschen Siegen bei Weißenburg und Wörth Md von dem für die Deutschen gleichfalls erfolgreichen Treffen von Spichern, die ihren jubelnden Widerhall in allen patriotischen Herzen fand. Ganz besondere Begeisterung aber erweckten in unserer Nation alle herrlichen Waffenthaten von Weißenburg und Wörth, da diese ersten Siege der vaterländischen Heere durch die ver einigten Kämpfer aus Nord und Süd, durch die Truppen des V. und des II. preußischen Armeekorps, der beiden bayrischen Korps und der württembergischen Felddiviston unter dem Ober befehle des Kronprinzen von Preußen, über den tapfer kämpfenden Gegner erfochten worden waren, der Waffenbund zwischen dem deutschen Norden und Süden hatte demnach an den blutigen Tagen des 4. und 6. August 1870 seine ruhmvolle Weihe erhalten. Für das Ausland jedoch hatten diese ersten großen deutschen Siege die Wirkung, daß sie die Neigung mancher fremden Mächte, vor Allem Oesterreich, den Franzosen zu Hilfe zu eilen, gründlich beseitigten und daß sich auch der ganze fernere Krieg lediglich zwischen den beiden Gegnern abspielen konnte. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine kaiserliche Ver ordnung, betr. das Verbot der Ausfuhr von Waffen und Schießbedarf über dir Reichsgrenzen nach Aethiopien. Das Verbot charakterisirt sich als eine freundschaftliche Maßnahme des deutschen Reiches zu Gunsten des verbündeten Italien, da es zwischen den Italienern und den Heerschaaren des Königs Menelik von Abyssinien über kurz oder lang doch zu einem entscheidenden Zusammenstöße kommen wird. Das Befinden des Fürsten Bismarck ist zur Zeit, wie die „N. Nachr." erfahren, ausgezeichnet. Der Fürst bewegt sich viel zu Fuß und zu Wagen im Freien und erfreut sich einer heiteren Stimmung. Die großen Gedenktage des Vater landes bieten ihm vielfach Anknüpfungspunkte zur Unterhaltung, die sich auf den engsten Familienkreis beschränkt. Besuche sind schon seit einiger Zeit nicht mehr angenommen worden, um dem Fürsten nach den 38 großen Empfängen, die die Geburtstags zeit ihm auferlegte, die Möglichkeit des Ausruhen« zu gewähren. Dies dürfte noch für einige Wochen beibehalten werden, um dadurch auch die Durchführung kurgemäß diätetischer Vorschriften zu erleichtern. Lock (Ostpreußen), 1. August. Die eine Meile von der Grenze belegene russische Stadt Grajewo ist von einer furcht baren Feuersbrunst yeinigesucht worden. Mehr als 100 Häuser wurden cingeäschert. Das Elend der obdachlosen Familien spottet jeder Beschreibung. Trier, 30. Juli. Ein furchtbares Unwetter mit Wirbel wind und Hagel hat an der Saar ungeheuren Schaden ange richtet. Ter Kirchthurm in Pachten ist cingeflürzt. Hunderte von Bäumen wurden entwurzelt. Der Tclegraphenverkehr ist gestört. Zwei Kinder wurden erschlagen. Posen, 1. August. Durch kriegsgerichtliches Urthril wurden zwei Unteroffiziere des in Gnesen garnisonirenden 49. Infanterieregiments wegen Soldatenmißhandlung zu je zweieinhalb Jahren Festung, Degradation und Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes verurtheilt. Die nach Rußland unter Führung des Metropoliten Clement entsandte bulgarische Deputation, welche eine Aus söhnung des offiziellen Rußland mit Bulgarien einleiten sollte, ist jetzt nach der Heimaty zurückgekehrt. Die Deputation hat m hündischem Schweifwedeln vor dem Zaren und seinen Bc- rathern Erkleckliches geleistet, ob sie aber mit mehr als bloßen schönen Versprechungen Rußlands für Bulgarien nach Sofia zurückgekommen ist, das bleibt noch abzuwarten. Bezeichnender Weise erklärt jetzt der bulgarische Minister des Auswärtigen die Bukarester Meldung, Clement sei von der Sofianer Regierun" mit besonderen Vollmachten versehen worden, für falsch; wenn von Clement in Petersburg solche Vorschläge Namens Bulgariens gemacht worden seien, so habe er Rußland getäuscht. Vaterländisches. — In Groitzsch b. Burkhardtswalde brach am Sonntag in dem Grundstücke der Wittwe Wagner ein Schadenfeuer aus, welches in kurzer Zeil den mit Heu, Stroh und Reisig gefüllten Schuppen, sowie das daneben befindliche Wohnhaus m Asche legte. Der Brand ist im Schuppengebäude ent standen und es wird böswillige Brandstiftung vermuthet. — Die Ehefrauen der zu den Friedensübungen Eingezogenen können, was noch nicht genügend bekannt ist, schon während der Uebung ihrer Ehemänner, etwa drei Tage nach Beginn der Uebung ihre Unterstützung in Empfang nehmen. Sie müssen indessen bei Anmeldung ihrer Ansprüche sofort fol gende Papiere vorlegen: Militärpaß, Gestellungsbefehl, Heiratbs- urkunde, Geburtsurkunden, Impfscheine der Kinder und etwaige Atteste über das Verhandensein unterstützungsbedürftiger Ver wandten. — Aus den Ferienreisen, Touristenfahrten und Er holungsorten der Großen, sowie der Kleinen treffen nun die ersten Mittheilungen zu Hause und bei Verwandten und Be kannten ein. Ganz selbstverständlich ist der Ferimhimmel durch aus rosig angehaucht, von keinerlei Klagen ist die Rede, nur von Glück und Zufriedenheit. Hoffentlich kommt kein grauer Himmel hinterher! Am amüsantesten sind die Ferien-Epistel der Schuljugend, die irgendwo auf dem Lande bei Verwandten zu Besuch ist. Den jugendlichen Briefschreibern ist das Herz so voll, daß Stil und Orthographie des Briefes einigermaßen zur Nebensache werden, hier kommt's nicht auf di: Richtigkeit, sondern auf die Fixigkeit, mit dem Briefe fertig zu werden, an, um sich wieder den Ferienlustbarkeiten in ungebundenem Froh sinn widmen zu können. Hei, wie gehts durch Haus und Hof durch Stall und Tenne, überall giebts zu fragen uud zu forschen, auch Jacken und Beinkleider zu zerreißen. Ein Lieblingsaus-