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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 30.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189507308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18950730
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18950730
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1895
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Monat
1895-07
- Tag 1895-07-30
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Monat
1895-07
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Jahr
1895
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Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm ist von seiner schwedischen Erholungs reise Ende vergangener Woche im besten Wohlsein nach Deutsch land zurückgekehrt. Am Sonnabend traf der Kaiser an Bord der „Hohenzollern" in Saßnitz auf Rügen ein und besuchte die in Schloß Dwasiden im Verein mit ihrem Schwesterlein zur Sommerfrische weilenden vier jüngeren kaiserlichen Prinzen. Von ihnen vollendete Prinz Oskar am genannten Tage sein siebentes Lebensjahr. Nach mehrstündigem Aufenthalte setzte dann der Kaiser die weitere Heimfahrt nach Kiel fort. Kiel, 28. Juli. Der Kaiser traf Abends an Bord der „Hohenzollern* von seiner Nordlandöreise hier ein und reiste 10 Uhr 25 Minuten nach Station Wildpark weiter, woselbst die Ankunft Montag früh erfolgt ist. Berlin, 26. Juli. Ueber den Inhalt des Schreibens, das Kaiser Wilhelm kürzlich an den jungen Zaren gerichtet hat, sind in der Presse die verschiedensten Vermuthungen laut geworden. Während von einer Seite auf eine Mitthcilung in der ostasiatischen Angelegcnheit gerochen wurde, behauptete man andererseits, daß die im Orient drohenden Verwickelungen den Anlaß zu dem kaiserlichen Schreiben gegeben hätten. Dann wurde wieder versichert, daß sich das Schreiben nur auf private Angelegenheit bezogen habe. Nun aber taucht eine Version auf, welche die weitaus größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. Es heißt, daß der Brief des deutschen Kaisers die Antwort auf ein Handschreiben des Zaren gewesen sei, worin dieser seinen Besuch beim Kaiser Wilhelm II. für den Herbst in Aus sicht gestellt habe. Zwischen den beiden Souveränen seien zu nächst Vereinbarungen über den Zeitpunkt und den Ort der Zusammenkunft getroffen worden, die näheren Bestimmungen würden nunmehr durch Vermittelung der Botschaften zwischen den beiderseitigen Hofmarschallämtern festgesetzt werden. Diese Angaben sind um so wahrscheinlicher, als schon vor längerer Zeit aus Kreisen, die der hiesigen russischen Botschaft nahe stehen, verlautete, daß der Besuch des jungen Zaren am Berliner Hofe im Monat Oktober stattfinden werde. Es wird der erste Auslandsbesuch sein, den Nikolaus II. abstatten wird. Er folgt damit dem Beispiele des deutschen Kaisers, der nach seiner Thronbesteigung ebenfalls dem Zaren zuerst von allen auswärtigen Souveränen einen Antrittsbesuch machte. Die per sönlichen Beziehungen des jetzigen Zaren zum Kaiser sind stets die besten und freundschaftlichsten gewesen. Als Cäsarewitsch hatte er sich hier bei seinen wiederholten Besuchen stets der glänzendsten Aufnahme zu erfreuen und er hat nach eigenem Geständnisse vom Kaiser Wilhelm persönlich, wie von seinem Aufenthalte in Berlin und Potsdam die angenehmsten Ein drücke erhalten. Voraussichtlich wird der Zar, wie cs auch seine Vorgänger zu thun pflegten, in der hiesigen russischen Botschaft absteigen, wo besondere prächtig eingerichtete Ge mächer stets zur Aufnahme des Zaren uud anderer Mitglieder der russischen Herrscherfamilie bereit sind. Zur Grundsteinlegung für das Kaiser Wilhelm- Denkmal ist an die Mitglieder des Reichstags folgendes Schreiben des Präsidenten ergangen: „Die Herren Kollegen beehre ich mich ganz ergebcnst zu benachrichtigen, daß nach einer Mittheilung des Herrn Reichskanzlers auf Grund einer aller höchsten Bestimmung Sr. Majestät des Kaisers die feierliche Grundsteinlegung zum Nationaldenkmal für den hochseligen Kaiser Wilhelm I. am 18. August d. I. zu Berlin statlfinden wird, welcher beizuwohnen den Herren Mitgliedern des Reichs tages wird Gelegenheit geboten werden. Zur Erleichterung der Theilnahwe der Herren Mitglieder an dieser Feier ist die Berechtigung der Reichstagsabgeordneten zur freien Eisenbahn fahrt und Gepäckbeförderung zwischen ihrem Wohnort und Berlin auf die Zeit vom 15. bis 22. August durch BundeS- rathsbeschluß ausgedehnt worden. Behufs Feststellung der un gefähren Zahl der erforderlichen Einlaßkarten darf ich die Herren Kollegen bitten, die beabsichtigt- Theilnahme durch Voll ziehung und Absendung der Anlage an den diesseitigen Herrn Direktor bald gefälligst mittheilen zu wollen; für den Fall der Behinderung bedarf es der Absendung der Anlage nicht. Zum Empfang Kaiser Wilhelms werden in England große Vorbereitungen getroffen. Die Königin wird während der Anwesenheit ihres kaiserlichen Enkels in Cowes zwei Hof diners zu dessen Ehren veranstalten, während der Prinz von Wales seinen Schwager auf der Jacht „Viktoria und Albert* besuchen wird. Am Sonnabend, 10. August, wird der Kaiser wahrscheinlich das Lager von Aldershot besuchen. — Lord Lonsdale trifft die größten Vorbereitungen auf Lowther Castle zu einem glänzenden Empfange des Kaisers Wilhelm. Mehr als 300 Arbeiter haben die letzten Wochen das Schloß für den kaiserlichen Besuch in Stand gesetzt. „Wird sich der Nord-Ostsee-Kanal rentiren?" Die „Berl. B.-Ztg." schreibt: „Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Benutzung des Kanals müßte die Frage leider verneint werden. Die Zahlen, welche die offiziöse „Berl. Korr.* vor einiger Zeit über den Schiffsverkehr auf dem Kanale veröffentlicht hat, erschienen ganz stattlich, blieben aber doch hinter dem auf den betreffenden Zeitraum entfallenden Durchschnitt zurück, der bei den Rentabilitätsberechnungen sowohl der Regierung wie des Kieler Reeders Sartori angesetzt worden war. Freilich wirkt bei der Benutzung einer neuen Wasserstraße das Trägheits moment stark mit, und viele Reedereien, die den Kanal vielleicht gern befahren lassen möchten, wollen erst abwarten, wie sich die Verhältnisse gestalten. Andererseits aber liegt der Nord- Ostsee-Kanal inmitten der verkehrsreichsten Meere, und es be darf nicht erst irgend welcher nautischer Studien, um sich mit 2. Korps (Pommern), General v. Fransecky. 6. Korps (Schlesien), General v. Tümpling. Zu diesen ca. 190,000 Mann kamen 160,000 Mann vollständig mobile und orgamsirte Landwehren und Ersatztruppen in Höhe von 226,000 Mann: eine bereitstehende Feldmacht von ca. 570,000 Mann und 1584 Kanonen. Das gesammte Bundesgebiet erhielt 5 Generalgouverneure in Hannover, Berlin, Koblenz, Breslau, Dresden. Der wich tigste dieser Posten, General Vogel von Falckenstein anvertraut, war der zu Hannover; er hatte den Schutz der Küsten zu be sorgen. Die Seezeichen an den Nord-Ostseeküsten waren bereits ausgenommen, die Feuerschiffe eingezogen, die Leuchtfeuer gelöscht worden. Ein energischer Aufruf des Gouverneurs nahm die bereitwillig gebotene Mitwirkung einer freiwilligen Seewehr in Anspruch, während die Truppen unter das Kommando des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin gestellt wurden. (Fortsetzung folgt.) liegende Gasthof dürfte in Gefahr sein. Ein Theil der Strecke nach Komotau ist eingestürzt und zeigt Risse, der Verkehr ist: auf längere Zeit unterbrochen und wird jetzt derart bewerk stelligt, daß die Reisenden nach Karlsbad rc. auf die Dux-- Bodenbacher Bahn übersteigen. Nun hält das Srauwasser im Anna-Schacht >ne Weiterbewegunq des Treibsandes auf; wenn man an die Auspumpung der Schächte gehen wird, können weitere Einstürze erfolgen. In der russischen Provinz Wolhynien erkrankten 93 Per sonen an der Cholera; 25 Kranke sind gestorben. höflich abgefaßt und nach Bergamo abgesandt. Kurze Zeit da rauf erhielt die Pensionats-Inhaberin von Antwerpen aus ein Asis, durch das ein dortiges Speditionsgeschäft das Eintreffen einiger großen Kisten aus Liverpool anzeigt. Ehe dieselbe jedoch abgesandt werden könnten, müsse eine Garantiesumme für den Frachtverlag an die angegebene Firma in Höhe von 107 Mk. eingezahlt werden. Die Pensions-Inhaberin ließ aber, ehe sie sich zur Zahlung dieses Betrages herbeiließ, über die Firma Erkundigungen einziehen und erfuhr, daß ein Speditions- oder Vaterländisches. Wilsdruff. Nachdem die anhaltende große Wärme die Getreidesorten zur schnelleren Reife gebracht hat, ist man auch in unserer Gegend überall bemüht mit zahlreichen Händen die selben von dem Erdboden zu entfernen und in die Scheuern zu sammeln. Möge der Segen Gottes auch auf dieser Arbeit unserer Landwirthe ruhen und ihnen reichlich bringen, was sie erhofft. — Mit Sonnabend, den 27. d. M., begannen die hiesigen Schulferien; dieselben erstrecken sich bis zum Sonnabend, den 10. August. — Am letzten Sonntag früh 6 Uhr verließen die Mit glieder des hiesigen Turnvereins mit ihren Damen in fünf gut besetzten Omnibussen unser Wilsdruff, am sich über Kaufbach, Unkersdorf, Rennersdorf, Lochmühle, Cossebaude, Niederwartha, Köntz, Wemböhla nach Meißen zu begeben. Dort amrsirte man sich nach Herzenslust an den gebotenen Sehenswürdigkeiten und namentlich wurde den Getränken infolge der geradezu er drückenden Hitze reichlick zugesprochen. In heiterster Stimmung verließen die Turner Meißen mit dem Bewußtsein, einen an- ^enebmen Tag mck den verschiedensten Abwechselungen erlebt zu haben. Die Ankunft in Wilsdruff erfolgte in später Nachtstunde. — DieHunbStage baben, entgegen den Prophezeiungen Falb's, der b-kanntlich zunächst „Kühle* voraussagte, hoch sommerliche Hitze und drückende Schwüle gebracht. Bei dieser hohen Temperatur ist eine gewissenhafte Diät anzuempfehlen und vor allzu vielem Wasser- und Obstgenuß zu warnen. Die Desinfektion der Abortgruben — besonders wo solche im Hause liegen, ist sehr nothwendig. Größte Vorsicht ist bei der Trocken heit in dem Umgänge mit Feuer zu gebrauchen, und werHaus- thiere hält, sehe darauf, daß dieselben, besonders auch die Ketten hunde immer mit reichlich frischem Wasser versehen werden. — Limbach. Anläßlich der Einweihung des parkettirten Saales fand am gestrigen Sonntage i m hiesigen Gastofe- ein Konzert statt. Da der Herr Stadtmusikdirektor Römisch- Wilsdruff auch auf der Dresdner Vogelwiese konzertirte, so spielte hier nur ein Theil des Stadtmustkchores. In der Haupt sache bestand das Programm aus Gesangsvorträgen, die bereit willigst der Männergesangverein „Sängerkranz-Wilsdruff* noch in letzter Stunde übernahm, weil ein anderer Verein be sonderer Umstände halber die bereits zugesicherte Gesangsmit- Wirkung absagen mußte. Der Sängerkrönz, der zur Zeit über eine stattliche Sängerzahl und Über gutgebildete Kräfte verfügt, sang mit geschmackvollem, aber natürlichen Vortrage, der sich besonders m einem edlen Piano bekundete. Weiter ist auch die vorzügliche Textaussprache hervorzuheben. Sämmtlichen Dar bietungen fehlte der wohlverdiente Beifall nicht. — Bienenzüchter, welche ihre in diesem Jahre unge wöhnlich reichlich geernteten Honigvorräthe prciswerch veräußeren wollen, werden auf die unter dem Protektorathe Sr. Maj. des Königs von Sachsen vom 10 bis 18. August in Leipzig-GohliS tagende 40. Wanderversammlung deutscher, österreichischer und ungarischer Bienenwirthe, mit welcher eine größere Verloosung von Bienenzuchtprodukten verbunden ist, aufmerksam gemacht. Anmeldungen sind bis 1. August an Herrn Inspektor Eggeling in Leipzig, Berliner Straße 127, zu richten. Die Theilnehmer karte kostet 3 Mark. — Prinz Max von Sachsen, der sich in Eichstätt auf den Priesterstand vorbereitende drittälteste Neffe des Königs Albert, erhielt in Eichstätt am Donnerstag die Weihe als Subdiaconus und am Freitag jene als D iac onus. Letzterem Akte wohnten auch der Vater des Prinzen und seine ältere Schwester, Prinz Georg und Prinzessin Mathilde von Sachsen, bei. — In Kürze wird auch Meißen in die Reihe jener Orte eintreten, welcheein Elektrizitätswerk in ihren Mauern besitzen. In der am Mittwoch abgehaltenen Sitzung des Stadt- gemeinderaths wurde einem Vertrage mit der Meißner Boufirma Otto 8c Schlößer beigetreten, welche der genannten Firma die Errichtung eines Elektrizitätswerkes und die geschäftliche Abgabe elektrischer Kraft genehmigt. Die Ausdehnung des Werkes er streckt sich allerdings vorläufig nur auf einen Theil der inneren Stadt und umfaßt dasselbe die Elbgasse, Leipzigerstraße, Gerber gasse, Obere Elbgasse, Heinrichsplatz, doch ist der spätere weitere Ausbau nicht ausgeschlossen. Von der Errichtung des Werkes aus städtischen Mitteln wurde Abstand genommen, da die Stadt Meißen gegenwärtig noch bei verschiedenen anderen Unternehm ungen stark engagirt ist und die Kosten eines solchen Werkes mindestens auf 70—80000 Mark zu beziffern sein würden. Die Dauer des abgeschlossenen Vertrages erstreckt sich auf 40 Jahre, dabei behält die Stadt das Recht, nach Verlauf von 10 Jahren das Elektrizitätswerk event. für eigene Verwaltung anzukaufen. — Auf ein Inserat in einer illustrirten Zeitung, durch welches zwei Amerikanerinnen Aufnahme in ein Pensionat suchten, hatte auch eine Pensionats-Inhaberin in Meißen eine Offerte nach Genf gesandt. Bald darauf trat auch Antwort ein, in der der Vater den beiden Amerikanerinnen mittheilte, daß ihm unter der großen Anzahl der eingegangenen Offerten die aus Meißen am sympathischsten gewesen sei. Mit den gestellten Bedingungen sei er vollständig einverstanden. Einige zur Aus stattung der Mädchen nöthigen Gegenstände werde er von Liverpool auch nach Meißen schicken. Ein Antwortsschreiben erwarte er, da er eine Reise nach Italien unternehme, posts rsstsnts Bergamo. Das Antwortschreiben wurde auch freundlich und I dieser Wasserstraße vertraut zu machen. Die Klage, daß die Gebühren zu hoch angesetzt sind, will nicht verstummen. Immer hin sind die Reeder gute Rechner, und sie müßten sich sagen, daß ein, wenn auch hinter den anfänglichen Erwartungen zurückbleibender Vortheil bei der Benutzung des Kanals jeden falls herausspringt. Abgesehen von der ziffernmäßigen Er- sparniß kommt in Betracht, daß die Schiffe schneller Rück frachten nehmen können. Wird trotzdem von der Abkürzung , des Weges nach der Ostsee und umgekehrt nur ein beschränkter Gebrauch gemacht, so sieht es fast so aus, als wolle die inter nationale Schifffahrt und ein wenig auch die deutsche den Kanal gewissermaßen boykottiren, um eine Herabsetzung der Gebühren zu erzwingen. Von den großen englischen Reedereien ist das schon ausdrücklich behauptet worden. Ob das Mittel zum ! Ziele führen wird, erscheint sehr fraglich. Heute steht es io, daß beinahe nur die Endpunkte des Kanals, Hamburg und Kiel, wirklichen Gewinn von der Wegkürzung haben. Von den 3 Dampferlinien, die den Kanal in regelmäßiger Fahrt benutzen, st Hamburg zehnmal, Kiel dreimal Ausgangs- und Endpunkt." Ein neues Beispiel des ultramentanen Fanatismus, welcher un Elsaß herrscht, ist ein Vorgang, der sich gelegentlich der Bittgänge am Vorabend des Himmelfahrtsfestes in der Gemeinde Klimbach abgespielt hat. Die Katholiken des Landes veran stalteten nämlich in den drei Tagen vor dem Himmelfahrtsfest drei Bittgänge in feierlicher Prozession durch die Gemarkung des Ortes. Beim letzten Bittgang begegnete ein protestantischer Bürger mit seinem Fuhrwerk der Prozession. Er fuhr sofort auf die Seite, um den Zug vorbeizulassen. Dabei stellte er sich vorn an sein Gespann, damit es nicht durch das Wehen der Fahnen erschreckt würde und den Zug störte, und rauchte. Als die katholische Schulschwester an ihm vorbeikam, rief sie ihm zu: „Macht wenigstens die Pfeife aus dem Maul!" Der also Angerufene leistete dieser höflichen Aufforderung Folge. Als der katholische Pfarrer vorbeikam, rief er: „Hast Du Spatzen unter der Kappe? Da kann man als für euch beten, ihr Schweinhunde!* Der also Angeredete nahm schweigend die Mütze ab, bis der Zug vorbei war. Natürlich hat dieser Vor fall unter den Protestanten der Umgegend ein berechtigtes pein liches Aufsehen erregt. Nach dem nunmehr veröffentlichten Abschluß der Reichs hauptkasse stellen sich die Ueberweisungen an die Einzelstaaten für das Jahr 1894/95 im Ganzen auf 382,8 Mill, oder um 27,4 Mill, höher, wie im Etat vorgesehen. Die Zölle haben gegen den Etat 12,9, die Tabaksteuer 0,2, die Stempelab- gaben für Werthpapiere 14,7 mehr, die Branntweinverbrauchs abgabe 0,4 Millionen weniger ergeben. Die dem Reiche ver bleibenden Steuern haben sämmtlich Mehrerträge gegen den Etat ergeben, darunter die Zuckersteuer 4,9 Millionen, die Salzsteuer 1,7, die Brausteuer 0,6 Millionen. Die Post-und Telegraphenverwaltung hat mit einem Mehrüberschuß von 1,5 Millionen, die Eisenbahnverwaltung dagegen mit einem Minderüberschuß von 0,6 Millionen abgeschlossen. Im Ganzen sind an ordentlichen Einnahmen, soweit sie dem Reiche ver bleiben, im Vergleich zum Etat 7,09 Mill, mehr zur Reichs- msse geflossen und es hat sich nach Hinzurechnung des Ueber- schusseö der Ausgabenersparnisse über die Mehrausgaben, zu welchen namentlich die Reichsschuld beigetragen hat, weil die Anleihe nicht in dem vorausgesetzten Mehr zur Ausgabe gelangt ist, für den Reichshaushalt des Etatsjahres 1894/95 ein Ueber- schuß von 7,17 Millionen ergeben. Berlin, 25. Juli. Im höchsten Maße betrübend ist der Umstand, daß die verwerfliche Gesinnung, die sich in dem Plane des Attentäters gegen den hiesigen Polizeivberst Krause kundgiebt, weiter verbreitet ist, als man annehmen möchte. Oberst Krause, ein allgemein geachteter und beliebter Offizier, erhielt noch in den letzten Tagen Drohbriefe, in denen gesagt wird, daß noch weitere „Höllenmaschinen" konstruirt würden, daß auf einen Hieb kein Baum falle u. s. w. Die meisten dieser Drohbriefe strotzen von Schimpfworten der gemeinsten Art und einige derselben sind sogar von Kinderhand geschrieben. Es müssen ganz abscheuliche Subjekte sein, die ihren Kindern derartige Gemeinheiten in dis Feder diktiren. Die Zahl der Todten bei der Katastrophe auf der Zeche „Prinz von Preußen" bei Bochum ist nach neueren Nachrichten leider auf 60 bis 65 zu schätzen. Denn es werden von der Belegschaft noch immer ca. 25 Mann vermißt, und Aussicht auf deren Rettung ist unter den obwaltenden Umständen so gut wie gar nicht vorhanden. Teplitz. Die in allen ihren Theilen nun vollständig fertige Ausstellung erregt durch ihre Reichhaltigkeit und insbe sondere durch ihre imposante Maschinenabtheilung allgemeines Lob und Staunen. Heute wurde sie von etwa 12,000 Personen besucht, es herrschte ein fröhliches Treiben. Die elektrische Ver bindungsbahn zwischen den beiden Ausstellungsplätzen vermochte den Menschenverkehr kaum zu bewältigen. Bochum. Auf der Zeche „Prinz von Preußen" ist am 25. Juli eine Explosion schlagender Wetter erfolgt. Das Grubenunglück ist durch schlagende Wetter und Kohlenstaub explosion im Flötz „Sonnenschein" zwischen der ersten und zweiten Sohle entstanden. Um 11 Uhr Abends waren 20 Todte auf gebahrt, während sich noch 10 bis 12 Todte in der Grube befinden und 9 Verwundete in der Anstalt „Bergmannsheil" darniederliegen. Die vierte Sohle ist eingestürzt. — Dem „Märkischen Sprecher" zufolge waren bis 26. Juli früh 34 Todte zu Tage gefördert. Die Bergung der Verunglückten ist sehr schwierig. Am Schachteingange spielen sich ergreifende Scenen ab. Bochum. Von den 36 bei dem Grubenunglück auf der Zeche „Prinz von Preußen" umgekommenm Bergleuten wurden heute Nachmittag 32 auf dem hiesigen Kirchhofe in zwei Massen gräbern beerdigt. Drei der Verunglückten wurden in der Heimath bestattet, einer ist noch unbeerdigt. 21 waren verheirathet. Die Betheiligung des Publikums bei dem Begräbnisse war eine außerordentlich große. Das Elend in Brüx ist größer als man glaubt; es wird ausgiebiger Hilfe von außen bedürfen. Die Stadt hat kein Wasser, da die Leitung zerstört ist, kein Licht, da die Gas leitung unterbrochen ist und zur Verhütung größeren Unglücks der Betrieb eingestellt werden mußte. Die obdachlosen An wohner des Stadtviertels wurden jetzt zur Noth in Häusern untergebracht, aber Brüx ist eine ohnehin überfüllte Stadt und die Wohnungsnoth wird sich bald einstellen. Bis jetzt sind erst 22 Häuser eingestürzt, aber das ganze Viertel, aus über 100 Häusern bestehend, ist wohl dem Einstürze geweiht und < „ — wird nicht wieder bewohnt werden können. Selbst der nahe-1 Verfrachtungsgeschäft unter dieser Firma in Antwerpen nicht
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