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Der Fürst schien durch die märchenhafte Erscheinung, sowie durch die seltsame Anrede auf's angenehmste über rascht. Er ging sogleich auf den Scherz ein und erwiderte in huldreichster Weise: „Es wäre höchst unruterlich von Uns, wenn Wir dem liebenswürdigen Wunsche Deiner erhabenen Freundin nicht entgegenkämen, zumal auch Wir von Begierde brennen, die holde Moselnixe von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen. Führe Du Uns zu ihr hin, wir folgen Dir!" Mit diesen in heiterem Tone gesprochenen Worten erhob er sich rasch, worauf der Genius nach einer tiefen Verbeugung zurücktrat, um alsdann mit einer Fackel in dem dunklen Garten voranzuleuchten. Der Fürst folgte ihm Arm in Arm mit Orvieto, und seine Begleiter schlossen sich in heiterster Erwartung ihnen an. „Ich freue mich wie ein Kind auf das Märchen, dessen Urheber jedenfalls Du bist," jubelte der Fürst. „Ich muß leider dieses Verdienst sowohl, wie jede Mitwissenschaft ablehnen; obschon ich nicht leugnen kann, daß ich bei meiner Abreise durch einige Worte andeutele, welchen hohen Gast ich in der nächsten Zeit die Ehre haben würde, hierher zu bringen, Du siehst mich aber heute ebenso überrascht, wie Dich selber. Horch — der Zauber beginnt!" Wie leiser Windeshauch, wie der Klang einer Aeols- harfe tönte es durch die Zweige, süß und melodisch, anfangs kaum vernehmbar, dann sanft anschwellend, bis eine weiche schmelzende Stimme in wunderbar verlockender Weise einfiel. In demselben Augenblicke zeigte sich auch der Fluß flimmernd und glitzernd in mattem, seltsam weißem Lichte. Der Gesang kam näher und näher und plötzlich schwebte vor den entzückten Blicken der Zuschauer die leuchtende Gestalt der Moselnixe. Von Schwänen ge zogen, nahte sie langsam in ihrer silberschimmernden Muschel, welche von einem schilfbekränzten Wassergeiste geleitet wurde. Man wußte nicht, ob man die holde Er scheinung der Nixe in dem leichten, weißen Gewände, mit dem losen Kranze von Schilf und Rebenlaub in den licht braunen Haarwellen mehr bewundern sollte, oder die be rückende Gewalt ihres Gesanges. Mit ruhiger Würde nahte sie dem Fürsten, und in dessen sie ihn in anmutigster Weise begrüßte, setzte sie ihm einen Lorbeerkranz auf sein Haupt und überreichte ihm ein Sträußchen duftender Rebenblüte. Es wäre unmöglich, das Erstaunen des Fürsten zu schildern. Er hob die Blüten leicht an seine Lippen, und während sein Auge niit dem Ausdrucke des innigsten Wohl wollens auf der lieblichen Erscheinung der Beherrscherin des Stromes ruhte, sprach er in verbindlichen Worten seinen Dank für die reizende Ueberraschung aus. Neben dem Fürsten stand Alfonso, der die seltsam leuchtenden Blicke tief und andauernd auf die schönen Züge der Nixe gerichtet hielt. Als ihr Auge dem seinen be gegnete, da war es, als ob sie erbebe, als ob ihre Brust sich schneller hebe und senke. Dann wandte sie sich rasch mit gebietender Handbewegung zum Muffe, worauf der schimmernden Muschel ein bis dahin unbemerktes, schatten haftes Wesen entstieg. Es war eine Erscheinung von Kopf bis zu Faß in nebelartig graue Schleier gehüllt, die jetzt langsam näher schwebte. Die Nixe ging ihr entgegen und führte sie an der Hand dem Fürsten zu. „Auch die Moselsage," sprach sie, „ist erstanden, mein hoher und weiser Fürst, um Dir, dem alle holden Geister stets gewogen, zum Beweise ihrer Gunst Bilder längst vergangener Tage hervorzuzaubern." Die Sage brachte in ehrfurchtsvoller Rede ihre Be grüßung dar, wobei sie die Worte der Stixe bestätigte und dem Fürsten versprach, mit Hilfe des Genius der Kunst die Vergangenheit heraufzubeschwören. Während dessen hatte die Nixe wieder ihre Muschel bestiegen und schwebte bald in zauberhafter Beleuchtung, von einer Strahlenglorie umgeben, in der Mitte des Flusses. Stoch einmal grüßte sie anmutig hinüber, dann verschwand sie den bewundemden Blicken der Zuschauer. Auch die leise Musik, welche sie begleitete, erstarb allmählich, ebenso verminderte sich die Glut der tanzenden Lichtstrahlen, bis endlich die Mosel in tiefe nächtliche Schatten gehüllt war. „Ah, welch' ein herrliches Wesen!" flüsterte der Fürst und folgte nun mit seinen Begleitern der Sage. Der Genius leuchtete mit der Fackel voraus und stand bald vor der kunstvoll erbauten Tribüne still. Die Sage lud mit graziöser Handbewegung ein auf den schweren Lehn sesseln in dem Halbdunkeln Raume Platz zu nehmen. (Fortsetzung folgt.) Humoristisches. Mot bricht Eisen. Zeitungsreporter: „Wie ich höre, haben Sie mit Ihren Kuriositäten Krach gehabt?" — Museumbesitzer: „Jawohl, einen gehörigen, so daß ich gezwungen war, einen der siamesischen Zwillinge zu entlassen!" Kaiale Acvereinstimmung. A.: „Hast Du mit Hildes Vater gesprochen?" — B.: „Gewiß; ich erklärte ihm: Herr Professor, ich liebe Ihre Tochter wahrhaftig!" — A.: „Und was antwortete er?" — B.: „Das thue ich auch, junger Freund, und nun wollen wir über etwas anderes sprechen!" Wechsel-Nätsel. Für den Landmann ist's gemacht, Klüglich ist es ausgedacht. Mancher will's nicht anerkennen, Und „nicht praktisch" hört man's nennen. Wird's mit and'rem Kopf «ersehn, Sieht man's in dem Zimmer stehn, Und die Mädchen und die Frauen Kann man emsig dabei schauen. Austssung -er dreisilbigen Lhara-e in Nr. 25: Januar. (Ahr.) WeXier-Wild Wo bleibt der Erwartete? Nachdruck aus dem Inhalte dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. April 1870. Redaktion, Druck und Verlag von B. Angerstein, Wernigerode.