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als in den Augenblicken des Verdrusses Bauer gerade von der Reise zurückkehrte. Er hatte seinen Arm galanter weise einer ihn bedeutend an Größe überragenden, tief verschleierten Dame geboten und führte dieselbe mit fast zärtlicher Sorgfalt in's Haus. Dort bestellte er Zimmer für seine Begleiterin, welche sich sofort zurückzog, worauf der kleine Maler, sich vergnügt die Hände reibend, zu den übrigen sich gesellte. „Ich habe infolge eines unerhört glücklichen Zufalles genau das gebracht, was uns gefehlt hat: ich habe Euch die Revolution gebracht," flüsterte er geheimnisvoll. „Mehr sage ich nicht. Das bischen Probe werde ich heute allein mit ihr halten. Ihr sollt alle überrascht werden." Mit erleichtertem Herzen legte man gern seiner Neugier Zügel an und überließ Bauer ungestört das Weitere. Herr Fischer, welcher die Rolle des tückischen Golo zur allgemeinen Zufriedenheit gab, konnte es in der Freude seiner Seele nicht Unterlasten, zu Miß Jones zu eilen und ihr triumphierend mitzuteilen, daß man ihrer nicht mehr bedürfe und daß ihre zarten Farben nicht bedroht werden sollten. VII. Ein Geheimnis so laut, ein Ge heimnis so licht, Und die sich's vertraut, die sagen es nicht, Eln Geheimnis so still, ein Ge heimnis so schwer, Und die's überfiel, die seufzten gar sehr. Hartmann. Die ebenso gefürchtete, wie ersehnte Stunde der Ankunft Seiner Durchlaucht war gekommen. Das Wetter ließ nichts zu wünschen übrig, und die Dämmerung senkte bereits ihre Schleier über die blütenduftende Erde, als das melodisch klingende Glöckchen des Dampfbotes den harrenden Fuhrmann Herbeiries. Wie durch Zauberei war der eben noch so phantastisch belebte, vom befehlenden Ruf der Künstler, sowie dem fröh lichen Lachen und Plaudern der anderen widerhallende Festplatz ein Bild der tiefsten Ruhe geworden, dessen feier liche Stille durch nichts mehr gestört wurde, als durch das Rauschen eines leisen Windes in den Zweigen der mächtigen, uralten Bäume. Hinter Busch und Strauch vernahm man zuweilen nur das leise Flüstern der Arbeiter, welche im sicheren Versteck den Befehlen Bauers entgegensahen. An den Fenstern des Gartenpavillons lauschten hinter den Gardinen neugierige Mädchenköpfe und vor den zum Ankleiden errichteten Zelten erschien zuweilen, vorsichtig spähend, die geharnischte Gestalt eines Lands knechtes oder die bärtige Figur eines Germanen. Der Fürst, ein leutseliger Herr von kräftiger Er scheinung und edlem, gutmütigem Gesichtsausdruck, schritt mit einem kleinen Gefolge durch den Garten. Er hatte seinen Arm in den Orvieto's gelegt und unterhielt sich in lebhafter Weise mit dem Italiener. „Ah welch' eine romantische Gegend!" rief er aus. „Hier haben wir ja alles, was ein poetisches Gemüt sich nur wünschen kann. Ich möchte hier gleich in der Laube Platz nehmen und die laue Sommernacht in dem balsamischen Blütenduft statt im dumpfen Zimmer verbringen." „Durchlaucht müssen vor allen Dingen die Bekannt schaft unserer freundlichen Wirtin machen," entgegnete Orvieto lächelnd. „Nun, wie Du willst!" sagte der Fürst heiter. „Doch — laß die Redensarten, hier bin ich nur Dein Freund." Als sie die Stufen der Terrasse erstiegen hatten, kam ihnen Mutter Deiß freudestrahlend entgegen. „Will kommen, Signor Alfonso!" rief sie und bot ihm ihre fleißige Hand zur Begrüßung dar, während sie ehrfurchts voll vor dem fremden Herrn knixte. Der Italiener schüttelte die dargebntens Hand herzlich, dann sagte er: „Sie sehen, ich halte Wort und bringe Ihnen eine Anzahl Gäste mit in's Hans." „Je mehr, desto lieber!" rief Mutter Deiß fröhlich. „Verfügen sich die Herrschaften nur in das Speisezimmer. Ich habe köstliche Forellen und junge Hähnchen auf dem Feuer, und was Sie noch mehr bekommen, sage ich gar nicht." Lachend trat der Fürst in den hell erleuchteten, schön gezierten Saal. „Die Frau Wirtin scheint wirklich das Ideal von Gemütlichkeit zu sein," sagte er, „sie entspricht Deiner Schilderung vollkommen. Doch," fügte er, sich erstaunt umsehend, hinzu, „ich ver misse sehr die heitere Ge selligkeit, die Du so oft ge rühmt." In demselben Augen blicke betrat auch schon Mutter Deiß das Zimmer, um eigenhändig einen Teil des Abendbrodes auf den Tisch zu setzen. „Wo steckt denn das Oberhaupt und der ganze Schwarm Ihrer munteren Gäste?" fragte Alfonso. „Sie haben alle einen Ausflug gemacht und werden wohl vor Mitternacht nicht hier sein," lautete die mit komischem Augenzwinkern ge gebene Antwort. „Schade," sagte der Fürst, „so wüsten wir es uns heute an Speise und Trank genug sein lassen." Und das thaten sie auch nach Herzenslust. Es war für Mutter Deiß eine Freude, zu fehen, wie rasch die Schüsseln sich leerten, und wie trefflich der duftende Mosel wein den fremden Herren mundete. Mit einem Ach der Befriedigung hatte der Fürst eben mit vollendeter Mahlzeit den goldschimmernden Becher geleert und blickte durch den rebenumkränzten Thürbogen in das tiefdunkle Grün des Gartens; als plötzlich wie ein Bild im Nahmen eine phantastisch gekleidete Erscheinung darin auftauchte. Sie trug fleischfarbene Trikots und darüber eine himmelblaue Tunika, die bis an's Kniee reichte und um die Hüften von einem goldenen Bande gehalten wurde. Schimmernde Flügel vervollständigten das Märchenhafte der anmutigen Jünglingsgestalt die grüßend ihren goldenen Stab gegen den Fürsten senkte und dann langsam näher schritt. Nach einer Pause allgemeiner Erwartung sagte der Jüngling mit zierlicher Verbeugung: „An Dich bin ich gesandt, ebenso tapferer und weiser Regent, als großmütiger Beschützer und Verehrer der Kunst. Meine hohe und erhabene Freundin, die mächtige Beherrscherin des Moselstromes, bat mich, den Genius der Kunst, hierher zu gehen, um Dir ihre schwesterlichen Grüße zu überbringen, sowie Dir ihren Wunsch auszusprechen, Dich an der Grenze ihres Reiches willkommen heißen zu dürfen." Bayer (indem er das acht Glas' Bier zurückweist): „Mir schmeckt heute dös Bier mt, ich danke."