Suche löschen...
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 02.07.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189507028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18950702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18950702
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-07
- Tag 1895-07-02
-
Monat
1895-07
-
Jahr
1895
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
durchführen ließe. Ein junger Mann kann in die Lage kommen, einen Betrieb übernehmen zu müssen, für dessen Leitung er sich alle Fähigkeiten durch Fleiß und Strebsamkeit angeeignet hat. Er besitzt aber noch nicht das gesetzliche Alter. Eine Härte wäre es nun, ihn warten zu lassen, das empfinden weit mehr als Beamte und Behörden die Männer des praktischen Lebens. Da schaffe man nun Handwerkerkammern mit juristischen Bei- räthen zur Prüfung der Rechtsfragen, welche in solchen Fällen durch besondere Ausschüsse entscheiden. Damit ist eine Organi sation gewonnen, sind Bestimmungen geschaffen, welche im Ernst Niemanden abzustoßen vermögen, der in ehrlicher, solider und reeller Weise sein Metier betreiben will. Die Lehrlingsfrage gründlich zu lösen ist nur möglich, wenn man die Bestimmungen über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern einer durchgreifenden Aenderung unter wirft. Und ob das möglich resp. hierzu Neigung im Reichs tag vorhanden wäre, das mag dahingestellt werden, daß ein Lehrling, sofern kein besonderes Verschulden seines Lehrherrn vorliegt, seine Lehrzeit ordnungsgemäß zu absolviren hat, und die Streitigkeiten hierüber sollte man den Handwerkerkammern in letzter Instanz zuweisen. Es werden dem Handwerk sich zweifellos wieder mehr junge Leute, als dies heute der Fall ist, zuwenden, wenn eine richtige Gewerbegesetzgebung die Aussichten des Handwerksbetriebes bessert, aber es muß auch d'rckt etwas zum Ansporn für die jungen Leute geschehen. Frankreich ist in dieser Beziehung uns sehr weit voraus, die Geldaufwendungen, welche dort im Interesse des Eifers der Handwerkslehrlinge ge macht werden, sind so bedeutend, daß ein deutscher Finanz- minister wahrscheinlich einen Schreck bekommen würde, wenn man ihm zumuthete, diese Summe für den gleichen Zweck aufzu bringen. Mit einem Male ist nicht Alles zu machen, und so wird auch hier nicht Alles unverzüglich zu regeln sein. Aber es sind drei wichtigste Punkte, welche hier herausgegriffen sind und für welche praktische Lösungen in Anregung gebracht werden; un lautere Konkurrenz, Organisation und Befähigungsnachweis, Lehrlingswesen, das sind Eckpfeiler für eine Handwerkergesetz- gebung. Tagesgeschichte. Hamburg, 27. Juni. Der Dank des Kaisers. Der Senat erläßt im heutigen „Amtsblatt" folgende Bekanntmachung: „Se. Majestät der Kaiser hat bei dem jüngst hierselbst statt gehabten Fest den Wunsch geäußert, daß der Stadt Hamburg ein herzlicher Dank ausgesprochen wird für den AUerhöchst- demselben von allen Schichten der Bevölkerung bereiteten er greifenden Empfang. Auch Ihre Majestät die Kaiserin hat unter dem nochmaligen Bedauern, an dem schönen Fest nicht habe theilnehmen zu können, die wohlwollendste Gesinnung für Hamburg mit der Aufforderung ausgesprochen, daß den Ham burgern hiervon Kenntnitz gegeben wird. Der Senat kommt dieser von den Kaiserlichen Majestäten durch die Vermittelung seines Präsidenten an ihn gerichteten Aufforderung um so freudiger nach, als er sich bewußt ist, daß das vollständige Ge lingen der Feier, welche aus Anlaß der Eröffnung des Nord- Ostsee-Kanals in Hamburg veranstaltet wurde, nur durch das einmüthige Zusammenwirken aus vaterlandsfreudiger Gesinnung Aller gesichert werden konnte. Es gereicht deshalb dem Senat zur freudigen Genugthuung, zugleich" den zahlreichen Mitgliedern, welche dem Senat und den Behörden in Anlaß dieser Feier ihre Kräfte zur Verfügung gestellt oder zu dem Gelingen dieses seltenen Festes in anderer Weise beigetragen haben, nicht minder aber der gesammten Bevölkerung für die sie ehrende ausge zeichnete Haltung warmen Dank und volle Anerkennung aus zusprechen." Dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe ist vom König von Sachsen der höchste sächsische Orden, derOrden der Rautenkrone, verliehen worden, dies wohl anläßlich der stattgefundenen Kanalfeier. Bei den Erd-, Schleusen- und Hafenbauten des Kaiser- Wilhelm-Kanals, die einen Werth von über 100 Millionen Mark darstcllen, wurden rund 50 Millionen Mark Löhne aus gezahlt, und zwar durchschnittlich für 7V00 bis 8000 Arbeiter, die dabei im ganzen 14,764,321 Tagewerke leisteten. Für die Versicherung der Arbeiter wurden 1,502,094 Mk. allein für Unfallversicherungen von den Unternehmern gezahlt, während außerdem 1,409,406 Mk. für Krankenversicherung und 551,637 Mark für Jnvaliditätsversicherung antheilig gemeinsam aufge bracht wurden. Die Tiesbauberufsgenossenschaft hatte nur 629 entschädigungspflichtige Unfälle und 9 Tobte zu verzeichnen, für deren Entschädigung einschließlich des Deckungskapitals 1356035 Mark gezahlt und zurückgelegt wurden. Zu den verwendeten Hilfsmitteln gehörten 83 Bagger, 146 Lokomotiven, 387 km Geleise und 71 Dampfer im Gesammtwerthe von 23 Mil lionen Mark. Kiel, 28. Juni. Auf der Pinasse des Panzers „Kurfürst Friedrich Wilhelm" fand heute während einer Uebung bei Friedrichsort eine Explosion statt, wobei sieben Mann, darunter ein Seekabel, getödtet und mehrere verwundet wurden, darunter ein Unterlieutenant schwer. Amtlich wird gemeldet: Bei einer heute nachmittag von dem Panzer „Kurfürst Friedrich Wilhelm" abgehaltenen Sprengdienstübung sind durch vorzeitiges Ent zünden einer Sprengpatrone getödtet worden: Seekadetl Vahlen, Torpedobootsmannsmaat Neumann, die Torpedomatrosen Buhmann, Elster und Fischbeck von der zweiten Toipedoab- theilung; schwer verwundet wurden die Huzer Ludwig und Schulz von der zweiten Werftdiviston, leicht verwundet Lieutenant zur See Starcke, Torpedoobermaschinistenmaat Gloystein und Torpedomatrose Betait von der zweiten Torpedoabtheilung. — Ueber die Kosten der Hamburger Festlichkeiten an läßlich der Kanalfeier sind übertriebene Angaben in der Presse verbreitet. Allerdings ist die ursprünglich vom Ausschuß der Bürgerschaft zur Verfügung gestellte Summe von 350 000 Mk. um mehr als das Vierfache überschritten worden, ober diese Be willigung galt ausdrücklich nur den ersten Vorbereitungen. Im ganzen dürften sich die Ausgaben der Stadt Hamburg aus An laß der Kanalfeier auf reichlich 1-/2 Millionen Mark belaufen. Das ist gewiß eine sehr bedeutende Summe. Aber man darf nicht übersehen, daß sie auch reiche Zinsen vorübergehend und dauernd trägt. Der ungeheuere Fremdenzufluß während der Festtage hat der Stadt Hamburg offenbar viel eingebracht. Größer aber und dauernder dürften die Vortheile sein, welche der Kaiser Wilhelm-Kanal insbesondere dem Hamburger Frei hafen bringen wird. Solange nicht auch Kiel mit einem Frei hafen bedacht sein wird, muß Hamburg den Löwenantheil der von dem neuen Kanal zu erwartenden Vortheile einheimsen. Die Stadt Hamburg hat also wohl gewußt, was sie that, als sie sich auch ihrerseits mit einem erheblichen Opfer an der Kanalfeier betheiligte. Man schreibt aus Stettin: Am Abend des 7. Sep tember d. I., nachdem Kaiser Wilhelm nebst seinen fürstlichen Gästen, wie der Kaiser von Oesterreich, der König von Sachsen, der Großherzog von Baden rc. hier eingetroffen sein und Wohnung genommen haben werden, wird hier ein Armeekorpszapfenstreich veranstaltet werden, wie er selten oder bisher vielleicht noch gar nicht zur Ausführung gekommen ist. Die Musikkapellen der sämmtlichen Regimenter aller Waffen des 2. Armeekorps werden in diesem Zapfenstreich, dessen Dirigentenschast dem Armee- Musikinspizienten Roßberg in Berlin übertragen ist, mitwirken. Zu diesem Zwecke werden von genanntem Dirigenten vorher Proben veranstaltet, welche hier am 19. kommenden Monats mit den vereinigten Musikkapellen und Spielleuten des hiesigen Königsregiments und der Pioniere, sowie am 20. kommenden Monats mit dem Trompeterkorps des hiesigen Artillerieregiments abgehalten werden. Am 29. k. M. wird Herr Musikinspicieur Roßberg mit den hiesigen drei Militärkapellen die Gesammt- probe ausführen lassen. Kaum sind die Kieler Festtage vorüber, so wird bereits von den Gegenbesuchen geredet, und zwar in denjenigen Kreisen, in welchen man bekanntermaßen keine allzugroße Sehnsucht nach deutschen Gästen empfindet. Ein Berichterstatter eines größeren Pariser Blattes will nämlich von einem hohen deutschen See offiziererfahrenhaben, die Panzerschiffe „Bayern" und „Branden burg" würden im nächsten Jahre unter Führung des Admirals Knorr oder Reiche in einem französischen Kriegshafen, und zwar in Brest oder Cherburg, den Gegenbesuch abstatten, und der Admiral würde bei dieser Gelegenheit ein eigenhändiges Schreiben Kaiser Wilhelms an Faure und den Schwarzen Adlerorden für den Präsidenten der Republik mitbringen. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß Bestimmungen über solche Gegenbesuche noch nicht getroffen sind, und daß, wenn die letzteren je er folgen sollten, der kommandirende Admiral der deutschen Flotte sich schwerlich die Ehre nehmen lassen würde, den Pflichtbesuch in Frankreich auszuführen. Es bedarf aber wohl überhaupt noch der Erwägung, ob die Anwesenheit der fremden Flotten in Kiel unsererseits Gegenbesuche bei allen in Kiel vertreten gewesenen Mächten bedingt. Was speziell Frankreich anbelangt, so ist unmittelbar 'm Anschluß an die Berichte über die Ham burger und Kieler Festtage in der französischen Presse ange kündigt worden, Frankreich würde nunmehr den Kanal vom Atlantischen Ozean zum Mittelmeer mit aller Beschleunigung zur Ausführung bringen und dann seinerseits die Flotten aller Seemächte der Welt zu einem großen Feste laden. Wenn die deutsche Marine dann einer Einladung gewürdigt wird, so bietet sich ihr vortreffliche Gelegenheit, den Kieler Besuch der französischen Flotte zu erwidern; vorher scheint uns kein Anlaß vorhanden zu sein, eine Wiederholung von Szenen herbeizuführen, wie sie die Nothwendigkeit einer freundschaftlichen Berührung zwischen beiden Mächten in Frankreich hervorgerufen hat. Solange hierzu kein Zwang vorliegt, thut man doch wohl bester, einander hübsch fern zu bleiben, als daß man mit Freundschasts- und Höflichkeitsakten die Feindschaft entzündet. Die Entsendung eines besonderen Geschwaders nach Marokko hat sich infolge der bekannten Affäre Rockstroh nöthig gemacht. Bis jetzt ist seitens der marokkanischen Re gierung auf die Genugthuungsforderungen Deutschlands wegen der Ermordung und Beraubung des Kaufmanns Rockstroh nur immer ausweichend geantwortet worden, nunmehr soll aber Ma rokko mit allem Nachdruck zur Erfüllung seiner internationalen Verpflichtungen angehalten werden. Zu diesem Zweck ist ein aus den Panzerschiffen „Hagen" und „Kaiserin Augusta", sowie dem Schulschiff „Stosch" bestehendes Geschwader nach Marokko beordert worden. „Hagen" und „Stosch" haben ncch am, Sonnabend Kiel verlassen. Die „Kaiserin Augusta" folgt nach- sobald ihre Uebungsfahrten in der Ostsee beendigt sein werden. Der fanatische Kolonienhaß der Sozialdemokratie ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in Belgien vorhanden, wo er sich in der Sitzung der Brüsseler Deputirtenkammer in lärmendster Weise kundgab. Das Motiv läuft bei den deutschen sowohl als bei den belgischen Genosten so ziemlich auf eins hinaus. Der Besitz von Kolonien ist, wie eine mehrtausend jährige geschichtliche Erfahrung lehrt, stets ein sehr nachhaltig wirkendes Bindemittel staatlicher und gesellschaftlicher Organi sationen gewesen. Jedes kräftig und normal veranlagte Volk spürt den Drang in sich, Pflanzschulen hinauszusenden, damit seine nationale Eigenart nicht innerhalb der von den Vätern ererbten Gebktsgrmzen stagnire, sondern frische Anregungen gebe wie empfange. Die Sozialdemokratie, welcher jedes starke nationale Staatswesen ein Gräuel ist, handelt somit von ihrem Standpunkte nur folgerichtig, wenn sie eine Politik kolonialer Aktion in Bausch und Bogen verdammt. Da nun, namentlich unter den obwaltenden Zeitumständen, koloniale Unternehmungen immerhin eine etwas weit ausschauend Sache sind, so findet eine demagogische Popularitätshascherei, dieser eigentliche Lebens nerv der Umsturzparteien, bei ihrer „überzeugungstreuen" Opposition gegen das Kolonialwesen in der Regel ihre reichlich lohnende Rechnung. Bei uns in Deutschland giebt es noch heutigen Tages, nachdem bald ein Vierteljahrhundert seit Be gründung des Reiches verflossen ist, doch immer nur verhält- nißmäßig wenig Angelegenheiten, von denen das Interesse der ganzen Nation gleichmäßig in Anspruch genommen wird. Eine solche Angelegenheit könnte und sollte von Rechts- und Vernunftswegen auch die Kolonialpolitik sein, denn damit, daß Deutschland seine Macht und seine Flagge auch in fremden Zonen entfalte, könnte jeder Deutsche, ohne Unterschied der Religion oder Partei, einverstanden sein. Aber jedes Moment, was festigend und kräftigend auf den nationalen Gedanken wirkt, ruft den Zorn der Genossen wach. Deshalb bewilligen sie der Koloialpolitik „keinen Mann und keinen Groschen"' Für die belgischen Sozialdemokraten kommt noch ein anderer Gesichtspunkt in Betracht. In Belgien ist die koloniale Aktion das eigene persönlichste Werk König Leopold's, der seine That- kraft und sein Privatvermögen in die Gründung des Kongo staates gesteckt hat. Indem die belgischen Genossen gegen die Bestrebungen auf Erhaltung des Kongobesitzes für den belgischen Staat Front machen, führen sie zugleich einen direkten Stoß gegen das Königthum, mit dem es ja bekanntlich für „Zielbe wußte" keinerlei Paktiren giebt. Nebenbei leistet die belgisch Sozialdemokratie, die ja nur die Echleppträgerin der französischen Revolutionspropaganda ist, ihren französischen Freunden ein Dienst, wenn sie der Sanirung des Kongostaates Hindernisse bereitet, da bekanntlich Frankreich ein Vorkaufsrecht auf den Kongo hat, das aber erst in Kraft treten kann, wenn Belgien den Kongo im Stiche läßt. Daß auch die deutschen „Genoffen" die Geschäfte der französischen Umsturzserschwörer besorgen, ist bekannt. Den Phantastereien der französischen Chauvinisten blätter über die angebliche bevorstehende theilweise oder gänz liche Veröffentlichung der etwa bestehenden Conventionen zwischen Frankreich und Rußland ist ein gehöriger Dämpfer auf gesetzt worden. Der offiziöse „Temps" erklärt alle hierüber auf getauchten Meldungen als haltlos, und zwar auf Grund der Erklärungen „sehr maßgebender" Personen. Da kann man sich auch denken, wie es mit dem behaupteten französisch-russischen Allianzvertrage selber aussehen mag! Vaterländisches. — Der Ehrenbürgerbrief, den 64 mittlere und kleine Städte Sachsens, darunter auch unsere Stadt Wilsdruff, für den Fürsten Bismarck haben anfertigen lassen, ist von Sonnabend, den 29. Juni an, im Kunstgewerbemuseum, Dresden Antonsplatz 1, part., ausgestellt. — Dem in der Kanzlei des Landesculturraths zusammen gestellten Bericht über den Saaten st and im Königreich Sachsen Mitte Juni d. I. entnehmen wir folgende allgemeine Ueberstcht: Die Witterung in der Berichtszeit — 15. Mai bis 15. Juni — war örtlich verschieden; in dem größten Theile des Landes herrschte Trockenheit vor, und nur in einem Theile des Erzgebirges und des Vogtlandes überwog die Feuchtigkeit; im Allgemeinen war sie dem Wachsthum sämmtlicher Feldfrüchte sehr förderlich. Der Stand des stehengebliebenen Winterroggens hat sich durch günstiges Abblühen in vielen Bezirken wesentlich gebessert; wenn auch dünn im Stande, so sind Halm und Aehre doch lang, so daß der durch den dünnen Stand bedingte Ausfall in der Menge theilweise ersetzt wird. Auch der Winterweizcn zeichnet sich zumeist durch schönen Stand aus. Der wenig noch stehengelassene Raps hat sich gleichfalls erholt und verspricht leidlichen Ertrag. Für die Sommerhalmfrüchte war die Witter ung fast allenthalben, besonders aber im Leipziger Kreis, viel zu trocken, so daß dieselben in ihrem Wachsthum sehr zurück blieben; desto üppiger gediehen die Unkräuter, besonders der Hedrich in Gerste und Hafer; am Schluffe der Berichtszeit traten aber fast allerorts anhaltende Niederschläge auf, so daß das Versäumte zum Theil nachgeholt werden dürfte. Auch dem Wachsthum der Kartoffeln und der jungen Rübenpflanzen fehlte die nöthige Feuchtigkeit und mußte manches Rübenfeld ein zweites Mal bepflanzt werden. Die Heuernte war Mitte des Monats fast allenthalben im vollen Gange, in einzelnen Be zirken bereits beendet und lieferte fast durchweg Maffenerträge, wie sie seit Jahren nicht eingeheimst worden sind; auch die Güte des Fullers läßt nichts zu wünschen übrig, da dasselbe trocken eingebracht werden konnte. Ueber das vorläufige Ergeb- Nlß der Klee - und Kleegrasernte liegen fast allerorts Berichte vor und ist dasselbe gleichfalls ein sehr günstiges zu nennen. Die Ergebnisse schwanken zwischen 50 und 170 Eentner auf den Hektar berechnet. Das Mittel von 42 Angaben beträgt 85,9 Ctr., gegenüber 54,1 Eentner im vorigen Jahre. In der Gegend von Schwarzenberg und Plauen i. V. gingen zu Anfang des Monats starke Hagelwetter mit Wolkenbrüchen nieder, letztere haben viel Schaden angerichtet, besonders auf den Kartoffel feldern durch das Wegschwemmen des Erdreichs. In der Nacht vom 13. zum 14. und 15. reifte es auf dem oberen Erzge birge und in einem Theile d->r Lausitz so stark, daß die Kartoffel pflanzen vielfach erfroren. Die Aussichten auf eine Halbwegs gute Obsternte schwinden immer mehr, da sich zu den bereits vorhandenen Schädlingen in den letzten Wochen die Spann raupe gesellt hat, welche die Pflaumenbäume stark heimgesucht. — Die am 14. Juni vorzunehmen gewesene Berufs- und Gewerbezählung hat in Tharandt 2605 Einwohner, worunter sich 103 vorübergehend Anwesende befinden, nachgewiesen. 46 vorübergehend abwesende Einwohner sind in obiger Zahl nicht eingerechnet. — Nossen, 28. Juni. Bei dem nur kurze Zeit an haltenden Gewitter, welches heute gegen Mittag über die hiesige Gegend dahinzog, wurde der unoerheirathete Landwirth Ernst Dachsel in Niedereula, Bruder eines dortigen Gutsbesitzers im Freien vom Blitz erschlagen. — Ein in der Leipziger Vorstadt in Dresden wohnender Gärtner war am Montag Nachmittag mit seiner Frau im Garten beschäftige und hatte inzwischen seine Wohnräume ohne spezielle Aufsicht lassen müssen. Als er spät Abends nach harter Arbeit die Wohnstube betrat, mußte er die Entdeckung machen, daß inzwischen ein Langfinger dort thätig gewesen und Alles durchgewühlt hatte. Aus 2 verschiedenen Kommoden fehlten Geldbeträge von zusammen 320 Mark, zumeist bestehend in Zehn- und Zwanzigmarkstücken. Den Schreck der Leute über den Verlust ihrer sauer erworbenen Ersparnisse kann man sich denken. Vom Thäter fehlt leider jede Spur. — Auf eine unsinnige Wette ging während des jetzt be endeten Meißner Schützenfestes ein junger Mann ein. Er verzehrt innerhalb einer Stunde 6 Bratwürste nebst Kartoffeln und Sauerkraut und trank 6 Glas Bier dazu. Die reichliche Mahlzeit bekam ihm zwar augenblicklich ganz gut, am anderen Tage aber stellten sich Beschwerden ein und liegt jetzt schwer krank darnieder. — Ein Wahrzeichen des Plauenschen Grundes, das, obwohl ein Denkmal technischer Kunst, bei dem gesteigerten Verkehr unserer Tage ein bedeutendes Verkehrshinderniß war, der Eisenbahntunnel an der Station Plauen-Dresden, wird im Laufe der nächsten Tage vom Erdboden verschwinden nachdem nach langer harter Arbeit die seitlich des Tunnels ge - legenen Felspartien, der Gewalt des Pulvers und des Dynamit weichend, endlich beseitigt sind. Ganz ohne jede Störung des Bohnverkehrs dürfte die Abtragung nicht bewerkstelligt werden können, es wird aber das Möglichste geleistet, diese Störung auf ein Minimum zu beschränken. Da unter dem Tunnelgewölbe ein starkes Gerüst angebracht werden muß, um ein Herabfallen der losgelösten Steine auf den Bahnkörper zu vermeiden, so müssen die Züge kurze Zeit nur auf einem, in die Mitte des Tunnels verlegten Gleise verkehren; während die jetzt benutzten beiden seitlichen Gleise abgebrochen werden. Schon sind die den Ein- und Ausgang des Tunnels zierenden thurmartigen Steingefüge
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)