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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 30.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189505300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18950530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18950530
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-30
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Monat
1895-05
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Jahr
1895
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von Lünden gebrochener gründlichste Verachtung der Mehrzahl unserer Bewohner. Unter uns gesagt, mein lieber, junger Freund," setzte er mit gedämpfter Stimme hinzu, „spricht man in geschäftlichen Kreisen schon seit fünf oder sechs Jahren von dem Niedergang der Firma, welche Ihr Großvater zu einer ungewohnten Höhe einst geführt. Herr Franz Harder soll nicht blos ein heimlicher Wüstling, sondern auch ein Spieler sein, welcher ungezählte Summen so wohl öffentlich in Monte Carlo, wie auch in heimlichen Spiel- Klubs der verschiedenen Großstädte geopfert haben soll. Nun, wen dieser Dämon einmal gepackt hat, den hält er fest bi- on's Ende, das in den wenigsten Fällen nicht lange auf sich warten läßt. Ich sah ihn erst vor wenigen Tagen, den Chef der ehemals so berühmten Firma G. Brandt, — er mag ein Mann in der Mitte der Fünfziger lein und sieht aus wie ein Gewissensbissen gepeinigter und von geheimen Lastern und den gebrochener Greis."Fortsetzung folgt. — Am 24. Mai Nachmittags ist in Chemnitz Herr Albert Voigt im Alter von 66 Jahren nach schwerem Leiden gestorben. In ihm ist ein Mann aus dem Leben geschieden, der für die vogtländischc Stickereiindustrie, als sie an einem be denklichen Wendepunkte angelangt war, von großer Bedeutung geworden ist. Ihm gelang eS im Jahre 1857, als unsere Handstickerei durch die schweizerische Maschinenstickerei stark ge fährdet war, die Maschinenstickerei nach Deutschland und zwar Dank den Bemühungen der Herren Schnorr und Steinhäuser nach Plauen zu verpflanzen. Die ersten Maschinen kamen in Plauen mit Beginn des Jahres 1858 in Gang: die ersten Maschinensticker waren der Schweizer Herr Noth im „Bienen garten" und Herr Albert. Herr Voigt ist auch der Erste, der in Deutschland Stickmaschinen gebaut hat. Er begann den Betrieb seiner Maschincnbauwerkstätte zuerst in bescheidenem Umfange in Kändler bei Limbach. Späler wurde aus seinem Unternehmen die jetzt von einer Aktiengesellschaft betriebene Sachs. Stickmaschinenfabrik Kappel. Herr Albert Voigt, der dem Stadtraths-Kollegium in Chemnitz angchörte, hinterläßt eine Witiwe und zwei Töchter, von denen die eine an den be kannten Pianisten Herrn Bertrand Roth verheirathet ist. Der verdiente, aber schlichte und einfache Mann stammte aus dem Kgl. Chauffeehause Limbach bei Wilsdruff, erlernte beim Drcchslermeister Franke-Wilsdruff das Drechslerhandwerk "weiterte auf langer und weiter Wanderschaft sein Wissen und Können derartig, daß er der Stickereiindustrie eine neue -Lahn anweisen konnte. Auch kam er dabei zu ansehnlichem Wohlstand und Vermögen, womit er nicht nur einen großen dankbaren Arbeiterkreis sich zu erwerben und zu sichern ver stand, sondern auch vielen Bedrängten in der Noth hilfreich beigestanden hat. Seinen alten Wilsdruffer Bekannten und Freunden und Limbach-Birkenhainer Schulkameraden blieb er bis zu seinem noch zu frühen Heimgange ein freundlicher Gönner und treuer Freund. „Du Freund des Handwerks! Vom segnenden Thun Bist Du zu früh uns geschieden; zu seinem Fort- Erfindungen im Namen, — er — bald berühmt kommen legte. Geniale Leistungen, neue Maschinen- und Brückenbau machten seinen nannte sich nach seinem Vornamen Leonhardt, und brachten ihm Bestellungen und damit doch vorstellen kann." Leonhardt blickte ihn groß und erstaunt an. „Ei, darnach fragen Sie, Herr Notar? — Zuerst war's doch wohl eine heilige Pflicht, den braven Mann dort aufzu suchen, der wahrlich mehr gethan hat als jener Brave, den der Dichter Bürger besungen hat. Und zum Andern gilt's der verlorenen Familienehre, welche ich mit allen Mitteln, die mir zu Gebote stehen, wieder Herstellen muß. Sind diese Gründe etwa nicht gewichtig genug, um ihrethalben eine Reise über'S Weltmeer zu wagen?" „Ganz gewiß," erwiderte der Notar, „aber hat Ihr Vater denn garnicht daran gedacht, welcher Gefahr er Sie aussetzte? Ihre Aehnlichkeit mit dem Großvater ist buchstäblich haar sträubend; zumal wer ihn in seinen jüngeren Jahren gekannt hat." „Wohl haben meine Eltern daran gedacht, weshalb meine Mutter sich auch hartnäckig gegen diese Reise gesträubt hat. Aber wie meinem Vater absonderlich die Pflicht der Dankbar keit keine Ruhe ließ, so trieb mich, als ich Alles erfahren, der Gedanke an unsere Ehre fort. Ich wäre heimlich auf und davon gegangen, wenn mein Vater mich hätte zurückhalten wollen, was gottlob nicht der Fall war." „Nun ja," meinte der Notar nachdenklich, „ich finde das auch sehr begreiflich, weiß aber, aufrichtig gestanden, nur nicht, wie Sie es anfangen wollen, Ihres Vaters Unschuld zu be weisen." „Sie halten ibn doch für unschuldig, Herr Notar?" fragte der junge Mann ruhig. „Gewiß —" „Ein Selbstmord meines Großvaters war von vornherein ausgeschloffen?" „Darüber konnte durchaus kein Zweifel obwalten." „Gut, dann muß eS doch folgerecht einen anderen Thäter geben," fuhr Leonhardt mit unveränderter Ruhe fort, „und >iesen zu entdecken, ihn dem strafenden Arm des Gesetzes zu vergeben, soll von nun an meine heiligste Ausgabe sein." Der Notar nickte nachdenklich vor sich hin. „Haben Sie sich schon einen Plan für diese, — wie soll ch sie nur gleich nennen, sagen wir also für diese Riesenauf gabe, welche selbst mir, dem Juristen, wie eine Sphinx er- cheint, zurechtgelegt?" . „Ich werde mir in erster Reihe einen tüchtigen Detektiv engagiren," erwiderte der junge Mann entschlossen. Leider zaben wir mit einer langen Reihe verlorener Jahre zu rechnen, da man nichts weiter in der Sache gethan und sie mit meines Vaters Verurtheilung für abgeschloffen gehalten hat. Es wird natürlich jetzt schwer halten, eine Spur zu finden, aber ich elber werde wie ein Maulwurf Mitarbeiten und hoffe dabei auf den Rath und Beistand der beiden einzigen Freunde, die ich hier besitze." „Hier meine Hand darauf, Herr Leonhardt," versetzte der Notar sehr ernst, „Hartmeier wird Ihnen jederzeit zur Ver- ügung stehen, doch verplappern wir uns nicht mit dem Namen Was nun den Detektiv anbetrifft so rathe ich Ihnen, nach Berlin zu reisen, ich will Ihnen ein Empfehlungsschreiben an nen dortigen ausgezeichneten Kriminalisten mitaeben welcher Ihnen seinen Rath ebenfalls nicht vorenthalten wird. Und nun habe ich noch eine ganz persönliche Vertrauenssache mit Ihnen zu besprechen, Herr Leonhardt." Er warf einen Blick zu Hartmeier hinüber, welcher sich ogleich erhob und das Zimmer verließ, um sich in die Schreiber tube zu begeben. „Vielleicht haben Ihre Eltern Ihnen auch mitgetheilt," iihr der Notar jetzt fort, „daß Ihr Großvater am Tage vor einem Tode einen Brief an mich richtete, worin er mir die enderung seines Testaments durch eine Klausel und zwar zu Gunsten seines Enkels mittheilte?" »Ja, sie haben mir auch dieses erzählt," erwiderte der unge Mann, „es war doch der schlagendste Beweis für seine Sinnesänderung gegen die Tochter." „Ganz richtig, es ist auch als ein solcher aufgefaßt und der Raub der Brieftasche verneint worden. Nun hören Sie, Ihre Mutter war nach dem Testamente vollständig enterbt, euer Harder Unioersal-Erbe. Ich habe aber den Beweis er- jalten, daß Ihr Großvater schon lange vor Ihrer Begegnung mit ihm im Walde den versöhnlichen Entschluß gefaßt hatte, Ihnen auch ohne Testaments-Veränderung ein Kapital zu „Ja, Herr Notar," sagte dieser, einen Blick zu dem ersten Schreiber hmüberwerfend, der bei der Unterredung zugegen war und sich bescheiden in einen Winkel gesetzt hatte, „das Geld, welches sein Retter ihm.in die Tasche gesteckt, hat meinem Vater Glück gebracht, es ruhte der Segen des Himmels darauf. Denn nicht allein, daß es ihn glücklich über's Weltmeer ge bracht, es bahnte ihm dort auch den Weg zum Glück, weil er mit dem Rest des Kapitals Theilhaber eines kleinen Maschinen fabrikanten wurde und dadurch den Grund Vermögen. Sie wissen wohl, daß meine Mutter mit mir, nachdem die arme Am Waldsumpf. Roman von E. von Linden. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Großmutter gestorben war, zu einem befreundeten Arzte nach Süddeutschland übersiedelte. — Wir empfingen hier unter der Adresse dieses Arztes einen Brief und das nöthige Reisegeld von meinem Vater, worauf wir sofort abreistcn. In Newyori wurden wir von ihm erwartet, ach, war das ein Wiedersehen. Von da an lebten wir in — doch nein, Sie dürfen den Ort nicht kennen, meine Freunde," unterbrach er sich lächelnd, „mein Vater hat's mir verboten, um Sie nicht in irgend einen ge fährlichen Zwiespalt zu bringen. Das Schicksal seines Retters hat ihm damals und auch später große Sorgen bereitet und häufig genug kam ihm die Reue, das Opfer angenommen zu -aben." „Ei, wie thöricht," ließ sich jetzt Hartmeier vernehmen, „er wußte doch, daß er mir mehr als das Leben dadurch rettete." „Na, lassen wir das jetzt auf sich beruhen," nahm der Notar rasch das Wort. „Erzählen Sie lieber, mein junger Freund, weshalb Sie denn eigentlich herüber gekommen sind, da ich mir die Angst Ihrer Mutter um den einzigen Sohn Dich riefen die Engel Gottes zum Ruh'n, Zum ewigen seligen Frieden! Dein Andenken wird in Ehren bleiben! —" — Ein großes Brandunglück hat sich in der Nacht vom Montag zum Dienstag auf Weißer Hirsch bei Dresden zu getragen. In der Villa „Maria" an der Ecke des oberen Riß- Weges und der Mittelstraße brach gegen 11 Uhr im Dachge schoß Feuer aus. In demselben wohnten außer einem älteren Ehepaar und einem in den 70er Jahren stehenden Fräulein Freyer noch drei junge Burschen in Aftermiethe. Neben dem Wohnraume der seit langer Zeit kränkelnden und an Ohn- machtsansällen leidenden alleinstehenden Freyer liegt die Schlaf stube der drei jungen Burschen. Letztere hatten sich bereits zur Ruhe gelegt. Kurz darauf bemerkt einer derselben unter dem gegcnüberstehenden Bette seines Kollegen einen Hellen Schein und hörte es knistern. Sofort springt er aus dem Bett, zündet Licht an und weckt die beiden Kollegen. Sofort holt Einer einen Eimer Wasser herbei und schüttet denselben unter das Bett, während die anderen Beiden die unter dem Bett liegenden Sachen hervorziehen wollen. Einen Augenblick später stand aber schon Alles in Flammen, die jungen Leute mußten flüchten und Alles im Stich lassen. Inzwischen war die Weißer Hirsch- Feuerwehr alarmirt worden und rückte dieselbe auch nach kurzer Zeit an. Dieselbe wurde später noch von der Loschwitzer und Blasewitzer Feuerwehr unterstützt. Nach Beendigung dieser Arbeiten fand man den Körper des Fräulein F. vollständig verstümmelt und verkohlt zwischen Schutt, Asche re. in der ersten Etage auf. Nach Lage der Sache ist anzunehmen, daß die F., ehe sie zur Ruhe ging, bei irgend welcher Verrichtung mit der brennenden Lampe in der Hand plötzlich einen Ohn machtsanfall bekommen hat, mit der Lampe zu Boden gefallen ist, letztere ist explodirt und hat das brennende Oel zunächst die F. ergriffen und den Dielboden entzündet. Die F. ist hier bei, ohne wieder zu sich zu kommen, erstickt und schließlich voll ständig verbrannt. Das Fever hat hierauf die mit dem Neben raum in Verbindung stehende Balkenlage ergriffen und sich auf das Geschoß ausgedehnt. — Dresden. Das Schornsteinfeger-Handwerk scheint seinen goldenen Boden noch zu besitzen. Ein hiesiger Schorn- stcinfegermeister, dessen Kehrbezirke sich in den letzten zehn Jahren so erweitert haben, daß seine Einnahmen auf 30—40000 M. geschätzt werden, obwohl er nur eine Einnahme von 15000 M. zugiebt, will gutwillig seine Kehrbezirke nicht aufgeben. Eine Anzahl Gesellen, welche auf eine Zerlegung des großen Bezirkes warten, um als Meister eingestellt werden zu können, haben sich nunmehr an die zuständigen Behörden gewendet und um Abhilfe des Mißverhältnisses gebeten. Die Behörden sahen sich hierauf veranlaßt, die Angelegenheit zu untersuchen und hierbei stellte es sich heraus, daß der Mann thatsächlich drei ganz große Bezirke inne hatte, die mehreren Meistern Gelegenheit geben könnten, ihr Leben auf recht anständige Weise zu fristen. Trotzdem der Betreffende sich auf vertragsmäßige Rechte beruft, wollen die Kreisbehörden den gegenwärtigen Bezirk in drei Bezirke theilen und in jedem derselben je einen Meister einsctzen. — Es ist eine Thatsache, daß, nachdem der Zutritt der Fremden zu der Bergveste Königstein nicht mehr gestattet wird, viele Bewohner, besonders aber Geschäftsinhaber, em pfindliche Nachtheile haben. Um letztere zu beseitigen, haben sich zahlreiche Bürger und Geschäftsleute, die von dem regen Verkehr in früheren Jahren ganz besondere Vortheile gehabt haben, versammelt, um eine Petition abzufaffen, in der der Zutritt zu der Veste wieder erbeten wird. Wenn auch der Verkehr nach der Veste in demselben Umfange wie früher nicht gestattet werden dürfte, so giebt man sich der Hoffnung hin, daß doch für die Touristen einige Nachsicht geübt und der Zu tritt in beschränkterer Weise erfolgen wird. — Im sogenannten Klosterholze bei Meerane wurde am Freitag früh die noch nicht erkaltete Leiche eines Mannes aufgefunden, welcher allem Anscheine nach das Opfer eines Raubmordes geworden ist. Ein Mann, der sich mit seinem Hunde durch das Klosterholz nach Remse begab, wurde durch das Thier auf einen Reisighaufen aufmerksam gemacht, unter dem sich die Leiche vorfand. Dem Ermordeten war Rock, Geld und Uhr abgenommen, das Portemonnaie lag, seines Inhalts beraubt, neben dem Erschlagenen. Man will in demselben einen Reisenden wiedererkannt haben, welcher am Abend vorher mit einer Frauensperson aus Meerane in mehreren Restaurants gesehen worden ist. vermischtes. * Eine Bande von 20 Einbrechern und Hehlern ist von der Berliner Criminalpolizei entdeckt und nach und nach ver- wftet worden. Unter den Festgenommencn befinden sich „Ve eranen" der Einbrechcrzunft, welche ein halbes Menschenalter m Zuchthause zugebracht haben, daneben aber auch solche, die bisher noch gar nicht bestraft find, und zwei, welche direct vom Bauplatz, wo sie am Tage arbeiteten (während sie in der Nacht Einbrüche verübten) abgeholt worden sind. Wieder ein anderer hat drei Feldzüge mitgemacht, ist Wachtmeister gewesen und trägt Orden und Ehrenzeichen auf der Brust. Diese Bande hat seit mehreren Monaten die vornehmeren Viertel von Berlin Eh"l°ttenburg und Schöneberg in Schrecken versetzt, indem sie Nachts Embree m feinere Häuser aussührte und dort baares Geld W-rthpapiere, Gold- und Silbersachen raubte In mancher Nacht wurden zwei Stockwerke desselben Hauses von ausgeraubt. Ihr widerstanden weder Kunstschlösser und Sicherheitöketten, noch eiserne Thüren oder Geldschränke; Alles wurde kunstgerecht oder gewaltsam geöffnet und selbst Hunde schützten nicht vor dem nächtlichen Besuche. Der Werth >er blö jetzt in etwa dreißig Fällen festgestellten Beute mag ich auf 100000 Mk. belaufen. Den größten Theil deS Silber- geräthes und Goldes haben die zur Bande gehörigen Hehler ängeschmolzen, darunter auch das Kreuz des Bischofs Aßmann, >as nebst Kette und Ring in der Wohnung eines der Haupt- häter, Radetzky, zertrümmert wurde. Die in den Stücken iefindlichen Reliquien wurden dabei einfach fortgeworfen. Radetzky wurde Sonntag früh von Criminalbeamten, welche die Nacht hindurch in seiner Wohnung gesessen hatten, festgenommen, als er gerade vom „Geschäft" kam und für etwa 2000 Mk. „Sohre" in seinen Taschen hatte. Am Abend zuvor war der Anführer der Bande, Mechaniker Seibt, bei einem Hehler festgenommen worden, die Nachricht hiervon aber bei Radetzku erst eingelaufen, als Letzterer bereits auf dem Wege zum „neuen Treff" war, was zur Folge hatte, daß dieses „Geschäft" ohne Seibt gemacht wurde. Nach und nach sind dann die übrigen Mitglieder der Bande, die zum Theil in Schöneberg wohnten, zum Theil überhaupt keine Wohnung hatten, dingfest gemacht. Bei den Haussuchungen ist ein ganzes Arsenal von Diebcswerkzeugen gefunden, so kunstvoll und reichhaltig, wie es bisher bei Berliner Einbrechern noch nicht vorgekommen ist. Alle diese Sachen sind von Seibt und Radezky selbst gefertigt und werden später das Criminalmuseum zieren. Ferner sind Gold- und Silber sachen, zum Theil zerbrochen, Brillanten und andere Edelsteine, werthvolle Stöcke und Schirme, Pelze und Ueberzieher gefunden, deren Sichtung noch einiger Zett bedarf. In der Drechsler werkstatt eines Hehlers wurde unter mehreren Baumstümpfen einer gefunden, der einen kaum wahrnehmbaren Verschluß hatte. In dem ausgehöhlten Stamme befanden sich 4300 Mk., die einem ausgeraubten Arnheim entstammten. Die Nachforschungen werden noch fortgesetzt. ' Was die Frauen nicht haben. Jede Frau hat den treuesten Mann, die intelligentesten Kinder, den größten Aerger mit den Dienstboten, die besten Kochrezepte, die billigsten EinkaufSquellen — aber nichts zum Anziehen. sichern und zwar durch eine gesetzlich beglaubigte Separatbe- stimmung, kraft welcher der Universal-Erbe noch sechs Monate lang nach seinem Tode die Hälfte der Revenuen des großen Geschäfts, welche der alte Herr als Chef der Firma nach seiner Zurückgezogenheit unverändert fortbezog, nebst genauer Rech nungsablage mir allmonatlich auszahlen mußte. Ich hatte diese Summe bei der Bank zu belegen und nebst Zins und Zinseszins dort zehn Jahre zu belassen. Der Name des Erbe» befand sich in einem geschloffenen Umschlag, dessen Siegel erst nach Ablauf dieses Zeitraums geöffnet werden durfte. Der Zorn des Universal-Erben über die seltsame Bestimmung war groß, weil er das Geld ebenfalls für sich beanspruchte, doch konnte er nichts dagegen machen und fügte sich. Noch größer aber war seine Wuth, die wahrhaft beängstigend erschien, als er den Namen des Erben endlich erfuhr. „Der älteste Sohn meiner Tochter Cäcilie, verehelichte Heimdal, soll nach dieser unumstößlich testamentlichen Bestimmung der Erbe des nach meinem Tode durch den Herrn Notar Gebring während der sechsmonatlichen Verwaltung meiner Revenuen angesammelten Kapitals sein, das ihm nach zehn Jahren ausgezahlt werden soll. Falls er nicht mehr am Leben oder ein notorischer Ver schwender sein sollte, dann wird der zweite Sohn meiner Tochter, im letzten Falle aber obengenannter Notar mein Erbe sein." So lautete der Inhalt des Papiers, welches der Umschlag ent hielt. Ich habe diese für Sie so wichtigen Dokumente sammt seinem letzten Briefe unter meinem Notariats-Siegel bei dem zuständigen Gerichte deponirt." Er schwieg, und sah den jungen Mann, der aufmerksam ohne mit der Wimper zu zucken, zugehört hatte, erwartungs voll an. „Es freut mich, daß mein Großvater schon vor meiner Begegnung mit ihm versöhnliche Gedanken gehegt, ja, halb und halb sein Unrecht bereut hat," versetzte Leonhardt, wie wir ihn noch ferner nennen werden, „mich nimmt dabei nur zweierlei wunder, zuerst die Bestimmung eines zehnjährigen Zeitraums bis zur Bekanntmachung des Erben, da der Verstorbene doch unmöglich seinen baldigen Tod hat voraussetzen können, und zweitens der Umstand, daß der Universalerbe nicht die Verur theilung meines Vaters als wirksamen Einspruch erhoben hat." „Letzteres ist allerdings auch sofort geschehen," erwiderte der Notar, „er hat kein Mittel unversucht gelassen, dieses Kapital an sich zu reißen, doch nichts dadurch erreicht, als die
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