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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 12.03.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189503124
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18950312
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18950312
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1895
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Monat
1895-03
- Tag 1895-03-12
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Monat
1895-03
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Jahr
1895
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vor nicht gar langer Zeit erschienenen 7. Bandes von Heinrich Sybels „Begründung des Deutschen Reiches", daß die thörichten schaftlichen Vereinen Eula, Kesselsdorf, Tanne- Bismarck den Ausbruch des deutsch-französischen Krieges im - war sehr zahlreich besucht und eröffnete Herr Rittergutsbesitzer -eit, den Staat wtt selbst er- ammenkunft mit Crispi haben. Die „Neue Züricher Ztg." bespricht die kürzliche Debatte allgemeinen Vertrauens gelten kann, welches man ihm in den Juli 1870 durch allerhand diplomatische Treibereien herbeige- führt, vollständig haltlos sind. Niemand anders als die fran- Unterstellungen, als habe Fürst B i s m a r ck und immer wieder b e r g, Weistropp und Wilsdruff im Hotel zum Riamarck k-n k?« Nri-a-« 'N1! Adler hier heute Montag einbcrufene Bezirksv ersam mlu ng des deutschen Reichstages über den Milizantrag der So-1 Kreisen der Landwirthe entgegenbringt und welches auch von ^'aldemokraten, der dem schweizerischen Blatte darum gestellt' Nichllandwirthen ihm in weitem Umfange gezollt wird. Vaterländisches. Wilsdruff, 11. März. Die von den landwirth- setzen soll, anzusehen. Dieser Jrrthum verschlingt Milliarden und lähmt die Thatkraft der Menschen." Dazu bemerkt die „Straßb. Post": „Der Abgeordnete Winterer berührt da in der That eine empfindliche Wunde: der Gedanke an Selbsthilfe ist in manchen Kreisen völlig ausgelöscht. Für sie besteht nur der Gedanke an Staatshilfe. Die Sozialdemokraten mit ihrem Andrä dieselbe kurz nach Uhr nachm., um die Er schienenen und namentlich die Ehrengäste zu begrüßen, unter denen wir Herrn Regierungsrath Münzner-Dresden als Ver treter der Regierung, Herrn Oekonomierath Käferstein-Dresden und Herrn Professor Dr. Kirchner-Leipzig erblickten. Die hochwichtige Tagesordnung hielt die zahlreich Versammelten bei sammen und werden wir in einer unserer nächsten Nummern ausführlicher darauf zurückkommen. — Die Neuwahl für den Reichstag im 6. Wahlkreise des Königreiches Sachsen ist von dem Ministerium des Innern auf den 25. April festgesetzt und der Amtshauptmann zu Dresden-Allstadt, der Geh. Regierungsrath Or. zur. Schmidt, als Wahlkommissar bestellt worden. Der beregte Wahlkreis umfaßt wie seither die zur Zeit des Erlasses des Wahlregle ments vom 28. Mai 1870 zu den damaligen Gerichtsämlern Dresden (links der Elbe), Wilsdruff, Döhlen, Tharandt, Dippoldiswalde und Altenberg gehörig gewesenen Städte und ländlichen Ortschaften; namentlich sind demselben die inzwischen in die Stadt Dresden einverleibten Vororte Strehlen und Striesen noch zugehörig. — Bezüglich der bevorstehenden Ersatzwahl im 6. säch sischen Reichstagswahlkreisc ist die Reformpartei, wie wir dem „Dresdner Journal" entnehmen, an die konservative Partei leitung mit dem Ansinnen herangetrcten, die konservative Partei möge ohne Weiteres den von der Reformpartei aufzustellendcn Kandidaten unterstützen, und nicht etwa durch „eine konservative Sonderkandidatur" der Rcformpartei den Kampf gegen die Sozialdemokratie erschweren. Nachdem der seitherige, der Re formpartei angehörige Abgeordnete sein Mandat zu einem zweifellos höchst ungünstig gewählten Zeitpunkt niedergelegt und den Wahlkreis den Aufregungen eines neuen Wahlkampfes preisgegeben hat, ferner in Anbetracht der Thatsache, daß in der Stimmung der Wähler des 6. Wahlkreises ein starker Umschwung zu Gunsten der konservativen Partei stattgefunden hat, konnte man von Seiten der konservativen Partei auf das zum mindesten seltsame Ansinnen, den eventuellen reformerischen Kandidaten unbesehen ohne Weiteres zu acceptiren, selbstver ständlich nicht eingehen. Die konservative Partei wird dem nach für die Wahl eine eigene Kandidatur oufstellen, als welcher Herr Rittergutspächter Andrä zu Limbach bei Wilsdruff in Aussicht genommen ist. Herr Andrä ist durch fein Wirken gerade für die Interessen des kleinen Landwirthes genügsam be kannt, seine mit vielfachem Erfolge gekrönten Bestrebungen auf dem Gebiete der Darlehenskassen, des gemeinsamen Bezuges von Futter- und Düngemitteln rc., im landwirthschaftlichen Vereinswesen und im Kampfe gegen unlautere Gebarung im Handel mit landwirthschaftlichen Bcdarfsmitteln aller Art haben ihm die Sympathie der Landbau treibenden Bevölkerung schon seit langer Zeit gesichert. Herr Andrä ist außerdem Mitglied des LandeSkulturrathes und stellvertretender Vorsitzender des landwirthschaftlichen Kreisvcreins, was ebenfalls als Beweis des worden zu sein scheint, weil die Sozialdemokraten „die Macht des Heeres am besten brechen zu können glauben durch die Um wandlung in ein Milizheer." Es heißt in dem Blatte: „Die Schweiz mag infolge ihrer politischen Verhältnisse und ihrer geographischen Lage mit dem Milizsystem gut auskommen. Für Deutschland wäre es sicherlich ein Verderben. Die Sicherheit und die Machtstellung Deutschlands beruht jedenfalls auf der Stärke und Schlagfertigkeit seines Heeres. Mit dem Milizsystem würde es größere bewaffnete Mafien bekommen, aber kein schlag fertiges Heer mehr haben. Wie sich bei uns das heutige Mi lizsystem im Kriege bewähren würde, daß müßte sich übrigens auch erst zeigen. General Bourbaki hatte dreimal so viel Sol daten wie General Werder, und was für ein Ende Bourbakis Heer genommen, weiß jedermann in der Schweiz. Die Ver hältnisse in Europa liegen nun einmal so, daß alle Staaten sich bis zum äußersten bewaffnen. Zu Grunde gehen sie des wegen nicht. In der Weltgeschichte ist uns kein einziger Fall bekannt, daß ein Volk untergegangen wäre, weil es die Waffen immer bereit gehalten habe. Wohl aber ist das Gegentheil be kannt. Will man ein Heer haben, so soll man ein gut aus gerüstetes und feldtüchtiges Heer haben; denn das Geld für ein yalbgerüstetes und wenig feldtüchtiges Heer fit rein weggeworfen. Darum ist auch der Streit, ob das Milizsystem oder das stehende Heer mehr koste, ziemlich unnütz, freilich kostet das stehende Heer auf den Kopf der Bevölkerung mebr, als uns zum Beispiel unser Milizsystem. Und jedenfalls hat der einzelne Mann in Deutschland größere persönliche Opfer zu bringen als bei uns. Das ist aber das Loos des Bürgers jeden Großstaates. Doch die Hauptsache ist, daß die Stärke und Schlagfertigkeit des deut schen Heeres wesentlich zur Erhaltung des Friedens in Europa beitragen. Dafür ist die Versicherungsprämie, die der Deutsche mit den Opfern für das Heer zu zahlen hat, nicht zu groß. Die österreichische Regierung hat in ihrer Hülflosigkeit gegenüber dem Treiben der einheimischen Antisemiten bekanntlich Lie Intervention des Papstes angerufen, mit welcher Mission der Cardinal Graf Schönborn beauftragt wurde. Derselbe hat nach wochenlangem Aufenthalte in Rom in der That eine Kund gebung des Papstes in der Sache veranlaßt, in Gestalt eines Briefes Leo XIII. an den Prinzen Aloys Lichtenstein, des eigentlichen Führers der antisemitisch-klerikalen Fronde im österreichischen Abgeordnetenhause. Der Brief des heiligen Vaters spricht einen sanften Tadel der Art und Weise der antisemitischen Agitation in Oesterreich und fordert die antisemitisch-klerikale Partei zur Rückkehr zu ihrem ursprünglichen religiös-christlichen Programme auf, welcher Umkehr Leo XIII. seinen Segen ver heißt. Es ist indessen nicht sehr wahrscheinlich, daß die vä terliche Mahnung des Papstes auf die Prinz Lichtenstein, Lueger u. s. w. besonderen Eindruck machen wird. Der kürzlich unter persönlichem Vorsitz des Kaisers Franz Josef abgehaltene Ministerrath galt der Wahlreform-Frage. Der Monarch soll peinlich davon berührt sein, daß letztere Angelegenheit so gar keine Fortschritte macht. — Dresden, S. März. Der bisherige Oberbürger meister von Dresden, Geheimrath Dr. Stübel, ist beute Nach mittag gegen halb drei Uhr seinen Leiden erlegen. Mit Stübel ist ein um die Stadt Dresden hochverdienter und in den weitesten Kreisen geschätzter Beamter dahingeschieden, dessen Tod allgemein der tiefsten Theilnahme begegnet. Stübel ent stammte einer alten Juristenfamilie. Er war geboren am 3. April 1827 in Dresden, besuchte von 1839 bis 1841 die Kreuzschule, von da bis 1846 die Fürstenschule in Meißen und studirte dann in Leipzig Rechtswissenschaft. Er arbeitete zunächst in verschiedenen Anwaltskanzleien in Leipzig und Dres sen, um sich 1853 in Dresden als Advokat niederzulassen. Anfang 1856 trat er in das Stadlverordnetenkollegium ein, oem er bis August 1866 angehörte und in dem er das Amt ves ersten Vizevorstehers bekleidete. Am 25. Juli 1866 wurde er besoldeter Stadtrath und als 1875 Bürgermeister Neubert in den Ruhestand trat, zweiter Bürgermeister Am 25. April 1877 kam er als Nachfolger Pfotenhauers auf den Posten deS Oberbürgermeisters Größe und Vornehmheit der Gesinnung, Edelmuth und Willensstärke, wie eisernes Pflichtgefühl waren seine Hauptcharaktereigenschasten. — Als deutschsozial-reformerischer Kandidat für den Wahl kreis Dresden-Land wird neuerdings der Stadtverordnete Bau meister Hartwig in Dresden genannt. — Auf dem Geburtstagstische des Fürsten Bismarck werden am 1. April die Diplome derjenigen Städte, die aus Anlaß des 80. Geburtstages Seine Durchlaucht zu ihrem Ehrenbürger ernannt haben, wetteifern mit den Glückwunsch- adrefien der Städte, die schon von früher her den großen Mann mit Stolz ihren Ehrenbürger nennen, sie werden wetteifern der Zahl wie der künstlerischen Ausstattung nach. Der Stadt Dresden erschien es jedoch nicht ausreichend, diese Glück- wunschadrefien ihrerseits um eine zu vermehren, dies um so weniger, als sie in dieser Gestalt bereits bei dem 70. und dem 75. Geburtstage ihres Ehrenbürgers diesem ihre Glückwünsche dargebracht hat. Wohl aber begegnete der Vorschlag, aus An laß des 80. Geburtstages des Alt-Reichskanzlers einebesondere „Bismarck-Stiftung für Dresden" zu errichten, in beiden städtischen Kollegien ungetheilter, freudiger Zustimmung. Diese Stiftung soll m Höhe von 30,000 Mark in's Leben gerufen werden, die Zinsen davon sollen alljäbrlich am 1. April an strebsame Söhne Dresdner Bürger und insbesondere solcher Männer, die im öffentlichen Leben um das deutsche Reich, das engere sächsische Vaterland oder die Stadt Dresden sich Ver dienste erworben haben, ohne Unterschied des Berufs oder Standes zu ihrer weiteren Ausbildung oder zum Zwecke befielen Fort kommens gewährt werden. Selbstverständlich soll zunächst die Genehmigung des Fürsten Bismarck zur Errichtung einer solchen Stifiung, die seinen Namen trägt, und seine Zustimmung zu der bezeichneten Att der Verwendung eingeholt werden. Sobald dies geschehen, soll die Urkunde der „Bismarck-Stiftung für Dresden" in entsprechender Ausstattung von geübter Hand an gefertigt werden, und zwar in zwei Exemplaren, von denen das eine nach der Vollziehung durch den Fürsten und die städtischen Kollegien im Besitze des Fürsten verbleibe», da» andere aber dem Rathsarchive einverleibt werden soll. Der Rath hat in seiner Sitzung vom 19. Februar alle diese An träge einstimmig zum Beschluß erhoben; ebenso ist das Stadt- verordnetenkollegium in einer am 7. März nach Schluß der öffentlichen Sitzung abgehaltenen geheimen Sitzung einmüthig der RathSvorlage beigetreten. Nur haben die Stadtverordneten an die Zustimmung den Wunsch geknüpft, es möchten die näheren Bestimmungen über die Stiftung in einem Regulative sestgelegt und dasselbe den Stadtverordneten zur Genehmigung vorgetegt weroen. Das Sttftungskapital selbst wird den Be- triebsübenchüfien des vorjährigen Haushalts entnommen. Der 80. Geburtstag des um unser Vaterland so hochverdienten theuren Mannes wird überall, wo deutsche Herzen schlagen, mit Freude und mit Dank gegen die Vorsehung begangen, die ihn einen solchen Jubel- und Ehrentag erleben ließ. Die Dresdner Bürgerschaft rüstet sich soeben zu einer wahrhaft imposanten Bismarck-Feier. Die „Bismarck-Stiftung für Dres den" ist bestimmt, die Erinnerung an des Fürsten 80. Ge burtstag in unserer Stadt von Geschlecht zu Geschlecht lebendig zu erhalten. Man darf wohl annehmen, daß die Genehmigung Seiner Durchlaucht zur Errichtung dieser Stiftung und zu ihrer Verwendung nicht ausbleiben wird; darüber, daß die Bürgerschaft Dresdens es einmüihig und freudig gutheißt, daß der unsterbliche Name des großen Staatsmannes in solcher Weise in untrennbare Verbindung mit der Stadt Dresden selbst gebracht werde, ist uns nicht zweifelhaft. — Zu einem Dresdner Bürger und Handwerksmeister, der gleichzeitig das Amt eines Armenpflegers bekleidet, kam dieser Tage ein Arbeiter und verlangte eine Bescheinigung in einer Armenangelcgenheit. Der Pfleger konnte dies in der ge wünschten Weise nicht ausstellen und setzte dies dem Arbeiter auseinander, allein dieser wollte sich nicht belehren lassen, ge- rieth in Wuth und packte piötzlich den Pfleger am Halse, in dem er ihm gleichzeitig Faustschläge aus den Kopf versetzte, die blutende Verletzungen hervcrriefen. Infolge des Ueberfalles stürzte der Mißhandelte mck dem Angreifer zu Boden, dort aber gelang es dem Ersteren, den Arbeiter zu packen und zu bändigen. Er hielt ihn so lange fest, bis polizeiliche Hilfe her- beigwufen war, worauf der gewaltthätige Mensch abgeführt wurde. Derselbe soll bei der Behörde schon genugsam be kannt sein. — Das Unterlassen der Hausflurbeleuchtung hat einem Manne in einem Orte bei Falkenstein das Leben gekostet. Derselbe war vor einer offenstehenden Kellerthür zu Fall ge kommen und die Kellertreppe hinuntergestürzt. Der Verwalter des Hauses, welchem die Beleuchtung des Houses oblag, ist nicht nur zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurtheilt worden, sondern er wird auch von den Angehörigen des Ver unglückten civilrechtlich belangt werden. — In Hohnstein (sächs. Schweiz) erlitt am Dienstag Nacht der Gendarm Than, als er von seinem dienstlichen Aus gange heimkehren wollte, einen bedauernswerthcn Unfall. Zwischen der Zeschniger Bergschänke und der Stadt glitt er auf der glatten und abschüssigen Straße aus und brach ein Bein. Da ec sich nicht wieder zu erheben vermochte, rief er um Hilfe, was aber ohne Erfolg blieb. So mußte der Unglückliche von Abends 11 Uhr bis früh nach 5 Uhr in der bittersten Kälte liegen bleiben, ehe man ihn auffand. zösische Kriegspartei am napoleonischen Hofe, insonderheit der damalige französische Kriegsminister Herzog von Gramont, hat den Anlaß zum Kriege gesucht und die Kriegserklärung Frank reichs an Preußen vom Zaune gebrochen. Dieser Kern des ganzen Streits wird durch die geschichtliche Thatsache nicht ver dunkelt, daß die inneren Ursachen des Krieges in dem Sträuben der kaiserlichen Frankreichs gegen den nationalen Zusammen schluß der Deutschen beruhten. Aber der Krieg brach aus,! weil Frankreich ihn wollte, und treffender und knapper kann die Lage nicht gezeichnet werden als indem einen Satze Sybels: „Der opferreichste Krieg des Jahrhunderts wurde am 6. Juli wegen eines aus der Luft gegriffenen Argwohnes veranlaßt, am 13. durch eine ungebührliche Zumuthung unvermeidlich, am 15. auf Grund einer ministeriellen Fälschung entzündet." Und dieser ministerielle Fälscher war der französische Kriegs minister Herzog von Gramont, welcher die friedliche Lösung unterschlug und durch die Pariser Volkshausen zum Kriege Hetzen ließ. Gegen die übertriebenen Ansprüche an den Staat wendet sich der Abgeordnete Winterer in seinem „Arbeiterfreund" mit sehr beherzigenSwerthen Worten. Er sagt u. a. folgendes: „Alles ruft den Staat um Hilfe an. Er soll der Brotvater sein. Er soll alles in seinen Schutz nehmen. Wo er nicht direkt besoldet, soll er wenigstens unterstützen. Ueberall aber, wo der Staat seine Hand hinlegt, muß er Geld haben und viel Geld. Einerseits erhebt man sich gegen die zunehmende Steuerlast, andererseits fordert man, daß der Staat immer mehr sich in alles mische. Der Staat trägt folglich nicht allein die Schuld, wenn er immer neue oder vermehrte Steuern haben gelegentlich des Aufenthaltes Kaiser Wilhelms in Abbazia der- elbe den König Humbert in Monza besuchen, und auch der Reichskanzler Furst Hohenlohe wird, wie es heißt, eine Zu muß. Hören wir auf, an den Staat immer neue Forderungen zu stellen. Es ist der fatalste Jrrthum unserer Ze' als den allgemeinen Helfer in der Noth, der G Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm ist im besten Wohlsein am Epätabend deS Freitag von seinem winterlichen Ausfluge nach der Nord seeküste wieder in Berlin eingetroffen. Der Ausflug erlitt in seiner Ausführung gegenüber dem festgesetzten Programm inso fern eine Abänderung, als der projektirt gewesene Aufenthalt des Kaisers auf der Insel Helgoland wegfallen mußte, der hohe Seegang an der Helgoländer Küste ließ eine Landung nicht rathsam erscheinen. Im Uebrigen ist die Fahrt programmge mäß verlaufen, der hohe Herr hat nach dem Besuche in Wil helmshafen die Schleußenbauten und sonstigen Canalanlagen bei Brunsbüttel besichtigt und dann auch die neuen Hafenan lagen in Bremerhafen in Augenschein genommen. Der Aus flug fand mit einem zweistündigen Besuche des Kaisers in der alten Hansastadt Bremen am Freitag Nachmittag seinen Ab schluß; hier nahm der Monarch als Gast des Senats ein Frühstück in dem berühmten Rathskeller ein, worauf er nach Berlin zurückreiste. Am Sonnabend waren eS sieben Jahre, daß Kaiser Wilhelm I. die Augen schloß. Im Mansoleum zu Charlotten burg, wo die irdischen Ueberreste des Kaisers neben denen der kaiserlichen Gemahlin zur ewigen Ruhe gebettet sind, wurden schon in früher Morgenstunde kostbare Kranzspenden niedergelegt, als erste, wie alljährlich, die der großhcrzoglichen Tochter. Außer dem Kranze der Großherzogin von Baden hatten das 1. Garde- regiment zu Fuß und da« Husarenregiment König Wilhelm I. (1. rheinisches) Nr. 7 in Bonn ihre Kranzspenden bis 10 Uhr vormittags dargebracht. Gegen 10^ fuhren Ihre Majestäten vor dem Mausoleum vor, begaben sich in die Gruft und legten einen kostbaren Kranz am Sarge des kaiserlichen Großvaters nieder, längere Zeit daselbst im stillen Gebet verweilend. Im Reichstage gelangte am Freitag das Ordinarium des Militäretats zur völligen Erledigung. Die Debatten verliefen in genannter Sitzung außergewöhnlich ruhig und fried lich und treten eigentlich nur durch die Erörterung des vom Centrumsabgeordneten Dr. Schädler beim Titel „Victualien- Verpflegung" des Kapitels „Natural-Verpflequng der Truppen" gestellten Anttages auf Verabreichung warmer Abendkost an die Mannschaften ein allgemeineres Interesse dar. Von Seiten des Centrums und der Sozialdemokraten wurde der Antrag Schädler befürwortet, während die Redner der Nationalliberalen und der Freisinnigen gegen denselben finanzielle Bedenken geltend machten, welchen Standpunkt auch die Regierungsvertreter ein- nahmen. Der Antrag Schädler ging schließlich an die Bud- getkommisston. Der Rest deö Ordinariums fand in ziemlich interesseloser Weise ihre Erledigung. Es ist ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß sich die deutschen Vaterlandsfreunde rüsten, den 80. Geburtstag des großen staatsmännischen Begründers des Deutschen Reiches festlich zu begehen in demselben Jahre, da nach einem Viertel- jahrhundert die großen Tage nationaler Begeisterung in be sonders feierlicher und geschichtlich mehr denn je abgeklärter Weise an unserem geistigen Auge vorüberziehen. Wir wissen bereits aus den auf Urkunden beruhenden Darstellungen des Zukunftsstaate; die Agrarier mit ihrem Antrag Kanitz; die Gewerbetreibenden und Handwerker mit ihrer Forderung obliga torischer Innungen — sie blasen da alle in dasselbe Horn. Und der Staat macht zu allen diesen Forderungen ein süßsauer- freundliches Gesicht und verspricht stets, die Sache „in wohl wollende Erwägung" zu ziehen. Mit oiescm Hangen und Wür gen schleppen wir uns aus dem einem Jahr in das andere hinein." Wie dem „B. T." aus Venedig gemeldet wird, wird
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