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TharM DD, Menlehn Md die UniMendtii. Imlsblult für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis Viertels, s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern 10 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. - )nsertionspreis sO pf. pro dreige spaltene Lorpuszeile. sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Alisdrusi. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Ro. 18. Sonnabend, den 9. Februar 1895. Bekanntmachung. Nach § 55 des Reichsgesetzes vom 5. Mai 1886 und nach Bestimmung von § 30 des Statuts der land- und forstw. Berufsgenvssenschaft ist von jeden» in einem ver sicherten Betriebe verkommenden Unfall, durch welchen eine in demselben beschäftigte Person getödtet wird oder eine Körperverletzung erleidet, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, von dem Betriebsunternehmer sowohl bei der Ortspolizeibehörde als bei -em zuständigen Vertrauensmanns binnen zwei Tagen Anzeige zn erstatte»» und nach § 26 des Statuts sind die Genossenschaftsmitglieder verpflichtet, Aenderungen ihrer Betriebe, welche für die Zugehörigkeit des Betriebs zur Genossenschaft oder für die Umlegung der Beiträge von Bedeutung sind, (z. B. Grundstücksoerpachtungen und -Verkäufe) binnen zwei Wochen nach Eintritt der Aenderung dem Mündigen Vertrauensmanne anzuzeigen. Unterlassung dieser Anzeige zieht Strafe nach sich! Wilsdruff, am 24. Januar 1895. Der Bürgermeister. ^iAker. Das autokratische Negierungsprinzip in Rußland. Czar Nikolaus 2. hat bekanntlich jüngst beim Empfange einer Anzabl von Deputationen des Adels, städtischer und land- wirthschaftlicher Vertretungskörper u. s. w. eine bemerkenewerthe Ansprache gehalten, in welcher er erklärte, an dem autokratischen Negierungsprinzip seines verstorbenen Vaters fcsthalten und dem konstitutionellen und liberalen Geiste der Neuzeit nicht die ge ringsten Zugeständnisse machen zu wollen. Diese Kundgebung des jugendlichen Russenkaisers hat in Rußland selbst wie außer halb der Grenzen des Czarenreiches vielfach Ueberraschung her- vorgeiufen, weil von ihm das Gerücht ging, er sei literalen Umwandlungen zugängig und weil auch verschiedene Akte Niko laus II. bei Uebcrnadme der Regierung davon zu zeugen schienen, daß er seines Herrscheramtes im modernen Geiste walten wolle. Nunmehr aber liegt die öffentlich abgegebene Versicherung des jetzigen Czaren vor, daß auch er gleich seinen Vorgängern auf Rußlands Throne an dem bisherigen absolutistischen System festhalten wolle, demnach muß man damit rechnen, daß in Ruß land auch fernerhin die Grundsätze des autokratischen Regiments des Czarenthums gewahrt bleiben. Im Interesse des liberalen Fortschrittes, der Einbürgerung neuzeitlicher politischer Errungenschaften in dem gewaltigen Reiche des europäischen Ostens, mag es vielleicht bedauert werten, daß daselbst Alles beim Alten bleiben soll, aber bei nüchterner Erwägung der russischen Verhältnisse stellt sich die Sache doch anders dar. Es ist wohl kaum fraglich, daß Ruß land im Großen noch immer nicht re>f für die modernen Formen des politischen und öffentlichen Lebens ist, dazu war dasRiesen- rcich viel zu lang- der westeuropäischen Kultur verschlossen. Nur eine verbältnißmäßig dünne Schicht der russischen Bevölkerung drängt nach politischen Neuerungen, nach parlamentarischer Ver tretung, Preßfreiheit und all den sonstigen Einrichtungen kon stitutioneller Staaten. Die große Mehrheit des Russenvolkes aber lebt noch in der Dämmerung einer halbasiatischen Kuliur, sie befindet sich noch auf einem merkwürdig tiefen geistigen Ni veau und diesen Zuständen entsprechen auch die gcsammten übrigen Verhältnisse des Landes, die meist mehr oder weniger der Entwickelung Westeuropas nachstehen. Da würden sich um stürzende Regierungsmaßnahmen im Sinne konstitutionell re gierter Staaten allerdings als höchst gefährliche Experimente für Rußland erweisen, und die plötzliche Preisgabe des auto kratischen Prinzips würde in diesem Staatswesen vermuthlich eine so heillose Verwirrung Hervorrufen, daß als bald zu dem alten System zurückgekehrt werden mußte. Wahrscheinlich sind es denn auch Erwägungen dec gedachten Natur gewesen, welche Czar Nikolaus veranlaßt haben, die bis- h-rige RMrungSmelbode für Rußland beizubehalten und somit von der Einiübrung einer liberalen Aera nach westeuropäischem Muster abzulehen. Dabei ist er jedoch offenbar keineswegs gesonnen, ans dem starren Standpunkte des vorigen Czaren in allen Stücken st-bm zu bleiben und das sanatiich-orthodoxe Russentbum überall im Lande zur Geltung zu bringen. Es liegen schon manche Beweise dessen vor, daß der jugendliche Selbstbcirscher »aller Reußen* toleranteren Gesinnungen, als sie sein Vorgänger hegte, zum Durchbruche verhc.fen, daß er namentlich den fremden Nationalitäten in Rußland wieder mehr BewegungSfre'beit gönnen wird. Man darf also vielleicht hoffen, daß Nikclaus II. bei aller Aufrechterhaltung des autokratischen Regierungssystems doch gewissen Reformen den Weg dadnen wird, und man kann nur aufrichtig wünschen, eS möge seine Regierung mit ruhiger Entschlossenheit auf dieser Bahn weiter- sch,eii-n. '.sticht eine Plötzliche, gewissermaßen gewaltsame An passung an die Verhältnisse anderer Culturstaaten kann Rußland sie ihm ja gewiß so nvthwendige innerer Weiterentwick-lung aus anderen Grundlagen bringen, sondern nur ein schrittweises, ganz allmähliches und den Bedürfnissen und Gewohnheiten des vielfach so seltsam gearteten moskovitischen Reiches entsprechen des Hncingleiten in die Bahnen moderner Culturländer. Frei lich steht zu befürchten, daß die nihilistischen Verschwörer in ihrer Ungeduld, Rußland mit einem Ruck vorwärts gebracht zu sehen, in diesem Sinne abermals durch Attentatsversuche gegen den obersten Träger der herrschenden Gewalten und deren Diener demonstriren werden, was aber sicherlich nur zum Unheile Ruß lands wäre, denn zweifellos würde der junge Czar mit der voll ständigen Rückkehr zu dem starren sich nicht auf die geringsten Compromisse einlassenden Standpunkte Kaiser Alexanders III. antworten. Tagesgerichte. Nach dem Berufe wird bei jeder VoIks zä hlung gefragt; cs ist das eine der Fragen, die, auch ohne daß ihre statistische Ausnutzung beabsichtigt wird, nicht wohl zu entbehren sind, wenn das Hauptziel einer Volkszählung: die richtige Feststellung der Gcsammtbevölkerung, sicher erreicht werden soll. Die am 14. Juni d. I. vorzunehmende Erhebung hat in der Erforschung der Berufsthätigkeit der Bevölkerung ihren Schwerpunkt; da durch unterscheidet sie sich von einer gewöhnlichen Volkszählung, und um dies schon äußerlich hervortreten zu lassen, bezeichnet man sie als Berufszählung. Unter diesem Gesichtspunkte ist die ganze Einrichtung der Aufnahme geplant. Auf die richtige Nachweisung des Berufe» und der Stellung, in der er ausgeübt wird, legt das Hauptformular der Zählung, die Haus haltungsliste, besonderen Nach: ruck. ES wird betont, daß zu nächst der Beruf selbst so genau als möglich anzugeben sei, daß allgemeine Ausdrücke, wie Fabrikant, Kaufmann, Arbeiter, nicht genügen, daß vielmehr der besondere Zweig der Fabrika tion, des Handwerks, Handels oder sonstigen Berufes genannt werden soll, wie z. B. Strumpiwaarenfabrikation, Baumwollen spinnerei, Matarialwaarenhandlung u. s. w. Sodann soll auch die Berufsstellung bestimmt angegeben werben; ob der Betref fende selbständig ist, — als Eigenthümer, Pächter, Meister u. s. w. —, oder ob er als Verwalter, Buchhalter, Werkführer u. s. w. zum geschäftlichen Bureau- und Aufsichtspersonal ge hört oder ob er in einem anderem Arbeitsverhältnisse sich be findet, z. B. als Knecht, Geselle, Fabrikabeitcr, Knappe, Laden diener u. s. w.. Wer außer einem Hauptberufe noch einen Nebenberuf ausübt, hat auch diesen, und wenn es sich um ver schiedene N-benb-rufszweig- handelt, jeden einzelnen zu verzeich nen. Für diese Angaben über den Nebenberuf und die Stell ung in ihm enthält das Formular besondere Spalten. Di- Berufszählung von 1882 ging in der Betonung des Haupt zwecks der Erhebung >o weit, daß sie für die noch Nicht 14 Jahre alten Kinder, sofern sie nicht schon berufsmäßig beschäftigt wurden, nur eine summarische Angabe verlangte. Da sich aber herausgestellt hat, dag infolge dieses Verfahrens ein nicht un beträchtlicher Theil der Kinder ungezählt geblieben ist, wird dies mal die namentliche Aufführung jeder einzelnen Person, auch des neugeborenen Kindes, in dec Haushaltungsliste gefordert. Das Verfahren wird also in di sem Punkte das nämliche sein, wie bei dm Volkszählungen. Auf diese Weise wird, wenn eine Volkszählung nach den bisher innegehaltenen Zwischenräumen am 1. Dezember 1895 vorgenommen wird, in dem laufenden Jahre der Unterschied zwischen der örtlichen VeruAheilung der Bevölkerung im Sommer und im Winter festgestcllt werden. Es ist klar, daß in nicht wenigen Fällen die Zähler, denen nicht bloß die Austheilung und Einsammlung der Formulare, son dern auch deren Pr fung auf fachgemäße Ausführung und oft genug die Ausfüllung selbst zusällt, durch die Beantwortung ver Fragen nach den Berufsverhältnissen sehr in Anspruch ge nommen werden. Läßt sich auch vielfach der Beruf ohne wei teres angeben, so wird es doch in anderen Fällen nöthig sein, zu erörtern, ob neben der Beschäftigung zur ZählungSzeit noch regelmäßig zu einer anderen Jahreszeit eine andere auszeübt wird, ob eine erwerbende Thätigkeit als eine berufsmäßige an zusehen ist, ob eine solche Thätigkeit — z. B. bei Hausfrauen — in der Rubrik für den Hauptberuf oder in der für den Nebenberuf zu nennen ist und dergleichen mehr. Von diesem Gegenstände darf daher die Aufmerksamkeit nicht durch allzu viele andere Fragen abgelenkt werden, wenn man ein getreues Bild der beruflichen Thätigkeit des Volkes durch die Zählung gewinnen will. Von diesen Erwägungen haben die amtlichen Statistiker, von denen die veröffentlichten Formularentwürfe aufgestellt sind, sich leiten lassen, wenn sie hinsichtlich anderen, mit der Berufszählung zu verbindender Erhebungen möglichste Beschränkung empfohlen haben. Abgesehen von den Jndividu- alangaben über Geschlecht, Alter, Familienstand, Religionsbe- kenntniß und von der Kennzeichnung der Hausindustriellen und Hausirer als solche, sowie von den Angaben, die für die Auf stellung der Gewerbebogen und der Landwirthschaftskarten er forderlich sind, sollen durch die Haushaltungsliste nur noch Er mittelungen stattfinden: 1) über die Beschäftigungslosen, 2) über die unter das Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz fal lenden Per'onen. In ersterer Beziehung werden für alle Ar beitnehmer, mit Ausschluß der dauernd völlig Erwerbsunfähigen die Fragen gestellt: ob sie sich zur Zeit der Zählung in Ar beit (Stellung) befinden; wenn nicht, seit wieviel Tagen fie außer Arbeit (Stellung) sind und ob etwa wegen vorübergehen der Arbeitsunfähigkeit. Es läßt sich erhoffen, daß bei wahr- heitsgerreucn Angaben der Stand der Arbeitslosigkeit auf diese Weis- zutreffend ermittelt wird. Freilich geschieht dies für einen Zeitpunkt, an welchem es nicht an Arbeit zu mangeln pflegt. Um auch den Stand der Winterszeit kennen zn lernen, ist daher bei der Ausarbeitung der Formulare angeregt worden, daß diese Erhebung gelegentlich der Volkszählung wiederholt werde. Nach der anderen Richtung lauten die für alle über 16 Jahre alten Personen gestellten Fragen: einmal ob sie gegen baaren Lohn beschäftigt sind, ferner, ob für sie eine Ouitttungs- kaite für die gesetzliche Jnvaliditäts- und Altersversicherung ausgestellt und in Gebrauch ,st. Man will dadurch annähernd dic Zahl der Versicherungspflichtigen und die Zahl der wirklich Versicherten feststellen und damit ein noch fehlendes statistisches Hilfsmittel für die Durchführung der Jnvaliditäts- und Alters versicherung gewinnen. Es ist selbstverständlich, daß die Aus kunft, die auf diese Fragen ertheilt wird, lediglich zu statistischen Zusammenstellungen, nicht aber zu einem Vorgehen gegen den einzelnen wegen Nichterfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen benutzt werden würde — wie überhaupt bei dieser Aufnahme die Benutzung der sämmtlichen Angaben zu andern als statisti schen Zwecken ausgeschlossen ist. Die zweitägige Ruhepause des Reichstagsplenums vom vergangenen Sonnabend und vom letzten Montag hat l-ider nicht dazu beigetragen, die Theilnahme der Abgeordneten an den Plenarverhandlungen endlich wieder zu erhöhen. Denn in der DienStagSsttzung des Hauses zeigte sich abermals die Beschlußunsähigkeit der „hohen" Versammlung, es stellte sich im Verlaufe der Sitzung die Anwesenheit von nur 166 Mit gliedern heraus. Die weiteren Verhandlungen mußten dem nach abgebrochen werden, was allerdings nicht ohne eine Rüge des Präsidenten an die allgemeine Adresse einer Anzahl Abge ordneten der Linken geschah, welche vor Erledigung der festge setzten Tagesordnung den Saal verlassen hatten. Was die ge pflogenen Verhandlungen selbst anbelangt, so wurden zunächst die Vorschläge der Geschäftsordnungskommisston über die künftig einzuschlagende Reihenfolge in der Behandlung von Initiativ anträgen debattelos genehmigt. Dann beschäftigte sich das Haus mit dem Anträge des Abgeordneten Ancker (freis. Volkspartei) auf Vorlegung eines Reichsgesetzes über die Abgrenzung, bezw. Neueintheilung der Reichstagswahlkreise. Abg. HermeS von der freisinnigen Volkspartei begründete den Antrag durch die Darlegung der haltlosen Zustände, welche sich vielfach für die einzelnen Wahlkreise durch das rapide Wachsthum ihrer Ein wohner- und Wählerschaft seit dem Bestehen des jetzigen Reichs-