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Erscheint . wöchentlich dreimal u. zwarDienZi' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel). ( Mk. 30 j)f., durch die Post bezogen ( Mk.55pf. Einzelne Nummern (0 Pf. - ThlllM Kojseil, Zitbknlthll und die Umgegenden. Imlsölalt Inserate werden Montags, Mittwochs mH Freitags bis spätestens Mittags (2 Uhr angenommen. Jnsertionspreis s O pf. pro dreige» spaltens Lorpuszeile. für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A Berger daselbst. No. S. Sonnabend, den IS. Januar 18SS. Bekanntmachung. Erneut werden die Arbeitgeber darauf aufmerksam gemacht, daß nach 8 49 des Krankenversicherungsgesetzes jede von ihnen beschäftigte, verstcherungspflichtige Person spätesten« am -ritten Tage nach Beginn der Beschäftigung zur Krankenkasse an- und bei erfolgtem Austritt aus der Beschäftigung binnen gleicher Frist von derselben wieder abzumel-en ist. Arbeitgeber, welche dieser ihnen gesetzlich obliegenden Meldepflicht nicht genügen, werden nach § 81 des Krankenversicherungsgesetzes in der Fassung vom 10. April 1892 mit Geldstrafe bis zu 20 Mk. bestraft und sind außerdem nach 8 50 dieses Gesetzes verpflichtet, alle Aufwendungen zu erstatten, welche die Krankenkasse zur Unterstützung einer vor der An meldung erkrankten versicherungspflichtigen Person gemacht hat. Wilsdruff, den 18. Januar 1895. Der Vorstand des Krankenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung, die städtischen Anlagen betreffend. Das für das Jahr 1895 aufgestellte Anlagen-Cataster der Stadt Wilsdruff liegt vom Montag, den 21. dieses Monats, ab in der hiesigen Stadtkämmerei zur Einsichtnahme für die betheiligten Anlagepflichtigen aus und sind etwaige Reklamationen gegen die darin ausgeworfenen Beträge binnen 14 Tagen, vom Auslagetage an gerechnet, bei dem unterzeichneten Stadtgemeinderathe anzubringen. Gleichzeitig machen wir darauf aufmerksam, daß Reklamationen gegen die Höhe der in dem gedachten Cataster angesetzten Anlagebeträgc nicht die Wirkung eines Aufschubes der Bezahlung derselben haben können. Wilsdruff, am 17. Januar 1895. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung eingegangener Gesetze im Monat Dezember 1894. Gesetz und Verordnungsblatt sür das Königreich Sachsen. 12. Stück. Nr. 56 Verordnung, die Vertretung des SraatsfiSkus in gewissen Fällen betr. S. 179. Nr. 57 Bekanntmachung, die Gemeindeverfassung der Stadt Markranstädt betreffend. S. 180. Reichsgesetzblatt. Nr. 43 (2202) Bekanntmachung, betreffend Ergänzung der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkeh^ beigefügten Liste. S. 533. Nr. 44 (2203) Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien über die Auslieferung der Verbrecher zwischen den deutschen Schutzgebieten, sowie anderen von Deutschland abhängigen Gebieten und den Gebieten Ihrer Großbritannischen Majestät. S. 535. Nr. 45 (2204) Bekanntmachung, betreffend Ergänzung uns Berichtigung der dem internationalen Uebereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr beigefügten Liste, b. 541 Nr. 46 (2205) Bekanntmachung, betreffend die Befreiung vorübergehender Dienstleistungen von der Jnvaliditäts- und Altersversicherung. S- 543. Diese Eingänge liegen 14 Tage lang zu Jedermanns Einsicht hier aus. Wilsdruff, den 17. Januar 1895. Der Stabtrat h. Ficker, Brgmstr. Rieß. Die große politische Krisis in Frankreich. In der französischen Republik ist über Nacht eine große politische Krisis auögebrochen, welche ihren schärfsten und bedenk lichsten Ausdruck in dem Rücktritte des Oberhauptes der fran zösischen Republik, des Präsidenten Casimir Perier, findet, denn dieser erst einige Monate auf dem Präsidentenstuhle der fran- rkstschen Republik sitzende Staatsmann hat am 15. Januar Abends dem Eenatspräsidenten, welcher in diesem Falle der Prä sident der französischen Nationalversammlung, welche aus den Mitgliedern des Senats und der Deputirtenkammer besteht, ist,. seinen Rücklntt von seinem hohen Amte angezeigt. Wahrschein lich werden die zur Nationalversammlung berufenen Senatoren' und D.putirten schon am Donnerstag, spätestens am Freitage die Wahl des neuen Präsidenten der Republik vollziehen, und man darf sehr neugierig darauf sein, ob sich die französischen Republikaner zu diesem großen politischen Akte wiederum mög lichst einigen und bei der schon wiederum nothwendigen Präsi dentenwahl abermals der Welt zeigen, daß der republikanische Gedanke in Frankreich noch mächtig und staatserhaltend ist. Forscht man nach den wichtigen Ursachen der großen Krists in Frankreich und des plötzlichen Rücktrittes des Präsidenten Casimir Perier, so liegt die Antwort nicht einfach. Eine be kannte Tbatsacde ist zunächst, daß die inneren Schwierigkeiten in Frankreich für die republikanische Regierung immer in neuer Form entstanden und gewachsen sind. So hat die sogenannte Eisenbabnfrage das Ministerium Dupuy zu Falle gebracht, in dem wegen der widerspruchsvollen Eisenbahn-Conventionen, welche seiner Zeit die Regierung mit der Orleans-Bahn und der Südbahn abschloß, die Deputirtenkammer den Antrag des Deputirten Millerand angenommen hat, daß der damalige Eisen bahnminister Reynal durch eine Commission in se ner Amts führung controllirt und nötigenfalls auf den Antrag dieser Com mission wegen im Amte begangener Verbrechen in Anklagezu- ,'and zu versetzen sei. Während nämlich in allen übrigen fran zösischen Eisenbahn-Conventionen die Garantiezeit, welche der Staal für die Zinsen der Eisenbahnschulden zu leisten hat, ge nau nach Jahren angegeben ist, fehlt unbegreiflicher Weise in den Vorträgen mit der Südbabn und der Orleansbahn diese fixirte Angaben, und der französische Staat hat dieserhalb einen Prozeß vor dem StaatSrathe gegen oiese beiden Eis nbahn-Ge- fillschaften geführt. Dieser Prozeß ist aber zu Gunsten der ge nann en Eisenbahn-Gesellschaften entschieden worden und der französische Staat hat deshalb für I V4 Milliarde Garantie zu leisten. Darüber ist natürlich die radikale und sozialistische Op position in der Deputirtenkammer Feuer und Flamme, und viele andere gemäßigtere Republikaner sind deshalb auch zur Opposi tion überganzen. Die Rathlosigkeit im französischen Regierungö lager ist deshalb so groß, ^aß nicht nur das Ministerium, son- auch der Präsident Casimir Perier seine Entlassung genommen hat. Freilich wirft diese rasche Abdankung angesichts der großen politischen Verwirrung kein gutes Licht auf die staatsmännischen Eigenschaften und die Charakterstärke des Präsidenten Casimir Perier. Oder sollte ein Abdankungsgrund vorhanden sein, der sich noch den Blicken der Politiker entzieht? Tagesgeschichte. Im Reichstag machte sich nach kurzem Anlauf zum Besseren bereits wieder das alte Uebel der schwachen Besetzung unangenehm geltend. Schon in der Montagssitzung, in welcher die Interpellation Hasse über den Schutz der Deutschen im Auslande zur Erledigung gelangte, trat dieser fatale Umstand deutlich genug bervor, aber noch schwächer war die Besetzung des Hauses am Dienstage, kaum fünf Dutzend Abgeordnete waren zur Stelle, obgleich mit der Interpellation Heyl über die Errichtung von Handwerker- und Gewerbekammern von reichswegen eine wirtige sozialpolitische und volkswirthschaftliche Frage auf der Tagesordnung des Reichstages stand. An der Debatte hierüber betbeiligteu sich die Abgeordneten Hitze (C.), Richter (frei!. Volksp.), Jakobskötter (konf.), Bock (soz.) und v. Cegielsti (Pole), sowie regierungsseitig Handelsminister v. Berlepsch uno Staatssekretär v. Bötticher. Indessen wurde von keiner Seite die ganze Frage unter einem wesentlich neuen Ge sichtspunkte beleuchtet, die Redner der einzelnen Parteien be gnügten sich mit einer Charakteristrung der Stellungnahme der betreffenden Partei zu dem genannten Problem. Im Allge meinen zustimmend zu der geplanten Organisation des Hand werks sprachen sich die Vertreter des Centrums, der Konser vativen und der Polen aus, während die Abgeordneten Richter nnd Bock Namens ihrer Fraktionen einen entschieden ablehnenden Standpunkt zu der geplanten Reformmaßregel einnahmen. Leb haft nahm der Handelsminister v. Berlepsch dieselbe in Schutz, die Hoffnung auösprechend, daß dem Reichstage vielleicht schon in nächster Session ein Entwurf über die weitere Organisation des Handwerks zugehen werde. Für Mittwoch stand zunächst der Centrumsantrag auf Aufhebung des Reichsgesetzes gegen den Jesuitenorden als erster Gegenstand auf der Tagesordnung. Bekanntlich war der Jesuitenantrag des Centrums schon in der vorigen Reichstagssesston gestellt und mit geringer Mehrheit angenommen, vom Bundesrathe aber nicht gutgeheißen worden. Die Meldungen über den Verlauf des Besuches, den Reichskanzler Fürst Hohenlohe dem Fürsten Bis marck in Fr iedrichsruh abgestattet hat, berichten fast sämmtlich, daß der Verkehr zwischen dem Altreichskanzler und seinem Gaste ein ungemein anregender und herzlicher gewesen sei. Sowohl auf der gemeinsamen Schlittenfahrt beider Staats männer durch den Sachsenwald wie auch später bei Tafel habe zwischen ihnen ein lebhafter Meinungsaustausch stattgefunden. Als selbstverständlich kann es gelten, daß derselbe nicht blos privaten Angelegenheiten, sondern auch den schwebenden poli tischen Tagesfragen gewidmet war. Inwieweit sich die politischen Eindrücke, mit denen Fürst Hohenlohe aus Friedrichsruh nach Berlin zurückgekehrt ist, in der Weiterentwickelung der deutschen Gesammtpolitik wiederspiegeln werden, das muß indessen noch dahingestellt bleiben. Auf alle Fälle hat aber der Besuch des jetzigen Kanzlers beim Fürsten Bismarck die alten Freundschafts bande, welche die beiden Männer umschlingen, neu gekräftigt. Berlin. Der „Voss. Ztg." wird aus Wien berichtet: Die ungeahnte Meldung des Rücktritts Casimir-Periers erregt hier die größteUeberraschung. Anfangs begegnete die Nachricht allgemeinen Zweifeln, bis die offizielle Bestätigung vorlag. Das Publikum bestürmte die Zeitungen mit Anfragen über die Gründe des Rücktritts. In diplomatischen Kreisen, die durch das Ereigniß ebenfalls überrascht wurden, legt man ihm eine symptomatische Bedeutung für die Zustände in Frankreich bei, die eine innere Sammlung nicht aufkommen lassen. Für den europäischen Frieden wird nichts besorgt, da der Vorgang beweise, daß Frankreich auf lange hinaus mit sich selbst beschäf tigt sei. Doch begegnet der Entschluß Periers Bedauern, weil man ihn als überzeugten Anhänger de« Friedens schätzte. — Demselben Blatte berichtet man aus London: Die Morgen- blättcr urtheilen sehr abfällig über den Rücktritt des Präsidenten Casimir-Perier. Die „Times" sagen, wenn es sich heraus stellen sollte, daß der Präsident seinen Posten aus bloßer Un-