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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden : 04.12.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782021922-189412045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782021922-18941204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782021922-18941204
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn ...
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Jahr
1894
-
Monat
1894-12
- Tag 1894-12-04
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Monat
1894-12
-
Jahr
1894
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beide Vorlagen würden gleich dem Börsenreform-Entwurf nur längst geäußerten dringenden Wünschen aus weiten Schichten des Bölkes entsprechen. Ungewiß ist es noch, ob der ange kündigte Gesetzentwurf über die Ausdehnung der Unfallver sicherung auf das Handwerk dem Reichstag wirklich zugehen wird, und dasselbe gilt von der erneuten Vorlegung der Ge setzentwürfe betr. die Regelung des Auswanderungswesens und die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Dagegen werden zum Arbeitsmaterial des Reichstages bestimmt noch verschiedene Vorlagen mehr untergeordneten Ranges und schließ lich wieder eine stattliche Reihe von Anträgen gehören. Zahlreich und zum Theil von großer Wichtigkeit find dem nach die des Reichsparlaments wartenden Aufgaben, die neue Sitzungsperiode desselben wird sich demnach also besonders ar beitsreich und ausgedehnt gestalten, wenn sic eben keine gewalt same und vorzeitige Beendigung erfährt. Daß eine solche Katastrophe vermieden werden möge, dies ist gewiß der leb hafte Wunsch aller Vaterlandsfreunde, der noch dadurch eine Verstärkung erfährt, daß das Parlament zum ersten Male in seinem neuen prächtigen Sitzungsgebäude tagen wird, es würde vielleicht Vielen als ein böses Omen erscheinen, sollte gleich die erste Tagung im neuen Reichshause einen so jähen Abschluß erfahren. Hoffentlich ist es aber der deutschen Volksvertretung vergönnt, ihre beginnenden bedeutungsvollen Arbeiten in nor maler Weise beenden zu können möchten ihre Verhandlungen und Beschlüsse der Nation und dem Vaterlande zum Segen gereichen! Tagesgeschichte. In den wenigen Tagen, die uns noch von der Eröffnung des Reichstages trennen, ist ein Vorgang, welcher über die durch den Kanzler- und Ministerwechsel geschaffene Situation volle Klarheit verbreiten könnte, kaum noch zu erwarten. Die Thronrede wird also mit dem ganzen Gewicht einer programm- matischen Offenbarung auftreten können. Das hat sein Gutes für die Wirkung, welche dieser Staatsakt auf die öffentliche Meinung im allgemeinen auszuüben vermag, andererseits aber ist der Nachtheil nicht zu verkennen, daß der parlamentarische Boden sich für die Regierungsaktion sich nunmehr erst nach dem Beginne der Session wird aus dem Chaos herausarbeiten müssen, während, wenn eine genügende Gewißheit über die Ab sichten der neuen Regierung früher eingetreten wäre, dieser Boden bereits in weitem Umfange hätte vorbereitet werden können. Dieser mißliche Zustand hätte nun freilich denjenigen, welche von der Nothwendigkeit einer starken, auf festem Fundament im Volke beruhenden Regierung überzeugt sind, nur umso mehr die Pflicht auferlegen sollen, ihrerseits an die Sammlung aller in dieser Richtung wirkenden Kräfte ohne Säumen her anzutreten; denn der Einwand, daß man ja noch nicht wissen könne, für welchen Zweck diese Sammlung erfolgen solle, kann doch als durchschlagend nicht anerkannt werden. So wenig Offizielles man über das Programm der Regierung weiß, da rüber ist kein Zweifel, daß sie ihre Thätigkeit mit einer gesetz geberischen Aktion gegen die sozialrevolutionären Be strebungen beginnen wird. Selbstverständlich ist es nicht möglich, sich für die bisher streng geheim gehaltene „Umsturz vorlage" im voraus zu binden. Einzelnes, was — allerdings in unverbürgter Weise — über ihren Inhalt verlautet hat, ist von verschiedenen Seiten nicht ohne Bedenken ausgenommen «orden, und überhaupt ist ja kein Zweifel, daß der Versuch, so spezifische revolutionäre Erscheinungen, wie fie die revolutionäre Agitation hervorbringt, auf dem Boden des gemeinen Recht« zu bekämpfen, immer die Gefahr mit sich bringen wird, daß gelegentlich auch minder gefährliche Bestrebungen von der ganzen Strenge des Gesetzes getroffen werden. Jndeß, da anderer seits auch der Weg der Spezialgesetzgebung immerhin prak tische Bedenken gegen sich hat, so liegt kein Grund vor, den jetzt von der Regierung beabsichtigten Versuch eines Vorgehens auf dem Boden des gemeinsamen Strafrechts prinzipiell und s limine zurückzuweisen. Man wird sich im allgemeinen sagen müssen, daß, wenn auch den antirevolutionären Parteien durch die Verschärfung der Gesetzgebung eine gewisse Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit auferlegt werden sollte, dieses Opfer durch die Lage des Vaterlandes unerläßlich geworden sei. Na türlich wird durch diesen allgemeinen Standpunkt dem Urtheil über die Zweckmäßigkeit der einzelnen in Vorschlag kommenden Bestimmungen in keiner Weise vorgegriffen. Einstweilen ist die Hauptsache, daß die Regierung an die Beschaffung wirk samerer Abwehrmittel gegen die Umsturzgefahr mit vollem Ernste herangeht. Diesen Ernst in Zweifel zu ziehen, wie es hie und da in klerikalen und freisinnigen Blättern geschieht, hat man keinen Anlaß. Wenn in den genannten Parteilagern während der letzten Tage der Aera Caprivi als die Einbringung der Umsturzvorlage bereits feststand, ganz offen die Hoffnung aus gesprochen wurde, man werde dieselbe am Ende doch noch auf- aeben, zum mindesten aber aus ihrer Ablehnung durch den Reichstag keine unangenehmen Konsequenzen ziehen, so ist hier nicht zu untersuchen, inwieweit man sich zu einer solchen Hoffnung berechtigt glauben konnte. Von der gegenwärtigen Regierung darf man jedenfalls überzeugt sein, daß sie die erste Aktion, mit welcher sie sich dem Lande vorstellt, auch durchzu führen entschlossen ist. Andernfalls hätte sie ja mit Leichtigkeit der Umsturzfrage einstweilen aus dem Wege gehen können. Eie hat aber im Gegentheil offenbar die Absicht, den Stier bei den Hörnern zu packen; denn nur so kann der angekündigte Geschäftsplan, nach welchem dem Reichstage unmittelbar nach seinem Zusammentritt die Umsturzvorlage zugehen soll, ge deutet werden. Unter diesen Umständen sollte man erwanen, daß wenigstens diejenigen Parteien, welche ehedem die parla mentarischen Stützen des Sozialistengesetzes waren, die sie trennenden Differenzen möglichst zum Schweigen bringen und die Hindernisse, welche einer demnächstigen gemeinsamen Aktion gegen die revolutionären Bestrebungen etwa im Wege stehen könnten, hinwcgräumen würden. Leider hat es jedoch den An schein, als ob die Absicht eines festen Zusammenschluffes der Konservativen und Nationalliberalen in beiden Lagern hartnäckige Widersacher habe. Und cs ist sehr bedauerlich, denn es wäre jedenfalls ein völlig aussichtsloses Beginnen, wenn das Vor gehen gegen die Revolution auf die Grundlage einer konser vativ-klerikalen Koalition gestellt werden würde. In Wirklich keit würde der Plan einer solchen Koalition doch niemals ge lingen, da die konservative Partei und das Centrum durch zu prinzipielle Gegensätze getrennt sind, um eine dauernde Ver bindung mit einander eingehen zu können, ebensowenig als die Annäherung der Nationalliberalen an den gemäßigteren Theil des Freisinns irgend ein positives parlamentarisches haben könnte. Die Erkenntniß von der Nothwendigkeit des Zusammengehens aller auf nationalem Boden stehenden politischen Gruppen wird daher hoffentlich sowohl innerhalb der konservativen wie der nationalliberale!! Partei schließlich doch die Oberhand gewinnen. Aus Varzin. Viele Hunderte von Kränzen sind von Berlin nach Varzin geschickt worden, um den Sarg der Fürstin Bismarck zu schmücken, der später, wie erwähnt, nach Schönhausen gebracht werden wird. In Schönhausen ruhen alle Vorfahren des Fürsten, er hat mehrmals bemerkt, daß auch er dort seine Ruhestätte finden wolle, wie denn auch kürzlich in Schönhausen eine Familien gruft in Bau genommen worden ist. — In der „Neuen Züricher Zeitung" lesen wir: „Prof. Schweninger hatte bereits in den letzten Tagen den greisen Bismarck darauf vorbereitet, daß seine Gattin einer unvermeidlichen Katastrophe entgegenginge. Am Freitag vor ihrem Tode äußerte die sehr hinfällig Kranke den dringenden Wunsch, zum letzten Mal noch gemeinsam mit ihrem Gemahl Abschied von allen jenen Stellen ihres ländlichen Besitzes zu nehmen, wo sie in langer Ehe so glückliche Stunden verlebten. Sorgsam in die Equipage verpackt, vollzog sich in Begleitung ihres Gatten die tieftraurige Rundfahrt durch Feld und Wald; dann kehrte die Kranke ins Bett zurück, um nicht mehr aufzustehen. Bei ihrem Tode waren anwesend ihre Tochter Gräfin Rantzau, Professor Schweninger, Dr. Chrysander und eine alte Dienerin. Da Abends vorher anscheinend eine kleine Besserung eingetreten war, hatte sich der Fürst zur Ruhe be geben und trat morgens ins Krankenzimmer, als Kinder und Enkelkinder weinend bereits um das Todtcnbett standen." Es scheint, als bereite sich in Rußland eine vollständige Umwälzung vor. Nicht etwa, daß wir an eine unmittelbare Reform auf politischem Gebiete dächten; in dieser Beziehung wird man wohl klug daran thun, sich nicht übertriebenen Hoff nungen hinzugeben, denn nach allen bisher eingelaufenen Schilderungen ist der neue Zar ein durchaus autoritativer Charakter, der keineswegs gewillt erscheint, phantastischen Schwärmereien zuliebe die eigenen Rechte zu schmälern und da mit vielleicht unheilvoll auf die natürliche Entwickelung seines Reiches einzuwirken. Wir würden dies bedauern. Wenn eine allmähliche Reform Aussicht auf Erfolg haben soll, so kann sie nur der Initiative des Kaisers entspringen, die Durchführung stets in dessen Hand bleiben, da sie andererseits am grünen Tische in ihren ersten Anfängen erstickt oder zu einer greulichen Mißgeburt umgestaltet werden würde, andererseits aber den Massen vorläufig jede Vorbildung fehlt, die sie befähigte, von den ihnen gewährten Freiheiten vernünftigen Gebrauch zu machen. Also in dieser Hinsicht ist wohl fürs erste wenig zu erwarten. In anderer Beziehung scheint der neue Zar jedoch mit allen Traditionen brechen zu wollen, indem er die starke Abgeschlossen heit aufgiebt, in der sich bisher die russischen Monarchen zu hüllen pflegten. So unbedeutend dies auf den ersten Blick erscheint, wird man es doch in seinen Folgen nicht unterschätzen dürfen. Der Monarch tritt seinen Unterthanen persönlich näher, er legt ihnen durch das bewiesene Vertrauen Verpflichtungen auf, denen man mit Freuden nachkommen wird, er gewinnt aber auch durch den persönlichen Augenschein einen tieferen Einblick in die wirklichen Verhältnisse, als ihm dies selbst die wahrheitsgetreuesten Berichte zu geben imstande wären. Freilich der allgewaltigen Polizei wird wenig damit gedient sein, denn sie verliert ein guter Theil ihrer Bedeutung, sobald sich herausstellt, daß die von ihr künstlich genährte Besorgniß um die Sicherheit der Person des Kaisers zum mindesten übertrieben war. Ein Unglück wäre es allerdings nicht für Rußland, wenn auf diesem Wege der Glauben an die Nothwendigkeit des harten Polizeiregiments in etwas erschüttert würde. Welche Bedeutung dem Vorgänge zuzuschreiben ist, geht aus der Be stürzung gewisser Beamtenkreise, der freudigen Ueberraschung der Bevölkerung hervor, mit der in Petersburg die Nachricht ausgenommen wurde, daß Kaiser Nikosaus II. ohne irgend welche Vorsichtsmaßregeln ganz plötzlich und ohne Begleitung zu Fuß seine Braut besucht habe und in den Straßen der Stadt herumgewandelt sei. Daß es sich aber nicht etwa um einen augenblicklichen Einfall gehandelt hat, sondern um einen wohlüberlegten Entschluß, ist wohl unzweifelhaft, denn der Zar hat auch in Begleitung seiner Braut Spazierfahrten ohne Es korte und ohne Ansage an die Polizei unternommen und ist unterwegs ausgestiegen, um Läden zu besuchen. Wie gesagt, für westeuropäische Begriffe mag das Ganze bedeutungslos er scheinen, ist es aber für Rußland keineswegs. Unweit eines Dorfes im Gouvernement Tula wurden neun Bäuerinnen im Alter von 14 bis 26Jahren, sowie zwei Knaben auf dem Heimwege auf dem Felde von einem furchtbaren Schnee sturme überrascht. Die elf Personen sanken bald erschöpft am Wege nieder und erfroren sämmtlich. Die Friedensvorschläge Chinas, die der Zollbeamte Detring im Auftrage Li-Hung-Tschangs nach Hiroshima über brachte, hatte Japan ohne weiteres abgelehnt. Der Vermittler wurde nicht einmal offiziell empfangen und befindet sich be reits auf der Rückreise nach Shanghai. Die chinesische Re gierung wird sich zur Entsendung anderer Bevollmächtigter ent schließen, fie wird sich aber sehr beeilen müssen, denn die ja panischen Ansprüche steigern sich mit jedem Tage, wozu die steten Siege begreiflichen Grund bieten. Vorläufig soll Japan 50 Millionen Lstr. und Erstattung sämmtlicher Kriegskosten bean spruchen! Es ist dies eine ganz ansehnliche Summe, ungefähr eine Milliarde Mark. Zu hoch gegriffen ist sie keinenfalls, denn wenn China nicht gründlich gedemüthigt wird, bleibt der alte Mandarinen-Hochmuth bestehen. Daß dieser beseitigt wird, liegt aber auch im europäischen Interesse. Nur dann ist es möglich, das „Reich der Mitte" dem Weltverkehr zu erschließen. Vaterländisches. Wilsdruff. Die am 28. v. M. nachdemHotel Löwe einberufene gemeinsame Versammlung des Gewerbcvereins und Reformvereins konnte nicht stattfinden, weil beide Vereine keine Korporationsrechte besitzen. Schon o or der Versammlung wurde die Weisung des Herrn Bürgermeister Ficker bekannt gegeben, daß unter oben erwähnten Umständen die Versammlung nicht abgehalten werden könne. Nachdem der Vorsitzende die behörd liche Anordnung bekannt gemacht, verließen die noch anwesenden Herren vom Rcformverein den Saal und es fand nun nur eine Sitzung von GewerbevereinSmitglicdern statt, mit der Vor lage: Vorschläge zur Stadtverordnetenwahl der geehrten Bürger schaft zu unterbreiten. — In der letzten Zeit sollen sich bissige Hunde in unserer Stadt gezeigt haben. Die Befitzer wollen dieselben wegschasfen oder an die «Kette legen, da, wie man hört, die Behörde streng gegen die Besitzer sonst vorgehe«! mutz. — Der Bericht über den Vortrag im „Jugendbund" komm in unserer nächsten Nummer zum Abdruck. — Die Entschuldigungszettel der Kinder, dieihnen bei vorkommenden Schulversäumnissen von den Eltern für die Lehrer ausgestellt werden, sind nach einem neuerdings ergangenen Erkenntniß des Reichsgerichts als Urkunden zu betrachten, und kann auf Grund jenes Erkenntnisses ein Angeklagter, der auf einen solchen Entschuldigungszettel eine „falsche Thatsache" — Krankheit des Kindes — als Entschuldigungsgrund angegeben hatte, wegen Urkundenfälschung bestraft werden. — Das Reichspostamt richtet auch in diesem Jahre an das Publikum das Ersuchen, mit den Weihnachtsversend ungen bald zu beginnen, damit die Packetmassen sich nicht in den letzten Tagen vor dem Feste zu sehr zusammendrängen, wo durch die Pünktlichkeit in der Beförderung leidet. Die Packete sind dauerhaft zu verpacken. Dünne Pappkasten, schwache Schach teln, Cigarrenklsten rc. sind nicht zu benutzen. Die Aufschrift der Packete muß deutlich, vollständig und haltbar hergestellt sein. Kann die Aufschrift nicht in deutlicher Weise auf das Packet gesetzt werden, so empfiehlt sich die Verwendung eines Blattes weißen Papiers, das der ganzen Fläche noch fest auf geklebt werden muß. Bei Fleischsendungen oder solchen Gegen ständen in Leinwandpackung, welche Feuchtigkeit, Fett, Blut rc. absetzen, darf die Aufschrift nicht auf die Umhüllung geklebt werden Formulare zu Postpacketadressen dürfen für Packetauf schriften nicht verwendet werden. Die Packetaufschrift muß sämmt- liche Angaben der Begleitadresse enthalten. Die Vereinigung inehrerer Packete zu einer Begleitadresse ist thunlichst zu ver meiden. — In Oschatz wollte am Dienstag der Kaufmann Mar- thaus eine Patrone, welche sich im Laufe festgesetzt hatte, aus seinem Jagdgewehr entfernen. Als er an der Flinte herum- hantirtc, entlud sich plötzlich der Schuß und traf ihn in die Seite. Ein Glück, daß er die Taschenuhr bei sich trug, welche total zertrümmert wurde und den größten Theil des Schusses aufhielt, aber immerhin dürfte die Verletzung des Herrn Mar thaus keine geringe sein, da er schwer krank darniederliegt. — Bekanntlich wird beabsichtigt, die Städte Glauchau, Crimmitschau, Meerane und Gößnitz durch eine elektrische Straßenbahn zu verbinden. Durch die Anlegung einer solchen Bahn könnten bei einer Länge von 37 Kilometer rund 93000 Einwohner in 24 Ortschaften verbunden werden und zugleich eine Abgabe von Elektrizität für Beleuchtungszwecke und Kraftübertragung stattfinden. Die concurrienden Firmen Röber- DreSden, Vogel L Co.-Leipzig und Osthof-Berlin wollen dieses Projeckt ohne jedes Geldopfer der einzelnen Gemeinden zur Ausführung bringen. — Freitag Abend halb 6 Uhr spielte sich in derWettin- straße zu Oberreichenbach ein beklazenswerther Unfall ab, welcher einem Menschen das Leben kostete. Der Knecht Johann Brückner war im Begriff, mit einem mit Brettern beladenen Fuhrwerk die etwas steile Straße herab nach der Dorfstraße zu fahren. Als das schwer beladene Fahrzeug einen Graben über fuhr, brach ein Rad entzwei, der Wagen kam ins Schwanken, und die schwere Last traf den an der Seite des Wagens gehen den Knecht derart unglücklich, daß er an den erlittenen Verletz ungen bald darauf verschieden ist. Brückner stand im 63. Le bensjahr und unverheirathet. — Plauen i. V., 28. November. Vom Schöffengericht war ein hiesiger Bürger am 21. September zu einer Woche Haft verurtheilt worden, weil er unter der höchst nachlässig an gefertigten schriftlichen Arbeit seines Sohnes, welche ihm zur Einsichtnahme von dem Klassenlehrer übersandt worden war, bemerkt hatte: „Lehrer seine Schuld." Diese Bemerkung war von dem Schöffengerichte als grobe Beleidigung des Lehrer« aufgefaßt worden. Gegen das Erkenntniß des Schöffengerichts legte der Verurtheilte Berufung ein. Das Landgericht hob her vor, die Bemerkung sei eine Kundgabe der Geringschätzung und Beleidigung gegenüber dem Lehrer. Mit Rücksicht auf den Bildungsgrad des Angeklagten, und mit Rücksicht darauf, daß er im Aerger gehandelt und die Tragweite seiner Handlungs weise nicht völlig übersehen hat, erachtete der Gerichtshof indeß eine Geldstrafe für ausreichend. Er hob das Urtheil erster In stanz auf und verurtheilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 20 Mark, sowie zur Bezahlung der Hälfte der Kosten zweiter Instanz. — Wurzen. Der Vorstand der Schützengilde hat zwei Mitgliedern, K'eßlmg und Oberschmeoeme,ste. Zieger, erklärt, daß sie, da sie als Stadtverordtnete bei der letzten Stadtraths- wahl einem erklärten Sozialdemokraten ihre Stimme gegeben haben, aus der Schützengilde ausgeschlossen seien. — In St. Mi choelis war das einzige einjährige Söhn chen junger Leute nach dem Bad auf den Tisch gesetzt woiden und in dem Augenblick, als die Mutter das warme Hemdchen vom Ofen herübernehmen will, fällt der Kleine vom Tisch. Durch einen schnellen Zugriff des Vaters wurde das Kind er faßt, dabei aber ein auf einem daneben stehenden Stuhle stehen der Topf heißer Milch umgerissen, dic sich über das Kind er goß. Leider hat dasselbe dabei schwere Brandwunden erlitten, denen es erlag. Die dumme, auf Faulheit beruhende Gewohn heit, Kinder auf den Tisch zu setzen, hat somit wieder einmal ein Opfer gefordert. — Eine von entsetzlicher Rohheit zeugende That hat sich die in Reichenau lei dem Gutsbesitzer Rolle bedienstete Magd Emma Auguste Engler aus Hainewalde zu schulden kommen lassen. Sie hatte um die Nachts erfolgte Geburt eines Kindes zu verheimlichen, beschlossen, dasselbe aus der Welt zu schaffen. In geradezu bestialischer Weise hat sie diese Absicht ausgeführt, invem sie das unschuldige Wesen den Schweinen als Futter vorwarf und so lange im Stalle verweilte, bis das Kind von den Thieren verzehrt worden war. Die entsetzliche That wurde jedoch ruchbar und die unnatürliche Mutter in Untersuchungs haft genommen. — Olbernhau, 29. November. Durch einen recht un liebsamen Zwischenfall wurde der Abendgottesdienst am vergan genen Totensonntage gestört. Während dec Beichtrede de« Geist lichen erklangen plötzlich von der Empore unverständliche Zwi schenrufe. Dieselben wiederholten sich und mußte der Urheber derselben, ein Arbeiter aus Blumenau, da er ander« zum Ver lassen der Kirche nicht zu bewegen war, durch einen Schutzmann hinausgebrachl werden. Ob eine Verspottung bez. böswillige Störung beabsichtigt war oder ob die That eines Unzurechnungs fähigen vorliegt, ist noch nicht festgcstellt. Ersteres ist eher an zunehmen, da er sich auch Widerstand gegen den Schutzmann zu schulden kommen ließ. Der Störenfried ist an das Amts gericht zu Zöblitz abgeliefert worden.
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