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WenM für Pilckuff Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar Diens tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Blk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk.55pf. Einzelne Nummern j0 Pf. TharMt, DD, Mtlllth» mi> die NmMllde». Imtsölalt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags s2 Uhr angenommen. Insertionspreis s O pf. pro dreige- spaltene Lorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen^ für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruft sowie für das Agl. ^orstrentamt zu Tharandt. Druck und Verla« von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger dafelbst. Ro. 11. Donuerstag, öe« 24. Januar 18ffS. Bekanntmachung. In der Zeit vom 1s. bis spätestens Februar -s. Ir ist der 1. Termin Grundsteuer nach 2 Pf. für die Einheit, der 1. Termin städtische Anlage nach Maßgabe des aufgestellten Catasters und der 1. Termin Hundesteuer gegen Entnahme der Marken an die Stadtkämmerei hier abzuentrichten. Hierbei werden Restanten von Schulgeld und sonstigen Abgaben nochmals aufgefordert, diese Rückstände bei Vermeidung sofortiger Zwangsvollstreckung nunniehr spätestens bis zuin Ss. dieses Monats zu berichtigen. Wilsdruff, den 23. Januar 1895. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung, die Anmeldung der Wehrpflichtigen zur Rckrntirnngsstammrolle betreffend. Auf Grund der Bestimmungen in § 23 der deutschen Wehrordnung vom 28. September 1875 fordern wir alle am hiesigen Orte aufhältlichen männlichen Personen, welche im Jahre 1875 innerhalb des deutschen Reichsgebietes geboren sind oder deren Eltern oder Familienhäupter an irgend einem Orle desselben ihren Wohnsitz haben, sowie alle diejenigen, welche bei früheren Gestellungen vom Militärdienste zurückgestellt worden sind oder ihrer Militärpflicht überhaupt noch nicht Genüge geleistet haben, bei Vermeidung von Geldstrafen bis zu 30 Mk. oder Haft bis zu 3 Tagen andurch auf, in der Zeit vom 15. Januar bis zum 1. Februar 1895 unter Abgabe ihrer Geburts- oder Loosungsscheine sich persönlich zur Aufnahme in die Rekrutirungsstammrolle in der hiesigen Rathsexpedition anzumelden. Diejenigen Militärpflichtigen, welche keinen dauernden Aufenthalt haben, oder von hier, als dem Orte, wo sie ihren dauernden Aufenthalt haben, zeitig abwesend sind, — wie aus der Reise begriffene Handlungsdiener oder auf der See befindliche Seeleute u. s. w. — sind von ihren Eltern, Vormündern, Lehr-, Brod- oder Fabrikherren, bei Vermeidung der angedrohten Strafen, während des oben festgestellten Zeitraums zur Stammrolle anzumelden. Wilsdruff, am 2. Januar 1895 . > Der Stadtgemeiuderath. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung. Die Feier des Geburtstages Sr. Maj. unseres deutschen Kaisers soll seitens der Schule erst Msntag, den 28. -. M., vsrm. stt Uhr!durch einen Feftaktus in der Turnhalle feierlich begangen werden. Die hiesigen Behörden, insbesondere der Schulvorstand, die Eltern und Erzieher der Kinder, sowie alle Freunde unseres Schulwesens werden hierzu ganz ergebenst eingeladen. Der Direktor der städtischen Schulen. Gerhardt. Tagesgeschichte. Die französische Präsidentschaftskrisis hat aufs Neue zum Bewußlsein gebracht, daß Deutschland jeden Augen blick auf den Eintritt unvorhergesehener Ereignisse in Frank reich vorbereitet sein muß, deren Folgen unberechenbar sind. Es ist, schreiben die „Hamburger Nachrichten", möglich, daß fernere innere Krisen des Nachbarstaates auf ihn selbst be schränkt bleiben; ebenso gut kann der Fall eintreten, daß die derzeitigen Machthaber, wenn sie sich nicht anders zu helfen wissen oder wenn es ihnen im Interesse Frankreichs zu liegen scheint, den Versuch machen, nach napoleonischem Rezepte durch eine Diversion noch außenhin ein Ventil für den überflüssigen Dampf zu öffnen, welcher die Staatsmaschine zum Explvdiren zu bringen droht. Zur Zeit werden sich die französischen Poli tiker allerdings nicht in der Lage fühlen, diesen Versuch zu wagen. In der Haltung Rußlands finden sie dazu kaum eine Aufmunterung und ein militär-technisches Uebergewicht über Deutschland wird auch auf französischer Seite schwerlich in einem Maße angenommen werden, daß dort ein militärisches Duell mit dem deutschen Reiche von vornherein als aussichls- roll betrachtet würde. Andererseits aber ist die Revanchesucht in Frankreich keineswegs erloschen, sondern glimmt unter der Asche intensiv fort; dies haben die Kundgebungen in Paris gelegentlich der Affaire Dreyfus und d.e Versuche zur Wieder berstellung der Patriotenliga bewiesen. Selbst wenn man an nimmt, daß das Revanchefieber auf Pariser Kreise beschränk! ist, daß der Franzose in der Provinz lieber seinen Geschäften nachgeben und seinen Kohl bauen, als in den Krieg gegen Deutschland ziehen will, so bleibt doch zu bedenken, daß Paris jetzt so gut wie früher Frankreich vollkommen beherrscht und! daß die Entschließungen Frankreichs in kritischen Momenten immer durch energische Minoritäten, niemals durch die große Mehrheit der Bevölkerung bewirkt worden sind. Man muß bei jeder Krisis in Frankreich mit der Möglichkeit rechnen, daß eine Regierung an's Ruder kommt, die den Versuch macht, die Revanchepolitik aufs Neue in Angriff zu nehmen, um die verloren gegangene Ruhe und Stabilität im Innern wieder herzustellen. Aber nicht nur diese Möglichkeit begründet das besondere Interesse Deutschlands an den französischen Krisen; diese involviren noch andere Gefahren, die unter Umständen über die Grenze Frankreichs hinausreichen können. Wir haben dabei zunächst den Sozialismus im Auge. Charakteristisch für die Situation in dieser Beziehung ist, daß dem Kriegsminister Mercier zugeschrieben wird, er habe auf die angebliche Frage Casimir - Perier's, ob die Armee zuverlässig sei? geantwortet: „An die Grenze zu marschiren, ja; sonst nicht!" Dieses „sonst nicht" erhält durch die Sprache der französischen Sozialisten eine grelle Illustration und ruft die seinerzeit vom Fürsten Bismarck im Reichstage berührte Frage in's Gedächtniß zurück, was geschehen werde, wenn in Frankreich die soziale Revolution triumpbire und die rotbe Fakne der französischen Tricolore vorangetragen würde? Die französische Republik befindet sich infolge ihrer demokratischen Regierungsform und infolge des Mangels an Entschlossenheit ihrer Gewalthaber, den Kampf gegen die sozialrevolutionäre Strömung energisch aufzunehmen, aus einer schiefen Ebene. Das Hinabgleiten des Staats in die Arme der sozialen Revolution droht unmittelbar, wenn nicht besondere Ereignisse und das Eingreifen außergewöhnlicher Per sönlichkeiten, die zur Zeit aber nicht wahrnehmbar sind, es ver hindern. Welche Folgen aber der Anheimfall Frankreichs an den Sozialismus für Deutschland und für Europa haben würde, braucht nicht erst ausgemalt zu werden. Die Errichtung einer Militärdiktatur oder eine monarchische Restauration würde dem gegenüber als das kleinere Uebel selbst dann erscheinen, wenn dadurch die Kriegslage in den Vordergrund gebracht oder die Gruppirung der Mächte in Europa zu Gunsten Frankreichs verändert würde. Denn dann bliebe immer noch abzuwarten, ob die Gründe, welche Frankreich zur Zeit abhalten, den Frieden zu brechen, eine Verminderung erführen, welche den Krieg zum Ausbruch brächte. Zieht man alle diese Möglichkeiten in Be tracht, welche als Ausgang einer Krists in Frankreich in Be tracht kommen, so wird man das vorläufige Ergebniß der jetzigen, die Wahl des bisherigen Marineministers Faure, als relativ günstig zu bezeichnen haben. Nach den Antezedentien oes neuen Präsidenten und nach dem, was sonst über ihn be kannt geworden ist, läßt sich nicht annehmen, daß er die Hand zu abenteuerlichen Unternehmungen bieten wird. Aber anderer seits ist der Einfluß des Präsidenten der französischen Republik nur beschränkt; es gehörte eine ungewöhnlich thatkräftige und von dem Vertrauen der Nation getragene Persönlichkeit dazu, um hierin etwas zu ändern. Als eine solche Persönlichkeit wird Faure bis auf Weiteres nicht angesehen werden können; seine ersten Worte als Präsident lasten vielmehr das Maß von Energie durchaus vermissen, das in Frankreich nöthig wäre, um das Land vor neuen schweren Krisen zu bewahren. Man muß sich vorläufig auf die Hoffnung beschränken, daß seine persönlichen Eigenschaften ausreichen werden, wenigstens für die nächste Zukunft die Ruhe des Landes zu sichern. Seiner Er haltung im Amte wird vor Allem der Umstand förderlich sein, daß kaum eine andere Persönlichkeit vorhanden ist, welche Aus sicht hätte, die zur Wahl erforderliche Majorität von Stimmen auf sich zu vereinigen. Man wird von Faure einstweilen an nehmen dürfen, daß er sein Amt im Sinne Grevy'S auffaßt und versteht. Seine politische Ehrenhaftigkeit mag ihn in Ver bindung mit dem Umstande, daß er kein prononcirter Partei mann ist, vor dem Geschicke bewahren, allzu schnell ein Opfer der fortdauernden Parteiumtriebe zu werden. An Bemühungen zu seinem Sturze wird aber es weder von sozialistischer, noch von radikaler Seite fehlen und wir werden sehen, welches Maß von Takt, Einsicht und Tapferkeit er ihnen gegenüber zu be kunden imstande ist. Wir sehen in dem jetzigen Abschlusse der französischen Krisis kein Definitivum und sind auf weitere Ueber- raschungen jederzeit vorbereitet. Kühle, beobachtende Reserve auf Grund steter Bereitschaft, den militärischen Kampf mit Frankreich aufzunehmen, wenn er uns aufgedrungen werden sollte, wird auch in Zukunft das beste Mittel der deutschen Politik bleiben, unsere Nachbarn jenseit der Vogesen von dem Versuche abzuhalten, ihrer inneren Schwierigkeit durch Vorstöße gegen uns Herr zu werden. Berlin. Der Zar hat ein in herzlichen Worten ab gefaßtes Dauktelegramm an Kaiser Wilhelm gerichtet wegen der Ehrungen, die Graf Schuwalow bei seiner Ab reise erfahren hat. Gleichzeitig hat Graf Schuwalow sofort nach seiner Ankunft in Warschau ein längeres Schreiben an Kaiser Wilhelm abgesandt, indem er seinen tiefgefühlten Dank für die Auszeichnungen, welche ihm hier bei der Abreise zu Theil geworden sind, Ausdruck giebt, und in welchem er den Kaiser bittet, ihm auch femer dieses Wohlwollen zu bewahren. Botschafterwechsel? Entgegen den Meldungen, daß der deutsche Botschafter in London, Graf Hatzfeldt, aus Ge sundheitsrücksichten seinen Posten gegen einen anderen weniger anstrengenden vertauschen wolle, erfährt die „Post", daß an keiner Stelle eine anderweite Besetzung des Londoner Bot-