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WchmM Ar Ms-mlf TharMt, NoD, Siedenlehn und die Umgegenden. Imtsöltül für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Anüsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und Mar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch sie Post bezogen I Mk. 55 Pfg. — Einzelne Nummern 10 Pfg. Inserate werden Äontags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Psg. Pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 86. Sonnabend, den 16. November 18S4. Donnerstag, Sen L5. November d. Js., 1 Uhr Nachmittags gelangen in dem Dorfe Blankenstein 12 Kühe, 6 Kalben, 3 Schweine, 14 Ferkel und 4 Pferde zur Versteigerung. Bieterversammlung in der Mai'schen Gastwirthschaft daselbst. Wilsdruff, den 7. November 1894. Sekretär Busch, GerichtseVollz. Rückblicke und Ausblicke. Noch immer umhüllt ein gewisses geheimnißvolles Dunkel die Vorgänge, aus denen heraus die jüngste Kanzler- und Mi nisterkrisis so überraschend entstand. Denn wie zahlreich und mannichfach auch die Deutungen und Auslegungen in dieser Beziehung gewesen sind — sie haben doch nicht vermocht, eine nach allen Seiten hin erschöpfende Aufklärung der Ursachen des gleichzeitigen Rücktrittes der Grafen Caprivi und Eulenburg zu geben. ES ist eben auch hierin wieder einmal nach dem be kannten Goethe'schen Rezept gearbeitet worden: Im Auslegen sind frisch und munter, Legt ihr's nicht aus, so legt was unter. . . Aber selbst den scharfsinnigsten Combinationen ist es nicht gelungen, die vermittelnden Glieder in der Kette der vermuthlichen oder selbst wahrscheinlichen Erklärungen für den so plötzlich stattgefundenen politischen Szeneriewechsel aufzufinden, es bleiben oa verschiedene Lücken zurück und ihre Ausfüllung muß einfach einer späteren Zeit überlassen bleiben. Mit diesem sich von selber ergebenden Schluß erschöpft sich zunächst auch das Interesse an dem Coulissenspiel, welches dem abermaligen Wechsel in den höchsten Aemtern des Reiches und Preußens vorangegangen war, jetzt tritt die Frage nach der weiteren Entwickelung der neugeschaffcnen Lage zwingend in ihre Rechte. Vielfach glaubt man aus einer Reihe von Einzelnheiten schließen zu müssen, daß nicht nur ein Wechsel der Personen, sondern auch ein solcher des Systems in der Richtung einer schärferen Betonung des conservatioen Gedankens in der Regierung stattgefunden haben. Zum Belege dessen weist man auf die Berufung eines Mannes von der bekannten politischen Richtung und Vergangenheit des bisherigen Unter- staatssekretärs v. Köller an die Spitze des preußischen Mi nisteriums des Innern hin, man führt zum weiteren Beweise den als feststehend zu erachtenden Rücktritt des LandwirthschastS- ministers v. Heyden an, der ja allerdings keineswegs völlig ein Minister nach dem Herzen der altpreußischen Conservativen war, ebenso werden ferner der Empfang der Ostpreußen beim Kaiser und noch andere Vorgänge als Anzeichen einer sich vollziehenden Schwenkung in der Reichs- und preußischen Pol'tik nach rechts hin gedeutet. Trotzdem wäre cs offenbar mindestens verfrüht, au« allen diesen Erscheinungen auf einen beschlossenen System wechsel schließen zu wollen mit einem solchen würde es sich schon nicht vereinbaren, daß Staatssekretär Freiherr von Marschall, der doch einer der markantesten Vertreter des ge scheiterten neuen Kurses war, nicht nur auf seinem Posten ver bleibt, sondern auch zum preußischen Staatsminister mit Sitz und Stimme im Cabiuet ernannt worden ist. Doch sprechen neben dieser einen bekannten Thatsache auch noch andere Er wägungen dagegen, daß in absehbarer Zeit eine energische Rechts schwenkung in unserer gesammten inneren Politik zu erwarten stände. Wie nun eigentlich der Wind unter der Aera Hohenlohe weben wird, darüber dürften schon die kommenden Wochen einen erstmaligen Aufschluß ertheilen. Am 5. Dezember tritt der Reichstag zu seiner neuen Session zusammen, deren ursprünglich auf den 15. November anberai mt gewesene Eröffnung mit Rücksicht aus die inzwischen eingetretenen wichtigen Personal veränderungen die beschlossene fast dreiwöchige Hinausschiebung erfahren hat. Der Beginn der parlamentarischen Winterthätig- keit im Reiche wird dem neuen Reichskanzler zweifellos sehr bald Anlaß geben, sich über die Grundlinien seiner Gesammt- politik zu äußern und vielleicht wird schon, nach diesen zu er wartenden Erklärungen eine einigermaßen zutreffende Beurtheilung deö neuesten Curses möglich sein. Im klebrigen bleibt es be dauerlich, daß die Ereignisse eine so verzögernde Einwirkung auf die Einberufung des Reichsparlaments geäußert haben, denn es kann unter keinen Umständen förderlich für seine Ge schäfte sein, wenn sein Zusammentritt erst im letzten Monat des JabreS erfolgt. Tagesgeschichte. Prinz Heinrich von Preußen tritt, soweit bekannt, an diesem Freilag die Reise nach Petersburg an, um da selbst seinen kaiserlichen Bruder bei der Beisetzungsfeier des > Kaisers Alexander zu vertreten. Die hie und da noch immer! zu vernehmende Meinung, Kaiser Wilhelm werde sich vielleicht s doch noch persönlich nach Petersburg begeben, um dem ver storbenen Czaren die letzte Ehre zu erweisen, ist selbstverständlich ganz unbegründet, was u. A. auch daraus hervorgeht, daß es bei der Abhaltung der Jagden des Kaisers in den Letzlinger Forsten am 16. und 17. November verbleibt. Die w irths chaftliche Lage der Juden wird indem neuesten Verwaltungsberichte der Stadt Breslau statistisch be leuchtet. Die schlesische Hauptstadt zählt 190 700 Evangelische, 125458 Katholiken und 17 750 Juden. Das (über 900 M.) betragende steuerpflichtige Einkommen beträgt rund 59400000, der Katholiken rund 20800000, der Juden rund 24 000000 Mk. Es entfällt also ein jährliches Einkouimen auf den Kopf der Evangelischen 1510, der Katholiken 1070, der Juden aber 4110 M. Je höher die Einkommensstufen sind, desto größer ist auch der Prozentsatz der Juden, die sich daran betheiligen. So versteuern ein Einkommen von 6—12 000 Mk.: 1071 Evangelische, 593 Katholiken, aber 526 Juden. Die Zahl der Censiten beträgt: Evangelische 53500, Katholiken 34 400, Juden 6000. Auf das Tausend der betreffenden Confession entfallen daher 20 Evangelische, 9 Katholiken und 87 Juden. Ein Einkommen von 12- bis 48000 versteuern 393 Evan gelische, 80 Katholiken, 285 Juden, auf das Tausend also 7, 2, und 47. Ein Einkommen von 48000 Mk. und mehr be sitzen 43 Evangelische, 3 Katholiken, 37 Juden, auf das Tausend also 1 Evangelischer, 0,1 Katholik und 6 Juden. Man wird nicht daran zweifeln dürfen, daß in anderen Städten ein ähn liches Verhältnis herrscht. Die Juden und ihre Beschützer zeihen die Christen, die auf solche Mißverhältnisse aufmerksam machen, des Neides und suchen den Grund des wachsenden jüdischen Wohlstandes in angeblich höherer Befähigung, größeren Fleißes und stärkerer Thatkraft der Juden gegenüber den Christen. Das ist nicht stichhaltig. In aller Welt, selbst in Amerika ist die Arbeitskraft, der Fleiß und die Befähigung gerade der Deutschen hochgeschätzt . . . und Juden Pflegen aus Deutschland nur wenige auszuwandern. Was den Grund zu dem übermäßigen Wohlstände der Juden gelegt hat, ist die Skrupellosigkeit, mit der die Juden jedes — auch das unlauterste — Mittel zum „Verdienen", benutzen, daß sie ihre ganze Energie dem einzigen Zwecke, „Geld zu machen", widmen. Daß auch eine immer größere Zahl von Christen diesem unchristlichen Grundsätze huloigt, ist zu bedauern, aber doch auch bei den heutigen Zeit läuften erklärlich. Daß aber bei dem auf diese Weise erworbenen Wohlstände Einzelner der Mittelstand immer tiefer sinken muß, ist klar. Die Breslauer Wohlstandsstatistik verdient also schon in dieser Hinsicht volle Würdigung und Nachahmung seitens der anderen großen Stadtverwaltungen und des Staates. Die große Capitalansammlung in den Händen der Juden ist aber, darüber mag man sich nicht täuschen, überhaupt eine stete Ge fahr für die deutschen Christen. Wiederholt hat die jüdische Presse mit den Machtmitteln des Judenthums — und das ist das Geld — gedroht, um die Christen, die sich von dem jüdischen Einflüsse emanciviren wollen, zurückzuschrecken, und thatsächlich wird ein großer Theil der Christenheit durch das jüdische Capital in sclavischer Abhängigkeit erhalten. Aber weiter: Wer anders füllt denn die Cassen der Umsturzparteien, als die Juden, wer liefert ihnen die „Intelligenzen"? Das jüdische Kapital. Beschneiden wir indessen die Haupterwerbs zweige der jüdischen „Aristokratie": das Börsenspiel, das Spe kulanten-, das Bankwesen, die Bereicherungsmittel der „niederen" Judenschaft: der Aukiions-, Ausverkaufs-Gelegenheiten, den „unlauteren Wettbewerb", so wird das das Wachsthum jüdischer Vermögen erschweren und für redlichen und mühsamen Erwerb nach alter deutscher Art wieder die Bahn öffnen. Dem Rücktritte des preußischen Landwirthschaftsmi- nisters v. Heyden folgt nun doch auch die bisher angezweifelte Demission des Justizministers Dr. v. Schelling nach. Während das Ausscheiden des Herrn v. Heyden aus der Re gierung allseitig als ein Zugeständniß an die Rechte aufgefaßt wird, welcher der zurücktretende Chef des landwirthschaftlichen Ressorts niemals besonders sympathisch war, scheint der Rück tritt Dr. von Schellings lediglich durch sein vorgerücktes Le bensalter bedingt zu sein. Als künftiger Landwirthschaftsmi- nister gilt nach wie vor der Oberprästdent von Posen, von Willam o witz-Möllendorff, als destgnirten Nachfolger des bisherigen Justizministers nennt man den Präsidenten der Reichsbank, Dr. Koch, welche Wahl allerdings eine äußerst glückliche genannt werden müßte, denn Herr Dr. Koch ver bindet mit hervorragender juristischer Befähigung eingehende Kenntniß des geschäftlichen und wirthschaftlichen Lebens. Mit der Berufung Dr. Kochs an die Spitze der preußischen Justiz verwaltung würde dann die Frage der Nachfolger in dem so wichtigen Präsidium der Reichsbank entstehen, welcher Posten an seinen Inhaber ganz ungewöhnliche Anforderungen stellt. Berlin, 8. November. Der Anarchist Schaewe, welcher bei einem Zusammenstoß mit Polizisten sechs Revolverschüsse abgab und dabei drei Polizisten verwundete, in dessen Wohnung ferner bei einer Haussuchung sozialrevolutionäre Druckschriften, Chiffrirschrift, Dietriche, Revolver, Chemikalien, Utensilien zur Sprengstoffbereitung, eine ungeladene Granate und ein Shrapnel gefunden wurden, ist heute vom Schwurgericht zu zwölf Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust verur- theilt worden. Sein Genosse Anarchist Dräwe wmtoe wegen Beihilfe zu fünf Jahren Gefängniß verurtheilt. Berlin. Das in hiesigen politischen Kreisen umgehende Gerücht, daß der Botschafter Graf Paul Schuwalow demnächst von Berlin abberufen werden würde, um in seiner Heimath einen hohen Posten zu übernehmen, dürfte mindestens verfrüht sein. Es ist leicht möglich, daß er für den Fall des Rück trittes des Ministers v. Giers dessen Nachfolger in der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten Rußlands werden wird. Vor läufig hat der neue Zar aber den greisen und bewährten Minister seines eben verstorbenen Vaters aufgefordert, weiter im Dienste zu bleiben, und für die nächste Zeit ist wohl kein Ministerwechsel auf dieser Stelle zu erwarten. Daß man hier den Grafen Schuwalow sehr ungern scheiden sehen würde, bedarf keiner besonderen Versicherung. Ist er doch selbst zu einer Zeit, als die Wogen des Deutschenhasses in allen amt lichen Kreisen seines Heimathlandes bedenklich hoch gingen, un entwegt und schließlich auch mit entschiedenem Erfolge bemüht gewesen, die deutsch-russischen Beziehungen von der in Rußland vorherrschen deutschfeindlichen Strömung freizuhalten und den Faden zwischen St. Petersburg und Berlin nie ganz abreisen zu lassen. Daß ein Staatsmann mit solcher Gesinnung in der unmittelbarsten Nähe des neuen Zaren noch mehr Gutes stiften könnte als auf dem Berliner Posten, ist unzweifelhaft. Deshalb wäre zu wünschen, daß sich das Gerücht von seiner Ernennung zu einem hohen Vertrauensamte in Rußland in absehbarer Zeit bestätigen möchte. Berlin. Wenn auch äußerlich wenig von dem Bier boykott verlautet, so wird derselbe doch mit aller Schärfe weltcr- gefüyrt. Immer schwieriger gestaltet sich aber für die Sozial demokratie die Aufbringung der Mittel für die Streikenden. Die Leiter des hiesigen Gewerkschaftskartells „klappen" jetzt die ver schiedenen Gewerkschaften ab, um herauszuholen, was noch her- auszuhoien ist. Es herrscht hierüber viel Unwille, und jetzt, beim Heranbruch des Winters wird selbstverständlich die Opferwillig keit der Genossen noch viel mehr nachlassen; da Feste und Ver gnügungen ganz, Versammlungen so gut wie ganz ausfallen, kommt nichts in die große allgemeine Parteikassr, so daß, wenn nicht bald Wandel geschaffen wird, die Streikenden ohne Unter stützung bleiben werden. Das eigenthümlichc Verhalten der Dresdener Waldschlößchen-Brauerei wird natürlich von den hie sigen Hetzaposteln nach Kräften ausgenutzt. Die hiesigen Rmg- brauereien sind aber fester als je entschlossen, zusammenzuhalten. Welche hochmüthige Behandlungen sich die Brauereien, die sich dem Willen der Sozialdemokratie gebeugt, gefallen lassen müssen, davon kann man sich keinen Begriff machen: Herren im eigenen Hause sind die betreffenden Braucreileiter nicht mehr; die „Ring brauereien" wollen die im Interessen des Ansehens und der Entwickelung der Industrie bleiben, und sie werden cS auch bleiben. Zur Neugestaltung des Börsenwesens schreibt die „Köln. Volksztg.:" Dieser Tage ist die Konferenz der De- legirten der Bundesregierungen, welche im Reichsamt des Innern zur Berathung über die gesetzgeberische Ausgestaltung der von dec Börsen-Umfrage-Kommission gemachten Vorschläge zusammen getreten war, geschlossen worden. Die Konferenz hat nur „leitende Gesichtspunkte" fesigestcllt, nach welchen nur die Aus arbeitung eines Gesetzentwurfs im Reichsamt des Innern er folgen soll, während der verwaltungsrechtliche Theil der Reform, so insbesondere die Errichtung eines „DiSciplinarhofS" an jeder Börse und die Einrichtung einer „Emissionsbehörde" unter staatlicher Mitwirkung den Einzelstaaten überlassen werden soll. Es soll in der Konferenz zu erheblichen Meinungsverschieden heiten gekommen sein, namentlich über die Fragen der Haftung