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Tharandt, Nassen, Menlehn und die Umgegenden. -Z- Imtsölutl für die Agl. Amtshauptmannschast Aleißen, für das Aal. Amtsgericht und den Stadtrath zn Wilsdruff, sowie für das Agl. ^orstrentanrt zu Thararrdt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pfg. — Einzelne Nummern 10 Pfg Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag 12 Uhr angenommen. — I n sc r t i o n s pre i s 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. 8S. Dienstag, de« 1K. Oktober 1894. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Herbjtmorkt wir- Donnerstag, den 18. und Freitag, den 1S. dieses Monats abgehalten. Wilsdruff, am 2. Oktober 1894. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Gesetzliche Maßregeln gegen die Umsturz- dewegung. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, daß der vom Kaiser gewünschte energische Kampf gegen die Umsturzparteien schließlich auch zu einer Verschärfung und Ergänzung der gesetzlichen Maß regeln gegen die revolutionäre Propaganda führen wird, denn bei den meisten Parteien, welche zum Kampfe gegen den Um sturz sich zusammenschaaren sollen, besteht dieses Verlangen. Von einigen extremen Parteimännern wird dieses Verlangen aller dings als ein Zeichen der Schwäche und Bequemlichkeit auS- gelegt, indem man an Stelle des schwierigen Geisteskampfes gegen die Sozialrevolutionäre und Anarchisten lieber den Straf richter und Polizisten wirken lassen möchte. Diese Anschauung beruht indessen doch wohl auf einer dreisten Entstellung d.r Sachlage. Zunächst wird wohl der geistige und moralische Kampf gegen die Umsturzbewegung der heutigen Gesellschaft nicht erspart bleiben, auch wenn schärfere Gesetze gegen diese Bewegung vom Reichstage beschlossen werden sollten. Dann kann aber auch vom patriotischen wie vom staatsrechtlichen Stand punkte aus die Forderung erhoben werden, daß diejenigen Güler und Errungenschaften, auf welchen sich nach der Erfahrung von Jahrhunderten und auch nach den Sittengesetzen der Staat und die Gesellschaft am meisten stützen, auch einen besseren und deutlicher ausgeprägten Schutz gegen die Umsturztendenzen em pfangen müssen. Was sind denn neben der Religion und dem Glauben an Gottes Sittengesetz die stärksten Säulen nicht.nur des Staates und der Gesellschaft, sondern unseres Culturlebens überhaupt? Ohne Zweifel sind es die Ehe, die Familie und das wohl erworbene Eigenthum. Diese drei den Staat er haltenden Faktoren aber werden von den Sozialrevolutionären theils versteckt und in raffinirter Weise, theils mit cynischer Frechheit angegriffen. Nun haben wir aber im Reichsstrafge setzbuch gar keinen Paragraphen, welche diejenigen Angriffe, welche in Form von Aufreizungen, sozialdemagogischen Ver drehungen und Verdächtigungen gegen die Ehe, die Familie und gegen das Eigenlhum täglich unternommen werden, besonders bestraft wissen will, bez. jo zur Bestrafung heiaushebt, daß der einzelne deutliche Angriff auf die Einrichtung der Ehe, der Familie und des Eigenthums zur Rechenschaft gezogen werden kann. Der Paragraph 130 des Strafgesetzbuches, welcher sich mit den Aufreizungen und Friedensstörungen beschäftigt, heißt nur: Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander aufhetzt, wird mit Gefängniß bestraft. Man sieht also, daß, wcnn auch sonst Ehe und Eigenlhum, Ehre und Leben sich des gesetzlichen Schutzes erfreuen. Doch diejenigen Angriffe, welche in Form von Aufstachelungen und sozialdema gogischen Lügen gegen die Ehe, die Familie und das Eigenthum unternommen werden, einer strafgesetzlichen Ahndung nickt un terliegen. Im Hinblick auf den zerstörenden und verwirrenden Einfluß solcher Hetzer und Irrlehren möchte wohl eine all gemeine Ergänzung des Strafgesetzes gewünscht werden, zumal man auf diese Weise nicht nöthig hat, ein Ausnahmegesetz zu schaffen. _ Lagesgeschichte. Der Kaiser hat sich nach Beendigung seines Aufenthaltes in Huberlusstock über Berlin nach Schloß Fnednchshff im Taunus begeben, um daselbst seiner erlauchten Mutter, der Kaiserin Friedrich, einen Besuch abzustatten. Von Friedrichs- bof gevachte der Monarch im Lauft des Montag nach Darm stadt weiter zu reisen, uni dem Großherzog den angekündigten Gegenbesuch zu machen. Von Darmstadt aus unternimmt der Kaiser am Dienstag einen Abstecher nach Wiesbaden, welcher der Theilnahme an der Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Denk- mals nun der Eröffnung des neuen Hoftheaters gilt. Noch am Dienstag Abend tritt dann der Kaiser die Rückreise nach Berlin an, woselbst seine Anwesenheit für die nächstfolgend-n Tage anläßlich des berorstehenden Eintreffens des Königs von Serbien am kaiserlichen Hofe, sowie in Hinblick auf die mi litärischen Feierlichkeiten des 17. und 18. Oktober erforderlich ist. Die längst angekündigt gewesene entscheidende Sitzung des preußischen Staatsministeriums in Sachen der ge planten Maßnahmen wider die Umsturzbestrebungen hat bereits am vergangenen Freitag unter dem Vorsitze des Ministerprä sidenten Grafen Eulenburg stattgefunden. Ueber ihre Ergebnisse ist noch nichts Authentisches bekannt, da die vom Minister präsidenten vorgelegten Gesetzentwürfe zur Bekämpfung der Um sturzparteien venraulich behandelt wurden. Auf Grund der Beschlüsse des preußischen Staatsministeriums soll dann erst die Entscheidung in der Frage eines reichsgesetzlichen Vorgehens gegen die Umsturzparteien erfolgen. Am 9. Oktober d. I. kebrte der Tag wieder, an dem vor nun 20 Jabren der Grund zum Weltpostverein gelegt wurde durch den in Bein am 9. Oktober 1874 erfolgten Abschluß des allgemeinen Postvertrages. Alle Staaten Europas, ferner die Vereinigte Staaten von Amerika und Aegypten, im Ganzen 22 Länder mit einem Flächenraum von rund 37 Millionen Quar- dratkilometer und 350 Millionen Bewohnern traten damals zusammen, um für den internationalen Briefverkehr fortan ein gemeinsames Postgebiet mit einheitlichen Biieflaxen zu bilden. Gegenwärtig umfaßt der Verein ein Gesammt-Postgebiet von 98,484,348 Quadrat-Kilometer mit über einer M lliarde Be wohnern. Der Verein ist im Bezug auf die räumliche Aus dehnung an seinem Endziele, sämmtliche Kulturvölker der Welt mit eigenem Postwesen in sich aufzunehmen, nunmehr angelangt. Zwar fehlen in seinem Verbände zur Stunde noch die Kap- Kolonien nebst Britisch-Betschuanaland und Oranje-Freistaat. Allein es sind bereis Nachrichten von Kapstadt eingelaufen, welche an dem Entschlusse der Kap-Kolonie, vom 1. Januar 1895 ab dem Verein beizutreten, sowie auch an der Wahr scheinlichkeit, daß Britisch-Betschuanaland und Oranje-Freistaat diesem Schritte alsbald folgen werden, keinen Zweifel mehr lassen. Gleich günstig wie dieses äußere Wachsthum ist auch die Entwickelung des Vereins in der verhältnißmäßig kurzen Frist von 20 Jahren gewesen. Am Anfänge auf den Brief postdienst beschränkt, hat der Verein nach und nach denWerth- bnef-, den Postanweisungs- und Postauftrags- wie den Post- packet-Verkehr, endlich den Zeitungsvermittelungs-Dienst in seinen Wirkungskieis einbezogen. Der gesammte Postverkehr, welcher für das Jahr 1873 in den heute zum Weltpostverein gehörigen Ländern auf rund 3300 Millionen Sendungen geschätzt wurde, ist bis 1892 auf 18,000 Millionen Sendungen jährlich, also aus 50 Millionen täglich gestiegen. Unter jenen 18 Milliarden befinden sich rund 8000 Millionen Briefe, 2000 Millionen Postkarten, 7300 Millionen Drucksachen und Waarenproben, 260 Millionen Postanweisungen über 12 Milliarden Mark, 330 Millionen Pallete, 65 Millionen Werthsendungen und 45 Millionen Postauftrags- und Nachnahmesendungen. Die Zahl der Postanstalten ist von 85,443 auf 197,941 gestiegen, und an Wertben, soweit solche auf den Sendungen angegeben sind, vermittelt die Post jährlich mehr als 70 Milliarden Mark. Es ist alle Aussicht vorhanden, daß der Reichstag sich alsbald nach seiner Eröffnung im Besitze eines mehr als aus reichenden Arbcitsstoffes befinden wird. Wenn alle diejenigen Gesetzentwürfe, von denen verlautet, daß sie vollendet oder der Vollendung nahe gebracht sind, dem Reichstage vorgelegt werden, so würde zu ihrer Bewältigung eine Session von einer Dauer bis weit in den Sommer nöthig sein. Als sicher hat man an zusehen, daß neben dem Etat auch wieder Steuergesetzentwürfe dem Reichstage zugestellt werden. Die Tabaksteuer-Neuregel ung wird wiedcrkchren und daneben jedenfalls auch eine für die kommunale Weinbesteuerung günstige Aenderung des Vereinszoll gesetzes. Gewiß ist es auch, daß die ordentlich umfangreiche Novelle zum Strafgesetzbuch, Gerichtsverfassungsgesetz u. s. w., die vom Bundesrathe schon im vorigen Jahre in Berathung ge nommen war, diesmal dem anderen Faktor der Reichsgesetzgeb ung zur Verabschiedung unterbreitet werden wird. Nach den neuesten Meldungen kann man aber kaum daran zweifeln, daß gesetzgeberische, auf die Bekämpfung der Nmsturzparteien gerichtete Maßnahmen im Reiche ergriffen werden sollen. Des weiteren wurde als höchst wahrscheinlich gemeldet, daß Entwürfe, die sich auf die Börsenreform beziehen, in der nächsten Tagung dem Reichstage zugehen würden. Schon mit den aufgezählten Ar beiten würde dem Reilstage ein Pensum zugemuthet sein, welches die Dauer einer gewöhnlichen Session erfordert. Man muß nun aber in Betracht ziehen, daß eine ganze Anzahl an derer Vorlagen ebenfalls sehr weit vorbereitet sind. Wir erinnern nur daran, daß die umfangreichen Gesetzentwürfe über die pri vatrechtliche Regelung der Binnenschifffahrt und der Flößerei im Bundesrathe nahezu fersiggestellt sind. Wenngleich auch nicht daran zu denken ist, daß die Handwerksorganisation in der nächsten Zeit schon eine starke Förderung erfahren wird, so ist doch ziemlich sicher, daß man dem Handwerk durch Beschränkung des Hausirhandels entgegenzukommcn beabsichtigt, und zwar fiel von einer Regierungsstelle der Ausspruch, daß dies in der näch sten Reichstagstagung geschehen würde. An dem Entwürfe über die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes wird außerordent lich eifrig gearbeitet. Die beiden Unfallversicherungs-Entwürfe, die Novelle und der Entwurf über die Erweiterung, sind bereits längere Zeit veröffentlicht worden. Es ist eine ganze Anzahl von Gutachten abgegeben, auch die Fertigstellung dieser Ent würfe wird gefördert. Kurz, es ist wieder eine Fülle von Ge setzentwürfen in Aussicht, die auf die Parlamentarier be ängstigend wirken muß. Ein gutes Zeichen der Zeit ist dies nicht. Wenn man nun aber darauf rechnet, daß wenigstens ein großer Theil der vorbereiteten Entwürfe auch thatsächlich zur Verabschiedung gelangt, so ist es durchausnothwendig, daß man sich vor Eröffnung der ReichötagSsession darüber klar wird, welche Vorlagen man aus dieser Fülle heraussuchen muß, und welche am dringendsten sind. Sonst könnte es leicht kommen, daß die Durchberathung dringender Entwürfe durch weniger nothwendige aufgehalten wird. Die Stellung des Reichskanzlers Grafen Caprivi ge genüber der Sozialdemokratie im allgemeinen und zu der Frage der Anwendung der Staatsgewalt gegen sie erhellt aus folgenden Sätzen aus Reden, welche in den verschiedenen parla mentarischen Körperschaften über den Gegenstand im Lause der letzten vier Jahre gehalten sind: „Die sozialdemokratische Frage ist die Frage, die für das Ende dieses Jahrhunderts, vielleicht für Jahrzehnte des nächsten Jahrhunderts, die herrschende sein wird." — „Die Sozialdemokratie ist zur Zeit die größte Gefahr im Reiche." — „Wir wollen in dieser Beziehung ein gutes Gewissen haben: wir wollen aber in der anderen Richtung, wenn, was Gott verhüte, es einmal zu ernsteren Dingen kommen sollte, auch eine starke Hand haben." — „Ich habe den auf richtigen Wunsch, daß diese Frage auf friedlichem Wege gelöst werden möge; ... ich würde aber glauben, daß die ver bündeten Regierungen, wenn sie nicht den Fall ins Auge faßten, daß die friedliche organische Lösung unmöglich wird, ihrer Pflicht nicht genügen würden." — „kein Gesetz einzubringen, keine Maßregel vorzuschlagen, die nicht von dem Standpunkte geprüft worden ist; wie wirkt sie auf die sozialdewokrätische Frage ein?" — „Die Staatsregierung ist sich ihres Rechtes und ihrer Pflicht, die Gesetze mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln durch zuführen, die Ordnung im Siaate zu erhalten, den Besitz zu erhalten, vollkommen bewußt . . . Wir wissen ganz genau, was unsere Schuldigkeit ist, und sind gewillt, alle der Re gierung zu Gebote stehenden Machtmittel rücksichtslos anzu wenden, wenn wir, was Gott verhüten möge, vor die Noth- wendigkcit gestellt werden." — „Sollte überhaupt ein Mensch glauben, daß die in den sozialistischen Büchern und Reden ent wickelten Dinge ohne Zerstörung des Staates zur Ausführung kommen könnten? Wer solche Theorien vertritt, setzt immer einen Kampf mit den bestehenden Verhältnissen voraus." Wie das „B. T." wissen will, ist für die Einberufung des Reichstages der 17. November in Aussicht genommen. Friesack, 13. Oktober. Heute Mittag fand die Ent hüllung des Denkmals für den Kurfürsten Friedrich I. in Ge genwart des Kaisers, des Ministerpräsidenten Grafen zu Eu lenburg, des Kultusministers Dr. Bosse und des rumänischen Gesandten mit Reden, Gesängen und Gebeten statt. Bei der Annahme des Ehrentrunkes sprach der Kaiser: „Ich trinke