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/'M' Originalzeichnung von Felix Schmidt. ächzen. (Fortsetzung folgt.) Wangen zu strei cheln oder unter das Kinn zu fassen — so soll es ja Sitte sein. Die Vornehmen und Reichen achten nicht der Gefühle der unter ihnen Stehenden. Für diese giebt es das nicht, dazu haben ja solche Leute, die ihr, Brot hart verdienen müssen, keine Zeit. Wo kämen sie auch hin, wollten sie auf ihre Gefühle Rücksicht nehmen! Sie auch ge hören in jene Klasse, darum — lassen Sie mich in Ruhe und haben Sie Respekt auch vor dem Weibe im ärm lichen Kleide!" Je länger sie sprach, desto mehr schien ihre zierliche Gestaltzuwachsen. Hoch ausgerichtet stand sie vor Paul Merita, ihre Augen flammten zugleich Zorn und Begeisterung. In diesen! Augenblick hegte sie keinen Ge danken an ihn und seine Lebe, sie dachte nicht daran, wie vorher, sich ein Leben an seiner Seite auszumalen, nur die unverdienten Kränkungen, die sie oft erfahren und die sie so bitter urteilen ließen, gewannen in ihr die Oberhand. Ein Windstoß fuhr um die Ecke des Turmes und ließ seine hölzernen Treppen und das Gebälk krachen und Sie lachte auf. „Als ob Sie der einzige wären, der den Turm be stiegen hat!" sagte sie spöttisch. „Es giebt noch andere Menschen als Sie auf der Welt, da sind Studenten, Künstler, junge Kaufleute, Soldaten, Offiziere, und von allen diesen meint ein jeder junger Lasse, mir Schönheiten und Süßigkeiten sagen zu müssen. Es schadet ja nichts, verpflichtet auch zu nichts. O, ich weiß diese Art wohl zu würdigen, glauben Sie mir, man lernt auch dabei. Ich liebe dich — der Wind trägt das trügerische, oft im Rausche gesprochene Wort weit, weit hinweg, er fegt denen, die so heucheln, alles Unsaubere aus dem Herzen und dem Sinn und wenn sie unten aulangen, misten sie nichts mehr von dem, was sie oben gesagt, höchstens daß sie versuchen, die (Nachdruck verboten.^ Von der Antmrpkncr WtMjlMng. Originalbericht. Wer sich der hiesigen Weltausstellung des Jahres 1885 einigermaßen erinnert, dem muß es bei einem Be suche der diesjährigen unbedingt auffallen, daß diesmal von so wenigen Staaten sog. koloniale Ausstellungen d. h. ihnausgelacht, und doch war ihr das Herz so schwer, so schwer, wie eine Zentnerlast lag's darauf. Sie mußte aus seiner Nähe fliehen, aus der Nähe seiner guten Augen hinunter, versuchen, dem Zauber zu entrinnen, der sie Beide hier oben umspann. „Die Wirtschaft unten — der Vater wird sich ängstigen — er —" stieß sie bebend hervor. „Suchen Sie nur nicht nach Vorwänden, Rose, Sie werden mich noch nicht los — ja wehren Sie sich nur," fügte er gut gelaunt hinzu, als sie trotzig und abweisend das Köpfchen hob, „es nützt Sie aller Widerstand nichts, ich weicheLnicht von hinnen, bis Sie mich gehört —" Sie fuhr auf. „Sie können mich doch nicht zwingen?" Er trat zurück und gab den Weg frei. „Gehen Sie, Rose, wenn Sie durchaus wollen, aber ich glaube nicht, daß Sie es thun werden." Warum nicht? „Weil sie zu edel sind, zu gut, um mich hier so auszuweisen." „Was wollen Sie von mir?" ,/Nichts, — nichts, als das Recht, Sie zu lieben!" Eine dunkle Röte schoß in ihr Gesicht. Sie senkte die Lider, weniger aus Ver legenheit, als um ihn nicht merken zu lasten, wie sie sich freute, wie ihr Herz auf- jubelte. Und doch war sie zu klug, als daß ihr nicht der Unterschied des Standes, der Erziehung klar vor Augen trat. Er konnte ja nicht daran denken, sie besitzen zu wollen — ein Spiel war's nur, ein frevelhaftesSpiel. Er deutetie die Bewegung ihrer Mienen, das Wechseln der Farbe auf ihren Zügen ganz anders. Wenn er hätte in ihr Inneres schauen können! „Rose!" flüsterte er beglückt. „Rose, sind Sie mir auch ein klein wenig gut?" »Ich Ihnen? Wie sollte ich dazu kommen? Meinen Sie, weil Sie daher geschneit kommen, mich glauben machen wollen, Sie — nein, nein, so ein armes Ding wie ich, wenn es nicht häßlich ist wie die Nacht, ist zu Jedermanns Spiel gerade gut genug, das meinen Sie wohl, Herr Graf? Aber bei der Rose, wenngleich Sie arm ist, hat Sie doch ihren Stolz und ihre Ehre, kommen Sie an die Unrechte damit." „Sie sind noch zu jung, um^selbst solche Erfahrungen gemacht zu haben," sagte Paul, nachdem er das erste schmerzliche Gefühl überwunden hatte. Aus dem Aägerteöen: Wcidmannspech. - 'vM