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2. Beilage zu Ao. 74 des Wochenblattes für Wilsdruff etc. Vaterländisches. Wilsdruff. Die hoffentlich nun endlich einmal zu Ende gehenden regnerischen und kalten Tage mahnen uns nun schon recht sehr an den kommenden Herbst, obwohl wir der son nigen und beständigen Tage noch viele bedürfen. Ein Blick über unsere Fluren besagt wohl, daß die meisten Landwnthe ihren Erntesegen in ihre Scheunen geborgen haben, doch erblickt man hier und da noch einen Spätling, welchem beständiges Wetter recht sehr zu wünschen wäre. — Die Freuden der Kirchweihfeste sind nunmehr wiederum herangerückt. Den Anfang in unserer Umgebung macht unser Wilsdruff mit seiner weithin berühmten, kommenden Sonntag und Montag stattfindenden Kirmes und der acht Tage darauf- folgenden Rasselbude. In unserem Wilsdruff ist es namentlich, die Schützengesellschaft, welche durch Festauszug, Konzert und Vogelschießen die Tage der Kirmes zu einem allgemeinen Volks fest gestaltet. Für Vergnügungen durch Konzerte und Ball musiken ist auch diesmal reichlich gesorgt worden. Auch wird die Festwiese wieder allerhand Schaustellungen und Sehens würdigkeiten bieten, sowie an beiden Tagen daselbst Nachmit tags unser Stadtmusikchor konzertiren wird. Wünschen wir, daß die Sonne an diesen Festtagen ein recht fröhliches Gesicht zeige und die Veranstalter von allerhand Vergnügen ihre Rech nung finden mögen. Am 6. dieses Monats hat eine abermalige Ausloosung Königlich Sächsischer Staatspapiere stattgefunden, von welcher die 3"/„ Staatöschulden-Ka ssensche ine vom Jahre 1855 betroffen worden sind. Die Inhaber der genannten Staatspapiere werden hierauf noch besonders mit den Hinzu fügen aufmerksam gemacht, daß die Listen der gezogenen Nummern in der Leipziger Zeitung, dem Dresdner Journal und in dem Dresdner Anzeiger veröffentlicht, auch bei sämmtlichen Bezirks steuer-Einnahmen und Gemeindevorständen des Landes zu Jeder manns Einsicht ausgelegt werden. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen ausgelosten, aber noch nicht abgehobenen Nummern wiederaufgerufen, deren große Zahl leider beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Auslos ungen übersehen. Es können dieselben nicht genug davor ge warnt werden, sich dem Jrrthum hinzugeben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital ungekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihr präsentirten Zinsscheine nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgeloster Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus in keinem Falle stattfindet, so werden die von denBetheiligtea in Folge Un- kenntniß der Auslosung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapitale gekürzt, vor welchem oft empfindlichen Nachtheile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Ein-' sicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restirenden Num mern) schützen können. — Gauernitz, 1l. September. Gestern Nachmittag gegen 3 Uhr brannte der Eiskeller der hiesigen Fürst!. Schön- burgschen Brauerei bis auf die Mauern nieder. Das Feuer soll durch Unvorsichtigkeit eines Burschen entstanden sein. — Der am 4. d. M. in Dresden kinderlos verstorbene Kaufmann Christian Ernst Israel, früherer Theilhaber der Firma Richard Klippgen L Co., hat feinem Geburtsort Seifhenners dorf ein Legat von 150000 Mk. als Beitrag zu Erbauung eines Hospitals und Siechenhauses ausgesetzt. — Durch Unvorsichtigkeit ist dieser Tage in Dresden ein Schüler einer Privatschule um ein Auge gekommen. Der Knabe hatte den Federhalter mit der spitzen Feder nach oben in seine i äußere Rocktasche geschoben und stach sich als er sich bückte, die letztere so unglücklich und so tief in das Auge, daß ihm das- selben am Sonntag aus der Höhle genommen werden mußte — Meißen. Von einer Aktiengesellschaft, welche bereits in Forst, Gera und anderen Städten Straßenbahnen mit Sekun därbetrieb für den Fährverkehr erbaut und in Betrieb gesetzt hat, soll neuerdings auch Meißen in Berücksichtigung gezogen werden; die einleitenden Schritte sollen bereits unternommen sein. Die betreffende Eisenbahn soll normalspurig gebaut werden, damit die Bahnlowries gleich an ihren Bestimmungsort zum Aus- oder Einladen transportirt werden können. Durch diese Bahn soll, wenn die behördliche Genehmigung hierzu ertheilt wird, eine Verbindung des Güterbahnhofes und der Haltestelle, sowie des Elbkais und städtischen Ausladeplatzes mit dem Tribischthal und Buschbad hergestellt werden. Die Fabriken im Buschbad, "die Jutespinnerei und die Eisengießerei und Maschinenfabrik vor mals Jacobi u. s. w., würden natürlich dieses Unternehmen unterstützen und den Betrieb auch erhalten können. Ob aber die Straßen unserer Stadt hierzu geeignet sind, bleibt vorläufig noch abzwarten. — Ueber die Anhänglichkeit eines Hundes wird aus Meißen geschrieben: Ein Einwohner verkaufte vor mehreren Wochen einen Hund, den er 5 Jahre im Besitz gehabt, nach Freiberg. Trotzdem das Thier sich dort der besten Pflege erfreute, konnte es anscheinend seine alte Heimath nicht vergessen und winselte Tag und Nacht. Eines Tages war der Hund kurz nach Mittag verschwunden. Er hatte die Richtung nach Meißen ausge wittert und traf bereits am Abend wohlbehalten und vor Freuden heulend bei seinem früheren Herrn ein. Durch diese An hänglichkeit gerührt, wurde der Kauf rückgängig gemacht; jetzt hat der Hund seine frühere gute Laune wieder gefunden. — Kötzschenbroda. Das „Groß. Tagebi," läßt sich von hier berichten: Sitzen da die Herren „Arbeiterführer" Geyer, Kaden und Dr. Gradnauer (ein wackerer Israelit, an dem aller- dings viel falsch ist) hierselbst in Schumann's Weinstube zu sammen und kneipen. Von ungefähr tritt der Tischler G. von hier ein, um, wie er geht und steht, nach des Tages und der Arbeit Last und Hitze seinen Trunk zu genehmigen. G. setzt sich mit an den Tisch, an dem die obengenannten 3Herrenund noch ein vierter sitzen, und — wird von denselben naserümpfend weggewiesen, weil er im „Arbeiteranzuge" sei und es sich nicht schicke, so sich in die Kneipe zu begeben. So sind die Vertreter, die Führer der „Männer der Arbeit". Kommentar überflüssig. — Der in Sachsen noch einzig dastehende Fall, daß ein Lehrer 2 Schulen zu versorgen hat, wird zu Michaelis dieses Jahres verschwinden; denn die beiden Dörfer Ebersbach und Hundsgrün bei Adorf, für die bisher nur ein Lehrer ange stellt war, der im Winter oft im schlechtesten Wetter den Weg von einem Orte zum anderen zu Fuß zurücklegen mußte, um den Kindern beider Orte Unterricht zu erthei len, werden vom Oktober ab in 2 Schulbezirke getheilt. Der bisherige Lehrer tritt in den Ruhestand. Eine begehrte Stelle war die in Ebersbach- Hundsgrün auch niemals. Das alte Hundsgrüner Schulhaus, das keine Lehrerwohnung enthält, wird verkauft und nicht weit davon ein neues Schulgebäude errichtet werden. — Burgstädt, 10. September. Dem hier ausgewiesenen sozialdemokratischen Redakteur Peter Braun ist auf seine an den Reichskanzler gerichtete Beschwerde auf Rechtsoerweigerung vom Preußischen Gesandten nachstehender Bescheid zugegangen: „Königlich Preußische Gesandtschaft. Dresden, den 6. Sep tember 1894. Euer Wohlgeboren theile ich in Erwiderung auf Ihre an den Herrn Reichskanzler gerichteten Beschwerden vom 17. und 22. Juli dss. Js. wegen Ausweisung und Justizver weigerung in Sachsen, erhaltenen Auftrage gemäß, ergebenst mit, daß dieselben bei dem Bundesrath in Vorlage kommen werden, daß der Herr Reichskanzler dagegen nicht in der Lage ist, Ihrer an ihn gerichteten Eingabe vom 19. Juli dieses Jahres wegen einstweiliger Aufhebung der Ausweisung eine weitere Folge zu geben. Der Königlich Preußische Geschäftsträger. Bernstorff. An Herrn Redakteur Peter Braun, Wohlgeboren, Burgstädt, (Sachsen.) — Auerbach, 11. September. Auf die Feuergefährlich keit feucht eingebracht-n Getreides, welches, wenn fest aufeinan der geschichtet, sich selbst entzündet, ist jüngst mehrfach aufmerk sam gemacht worden, da diese Gefahr Heuer im erhöhtem Maße besteht. In Rothenkirchen sind am Sonnabend zwei mit Erntevorräthen gefüllte Scheunen (dem dortige Fabrikanten Krämer gehörig) vollständig niedergebrannt. Das Feuer ent stand in der zweiten Nachmittagüstunde; es liegt zweifellos Selbst entzündung des erst vor einigen Tagen feucht eingebrachten Hafers vor. Der Inhalt der Scheunen war nur zum Theil versichert. — Leipzig. Bekanntlich hatte die Wahlgeschäftsstelle des Raths, bevor sie das Bürgerrecht ertheilte, in letzter Zeit