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MchilM für Wkttff Thumdt, Uchen, Mknlkhn md die UmgtMden. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummem 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstag« bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Acrlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. No. «2. Freitag, den 3. August 1894. Meißen, am 28. Juli 1894. Boykottbier!" tönte es von allen Seiten. Und als der erste herrlich verlaufenen Nocdlandsfahrt auf dem Boden der Heimath endlich aus den der Geschäftswelt durch den Streik zugefügten Verlusten zusammen. Die unerfreulichen finanziellen Wirkungen des amerikanischen Eisenbahnstreiks vertheilen sich also sowohl nach der Seite der Arbeiterschaft wie auch nach derjenigen der Eisenbahngesellschaften und schließlich des handeltreibenden Publi kums hin, und hieraus erhellt wiederum, wie weite Kreise durch größere Streiks fast stets benachtheiligt werden und welche Summen hierbei verloren gehen. Selbstverständlich sind es nicht immer die Arbeiter, welche durch Lohnausfall und andere Nachtheile die größte Schädigung bei Streiks erleiden, aber die statistische Wissenschaft lehrt, daß doch bei der Mehrzahl der Ausstände die Verluste für die Ar beiter größer sind, als die von ihnen errungenen Erfolge. Diese Wahrheit scheint aber leider noch immer nicht von den breiten Massen der Arbeiter begriffen worden zu sein, sonst würde ja die Steigung zur Jnscenirung kleinerer wie größerer Ausstände unter den Arbeitern mehr und mehr schwinden, was jedoch be kanntlich nicht der Fall ist. Es muß daher den Arbeitern ge genüber immer und immer wieder darauf hingewiesen werden, daß sie sich durch frivole Arbeitseinstellungen nur ins eigene Fleisch schneiden, ja daß sie selbst bei äußerlich günstig für sie verlaufenden Streiks häufig nicht ihre Rechnung finden. Denn auch in den letzteren Fällen bleiben natürlich die Summen, welche die streikenden Arbeiter durch die ihnen entgehenden Löhne einbüßen, für immer verloren, unk wenn auf der anderen Seite die Arbeitgeber manchmal noch größere Verluste erleiden, so gleicht dies die finanzielle Schädigung des Arbeiterstandes be greiflicher Weise nicht im Mindesten aus. Z. B. betrug der Verlust an Löhnen im Jahre 1892 für die streikende Arbeiter schaft in etwa 1000 Etablissements Englands zusammen 77,6 Millionen Mark und weiter erhielten nach den eigenen Angaben der Arbeiter-Verbände 121357 Arbeiter, welche bei 246 Streiks betheiligt waren, vorher 164143Pfd. Sterling —3282860 M. Wochenlohn, nachher aber nur 153153 Pfd. (oder 3063060 M.) Angesichts dieser empfindlichen Lohnausfälle dürfte es für die Arbeiter wohl nur ein schwacher Trost gewesen sein, wenn zur selben Zeit die Besitzer von 511 Etablissements, deren Capital auf zusammen 376 Millionen Mark ermittelt war, infolge des Streiks einen Zinsverlust von ca. 25 Millionen Mark ver- angekündigte Reise nach England antritt. Auf dem Felde der inneren Politik herrscht im All der Waffe sich erstreckte, so ist das zum großen Theile der Verdienst des verstorbenen Erzherzogs. Derselbe ist auch der Urheber und eifrige Förderer der gerade jetzt im Vollzüge be griffenen Reorganisation der FeldarMerie, welche auf eine wesent liche Vermehrung der Waffe hinausläuft und sich zumeist an die Eintheilung der preußischen Feldartillcrie anlehnt. Von der russischen Grenze. Aus Beut hen wird von der „Oberschlesischen Grenz-Ztg." gemeldet: Bergwerksdirektor Kunitz aus Scharley und der Mühlenpächter Reschka aus Dom« browkamühle waren am 28. v. M. damit beschäftigt, den durch gerissenen Damm an der Brinitza zu besichtigen; bei dieser Ge legenheit hatte Direktor Kunitz ganz übersehen, daß er auf russischem Gebiete angelangt war. Plötzlich sprang ein russischer gemeinen fortgesetzt hochsommerliche Stille. Wenigstens fehlt es gänzlich an aktuellen Ereignissen von größerer Wichtigkeit, höchstens, daß die zwischen dem Reichsamte des Innern und dem Reichsversichecungsamte eingetretene Spannung einiger maßen von sich reden macht. Dieselbe soll in jüngster Zeit namentlich dadurch verschärft worden sein, daß die neuen Ent würfe über die Ausdehnung des Unfallversicherungsgesetzes im Reichsamte des Inneren ausgearbeitet worden sind, ohne daß angeblich das doch sachverständige Reichsverstcherungsamt über haupt um seine Meinung in dieser wichtigen Frage angegangen worden ist. Falls sich diese Version bestätigt, so wäre es aller dings hohe Zeit, daß endlich das untergeordnete Verhältniß des Reichsvecsicherunzsamtes zum Reichsamte des Innern ge löst und ersteres Reichöamt ebenfalls zu einer durchaus selbst ständigen Behörde erhoben würde. Sonst könnten wir im deutschen Reiche bei weiteren Konflikten zwischen den beiden hohen amtlichen Stellen zu ganz unleidlichen und unhaltbaren Zuständen in unserer sozialpolitischen Gesetzgebung gelangen. Wie der Bierboykott und die Art seiner Handhabung viel fach Erbitterung in die eigenen Reihen der Genossen trägt, da für liefert, wie die „Berliner Zeitung" meldet, folgender Vor gang einen deutlichen Beweis/ Für eine der am Freitag abge haltenen Gewerkschaftsversammlungen war auch das in der Avalbertstraße 8 belegene Restaurant von Sauermann auser sehen, in dessen Saal jedoch laut polizeilichem Verbot die Ver sammlung nicht abgehalten werden durfte. Von den Erschienenen, die nun unverrichteter Sache vor dem Saale umkehren mußten, blieben etwa 50 Arbeiter im Garten und ließen es sich au Weißbier und einem Glase Bayrisch wohl sein. Doch nur zu wir aus den Sozialistengesetzen gar nicht mehr herauskommen." So ging die herbe und verbitterte Kritik fort. Dos habsburgische Kaiserhaus ist von einem er schütternden Trauerfalle betroffen worden. Erzherzog Wilhelm der zum Sommeraufenthalte in Baden bei Wien weilte, stürzte am Sonntag bei einem Spazierritt vom Pferde, welches vor der elektrischen Bahn scheute. Der Erzherzog wurde schwer v.rletzt nach seiner Villa gebracht und verschied dort zwischen 5 und 6 Uhr Nachmittags. Nach vorliegenden weiteren Mit- theilungen über die Katastrophe fiel der Erzherzog mit dem Hinterkopf aus einen Stein. Der Inhaber eines in der Nähe gelegenen Restaurants eilte mit seinen Bediensteten herbei, wo rauf der Erzherzog in das Zimmer des Wirthes getragen wurde. Schnell hinzugeholte Aerzte stellten eine klaffende Kopfwunde und eingetretene Gehirnerschütterung fest und erklärten den Zu stand des Verletzten für sehr bedenklich. Der Erzherzog wurde mit den Sterbesakramenten versehen und bewußtlos nach seiner Villa gebracht. Hier kam er auf kurze Zeit zur Besinnung und es trat eine scheinbare Besserung ein. Bald kehrte jedoch die tiefe Bewußtlosigkeit zurück, worauf um 5'/z Uhr der Erz herzog verschied. Kaiser Franz Joseph wurde sofort von dem Unglück benachrichtigt. Erzherzog Otto ist auf die Nachricht hin von Oedenburg hier eingetroffen. Erzherzog Wilhelm, ein Bruder des Erzherzogs Albrecht, ein Vetter des Kaisers, war 1827 geboren. Als Großmeister des Deutschen Ordens im Kaiserthum Oestreich, war er unvermählt. Er hatte den Rang eines Feldzeugmeisters, war Generalinspekteur der Kavallerie und galt lange Zeit als einer der besten Reiter der Armee. Das tragische Geschick, welches d-n Erzherzog Wilhelm, den volks- thümlichen Hoch- und Deutschmeister und Generalinspektor der Artillerie, in dem Kurorte Baden dahingerafft hat, erweckt all- seitige Theilnahme. Erzherzog Wilhelm war eine der sym pathischsten Gestalten des habsburgischen Kaiserhauses; sein ritterliches Wesen, seine offene Hand gegenüber Elend und Ar muth, der Hochsinn, mit dem er Kunst und Wissenschaft, alle schönen und edlen Bestrebungen förderte, sowie seine Bürger Dit Streiks und ihre Kosten. Die alte Erfahrung, daß die Streiks eine ungemein zwei schneidige Waffe sind, welche die Arbeiterschaft wie das „Unter- nehmerthum" gleich scharf zu treffen pflegt, hat durch den jüngsten großen Ausstand der Eisenbahnarbeiter in Nordamerika erneut ihre Bestätigung erhalten. Zwar steht die Kostensumme des genannten Streiks, der bekanntlich ron zahlreichen gewalt- thätigen Ausschreitungen seitens der ausständigen Arbeiter be gleitet war, noch nicht völlig fest, aber nach übereinstimmenden Schätzungen amerikanischer Statistiker beläuft sie sich auf aller mindestens 100 bis 120 Millionen Mark. Diese gewaltige „Ich danke für den Tagesgerichte. Kaiser Wilhelm ist zur Stunde von seiner Nordlands reise im besten Wohlsein wieder nach Deutschland zurückgekehrt, geleitet von der Manöverflotte, welche dem allerhöchsten Kriegs herrn von Helgoland aus entgegengefahren war. Doch nur ganz kurze Zeit wird der Monarch nach Beendigung seiner so Bekanntmachung, Gefechtsschiefzübungen bei Grumbach betreffend. Am 14., 15., 16. und 20. August -. I. täglich von früh 6 bis Nachmittags 1 llhr und am 1?. und 18. August desselben Monates täglich von früh 6 bis Nach mittags 2'/z Uhr findet Gefechtssehieszen des Königlichen Schützen-Regiments No. 108 mit scharfen Patronen in dem Gelände zwischen Wilsdruff, Grumbach, Pohrsdorf, Herzogswalde, Helbigsdorf und L'mbach auf einem in -er Flur Gruinbach errichteten Schieszplatze statt. Zur Verhütung von Unglücksfällen wird Folgendes angeordnet: 1 ., Am 14., 15., 16. und 20. August je von früh 5 bis Nachni. 1 Uhr und am 17. und 18. August je von früb 5 bis Nachni. 2V2 Uhr wird, soweit der Aufenthalt in dem bezeichneten Gelände während des Schießens gefährdet ist, der Verkehr auf den Kunststraßenstrecken Limbach-Wilsdruff und Herzogswalde-Grumbach sowie auf sämmtlichen durch das Gelände führenden Wegen durch Militärposten und von dem Regiments-Kommando aufgestellte Tafeln gesperrt. 2 ., Während der gleichen Zeit darf Nieman- über die aufgestellten Tafeln hinausgehen oder das von einem Posten zum andern in der Richtung nach dem Schießplätze ge legene Gelände betrete» und hat daselbst insbesondere auch jede Fel-- oder IVal-arbeit zn unterbleiben. 3 ., Den Weisungen der Absperrungsposten ist unbedingt Folge zu geben. heischte er in einem Tone der einem Höchstkommandirten wohl ansteht, Aufklärung. Kaum ist ihm diese pflichtschuldigst und gehorsamst erstattet, da geht ein Donnerwetter los. Seine Rede gipfelt in der Beschuldigung, daß der Wirth Sauermann mit dem Wachtmeister unter einer Decke gesteckt und so das Verbot selbst herbeigeführt habe. „Und Ihr", damit wendet er sich an die Arbeiter, „und Ihr, Genossen, fitzt noch hier und trinkt bei diesem Wirthe Bier? Kein Tropfen mehr wird getrunken!" Damit verläßt Herr Zubeil, von dem größeren Grimm verflogen war, da erging man sich in allerhand Re flexionen gefährlichsten Charakters. „Schafe sind wir, nichts weiter!" hieß es u. a.: „Wir find blos dazu da, die Leit hammel groß und dann fett zu machen." I " Zukunftsstaat!" sprach ein Anderer, „in dem Staat werden freundlichkeit haben ihn überaus populär gemacht. Sein tragischer Hingang erweckt deshalb in allen Kreisen die schmerzlichsten Ge fühle. Hervorragend sind seine militärischen Verdienste. Wenn die österreichische Feld-Artillerie im Feldzuge von 1866 gegen- ^über der preußischen, welche damals noch zum großen Theile mit glatten Kanonen und Haubitzen ausgerüstet in den Kampf zog, eine entschiedene Ueberlegenheit bewies, welche sich nicht zeichnen mußten. Jedenfalls beweist eben die Geschichte der größeren Arbeits einstellungen von Anfang an bis herab zu den total verun glückten Streik der amerikanischen Eisenbahnbediensteten, eine wie zweischneidige Maßregel solche Massenstreiks bedeuten. Er-, „ . fahrungsmäßig verschmerzen aber Capital und Unternehmerthum! Theil der Arbeiter begleitet, den Garten. Nur ein Rest war ihre in solchen wirthschastlichen Kriegen erlittenen Verluste ge-! zurückgeblieben, der es aber, als man sich von seinem Erstaunen wöhnlich weit eher, als die Arbeiterschaft die ihrigen, es liegt erholt, nicht mit dem Schweigen hielt. Mit explosiver Gewalt daher im Interesse der Arbeiter, nur in ganz zwingenden Fällen machte sich der Zorn über ein solches Vorgehen laut. Das zu einschneidenderen Streiks zu greifen. Man muß um so-l Weißbier verschwand von den Tischen. „Bier wollen wir haben! Verlustsumme setzt sich aus der den Arbeitern entgangenen Löhnen, ferner aus dem Ausfall an Einnahmen der boycottirten Bahnen, weiter aus den Wcrthcn, welche die zerstörten Stations- gebäude, Eisenbahnwagen, Brücken u. s. w. darstellen, und verweilen, da ec bekanntlich schon in den nächsten Tagen die bald sollte dieses Idyll grausam zerstört werden. Der Herr Reichstagsabgeordnete und Stadtverordnete Zubeil war, auf seiner Inspektionsreise begriffen auch nach dem Sauermannschen duffere B^aff^ng^nd^s^ Restaurant gekommen und die Situation verwundert betrachtend,, auch sich auf die Führung und die taktische Verwendung Königliche Amtshauptmannschaft. I. V. Meusel, Bezirksassessor. mehr wünschen, daß die Arbeiter endlich zu dieser Einsicht ge langen, als die wirthschaftliche Lage eine den Streikbestrebuugen noch immer sehr ungünstige ist und als nach wie vor eine Ueber- fülle von Arbeitskräften in den allermeisten Branchen vorhanden ist, welche Erscheinung doch wahrlich nicht zu den Grundbe dingungen für das Gelingen eines Streiks gezählt werden kann.