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MmM L Msdmff ) Erscheint I wöchentlich zweimal u.zwarDienstags i und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne f Nummem 10 Pf. ThmM, NOa, Ätdknlthn md die Umgegendkn. Imtsblull Inserate werden Montags und Donnerstag« bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Freitag, den 6. Juli No. 54 18S4 Meißen, am 23. Juni 1894. Sachsdorf, den 5. Juli 1894. Bekanntmachung, Straßensperrung in Wilsdruff betreffend. Wegen des Umsetzens des Pflasters auf der Freiberger Straße innerhalb der Stadt Wilsdruff wird die betreffende Straßenstrecke von Freitag, den 6. dieses Monates an bis auf Weiteres für den Fährverkehr gesperrt, und letzterer zwischen der inneren Stadt und dem Bahnhofe auf den Zingenweg beziehendlich auf die Schulgasse verwiesen. Meißen, am 5. Juli 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. i. V. Meusel, Bezirksassessor. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. II, § 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tagespreise des Houptmarktortes Meißen im Monate Mai dies. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amts hauptmannschaft im Monate Juni dles. Js. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt 7 Mk. 74,3 Pf. für 50 Kilo Hafer, 4 „ 46,2 „ „ 50 Kilo Heu, 2 „ 96,6 „ „ 50 Kilo Stroh. Königliche Amtshauptmannschaft v. Airchbach. Montag, de« ». Juli 18S4 Vorm. 1» Uhr, kommen in Grund bei Mohorn, in dem vormal. Oftttzner'schen Mühlengrundstück 1 Decimalwaage, Bettstellen, versch. Deck- und andere Betten, I Lastschlitten, 1 Werkstelle mit Zu behör, 1 Jagdgewehr, Back-, Mühlen- und Wirthschaftsgeräthe, sowie versch. andere Gegenstände zur Versteigerung. Tharandt, am 30. Juni 1894. Der Gerichtsvollzieher bei dem Königl. Amtsgericht das. A.-G.-Wachtmeister Rrseker. Bekanutmachung. Mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft Meißen wird der Sachsdorf-Ataufbucher Lsnitnunikatisnsu»cg infolge Massenschüttunz vom Y.—^2. Hnli d. H. für den öffentlichen Hahrverkehr gesperrt. Der Verkehr wird über Wilsdruff verwiesen. Die Bekämpfung des Anarchismus. Das fluchwürdige Verbrechen von Lyon, dem der unglück liche Präsident Carnot zum Opfer fiel, hat erneut das allge meine Interesse dem unheimlichen Treiben der Anarchisten zu- geienkt, denn dieses Attentat charakterisirt sich unzweifelhaft als ein abermaliges anachistisches Bubenstück. Wiederum erschalltem daher, wie schon bei allen ähnlichen Verbrechen der letzten Zeit, von allen Seiten der Ruf nach geeigneten energischen Maß nahmen zur endlichen Unterdrückung oder doch wenigsten möglich sten Einschränkung einer alle Culturstaaten gleichmäßig bedroh enden Gefahr vom Wesen des Anarchism. s. Aber zugleich tauchen wiederum Stimmen auf, welche die großen Schwierig keiten betonen, die einer planmäßigen Bekämpfung des Anar chismus entgegenstehen und welche sogar der Meinung Ausdruck verleihen, es lasse sich im Grunde genommen gegen das anar chistische Verschwörerlhum doch weiter nichts thun. Wenn letztere Anschauung in der That richtig wäre, so wäre es allerdings am Besten, daß alle bisherigen Bemühungen, den Schleichwegen der anarchistischen Verschwörerrotte nachzuspüren, einfach eingestellt würden und daß die Polizei nunmehr die Hände gegenüber den Gesinnungsgenossen eines Navachol, Henry, Ca- serio u. s. w. in den Schooß legte. Sicherlich würde jedoch nachher die anarchistische Bewegung wie ein aus seinen Ufern getretener Wildbach einherbraufen und anarchistische Verbrechen und Vergehen würden nachher allerorten sozusagen wie Pilze aus der Erde schießen, so daß die bürgerliche Gesellschaft dann einer in ihren Mitteln durchaus sccupellosen fanatischen Verbrecher bande völlig ausgeliefert wäre. Natürlich darf aber an ein Einstellen des bisherigen Kampfes gegen die Anarchisten keinen Augenblick gedacht werden, ja, man muß ihn nur noch schärfer und cousequenter führen, mögen die hierbei zu Überwindenen Hindernisse noch so groß sein. Vor Allem erwächst immer mehr die Notwendigkeit einer Bekämpfung des anarchistischen Un wesens auf internatonalem Wege. Der Anarchismus ist seiner ganzen Natur nach international, wie auch wieder das gegen den Präsidenten Carnot ausgeführte Verbrechen bekundete, denn zufolge der neuesten Ermitelungen kann es gewiß gelten, daß ein förmliches anarchistisches Complott zur Ermordung Carnots bestand und das in der letzten in Cette stattgefundenen Ver sammlung der Verschwörer der Italiener Cäserio durch das Loos zur Ausführung des schändlichen Planes bestimmt wurde. Gegen über dem Zusammenschlusse der internationalen Verschwörerge- sellschaft der Anarchisten erscheint ober auch ein Zusammengehen der Regierungen geboten, schließlich sind ja auch die Staatsein richtungen aller Culturmächte mehr oder weniger von der anar chistischen Bewegung gefährdet. Gewiß würde sich gerade bei einer systematischen internationalen Bekämpfung des Anarchis mus ganz besondere Schwierigkeiten ergeben, dennoch gilt es, dieselben zu überwinden und zum wenigsten eine gemeinsame Eindämmung der anarchistischen Gefahr zu erreichen. Wie-ver- lautet, hat die italienische Regierung den Mächten ein System internationaler Ueberwachung der Anarchisten vorgeschlagen und es würde die Annahme des Vorschlages seitens der übrigen Re gierungen demnach den gemeinsamen Kampf gegen den Anarchis mus einleiteu. Indessen, neben internationalen Maßnahmen gegenüber dem anarchistischen Verbrecherthum, handelt es sich für die einzelnen Staaten und ihre Bürger auch um die Selbsthilfe gegen eine fanatische Verbrechergesellschaft. Staat wie Bürgerthum der einzelnen Länder haben die Pflicht, nach Kräften in dieser Rich tung zusammenzuarbeiten und mit ernster Entschlossenheit den terroristischen Ausbrüchen eines blindwüthigen Fanatismus ent gegenzutreten. Die Mittel und, Wege zur Erreichung dieses Zweckes lassen sich allerdings nicht bestimmt und scharf um schreiben, sondern vielmehr nur andeuten. Sie liegen einerseits für den Staat in der Richtung einer noch größeren Wachsam keit gegenüber den anarchistischen Anschlägen hin, für die bürger liche Gesellschaft anderseits in der Betonung der Solidarität aller Kreise des Bürgerthums gegenüber den umstürzlerischen Be strebungen unserer Zeit, dann jedoch in ernster Selbsterziehung, denn gerade die Sünden und Fehler in der bürgerlichen Gesell schaft sind eine der Quellen, aus welchen der Anarchismus seine Kraft schöpft. Tagesgeschichte. Kaiser Wilhelm weilt nunmehr mit seiner erlauchten Gemahlin wieder auf norwegischem Boden, um hier, im Anblicke großartiger und stets wechselnder Naturscenieren, wie schon in früheren Jahren sich von den mannigfachen Anforder ungen und Anstrengungen seines Herrscheramtes für mehrere Wochen zu erholen. Die Nachricht, daß die Kaiserin die Nord landsreise ihres hohen Gemahls nur bis Malmö mitmachen werde, erweist sich als unbegründet, voraussichtlich wird die Kaiserin den Kaiser bis nach Trondhjem begleiten. Neueren Meldungen zufolge trifft die Kaiserin an Bord des Schulschiffes „Grille" am 20. Juli aus Norwegen wieder in Kiel ein. Die Nothwendigkeit, die menschliche Gesellschaft gegen die beständige Gefahr anarchistischer Mordanschläge besser als bisher zu schützen, wird nach den eindringlichen Mahnungen der neuesten Ereignisse, die durch den Mord in Livorno eine traurige Bereicherung erfahren haben, kaum noch irgendwo be- bestritten. Meinungsverschiedenheiten bestehen nur noch hinsicht lich der Möglichkeit, den „Anarchismus" selbst wirksam zu fassen. Aber die geistige Disposition, welche unter dem nach äußeren Kriterien allerdings schwer zu definirenden Begriffe „anarchisti schen" Prinzipien verstanden wird, kennzeichnet sich doch zu deutlich als nothwendige Folgeerscheinung der sozialistischen Verhetzung, als daß nicht mehr und mehr sich die Ansicht befestigen sollte, daß hier die Wurzel des Uebels liegt und demgemäß auch hier der schützende und heilende Eingriff erfolgen muß. Die „Ham burger Nachrichten" fragen: Wiedereinführung des Sozialisten gesetzes? und bemerken dazu nach Widerlegung des „fable convenue", daß das Sozialistengesetz nutzlos gewesen sei: „Da mit soll indeß nicht gesagt sein, daß der einzige Weg, um den Erfordernissen der heutigen Lage gerecht zu werden, die einfache Wiederherstellung des Sozialistengesetzes sei. So lange dasselbe in Wirksamkeit gewesen ist, hat es immer auch staatstreu ge sinnte Leute gegeben, welche eine Verschärfung des gemeinen Recht, namentlich im Punkte des Preß-, sowie des VereinS- und Versammlungswesen vorgezogen haben würden, und es wird auch jetzt wieder darauf aufmerksam gemacht, daß es noch andere den öffentlichen Frieden gefährdende Agitationen gebe, gegen welche man ebenfalls wirksamerer Waffen bedürfe. Das ist nicht zu leugnen, und es wird sich empfehlen, die Möglichkeit gemein- rechrlicher Maßnahmen unter diesem Gesichtspunkte zu prüfen. Daneben aber bleibt die Thatsache bestehen, daß die sozialde mokratische Partei mit ihrem anarchistischen Anhängsel die ein zige in Deutschland, welche programmmäßig die Vernichtung der bestehenden Staats-und Gesellschaftsordnung erstrebt, um daS Problem ist bisher nicht gelöst worden, wie diesem revolutionären Treiben durch eine Gestaltung des gemeinen Recht entgegenzu wirken wäre, welche nicht zugleich eine Gefährdung der allge meinen staatsbürgerlichen Freiheit und Rechtssicherheit mit sich brächte. Allein einstweilen ist die Hauptsache, die in weiten Kreisen zu Tage tretende Ueberreugung, daß überhaupt etwas geschehen müsse. Ob man in den Regierungskreisen von der Zweckmäßigkeit der Politik des Gehenlassens noch immer über zeugt ist, können wir nicht wissen; um so dringender ist eS zu wünschen, daß die wahre Stimme der öffentlichen Meinung recht laut zum Ausdruck kommt." Immer greller treten die Miß stände im Baugewerbe in den großen Städten, besonders in Berlin, hervor. Wieder ist soeben ein „Bauherr" auf offenem Platz von den erbitterten Bauarbeitern, deren Lohn seit Wochen rückständig war, mit Knüppeln zusammengehauen worden; die schreckliche Seegersche Familienkatastrophe aus ähnlichem Anlaß ist noch in frischer Erinnerung. In großen Versammlungen aus den betheiligten Kreisen sind die unerhörten Mißstände enthüllt worden, die azzf diesem Gebiete herrschen. In keinem anderen Gewerbe ist der Schwindel, die Ausbeutung, der offene Betrug so groß wiehiex. Menschen ohne einen Pfennig Geld, oft nur vorgeschobene Stroh männer, unternehmen den Bau großer Palläste. In zahllosen Fällen werden die dabei betheiligten Arbeiter und Gewerbetrei benden einfach um ihren Lohn betrogen, ohne daß sie genügenden