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WuiM für Msdmff ThalM Men, Menlehn Md die Umgkgkndtn. Imtsblnü 4 für die Agl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. 18S4. Dienstag, de« 2«. Juni No. S1. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionSvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne f Nummern 10 Pf. Königliches Amtsgericht. Vr. Konkursverfahren. Das Konkursverfahren über das Vermögen des vormaligen Brauereibesitzers Hermann Paul Gelbrich in Herzogswalde wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hier durch aufgehoben. Wilsdruff, am 22. Juni 1894. Generalversatiiimlung des Arankenkasfenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Zu der am Sonnabend, den 3b. Juni dS. Js, Nachmittags 4 Uhr, im Saale des Hotels zum weitzen Adler hier abzuhaltenden Generalversammlung des Krankenkassenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff werden die Herren Ausschußmitglieder ergebenst eingeladen. Tagesordnung: 1 ., Beschlußfassung über Abnahme der 1893er Rechnungen; 2 ., Dergleichen über nothwendige bauliche Veränderungen im Bezirkskrankenhause; 3 ., Allgemeine Vereinsangelegenheiten. Wilsdruff, am 15. Juni 1894. Der Vorstand des Krankenkaffenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Dicker, Bürgermeister. Sozialreform und Sozialdemokratie. Es zieht noch immer Leute, welche meinen, daß man die Sozialdemokratie nur dann wirksam bekämpfen und ihren auf den Umsturz des Staates gerichteten Bestrebungen mit Erfolg entgegentreten könne, wenn man auf dem Gebiete der sozialen Reform immer weiter und weiter fortschreite. Diese Herren machen der Regierung und mehr noch den angeblich wider strebenden Elementen im Kreise der Arbeitgeber einen schweren Vorwurf daraus, daß sie in ihrem Eifer für die Sozialreform angeblich erkalten und anstatt das Reformwerk kräftig weiter zu führen, vielmehr still stehen oder gar Schritte rückwärts thun. Inwieweit das letztere wirklich der Fall ist, können wir billig dahin gestellt sein lassen, jedenfalls aber ist es Thatsache, daß keine noch so gutgemeinte und noch so kräftig durchgeführte Sozialreform die Sozialdemokratie jemals von ihrem Plane einer vollständigen Umgestaltung unseres Staates und Aufbau desselben auf ganz neuen Grundlagen abbringen wird. Das lehrt schon die bisherige Erfahrung. Noch kein Staat der Welt, noch kein Zeitalter hat so durchgreifende Reformen auf sozialem Gebiete durchgeführt, als das deutsche Reich in den letzten zehn Jahren. Und was ist der Dank dafür gewesen? Ein fortwährendes Wachsen der Unzufriedenheit und steigende Erbitterung gerade in den Kreisen derjenigen, denen die Arbeiterversicherungsgesetze und der Arbeiterschutz doch in erster Linie zugute gekommen sind. Jedes neue Gesetz dieser Art hat nur neue Klagen nicht etwa bloß in den Kreisen der Arbeitgeber, denen in der Wat große Opfer und steigende Belästigungen damit zugemuthet worden sind, sondern auch in den Kreisen der Arbeitnehmer hervorgerufen, und auch die weitere Ausdehnung z. B. der Ver sicherungspflicht auf die Hausindustrie findet bei den Be iheiligten nicht etwa freundliche Zustimmung, sondern stößt auf den entschiedensten Widerspruch. Die Sozialdemokratie hat bis her noch für keine der im Interesse der Arbeiter angebahnten sozialpolitischen Reformen Zustimmung, sondern immer nur Widerspruch gehabt, nicht mit, sondern gegen die Sozialdemo kratie sind dieselben durchgeführt worden. Es ist mehr als naiv zu glauben, das sich das ändern könnte, wenn man nur mit den von gewissen Schwärmern, meist außerhalb der eigent lichen Arbeiterkreise, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, stehende Gelehrten verlangten, noch durchgreifenderen Reformen ver gehen würde, ganz abgesehen davon, daß die Herren doch auch nicht sagen und zumeist wohl auch nicht sagen können, was sie unter diesen „durchgreifenderen Reformen* denn eigentlich ver stehen. Gerade dieses fortwährende Reden von immer neuen und neuen „Reformen", von denen im Grunde aber niemand weiß, worin sie eigentlich bestehen sollen und für die jedenfalls niemand die Kosten selber bezahlen, sondern immer nur anderen, den angeblich „Bessersituirten", aufbürden will, richtet nur Un heil an, verwirrt die Köpfe und trägt die Unzufriedenheit all- mählig auch in diejenigen Kreise, die sich davon bisher noch leidlich freigehalten haben. Man bessert die Sache damit nicht, sondern verschlechtert sie nur. Gewiß, wir sind Freunde sozialer Reformen und für solche, die sich innerhalb der Grenzen des Möglichen erhalten, immer mit Wärme eingetreten, aber man erwarte nicht hiervon, und noch viel weniger von einer immer weiter getriebenen und zuletzt alles vernünftige Maß überschreitenden, in ihrem Wesen und ihrer Ausführbarkeit noch gar nicht klar erkannten sozialen Re form die Bekehrung der Sozialdemokratie, die vielmehr jetzt, inachdem sich die Sozialdemokratie immer offener als ein Staat m Staate organisirt und als unversöhnlicher Feind der jetzt estehenden Ordnung erklärt hat, auf ganz anderem Wege ge sucht werden muß. Jetzt gilt es vor allen Dingen, die ge sunkene Autorität des Staates wieder herzustellen und den irregeleiteten und verblendeten, sich immer mehr zu Drohung und Gewaltthat versteigenden Massen zu zeigen, daß sie vor allen Dingen wieder zu gehorchen und sich in diejenigen Schranken zu fügen haben, die die Gesetze zum Wohle des Ganzen unter uns ausrichten und ohne welche der „Krieg aller gegen alle" unvermeidlich ist. Lange genug hat man den Arbeitern vorgeredet, daß ihre Lage eine jämmerliche sei und daß etwas geschehen müsse, um dieselbe zu bessern; es wird Zeit, hohe Zeit, daß man ihnen nunmehr auch begreiflich macht, daß und wie viel bereits ge schehen, um auf diesem Wege Besserung zu erzielen, und daß sie vor allen Dmgen nun auch das erst einmal anerkennen müssen, ehe das, was etwa noch geschehen kann, in Angriff genommen wird. Man soll auch das nicht vergessen, daß heute mehr oder weniger alle Stände leiden und daß bisher vielleicht noch für keinen dieser Stände soviel gethan worden ist, wie gerade für die Arbeiter, deren Lage, mag sie auch immerhin noch unbefriedigend genug und in vielen Fällen gerade jetzt wieder ungewöhnlich gedrückt sein, doch aber immerhin viel besser und „menschenwürdiger" ist, als beispielsweise vor 50 oder gar vor hundert Jahren, nur daß man damals nicht dieselben „Ansprüche" machte und eben darum auch nicht so unglücklich sich fühlte. Jedenfalls aber, und damit kommen wir auf den Aus gangspunkt unserer Erörterungen zurück, durch sozialreformerische Phrasen, wie sie jetzt in weiten Kreisen üblich geworden sind und namentlich auch bei solchen sich finden, die sonst den Ar beiterverhältnissen gänzlich fern stehen und weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sind, wird die Sache nicht gebessert und die Sozialdemokratie mit Erfolg nicht bekämpft, vielmehr treibt man damit nur immer weitere Kreise geradezu in die Sozial demokratie hinein und leistet natürlich, ohne es zu wollen oder auch nur zu ahnen, einem gewaltsamen Umsturz der Dinge Vorschub. Wer das nicht begreift, der mag die Geschichte der Bewegung nachlesen, die um den Ausgang der vierziger Jahre unseres Jahrhunderts einen Theil Europas durchzuckte und auch in unserem Vaterlande sich geltend machte, sie ist in nicht mehr als einer Beziehung lehrreich. (Chmn. Tgbl.) Tagesgeschichte. Ein Bild von der Riesenarbeit, die die Steuereinschätzung in Berlin verursacht, gewährt eine Vorlage des Magistrats, welche sich auf die nach dem Einkommensteuergesetze vom 24. Juni 1891 für die drei Steuerjahre vom 1. April 1895 bis 1898 vorzunehmenden Neuwahlen der Mitglieder und Stell vertreter der Voreinschätzungs-Kommission bezieht. Bis jetzt bestanden hier 184 Unterkommissionen mit 4272 Mitgliedern und 768 Stellvertretern, deren Arbeitslast schon sehr bedeutend war. Als eine Folge dieser Belastung ist wohl die Thatsache anzusehen, daß im letzten Jahre 919 Anträge um Entlassung aus dem Einschätzungsamte bei der Steuerdeputation einge- gangen sind. Bei der nächsten Einkommensteuer-Veranlagung im Herbst dieses Jahres wird eine noch stärkere Inanspruch nahme der Voreinschätzungskommisston bei Ermittelung des steuerbaren Vermögens behufs Veranlagung der Ergänzungs steuer stattfinden und die Geschäfte der Voreinschätzungskommisston müssen eine weitere, sehr große Ausdehnung erfahren. Es sollen in Zukunft 349 Unterkommissionen mit 7869 Mitgliedern und 1838 Stellvertretern gebildet werden. Davon sind 4120 Mit glieder und 919 Stellvertreter von der Stadtverordnetenver sammlung zu wählen, die übrigen werden von der königlichen Steuer-Direktion ernannt. Ueber die Verhaftung des Ceremonienmeisters v. Kotze in Berlin bringt das „Kl. Journ." folgende Einzelheiten: „Seit etwa einem Jahre wurde die Berliner Hofgesellschaft überfluthet von verleumderischen anonymen Briefen, in denen namentlich gegen die eheliche Treue der einzelnen Gatten und Gattinnen die schwersten Verdächtigungen ausgesprochen wurden. Kaum ein Mitglied der Hofgesellschaft wurde von diesen Briefen verschont und der Anonymus wagte sich mit seinen Verleumdungen sogar bis in die unmittelbarste Nähe des Thrones. Trotz der eifrigsten Nachforschung n, die natürlich sofort angestellt wurden, konnte es nicht gelingen, den Thäter zu entdecken, bis ein ganz eigenartiger Zufall in die mysteriöse Sacht Licht brachte. Die sämmtlichen anonymen Briefe zeigten die Eigenthümlichkeit, daß sie nicht mit den gewöhnlichen Schriftzeichen geschrieben waren, der Schreiber hatten vielmehr stets die Druckschrift nachgeahmt, natürlich, um sich vor einer eventuellen Entlarvung so viel als möglich zu schützen. Vor einigen Wochen fand man nun in einem Zimmer des Adel kasinos am Pariser Platze auf einem Pult ein Löschblatt, das den Abdruck eines Wortes 'N jener den Klubmitgliedern nur all zubekannten Schrift zeigte. Man hielt das Blatt gegen das Licht und entzifferte das Wort als den Namen eines hohen Adeligen, der erst kurz zuvor gleichfalls einen jener verleumderischen anony men Briefe erhalten hatte. Damit war wenigstens eine erste Spur gegeben und die mit erneutem Eifer fortgesetzten Nach forschungen führten endlich dahin, daß man in dem Bureau eines der bedeutendsten Hofämter verschiedene Löschblätter mit denselben Schriftzeichen vorfand. Jetzt war man soweit, den Thäter überführen zu können, der nunmehr vorgestern auf den direkten Befehl des Kaisers durch den Chef des Militärkabinets, General v. Hahnke, verhaftet und in das Militärgefängniß in der Linden straße eingeliefert wurde. Der anonyme Verlemder genoß das vollste Vertrauen des Kaisers. Die Wahrscheinlichkeit spricht da für, daß der Thäter bei seinem sonst fast unbegreiflichen Vor gehen selbstsüchtige Zwecke verfolgte, wenn man nicht annehmen will, daß er in einem Anfall von Geistesstörung gehandelt hat. Das hätte sich die Sozialdemokratie schwerlich träumen lassen, daß die leichtfertig über die wichtigsten Berliner Brau ereien ausgesprochene Verrufserklärung als nächste und un mittelbare Wirkung eine Einigung des Bürgerthums zunächst in dee Rcichshauptstadt haben würde, dessen vereinte Kräfte voraus sichtlich genügen werden, um ihr eine Niederlage beizubringen, die auch auf ihre politische Stellung in der ersten Stadt des Reiches nicht ohne Einfluß bleiben wird. Grade diese Kraft probe war erforderlich, um das Bürgerthm aufzurütteln und an die Nothwendigkeit zu erinnern, der Verrufserklärung der sozialde mokratischen Führer einmal entschieden entgegenzutreten. Dank dieser Waffe und ihrer willkürlichen Anwendung hat die Sozial demokratie in Berlin seit Jahren geradezu eine tyrannische Herr schaft ausgeübt und dieselbe im besonderen die kleineren und minder bemittelten Gewerbetreibenden fühlen lassen. Bei jedem Anlaß, der den Allgewaltigen Unzufriedenheit mit dem Verhalten eines solchen Geschäftsmannes der Sozialdemokratie gegenüber gab, wurde über sein Geschäft der Verruf ausgesprochen, und damit war ihm nur die Wahl gelassen, sich auf Gnade oder Ungnade dem Führer zu unterwerfen oder seinem Bankerott mit Gewißheit entgegenzusehen. Der seit langer Zeit angesammelte Unmuth hat sich in zahlreichen Versammlungen Luft gemacht, ganz besonders aber in der Versammlung der Weißbierwirthe Berlins, deren Volksthümlichkeit bekannt ist. Geradezu uner trägliche Mißstände sind jetzt erst an den Tag gekommen, die