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WMIt sm WW Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummem 10 Pf. Tharandt, Men, Menlehn md die UmMaden. Imtsblslt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 49. ! Dienstag, Sen 19. Juni 1894. Bekanntmachung, Bierdruckapparate betreffend. Die Königliche Amtshauptmannschaft findet sich veranlaßt, zu strenger Nachachtung beziehendlich Aufsichtsführung die betheiligten Schankwirthe und beziehendlich die Ortspolizeibe hörden auf die in § 4 des unter demselben Tage bekannt gemachten Regulatives vom 27. Januar 1882 enthaltene und nach § 6 unter Strafe gestellte Anordnung hinzuweisen, wonach neue Bierdruckapparate nicht eher in Gebrauch genommen werden dürfen, als bis sie von dem Revisor besichtigt worden sinv, und auf Grund dieser Besichtigung von dem Revisor dem Apparat inhaber bescheinigt worden ist, daß Konstruktion und Aufstellung des Apparates den bestehenden Vorschriften entsprechen. Meißen, am 11. Juni 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. GeneralVersannmlung der Urankeiikaffenverbander im Amtsgerichtrbezirke Wilsdruff. Zu der am Sonnabend, den 3b. Juni ds. Js, Nachmittags 4 Uhr, im Saale des Hstelr zum weiszen Adler hier abzuhaltenden Generalversammlung des Kcankenkassenvecbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff werden die Herren Ausschußmitglieder ergebens! eingeladen. Tagesordnung: 1 ., Beschlußfassung über Abnahme der 1893er Rechnungen; 2 ., Dergleichen über nothwendige bauliche Veränderungen im Bezirkskrankenhause; 3 ., Allgemeine Vereinsangelegenheiten. Wilsdruff, am 15. Juni 1894. Der Vorstand des Krankenkaffenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Dicker, Bürgermeister. Tagesgeschichte. Berlin. Der Kaiser hat die Verstärkung der Schutz truppe in Südwestafrika in Potsdam besichtigt. Der Kaiser begrüßte die Truppe mit einem „Guten Tag, Soldaten", worauf es kräftig: „Guten Tag, Eure Majestät" zurückklang. Dann besichtigte er die feldmarschmäßige Ausrüstung der Unter offiziere, welche die verschiedenen Uniformen der Truppe trugen. Hierauf schritt der Kaiser die Front der Kompagnie ab, sprach mit mehreren der Leute und nahm den Parademarsch ab. Alsdann hielt er folgende Anrede an die Mannschaften: „Sol daten! Ich habe Euch hierher rufen lassen, um Euch vor Eurer Abreise nach dem fernen Afrika noch einmal zu begrüßen und Euch Lebewohl zu sagen. Ihr gehet schweren Kämpfen ent gegen; Ich hoffe aber, daß Ich Mich auf Euch verlassen unv mit Euren Handlungen zufrieden sein kann. Wenn Ihr mit den Schwarzen drüben zusammenkommt, so vergesset nicht, daß diese ebensogut Menschen sind wie Ihr und daß sie ebensoviel Ehrgefühl besitzen wie Ihr. Lasset Euch daher keine Ausschrei tungen zu Schulden kommen!" Der Führer der Truppe ant wortete mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser und das Deutsche Reich. Alsdann verabschiedete sich der Monarch von den Offizieren mit dem Wunsche, daß es ihnen auch drüben gut gehen möge. Der Kaiser fügte hinzu, die Mannschaften drüben hegten im Allgemeinen den Glauben, sie seien keine deutschen Soldaten mehr. Wenn die Leute also sich einmal vergäßen, so bitte er die Offiziere, dies doch nicht gleich zu streng zu ahnden. Mit erhobener Stimme trug der Kaiser dann auch noch herzliche Grüße für den Führer und Komman danten in Südwestafrika auf. Das Reichsschatzamt hat eine Restaurirung des Julius- thurmes angeordnet, der in der Cytadelle der Festung Spandau stehend, bekanntlich den deutschen Kriegsschatz im Betrage von 120 Mill. Mark birgt. Das äußere Mauerwerk des Thurmes ist stark verwittert; die vom Zahn der Zeit morsch gewordenen Steine werden herausgestemmt und durch neue ersetzt. Betreffs der Ausführung dieser Arbeit ist ausdrücklich bestimmt worden, daß kem feststehendes Gerüst um den Thurm herum aufgestellt werden darf; die Maurer müssen von Leitern aus arbeiten. Das Gerüst ist jedenfalls aus dem Grunde vermieden worden, damst nicht mit Hilfe desselben Jemand durch die Luken in das Innere eindringen kann. Die Umfassungsmauer selbst ist 2 Meter dick; der Schatz aber lagert noch in einem besonders ge mauerten Abtheil des Thurmes. Das leidige Thema der Finanz- und Stererreform im Reiche ist aus der Versenkung, in welcher es nach Schluß der vorigen Session des Reichstages verschwunden zu sein schien, plötzlich wieder aufgetaucht. Zunächst sind verschiedene An gaben über die Absichten der Reichsregierung auf diesem Ge biete im Umlauf, auf der einen Seite wird versichert, speziell der Plan einer Reform der Reichssinanzen sei bis auf Weiteres als abgelhan zu betrachten, auf der anderen Seite aber be hauptet man, die Reichsregierung gedenke die!es vorläufig ge scheiterte Projekt dem Parlament in seiner kommenden Session auf alle Fälle wieder vorzulegen. Es wird sich ja noch zeigen, welche von beiden Versionen Recht behält, vorläufig herrscht in dessen nirgends besondere Neigung, sich für die weiteren finanz politischen Pläne der verbündeten Regierungen zu begeistern. In Zusammenhang mit diesen Plänen sollen Erörterungen stehen, die man in maßgebenden Kreisen über die Schaffung eines NeichsfinanzmimsteriumS angeblich pflegt, indessen dürfte es mit der Verwirklichung des letzteren Gedankens noch gute Wege haben. Als einen sommerlichen Scherz kann man wohl das Diest-Dabersche Projekt eines Branntwein-Monopols be trachten, wonach das Reich den Brennern den Branntwein zu einem bestimmten Preis abzukaufen hätte, wofür es dann den Branntwein zu einem beliebigen Preise Wiederverkäufen könnte — wäre ein nettes Plänchen! Angesichts des gegen die Berliner Brauereien gerichteten Boykotts weist die „Norddeutsche" darauf hin, daß die Re gierung seinerzeit eine solche Entwickelung der Dinge als wahr scheinlich vorausgesehen habe, daß der Reichstag aber versagt haben, die Rechsgrundlage zu schaffen, vermittelst deren es leicht gewesen wäre, derartige Ausschreitungen zu verhüten. Die von der Regierung damals beantragte Abänderung des § 153 der Gewerbeordnung wurde vom Reichstag mit 148 gegen 72 Stimmen abgelehnt. Mit Nein stimmten u. A. zwei Direk toren der jetzt boykottirten Brauereien, nämlich die Abgeordneten Nösike und Goldschmidt. Mit dem 15. Juni begann die Saalsperre für sozial demokratische Versammlungen in Berlin und Umgegend, Brau ereibffitzer, die davon abweichen, zahlen 5000 Mk., Gastwirthe 500 Mk. Geldstrafe. Die „Voss. Ztg." schreibt: Der Deutsche Gastwirthstag in Hannover hat folgende Resolution beschlossen: Der 21. Deutsche Gastwirthstag auf dem 270 Vereine vertreten sind, erklärt sich voll und ganz einverstanden mit den Maßnahmen der Berliner Brauereien und Gastwirthe gegen jeden Boykott, sowie besonders gegen den ohne jeden Grund von den So zialdemokraten hervorgerufencn Boykott und richtet an alle wohlgesinnten deutschen Bürger die Bitte, mit aller Kraft dem Vorgehen der Sozialdemokratie entgegenzutreten. Dem „Reichs-Anzeiger zufolge richtete der preußische Land- wirthschaftsminister an sämmtliche landwirthschaftliche Central- und Provinzialvereine einen Erlaß, daß vom Standpunkte des Grundbesitzes der landwirthschaftliche Credit vor dem durch die Sparkassen vermittelten unzweifelhaft den Vorzug verdiene. Die bedeutende Inanspruchnahme der Sparkassen, ihr Real kredit beweise aber, daß das Bedürfniß in den bestehenden Grundkredit-Jnstituten nur theilweise Befriedigung finde. Es werde sich darum handeln, daß die in den Sparkassen thätigen Landwirthe die Aufnahme von Bestimmungen, betr. die Um wandlung der Sparkassenhypotheken in Amortisations-Hypotheken, in den Statuten betreiben, damit von der gewährten Möglichkeit der Aufnahme von Amortisationsdarlehen seitens der Landbe völkerung möglichst Gebrauch gemacht würde. Die Vereins- Vorstände sollen binnen Jahresfrist über die Thätigkeit auf diesem Gebiete berichten. Im sozialdemokratischen Parteiorgan Nr. 135 findet sich folgende Bemerkung: „Die Arbeiterklasse wird aus eigener Kraft an Stelle der heutigen Wirthschaftsordnung eine gemein- wirthscyaftliche setzen, in der Ausbeutung und Elend un möglich sein wird." Fragt man die Führer der Sozialde mokratie, wie sie eine solche Wirkung herbeiführen wollen, so schweigen oder schimpfen sie, weil sie es selbst nicht wissen und weil sie von dem Humbug der Zukunftsstaatsphantasten selber überzeugt sind. Wenn sie gleichwohl mit solchen Versprechungen immer weiter operiren, trotzdem sie wissen, daß sie dieselben niemals einzulösen imstande sein werden, so ist das nichts weiter als ganz gewöhnlicher Schwindel. Immer dringender wird eine neue Regelung unserer han delspolitischen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Nordamerika, zumal, wenn, wie es jetzt den Anschein hat, jetzt auch noch eine Bedrohung unseres Zuckererportes wegen angeblicher Ausfuhrprämien beoorsteht, aber auch sonst ist eine Neuordnung unserer zoll- und handelspolitischen Beziehungen zu diesem Lande eine unaufschiebbare Nothwendigkeit. Die Vereinigten Staaten stehen mit Deutschland auf grund eines etwas zweifelhaften Rechtsbodens (die Zustimmung des Reichs tages ist niemals nachgesucht worden) in einem Meistbegünstigungs- verhältniß, das auf alle Fälle jeden Augenblick gekündigt werden kann. Dieses Verhältniß gereicht in jeder Beziehung zum Vor theil von Amerika. In jedem Jahre verschärft dieses Land sein Zollsystem, das ohnehin schon einen Prohibitivcharakter hat, zur völligen Absperrung. Die deutsche Einfuhr geht jedes Jahr zurück, dafür überschwemmt uns dieser Staat immer mehr mit landwirthschaftlichen Produkten von zum Theil sehr zweifel haftem Werth. Aehnlich hat sich Bruder Jonathan mit andern europäischen Ländern zu stellen verstanden; er ist der Schmarotzer aikf Kosten ganz Europas, der nichts bietet, sondern nur ein streicht. Selbst so berechtigte Beschwerden, wie sie noch in der jüngsten Reichstagssession zur Sprache kamen, die Klagen über die durch die amerikanische Gesetzgebung hervorgerufene betrügerische Ausbeutung der literarischen und künstlerischen Er zeugnisse Deutschlands, stoßen auf kalte Abweisung. Hoffentlich faßt die Reichsregiecung jetzt einmal diese Verhältnisse ins Auge und dringt auf einen neuen Handelsvertrag, bei dem die deutschen Interessen besser gewahrt sind, als es gegenwärtig der Fall ist. In verschiedenen Blättlern wird mit einer gewissen Be friedigung davon gesprochen, daß Aussicht auf eine Versumpfung des Berliner Brauereibokotts vorhanden sei. Wir sind ebenfalls der Meinung, ^aß die Sozialdemokraten, die heute schon wissen, daß die mit großem Geschrei unternommene Kraftprobe gegen die „Brauereiprotzen" zu ihren ungunsten ansschlagen werde, auf eine Versumpfung des Boykotts hinarbeiten. Wir meinen aber, daß nur eine eklatante Niederlage der Sozial demokratie ähnliche Unternehmungen hinanzuhalten und gleich zeitig der Umsturzpropaganda einen schweren Schlag zu versetzen vermag. Der Verlauf des Boykotts hat die Schwäche der so zialdemokratischen Parteileitung offenbart; es gilt also, diese Schwäche benutzen, nicht sie zu schonen. Die sozialdemokratische Kraftprobe muß mit aller Energie niedergeschlagen werden. Es handelt sich nicht um die Brauereien und um deren materielle Interesse, sondern um endgiltige Zerstörung des von der sozial demokratischen Führerschaft verbreiteten Wahns, als besitze die „organistrte" Arbeiterschaft eine unwiderstehliche Macht. Ueber- läßt also die Industrie den immer zu Konzessionen geneigten Brauereien den Austrag des Boykotts, unterstützt sie die Boy kottirten lediglich durch ihre „Sympathie" oder günstigenfalls durch Geldmittel, so wird nur die „Versumpfung", also ein „Remis' herbeigefthrt, wo eine eklatante Niederlage zu erzwingen möglich wäre. Die Sozialdemokratie, die angebliche Vertreterin der gesammten Arbeiterschaft, hat die unverschämten Forderungen der Brauereiangestellten zu den ihrigen gemacht. Diesem Vor-