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ThmM Men, Siebknlkhn md die Umgegenden. ImtsbM für die Agl. Amtshauptmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. i§orstrentamt zu Tharandt. No. 48. Freitag, Sen 1S. Juni 18S4. Erlaß an die Ortsbehörden des hiesigen Verwaltungsbezirkes, die Trichinenschau betreffend. In Gemäßheit ergangener Verordnung der Königlichen^Kreishauptmannschaft Dresden vom 26. Mai dss. Js. werden die^Ortsbehbrden des hiesigen Verwaltungsbezirkes in Ab änderung des letzten Absatzes der uniertem 26. Februar 1892 in diesem'.Amtsblatte erlassenen, die Untersuchung des aus Amerika eingeführten Schweinefleisches auf ^Trichinen betreffenden Bekanntmachung verständigt, daß die m.der letzteren angeordneten Anzeigen^nur dann noch zu erstatten sind, wenn die Fleischbeschau das Vorhandensein von Trichinen im Schweinefleisch der obbezeichneten Herkunft ergeben haben sollte. Meißen, am 11. Juni 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Aivchbach. Bekamttmachimg, das AushebungsgefchAft im Ansyebnngsbezirke Rosien betreffend. Die diesjährige Aushebung im Aushebungsbezirke Nossen wird am v., 7., 9., 19., 11 und 12. Juli von Bormittags 8'4 Uhr an im Hasthofe zum „Deutschen Kaus" in Kossen stattfinden. Zur Vorstellung kommen die als tauglich zur Aushebung, die zur Ersatz-Reserve und die zu dem Landsturm I. Aufgebotes in Vorschlag gebrachten sowie die als dauernd untauglich auszumusternden Militärpflichtigen. Den vorzustellenden Mannschaften werden von hier aus durch die Ortsbehörden besondere Ordres zugehen; es werden dieselben aber hierdurch noch besonders angewiesen, sich zur Vermeidung der sie bei ihrem Nichterscheinen nach § 26,7 und § 66,3 der Wehrordnung treffenden Strafen und Nachtheile zur bestimmten Zeit an dem angegebenen Orte pünktlich, übrigens in reinlichem Zustande einzufinden und hierbei zu Vermeidung von Ordnungsstrafen bis zu 10 Mark — Pf. den Loosnngs-Schein und die Ordre mit zur Stelle zu bringen. Gleichzeitig werden die Stadträthe von Nossen und Lommatzsch sowie die Herren Bürgermeister von Wilsdruff und Siebenlehn und die Herren Gememdevorstände der zum Nossener Aushebungsbezirke gehörigen Ortschaften veranlaßt, zu den anbcraumten AuShebungötermincn sich mit einzufinden, beziehendlich einen geeigneten Vertreter abznordnen. Ferner haben die genannten Ortsbehörden den etwa eintretenden Anzug und wsgzug Gestellungspflichtiger beziehendlich unter Beifügung der erforderlichen Stammrollen- Nachträge ungesäumt anher anzuzeigen. Meißen, am 9. Juni 1894. Oer Civilvorschende der Königlichen Ersatz-Commission des Aushebungsbezirkes Nossen. v. Tiirchbach. Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummem 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionövreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. ' Bekanntmachung. Im Laufe des Monats Juni ist die Landtagswahlliste einer Revision zu unterwerfen. Indem wir vorschriftsgemäß ans diese Revision aufmerksam machen, bringen wir zugleich zur öffentlichen Kenntniß, daß die Liste für den hiesigen Ort zu der Betheiligten Einsicht in der hiesigen Rathsexpedition ausliegt. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens bis zum Ende des siebenten Tages nach dem Abdrucke eines Wahlauöschmbens in der Leipziger Zeitung bei uns anzubringen. Nach Ablauf von weiteren 14 Tagen wird die Liste geschlossen, werden alle bis dahin in dieselbe nicht eingetragenen Personen von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Reklamationen unberücksichtigt gelassen werden. Uebrigens hat Jeder, welcher seine Stimmberechtigung auf Steuerentrichtung außerhalb des Ortes zu gründen gemeint ist, solches zur Berücksichtigung unter Beibringung de« nöthigen Nachweises hier anzuzeigen. Wilsdruff, am 10. Juni 1894. Der Bürgermeister. Kicker. Bekanntmachung. Die nsch rückständigen Arnnken-, Invalidität-- nnd Altersversichsrungsbeiträge sind nunmehr bis spätestens Sen 25. Juni » «2. bei Vermeidung -er Awangsvsllstreckung anher zu bezahlen. Die Ausfertigung von Lieferscheinen erfolgt nicht mehr. W ilsdruff, am 9. Juni 1894. Die Gemeindekrankenkaffe. Kicker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Griechen land haben bei den kaiserlichen Majestäten in Potsdam zum Besuche geweilt, ein Vorgang, welcher allseitige Beachtung findet. Denn es ist ein offenes Geheimniß, daß der Kaiser gegen seine dritte Schwester Sophie tief verstimmt war, als sie anläßlich ihrer Vermählung mit dem griechischen Thronerben den griechisch- katholischen Glauben annahm, es unterblieb daher bislang auch jeder Besuch des griechischen Kronprinzenpaares am verwandten Hofe von Berlin. Wenn nunmehr die griechischen Herrschaften doch die Gäste unseres Kaiserpaares gewesen sind, so spricht dieses Ereigniß für die inzwischen erfolgte Wiederverständigung zwischen Kaiser Wilhelm und seinen erlauchten griechischen Ver wandten. Gleichzeitig mit dem Kronprinzen und der Kron prinzessin von Griechenland weilten auch Prinz und Prinzessin Leopold von Bayern zum Besuche am kaiserlichen Hofe in Potsdam. Der Kaiser tritt, den neuesten Dispositionen zufolge, am 25. Juli seine diesjährige Nordlandsfahrt von Kiel aus an. Das allgemeine Interesse richtet sich in Berlin auf den Brauereiboykott oder Anfang des Krieges Aller gegen Alle. Die Führer der sozialistischen Bewegung haben Jahrzehnte lang den Massen einen Souveränitätsdünkel eingeredet, wie ihn kein absoluter Herrscher jemals hatte, noch haben könnte. In brutalen Uebertreibungen hat man die Massen glauben machen wollen, sie und nur sie allein seien unfehlbar in ihren Meinungen, all mächtig in ihrem Vermögen. „Alle Räder stehen still, wenn Dein starker Arm es will!" Mit diesen und ähnlichen Aus brüchen einer sogenannten Proletariats-Lyrik hat man die Massen in einen wahren Taumelzustand versetzt. Nun verlangen die Massen endlich einmal die Probe auf die Richtigkeit dieses Satzes angestellt zu sehen. Berlin hat ja zum größten Theil sozialistisch gewählt; in der Reichshauptstadt ist ja die bürgerliche Gesell schaft, parlamentarisch gesprochen, durch die sozialistische Beweg ung überwunden. Sollte also nicht wenigstens hier in der Hauptstadt der Versuch gewagt werden, in einem Punkte die Macht des Proletariats so recht greifbar der bürgerlichen Gesell schaft vor Augen zu halten? Auf diese Kraftprobe kam es den sozialistischen Führern bei dem jetzt ins Werk gesetzten Brauerei boykott an und auf nichts Anderes. Dem Riesen „Proletariat" sollte die Ueberzeugung beigebracht werden, daß er und nur er allein die Herrschaft in der Hauptstadt besitze. Nur aus diesem Grunde ist seitens der sozialistischen Führer ein Kampf über die Hauptstadt heraufbeschwocen worden, der ganz dazu angethan ist, die schwersten Störungen innerhalb ihres gesammten wirthschaft- lichen Organismus herbeizuführen. Der über sieben Brauereien verhängte Verruf wirkt nothgedrungen auf das ganze weitschich- tige Gastwirthschaftsgewerbe, mittelbar auf das Fleischer- und Bäckergewerbe schädigend ein. Allen diesen kleineren und mitt leren bürgerlichen Existenzen wird es nunmehr fühlbar zum Be wußtsein gebracht, was es mit jener thörichten Auffassung von der Gesellschaftsmechanik im sozialistischen Sinne auf sich hat. Es geht ein Zug kräftigen Unmuthes durch die Reihen dieser kleinen Gewerbetreibenden; der Hochmuth unserer sozialistischen Agitatoren fängt an, ihnen lästig zu werden. Die kleineren selbständigen Bürgersleute wollen sich in der Handhabung ihres Gewerbes nicht von sozialistischen Phrasendreschern beeinträchtigen lassen. Die sozialistischen Führer haben das ganze Berliner Schankgewerbe unter eine Art von Polizeiaufsicht gestellt. Kein Wunder, daß sich der allgemeine Unwille gegen diese ungeheuer lichen Zumuthungen einmüthig zu regen beginnt. Es liegt ein gewisser volkspsychologischer Humor darin, daß die durch ihre Wahlsiege hochmüthigen und verblendeten sozialistischen Führer ihre Machtprobe gerade an den durstigen Kehlen der Hauptstadt bewohner erweisen wollten. Das beweist zum Mindesten, daß sich die Herren nur schlecht aus die Volksinstinkte verstehen. Aber nicht bloß aus diesem Grunde, sondern weil sich jedweder Parteihochmuth bestraft, werden unsere sozialistischen Gesellschafts reformer in diesem Brauereiboykott unterliegen. Einem derartigen sozialistischen Zwang kann sich wohl unter Umständen ein fa- natisirtes Individuum unterwerfen, niemals jedoch eine Gesammt- hest. In dem Wesen jener Gesammtheit liegt es, sich schließlich gegen jedwede übermächtig gewordene Tyrannei aufzulehnen und sie abzuschütteln. Die Sozialisten werden schon noch selber diese geschichtliche Wahrheit zu spüren bekommen. Wir sind natürlich nicht des Glaubens, daß der sozialistische Nebel, der die Ge- müther und die Geister der Massen einhüllt und sie an einem klaren Ausblick hindert, schon so rasch verfliegen werde — dazu hat man diesen Nebel allzulange künstlich verdichtet erhalten — allein ganz ohne jeden wohlthuendenEinfluß aufdiebeginnende Ernüchterung der Massen dürfte dieser Brauereiboykott denn doch auch nicht bleiben. Der Beschluß der Berliner Gastwirthe, den Sozial demokraten für ihre Versammlungen die Lokale zu ver weigern, so lange am Boykott festgehalten wird, hat unter den leitenden „Genossen" Bestürzung hervorgerufen. Bis jetzt war man eben an ein Zukreuzekriechen der Brauer und Schankwirthr