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WchmM K Mskuff Erscheint I wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonncmentspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne / Nummem 10 Pf. Tharandt. Mm. Mellleha and die Umgegenden. Imtsötatt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionSpreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 31. Dienstag, den 17. April 1894. Bekanntmachung. Mittwoch, den 18. dss. Mts., Bormittags 9^- Uhr, findet im hiesigen Berhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 11. April 1894. Königliche Amtshauptmannschaft v. Rirchbach. Bekanntmachung, den Verkauf von Brod betreffend. Da wahrzunehmen gewesen ist, daß Seiten der Gemeindevorstände die unter dem 23. März und beziehendlich 12. November 1892 von hier aus in den Amtsblättern erlassene, den Verkauf von Brod betreffende Bekanntmachung insofern nicht gehörig gehandhabt wird, als die in dieser Bekanntmachung anzeordnete Revision der Brodverkaufsstätten entweder gar nicht oder nur mangelhaft stattfindet, so wird diese Bekanntmachung mit dem Bemerken hierdurch in Erinnerung gebracht, daß die Königliche Amtshauptmannschaft bei der Revision der Geschäfts führung der Gemeindevorstände auch von den Protokollen über die Seiten derselben jährlich nrindestens ein Mal vorzunehmcn gewesenen Revisionen der Brodverkaufsstätten Kenntniß nehmen und beziehendlich die darüber anzulegen gewesenen besonderen Gemeindeacten einfordern wird. Meißen, am 31. März 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Bekanntmachung. Die rückständigen Vrandkaffen Renten- und Lnltnrrentenbeiträge, sowie die Beiträge für die land« und f-rstrvirthschaftliche Veruftgensffenfchnft werden zur nunmehr unverzüglichen Bezahlung hiermit in Erinnerung gebracht. Wilsdruff, am 16. April 1894. Der Stabtrat h. Ficker, Brgmstr. Donnerstag, den 19. ds. Mts., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitznng. Wilsdruff, den 16. April 1894. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Eine lehrreiche hundertjährige Erinnerung. Es macht auf uns immer einen eigentümlichen Eindruck, bei irgendwelcher Gelegenheit Hunderte von Jahren zurückdenken zu können! Hundertjährige Bäume an unsern Häusern und m unsern Wäldern, wie sind sie doch ehrfurchtgebietend und ge heimnisvoll mit ihren weiten, großen Aesten! Hundertjährige Inschriften über unseren Thüren und unseren Thoren, wie werden sie begierig gelesen und von allerlei Erzählungen und Mährlein umrankt. Hundertjährige Häufte selbst mit ihren alten Böden, ihren Rissen und Schäden, ihrem Epheu und wilden Wein, wie sind sie oft so traulich und grauslich zugleich, ein Eldorado für jede jugendliche Phantasie. Dazu der hun dertjährige Kalender nicht zu vergessen, der noch nach mancher Meinung das Wetter regiert ! Liegt es da nicht auch dem Zei tungsschreiber nahe, einmal in alten Papieren zu kramen und etwas hundertjähriges hervorzuholen? Zwar willst du, lieber Leser, gern etwas Neues erfahren und sagst vielleicht, was kümmern mich die alten Geschichten? Doch warte mit deinem Zorn, bis du gelesen hast, vielleicht findest du dann auch, daß die hundertjährige Erinnerung, wie darüber steht, „lehrreich" ist. Ich will heute etwas erzählen vom religiösen Leben vor hundert Jahren zur Zeit der französischen Revolution. Da sah eS wirklich aus,, als ob für das Christentum die letzte Stunde geschlagen hätte. Die Gebildeten hatten sich schon lang von ihm abgewendet. Namentlich die damalige Weltweisheit setzte alles daran, dem Christentum allen und jeden Boden zu entziehen. So hat der bekannte Philosoph Voltaire es mit giftigem Haß ausgesprochen: Lcruss? LintLms, d. h. rottet diese infame Sache aus! Ja, er wollte auch Prophet sein und erklärte ohne Umstände: In hundert Jahren wird die Bibel nur noch eine Rarität sein, die man in Bibliotheken findet! Dazu schrieb man Bücher in Menge, die ein Spott und Hohn auf alle Religion waren. Man hörte also damals genau die selben Gedanken, wie sie Bebel im Reichstag zum Besten giebt, und konnte dasselbe lesen, was uns heutzutage Schriften wie etwa „die Bibel in der Westentasche" erzählen. Auch hier bewahrheitet es sich wieder, daß es selten etwas Neues unter der Sonne giebt. Ein Unterschied war übrigens noch zwischen damals und heute: Damals wendete man mehr Mühe auf seine Angriffe! Eine Reihe hervorragender Gelehrten, an ihrer Spitze Diderot, schrieben ein höchst gelehrtes Werk von collosalem Umfang, in dem nicht solche Stümper gegen die Religion zu Felde zogen, wie das heute oft geschieht. Der Erfolg war denn zunächst auch sehr groß. Als die Stürme der Revolution hereinbrachen, zeigte es sich überraschend schnell, daß die Feind schaft gegen die Religion lawinenartig wuchs. Zunächst hatten dieselbe natürlich die Geistlichen auszuhalten, die dutzendweise auf der Guilliotine oder bei den sogenannten Noijaden auf der Lowe abgethan wurden. Das Letztere war besondere scheußlich. Man hatte nämlich ein Schiff bauen lassen, das durch eine ge eignete Maschinerie nach unten geöffnet wurde. Die Leute nun, welche man in den unteren Schiffsraum geführt, wurden da durch sowohl erdrückt, als ersäuft. Auf diesen Gedanken war man gekommen, weil der Blutgeruch der auf dem Schaffst Ge richteten zu arg geworden war. Natürlich beschäftigte auch in Paris die maaßgebenden Kreise die Feindschaft gegen die Religion. Wie die Stimmung da selbst war, geht aus folgendem kleinen Zug hervor. Im Klub der Jacobiner, der ärgsten unter den Revolutionären, hielt am 26. März 1792 der bekannte Diktator Nobespierre eine Rede und erwähnte unter anderen den Namen der Vorsehung. So fort beklagte sich ein gewisser Guadet über diese Aeußerung und erklärte: „Ich gestehe, daß ich keinen Sinn in dieser Auffassung finde. Ich hätte niemals daran gedacht, daß ein Mann, welcher seit drei Jahren mit so viel Mut daran gearbeitet hat, das Volk der Sklaverei des Despotismus zu entreißen, jetzt dazu beitragen könnte, es wieder in die Sklaverei des Aberglaubens zu versetzen". So beschloß man denn, die Religion abzuschaffen. Soweit hatte man dafür Stimmung gemacht, daß man zudem Zweck angelernte Kinder an den Konvent — den Reichstag der Zeit — schickte, die um Befreiung vom christlichen Glauben bitten sollten; ein widerwärtiges Zerrbild des schönen Wortes: „Aus dem Munde der Unmündigen hast du dir ein Lob zuge richtet". Auch der Erzbischofvon Paris, Gobel, gab ein schlimmes Beispiel: er unterwarf sich dem Willen des Volkes. Uebrigens hat ihm seine Verleugnung nichts geholfen, ein halbes Jahr später schickten ihn dieselben Leute, die ihn erst jubelnd begrüßt, unters Fallbeil. Der 10. November 1793 wurde nun zu einem großen Feiertag ausersehen. In der altehrwürdigen Kirche zu blotrs äums beging man unter endlosem Jubel das Fest der Vernunft! Nun hätte doch der Friede kommen müssen, ging doch alles aufs höchste vernünftig her! Die Beispiele aus jener Zeit der Vernunftherrschaft sind leider recht unvernünftig! Da erwog man z. B. den Gedanken ernstlich, sämmtliche Kirchthürme abzutragen; da verwüstete man auf die gemeinste Weise das Kirchengut, überließ der Menge die Gotteshäuser vielfach zur Plünderung, schändete die heiligen Stätten, die Kirchhöfe nicht ausgenommen. In Straßburg z. B. verwandelte man das Münster in einen Tempel der Bernunft, die Nicolai- und die Neue Kirche hingegen in Stallungen. Damals war es, als der Strom wild über die Dämme brach und den Führern der Bewegung Angst wurde vor der aufgegangenen Drachensaat. Da that Robespierre selbst einen wunderbaren Schritt. In stinktiv mochte er wohl merken, daß solch crasser Atheismus der Vater alles Verderbens ist. Am 21. November schon, also kurz nach der Proklamirung der Vernunft, wendete sich der Dik tator zum ersten Male gegen die Kirchenräuber und im Früh jahr 1794 also gerade vor hundert Jahren, wußte er es dahin zu bringen, daß der französische Staat die Verehrung eines höchsten Wesens decretirte. Das war nur freilich noch längst kein Christentum, ist deshalb auch sehr bald wieder spurlos verschwunden: die Tage der Noth und des Kampfes haben eine neue Zeit hervorgebracht. Lehrreich ist nun hierbei sehr viel! Nehme sich jeder daraus, was er will! Gewiß ergiebt fich hieraus das Doppelte: erstens geht es ohne Glauben und Christentum unrettbar bergab. Die Revolution hat sich das Zeugnis selbst ausgestellt, daß sie mit ihrer vielgepriesenen Freiheit von der Religion alles der Zerstörung cntgegcnführt; Gott läßt sich nicht spotten! Zweitens muß die feste Burg des Glaubens doch recht gegründet und geschirmet sein, wenn sie nach solchen Angriffen noch steht. Es geht wunderbar mit den Feinden der christlichen Religion: nach hundert Jahren sind sie tot; die christliche Kirche aber hat wieder 100 Jahre weiter ihre Segnungen den Völkern gebracht. Wird wohl auch ferner so bleiben! K. 3. Leisere Aussichten für das Silber! Ueber die „Chancen" des Silbers bringt die „New-Porker Handels-Zeitung", das angesehenste Handelsorgan der deutschen Presse in den Vereinigten Staaten, einen Artikel, der als ein Beitrag zu dem gegenwärtigen Stande der Silberfrage um so mehr Beachtung verdient, weil die „New-Iorker Handels-Zeitung" sich bisher stets gegen den in den Vereinigten Staaten großge zogenen Silberschwindel gewendet hat. Das Blatt sagt: „Das Unwahrscheinliche, hier wirds Ereigniß! Die Londoner Handels kammer, die repräsentativste Körperschaft der Metropole des „Gutgeld"-Landes, hat sich an das britische Cabinet mit dem dringenden Ersuchen gewendet, die Wiedereinberufung der inter nationalen Münzkonferenz zu veranlassen. Wenn die deutschen Bimetallisten mit der von Reichswegen erfolgten Einsetzung einer SilberenquLtckommission einen gewissen, wenn auch nur platonischen Erfolg errungen, so ist dieser Schritt der Londoner Handels kammer ein erster, aber, wie nicht zu leugnen, bedeutender Er folg der Idee vom internationalen BimctalliSmus. Wenn der Vorkämpfer der deutschen Goldwährung, vr. Ludwig Bam berger, noch Kurzem erklärt hat, „daß die Reichsregierung uns mit dieser Maßregel (der Enquete) hätte verschonen können, so lange England nicht aus eigenem Antriebe den ersten Schritt zu solcher Umkehr unternimmt," so ist diese, von ihm als ent schieden unwahrscheinlich angesehene Eventualität nunmehr ihrer Verwirklichung zum mindesten sehr nahe gerückt. Daß dem so ist, ist Angesichts der Entwickelung der wirthschaftlichen Ver hältnisse in ausnahmslos allen civilisirten Gemeinwesen deS Erdenrunds um so weniger Wunder zu nehmen, als gerade England kraft seiner vorherrschenden Handels- und Finanzin teressen in allen Welttheilen von der großen Weltkrisis zumeist in Mitleidenschaft gezogen wird. Sein Ausfuhrhandel nach