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WenM für Msdmff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post " bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne j Nummern 10 Pf. ThmM, Mm, Äebmlehn md die UmMniim. Imtsblult Inserate werden Men tags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Ugl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. No. 32. Freitag, -e« 2». April 1894. Bekanntmachung. Sonnabend, den 21. d. M., Nachmittags 3 Uhr, Sitzung des Walzenverbandes für Wilsdruff und Umgegend im Hotel zum Weitzen Adler hier. Die Herren Vertreter der Gemeinden, welche dem Verbände noch beitreten wollen, werden dazu mit eingeladen. Wilsdruff, den 19. April 1894. Der Walzenverband. Licker, Brgmstr. Bekanntmachung. Die Feier <l«8 8r. fNrrj. mi8»rv8 «Ikv«rvl»rtv» ILöni^8 HKvrt 80II MlontsA, Uv« SS. v»rm. KV UNr durch einen in der VarnIiaHe feierlich begangen werden, wozu die hiesigen Behörden, die Eltern und Erzieher der Kinder, sowie alle Freunde und Gönner der Schule hierdurch ergebenst eingeladen werden. Der Direktor -er städtischen Schulen. L. Gerhardt. Programm: 1. Allgemeiner Gesang. 5. Gesang der Kinder. 2. Deklamationen. 6. Deklamationen. 3. Gesang der Kinder. 7. Allgemeiner Gesang. 4. Festrede (Herr Lehrer Felgner.) 8. Schlußgebet. Tagesgeschichte. Am heutigen Donnerstag findet in Coburg die feierliche Vermählung des jugendlichen Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt mit der anmuthigen Prinzessin Viktoria Melita von Sachsen-Coburg statt- Die verzweigten nahen verwandtschaftlichen Beziehungen des hohen Paares zu den europäischen Regentenfamilien machen es er klärlich, daß eine ungewöhnlich stattliche Anzahl hochfürstlicher Gäste den Hochzeitsfeierlichkeitcn am Coburger Hof beiwohnt, denn es sind die deutschen, englischen, russischen, bulgarischen und rumänischen Verwandten des erlauchten Brautpaares fast vollzählig in der freundlichen thüringischen Residenzstadt am Strande der Jtz eingetroffen. Abgesehen natürlich von den Eltern und Geschwistern der Prinzessin Viktoria Melita sind bei den Vermählungsfestlichkeiten zugegen: Der deutsche Kaiser, die Königin von England, die Kaiserin Friedrich, der Großfürst- Thronfolger Nikolaus, sowie die Großfürsten Wladimir, Sergius und Paul von Rußland, der Fürst und die Fürstin von Bul garien, das englische Thronfolger-Paar, das rumänische Thron folger-Paar, die Prinzessin Alix, Schwester des Großherzogs Ernst Ludwig, der Herzog und die Herzogin von Connaught, Prinz und Prinzessin Heinrich von Preußen, Prinz und Prin zessin Ludwig von Battenberg u. s. w. Die meisten dieser Fürstlichkeiten gedachten Coburg noch im Laufe des Donnerstag wieder zu verlassen. Nachdem der Kaiser wieder nach Deutschland zurückge kehrt war, hat er gelegentlich eines kurzen Aufenthaltes in Karls ruhe den zur Berichterstattung dorthin befohlenen Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Freiherrn von Marschall, zum Vor trag empfangen. Bei diesem Anlaß dürfte die Kaiserliche Ver ordnung gezeichnet worden sein, inhaltlich deren die zweite Session deö Reichstags geschlossen wird. Das Datum dafür stand am Sonntag noch nicht fest. Es ist nicht zu bedauem, daß der Reichstag heimgeht, denn seine Leistungsfähigkeit ist erschöpft. Er hat nun eine geraume Zeit, sich zu erholen. So weit jetzt überhaupt schon von Dispositionen die Rede sein kann, besteht die Absicht, den Reichstag bereits in der ersten Hälfte des No vembers wieder zu versammeln und ihm den Finanzreformplan wiederum vorzulegen, ob auch in derselben Fassung, wie im vorigen Winter, steht noch im Zweifel. Es ist nicht unbemerkt geblieben, daß angesehene Stimmen der öffentlichen Meinung des Südens neuerdings erklärten, man müsse sich mit einem Zustand begnügen, dergestalt, daß das Reich den Einzelstaaten nichts zuzuschießen verpflichtet, jedenfalls aber auch von ihnen keinen Zuschuß zu verlangen berechtigt sei. Voraussichtlich wird dieser Gedanke nochmals von den 'Finanzministern der Einzel staaten und demnächst von den verbündeten Regierungen in Erwägung genommen. Um auf einen Punkt zurückzukommen, wo Matrikularbeiträge und Neberweisungen sich gegenseitig be gleichen, müßten aber noch immer 30 bis 35 Millionen Mark neu beschafft werden. Welche Deckungsvorschläge hierfür ver einbart werden, bleibt abzuwarten. Wieweit diese Angelegen heiten in dem Vortrag eine Rolle spielten, den Freiherr von Marschall dem Kaiser erstattete, läßt sich nicht mit Sicherheit annehmen. Ohne allen Zweifel hat aber dieser Vortrag auch auf die innere Lage im Allgemeinen sich bezogen, und es gehört ja keine besondere Kombinationsgabe dazu, um sich zu sagen, daß die von dem Antrag Kanitz neugeschaffene Situation dabei berührt wurde. In der fortgesetzten Berathung der Tabaksteuer-Commission wurde der entscheidende § 4, wonach der fabrizirte Tabak der Steuer unterworfen werden soll, mit 17 gegen 11 Stimmen abgelehnt. Dagegen stimmten die Vertreter des Centrums, der beiden freisinnigen Parteien, der Sozialdemokraten und der Antisemiten. Hierauf wurde die Commission vertagt. Die Vor lage ist also gefallen. Die Abstimmung über den Antrag des Grafen Kanitz, die am Sonnabend Abend erst m später Stunde im Reichstage stattfand, hat zur Ablehnung des Antrags mit 159 gegen 46 Stimmen geführt. Für den Antrag stimmten nur die Konservativen mit Ausnahme des Präsidenten von Levetzow und des Grafen Schliessen, die deutsche Reformpartei und Dr. Hahn. — Die Wiederzulassung des Jesuiten-Ordens — die übrigens im Bundesrath schwerlich auf Zustimmung rechnen darf, — wurde am Montag mit 168 gegen 145 Stimmen beschlossen. Dagegen stimmten geschlossen die Kon servativen, Freikonservativen und Nationalliberalen. Die Frei sinnigen spalteten sich. Von den Antisemiten trat nur Hirschel auf Seite des Zentrums; die Abgeordneten Böckel und Werner enthielten sich der Abstimmung. Eine größere Anzahl von Mitgliedern der nationalliberalen Fraktion des Reichstags, hauptsächlich die neueren Abgeordneten, die den Fürsten Bismarck noch nicht persönlich kennen, beab sichtigen in nächster Zeit eine Fahrt zu dem alten Reichskanz ler zu machen, um ihm ihre Verehrung kundzugeben. Der Fürst hat sich bereit erklärt, die Herren zu empfangen. Die Fahrt nach Friedrichsruh soll am frühen Morgen des Tages nach Schluß der Reichstagssession stattftnden. Die früher bei den Sozialdemokraten im Schwünge ge wesene Beliebtheit der „freien Schweiz" und ihrer den „reak tionären Polizeistaaten des monarchischen Europa" immer als Muster gepriesenen „freiheitlichen Institutionen" hat in der letzten Zeit schon merkliche Einbußen erlitten. Die kürzliche Annahme des Anarchistengesetzes seitens des Berner National raths hat nun zwar dem Faß den Boden ausgeschlagen, und nachdem nun gar die jüngsten Arbeiterstreiks in Zürich und Bern zum Erlaß verschärfter Polizeimaßregeln gegen agitatorische Ausschreitungen geführt haben, erscheint am Ende die Stunde nicht mehr fern, wo der Vorwärts den Spieß umkehren und den freiheitlichen Einrichtungen Deutschlands rc. ein Loblied an stimmen wird. „Genosse" v. Wächter, der sozialdemokratische Theologe, ist kürzlich wieder einmal als Wanderredner in Berliner Vor orten aufgetaucht. Das Thema, über welches sich Herr von Wächter bei dieser neuesten „Tournüe" verbreitete, hieß: „Warum können und müssen Atheisten und Christen zusammengehen im wirthichaftlichen und politischen Freiheitskampfe der Gegenwart?" Der ehemalige Diener Gottes hat also in seinem Dienstver hältnisse zur Sozialdemokratie seine Grundsätze schon erheblich abgeschliffen. Zunächst kommt Herrn v. Wächter alles darauf an, auch ehrliche Christen zur Theilnahme an dem „Freiheits- kampfc", der sich bekanntlich gegen Religion und Monarchie richtet, zu verlocken; er stellt sich also auf den schlauen oppor tunistischen Standpunkt: Religion ist Privatsache. Wozu soll, so meint unser „eigenartiger" Theologe, der „Streit" zwischen Atheisten und Christen führen? Beide „Weltanschauungen" haben ihre Berechtigung, beide haben aber mit dem „Eman zipationskampfe" nichts zu thun! Herr v. Wächter hat also in seiner bisher verhältnißmäßig kurzen sozialdemokratischen Laufbahn den Umstand schon ganz vergessen, daß es jedes wahren Christen Pflicht ist, den Atheismus zu bekämpfen. Wer zu einem Pakt mit dem Atheismus räth, kann keinen Anspruch auf den Namen eines Christen machen. Herr v. Wächter scheint diesen Anspruch denn auch endlich aufzugeben, denn er äußerte jüngst noch: „Der Streit, wo die Wahrheit, ob im Chnsten- thum oder Atheismus, lasse sich erst entscheiden, nachdem das Volk die wirthschaftliche und politische Freiheit errungen habe, erst dann stehe seiner größeren Masse die Zeit zur Verfügung, die man zur Beurtheilung und Entscheidung solch schwieriger Fragen bedürfe." „Genosse" v. Wächter ist also darüber selber im Zweifel, ob im Christenthum die Wahrheit liege. Er will darüber die große Masse des „Volkes", in seinen Augen doch wohl des Proletariats, darüber entscheiden lassen, sobald sie dazu Zeit hat. Warum regt der „Genosse" nicht diese „Ent scheidung" schon heute in den „Volksversammlungen" an? Da wüßte er doch annähernd, wo die „Wahrheit" zu suchen sei. Für uns ist freilich kein Zweifel, daß heute die Masse des Volkes in seiner überwiegenden Mehrheit, trotz aller Machen schaften von jüdisch-liberaler und sozialdemokratischer Seite die Wahrheit im Christenthum erblickt. „Genosse" v. Wächter ist wohl derselben Ansicht, darum räth er zunächst zum „Zusam mengehen" der Christen mit den Atheisten, um auf diese Weise die Gutgläubigen „toleranter" und so allmählich reifer für den Uebergang ins Lager der Atheisten zu machen. Bad Lippspringe. Von einem schweren, verheerenden Brandunglücke ist der hiesige Badeort heimgesucht worden. Am Nachmittage des 11. April entstand in einem Hause in der Nähe des Hotels Brackmann plötzlich ein starkes Feuer, das bei der großen Dürre und obendrein begünstigt von dem herrschen den Ostwinde mit ungewöhnlicher Schnelligkeit um sich griff, sodaß in kurzer Zeit gleich mehrere Häuser in Flammen standen und die Bewohner mit knapper Noth ihren Hausrath in Sicher heit bringen konnten. Trotz energischer Löschversuche der Feuer wehren sprang das Feuer in die enggebaute Martinstraße hinein, bald züngelten infolge Flugfeuers die Flammen bald hier bald dort hervor und nach kaum einer einzigen Stunde, so furchtbar wüthete das entfesselte Element, standen über 30 Häuser in der Martinstraße und den angrenzenden Gaffen total in Flammen, und Löschversuche mußten aufgegeben werden, da das Feuer an den vorhandenen Fachwerkbauten leider nur zu reichliche Nahrung fand und ein heftiger Wind das Feuer immer von neuem an fachte. Man mußte sich auf das Eindämm crn der Feuersbrunst beschränken, und nachdem die weiter entfernten Feuerwehren, namentlich die freiwillige Feuerwehr aus Paderborn auf Grund telegraphischer Beorderung eingetroffen waren, gelang dieses auch den vereinten stundenlangen angestrengten Bemühungen in später Nachtstunde. Die katholische Kirche, die Schule, Hotel Brack mann blieben stehen, sie wurden noch im letzten Moment ge rettet, trotzdem sie an einzelnen Stellen schon vom Feuer er griffen waren. Im ganzen sind einige 40 Wohnhäuser nebst einer großen Anzahl Scheunen und Wirthschaftsgebäuden total eingeäschert worden, darunter die Schlütersche Pappenfabrik, die Pfarre, Kaplanei, Küsterwohnung, Hotel Rath, Hotel Wolthaus rc.. Das Feuer griff so rasch um sich, daß die meisten nur wenig mehr als das nackte Leben gerettet haben, eine große An zahl von Familien sind obdachlos und haben alles verloren, es fehlt an Kleidungsstücken, Lebensmitteln, Futter für das Vieh rc. rc.