Volltext Seite (XML)
WtckÄ ßr WDjf Thalaütt, DD, Mealehn md die AmMÄeu. —-r ^l-^ r— ImlsbIM für die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstreniamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis ^vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne / Nummem 10 Pf. Inserate werden Montags und Donnerstag« bi« Mittags 12 Uhr angenommen. JnsertionspreiS 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. 14. Freitag, de« 1«. Februar 18S4. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Frühjahrtniarkt wird Donnerstag, den 1. und Freitag, den 2. März abgehaltcn. Wilsdruff, den 8. Februar 1894. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte Aus Berlin schreibt man der „Schles. Ztg." von sonst gut informirter Seite: „Die Meldung eines Berliner Blattes, daß der Kaiser sicher in dieser Woche den beabsichtigten Besuch beim Fürsten Bismarck zur Ausführung bringen werde, beruht nach meinen Erkundigungen auf bloser Vermuthung. Feste Bestimmungen über den Termin sind noch nicht getroffen, doch ist es nicht ausgeschlossen, daß jene Vermuthung zutrifft. Jedenfalls aber ist sicher, daß der Kaiser nicht, wie kürzlich als möglich hingestellt wurde, die Fahrt nach Friedrichsruh eines Tages unerwartet antreten und den Fürsten überraschen wird. Die Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Altreichskanzlers der gegenwärtig zwar wieder durchaus zufriedenstellend ist, aber immerhin fortdauernd große Schonung und die Fcrnhaltung jeder plötzlichen Gemüthserregung erfordert, empfiehlt vielmehr eine möglichst frühzeitige Benachrichtigung über die Zeit des Besuches. Man nimmt daher auch an, daß alle Einzelheiten über die Dauer des Besuches und die Art, wie er zur Aus führung gelangen soll, „schon jetzt und zwar bei der letzten Anwesenheit des Flügeladjutanten Grafen von Moltke in Fried richsruh genau festgestellt worden sind, so daß es nur noch der Anmeldung des Tages bedarf, die aber bis heute, wie bestimmt versichert wird, noch nicht erfolgt ist." Die Angelegenheit des deutsch-russischen Handelsvertrages beherrscht jetzt vorwiegend unser politisches Leben, und dies wird wohl bis zur definitiven Erledigung des Vertrages im Reichs tage auch nicht anders werden. Vorläufig ruht der russische Handelsvertrag noch im Schooße des Bundesrathes, dafür be schäftigt man sich aber im Lande sehr lebhaft mit demselben. Von Seiten der Freunde und Anhänger des Vertrages ist zu dessen Gunsten eine ungemein intensive Bewegung in die Wege geleitet worden und es liegen in dieser Richtung bereits zahl reiche Kundgebungen von Handelskammern, industriellen und gewerblichen Vereinen rc. vor. Sollte diese Bewegung, wie es dm Anschein gewinnt, in den nächsten Wochen noch weiter zu- nehmen, so dürfte sich der Reichstag ihrem Einflusse^bei Be- rathung des russischen Vertrages schwerlich ganz entziehen können. Der Handelsvertrag mit Ruß land wird voraussichtlich noch im Laufe dieser Woche an den Reichstag gelangen, so daß die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit vorliegt, daß noch vor der Ostervertagung die Entscheidung fällt. Zwar wird ohne Zweifel eine Kommisstvnsberathung beschlossen werden, aber es liegt in der Natur der Sache, da ß eine solche nicht gar zu viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Die wirthschaft- lichen Gesichtspunkte, die bei der Frage in Betracht kommen, sind schon so oft und gründlich erörtert worden, daß wesentlich Neues dabei nicht mehr zu Tage kommen kann; Abänderungen im einzelnen kann man bekanntlich an einem Vertrage nicht vornehmen. Es ist überdies wohl ziemlich allseitiger Wunsch, daß die Erregung, die seit Monaten über diese Frage und die Steuervorlagen die weitesten wirthschaftlichen Kreise ergriffen hat, möglichst bald zur Ruhe gebracht wird, ehe sie tiefer gehende Schädigungen zu hinterlassen vermag. Die Franzosen sind über den deutsch-russischen Handels vertrag aus naheliegenden politischen Gründen besonders ver schnupft. Wie groß dieser Aerger sein muß, geht daraus her vor, daß Frankreich aus freien Stücken den Abschluß eines französisch-italienischen Handelsvertrages in Rom angeregt hat. Zunächst ist französischerseits in Rom angefragt worden, welche Gegenzugeständnisse Italien machen würde, wenn Frankreich seinen Minimalzolltarif für italienische Erzeugnisse anstatt des jetzigen Maximaltarifs zur Anbringung bringe, lieber die Ant wort der italienischen Regierung über diesen unerwarteten Vor schlag Frankreichs ist zwar noch nichts Näheres bekannt, man scheint demselben aber in den leitenden römischen Kreisen nicht unfreundlich gegenüberzustehen. Sollten indessen die Franzosen bei ihrer plötzlichen wirthschaftspolitischen Wendung gegenüber Italien den geheimen Nebengedanken verfolgen, Italien durch die in Aussicht gestellten Zollerleichterungen auf Kosten des Dreibundes wieder mehr an Frankreich zu fesseln, so dürfte man sich hierin an der Seine gründlichst verrechnen. Der orkanartige Sturm, der seit mehreren Tagen über Länder und Meere rast, hat unabsehbares Unheil ange ¬ richtet, und wenn sich auch glücklicherweise der Untergang des schönen deutschen Schnelldampfers „Augusta Viktoria," den ein etwas unbesonnen verbreitetes Gerücht stranden ließ, nicht be wahrheitet hat, — Thürme und Schiffe, Riesenbäumc und Häuser, Verkehrseinrichtungen aller Art haben der Macht der Elemente sich beugen müssen. Berlin hat dem Unwetter harten Tribut gezahlt. Der Sturm hat dort eine große An zahl von Personen in mehr oder minder gefährlicher Weise verletzt. In den Wipfeln der Bäume und mit den Dächern der Baulichkeiten aber hat der Sturm ein furchtbares Spiel getrieben. Der Thiergarten und der Gmnewald wissen davon zu erzählen und der Orkan machte keinerlei Unterschied zwischen heiligen Stätten und profanen Häusern. Er hat die Apsis der Heiligengeistkirche abgedeckt, neben dem Äpollotheater eine Restaurationslaterne zerschlagen, aus Castans Panoptikum eine mächtige Spiegelscheibe herabg"worfen, auch am Görlitzer Bahn hof das Dach abgedeckt, das neue Stationsgebäude nochmals in Angriff genommen und Allerlei von wenig gutem Geschmack zeugenden groben Unfug getrieben. Auch dem Bahnverkehr, den Telegraphenstangen, und den Telephondrähten ist übel mit gespielt worden, und der Unparteiligkeit wegen hat der windige Gesell auch einen Gepäckpo^wagen umgeworfen. In den Vor orten sieht es natürlich noch jchlunmer aus, als in der immer hin gegen den Anprall mehr geschützten Großstadt. — In Neubrandenburg wurde der neue Thurm der Johanniskirche vom Sturme bis zur Höbe des Kirchendaches herabgestürzt. Der Thurm schlug im Fall auf die neuerbaute Giebelwand der Kirche und zerbrach in zwei Theile, die zu verschiedenen Seiten der Kirche niederfielen. Das Kirchdach ist erheblich be schädigt. Menschen sind nicht verletzt worden. — In Adams dorf bei Penzlin wurde eine Scheune, in der Schulkinder vor dem Unwetter Schutz suchten, vom Sturm umgerissen. Die Kinder wurden unter den Trümmern begraben. — Nach den „Hamburger Nachrichten" ist ein derartiger Orkan nach dem Ausspruch vieler Personen seit dem denkwürdigen Sylvester 1855 nicht vorgekommen. Im Hamburger Hafen hat der Sturm viele Kähne und Schuten mit werthvoller Ladung zum Sinken gebracht. In Harburg wurden durch den Sturm mehrere Häuser zerstört, wobei zwei Personen getödtet wurden. Die englische Bark „Lake Simcoe", nach London bestimmt, und der dänische Dreimast-Schooner „Ellida", nach Maracaibo bestimmt, sind Nachts nach den Vordergründen vertrieben ge strandet. Die Mannschaft der „Ellida", sieben Mann, sitzen in den Masten; der Verbleib der Mannschaft von „Lake Sim- coe" ist unbekannt. Schlepper und Rettungsboote sind abge gangen. — Im Altoner Hafen sind acht mit Getreide und Harz beladene Oberländer-Kähne untergcgangen. Die Besatzung ist gerettet. Der Thurm der Altoner Garnisonkirche ist theil weiseeingestürzt, hat das Kirchendach durchgeschlagen und schlimme Verwüstungen angerichtet. Die Schiffsbrücken sind für das Publikum abgesperrt, weil Gefahr drohend. Die am Elbstrom belegenen Lagerschuppen, welche vom Wasser unterwaschen waren sind in die Elbe gestürzt. Der Fluß glich einer kochenden, schäumenden See. — Aus der Stadt Lübeck und der Umgegend werden viele Verwüstungen gemeldet. Meterstarke Bäume in oen Anlagen sind entwurzelt. Bei mehreren Häusern wurden ganze Dächer mit Balken und Sparren straßenweit fortgeschleudert. Das Rathhaus ist stark verwüstet. Der Verkehr in den Straßen war lebensgefährlich. Von dem Ratzeburger Dom ist das ganze Dach abgedeckt und auf die Gräber des Friedhofes geworfen. — Von einer schweren Katastrophe wurde Stettin heimgesucht. Die im Sommer vorigen Jahres auf dem Thurme der St. Jakobikirche errichtete neue, im Gebälk noch freistehende Spitze, die erst in diesem Frühjahr eingedeckt werden sollte, ist von dem Orkan in die Tiefe herabgeweht worden. Schon den ganzen Vormittag hindurch hatte der Sturm unheimlich die in die Lüfte ragende Thurmspitze umtobt, daß es wie ein dumpfes Donnern und Grollen in der Tiefe wiederklang. Plötzlich, ge rade um 1 Uhr Mittags, neigte sich der mächtige Thurmhelm und ^schlug in der vollen Achse des Kirchenschiffes in das ge waltige Dach ein, dieses sowie den Dachreiter zum Theil zer schmetternd. Ein donnerähnliches Getöse, ein Entsetzensschrei aus den Kehlen der Hunderte von Passanten, die des schreck-^ lichen Schauspiels gerade ansichtig wurden, dann eine Wolke von Staub und Splittern — und der neu errichtete Thurm, an dem in den letzten Monaten so viele Blicke liebevoll ge hangen, war nicht mehr. Ein wirrer Kneuel von Balken, Splittern und Ziegeltrümmern lag auf dem Kirchendach und und zu beiden Seiten des Kirchhofs; die mächtigen Balken, oft zu mehreren zusammengebolzt, zerschellt und zersplittert wie Streichhölzer. Als ein wahres Glück im Unglück muß eS an gesehen werden, daß der Thurm nicht nach vorn in die belebte Papenstraße, sondern nach rückwärts gerade auf das Kirchendach geweht wurde. Es wäre sonst unmöglich ohne Verlust abge gangen. Als ein Glück auch muß es angesehen werden, daß drei Minuten vor Eintritt der Katastrophe eine Konfirmanden klasse, die nothwendig den Kirchhof hatte überschreiten müssen, entlassen worden war. Alsbald nach dem Bekanntwerden des Unglücks eilten die Schutzmannschaft und die Feuerwehr her bei, um die Zugänge zu der Unfallstelle abzusperren. Das Betreten derselben birgt große Gefahren in sich, denn das Kirche» - dach ist zum größten Theile zertrümmert; zahlreiche Balken und losgelöste Ziegel hängen an dem nackten Sparrenwerk, jeden Augenblick mit Herabsturz drohend. Aus Flensburg wird ge meldet: Der Sturm hat in der Provinz große Verheerungen angerichtel und viele Häuser abgedeckt. Auf Bahnhof Schleswig- Fr-edrichsberg wurde das Perrondach herabgerissen. In Sonder burg ist die Pontonbrücke beschädigt, der Wagenverkchr über die selbe unterbrochen. Aus Wien wird berichtet: Aus allen Theilen des Landes laufen Meldungen von erheblichen Beschädigungen ein, welche der seit mehreren Tagen wüthende orkanartige Sturm verursacht hat. Die meisten Eisenbahnzüge treffen an ihren Bestimmungsorten mit großen Verspätungen ein, die Telegraphen- und Telephonleitungen sind vielfach vollständig zerstört. Auch mehrere Unglücksfälle sind zu vereichnen. — Der Sturm muß arge Verwüstungen unter den Telegraphenleituugen angerichtet haben, denn nach amtlicher Bekanntgabe verzögerte sich am Montag die telegraphische Korrespondenz nach Belgien, Däne mark, England, Frankreich, Holland, Oesterreich und Schweden. Paris, 12. Februar. Im Innern des Cafös des Hotels Terminus, gegenüber dem Bahnhof St. Lazare, fand heute Abend 9 Uhr eine Explosion statt, welcher ein Dynamitattentat zugrunde lag. Der Urheber ist ein junger Mann von 25 Jahren. Derselbe hatte an einem Tische rechts von der Ein gangsthür etwas genossen und machte, als er das Cafe verließ, eine Bewegung durch die Luft in der Richtung nach dem elek trischen Kronleuchter, schleuderte jedoch dabei eine Bombe. Zahl reiche Besucher bemerkten sofort die Bewegung und riefen so fort: „uns domds"! Kaum hatten sie jedoch den Ruf auS- gestoßen, da erfolgte auch schon ein furchtbares Krachen, die Fenster nach den Straßen zersprangen in Stücke, die Mar mortische wurden umgestürzt, Gläser und Untersätze flogen, in Stücke zersprengt, nach allen Richtungen und verletzten die Be sucher erheblich. Der Urheber des Attentats suchte eiligst durch die Rue St. Lazare zu entkommen, Schutzleute und Publikum setzten ihm nach. In dem Augenblicke, als die Polizisten ihn packen wollten, zog der Verfolgte einen Revolver und gab 6 Schüsse ab, wodurch 3 Personen verwundet wurden, jedoch ge lang es einem Schutzmann, ihm einen Säbelhieb über da« Gesicht zu versetzen und ihn zu verhaften, wobei er gegen die Wuth des Publikums geschützt werden mußte. 12 Personen, darunter 3 Kellner, wurden verwundet. Die Verletzungen be finden sich zum größten Theile an den Beinen und sind bei mehreren sehr ernster Art. Der Matenalschaden ist dagegen nicht bedeutend. Nur die Decke zeigt die Spuren des Ge schosses und Fenster und Tische sind zerstört. — In dem Augenblicke der Explosion entstand eine unbeschreibliche Panik. Von allen Seiten ertönte Geschrei. Die Gäste stürzten nach den Ausgängen, einige zertrümmerten die Scheiben, um zu ent kommen. Die Bombe, welche die Form einer Sardinenbüchse hatte, und mit Kugeln, Nägeln und chlorsaurem Kalk gefüllt war, bewirkte eine starke Detonation. Das ganze Cafö füllte sich mit dichtem Rauch, was die Panik noch vermehrte. Die Verletzten sind allesPariser. Der Attentäter erklärte nach seiner Verhaftung, er heiße Breton, sei 30 Jahre alt und Anarchist. Der Minister des Innern Raynal und der Justizminister