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318 unabhängige Stellung, schickt Gesandte an fremde Höse und sogar nach Turin. Diesen verwegenen Abenteurer auf seine Faust fortschallen zu lassen, bedroht den König mit den äußersten Gefahren, und ihm mit Gewalt das Hand» werk zu legen, ist nicht minder voll Schwierigkeiten. Ga- ribalvi ist der populärste Mann in ganz Italien; greift man ihn an, so greift man der ganzen Nation ans Herz und verletzt den Grundsatz, daß Italiener nicht gegenseitig ihr Blut vergießen sollen — denselben Grundsatz, kraft dessen man die eingeborenen Truppen des Königs von Neapel und dcö Papstes zum Verrath und zur feigen Waffenstreckung überredet hat. — Es ist nicht unsere Sacke, zu untersuckcn, wie Victor Emanuel sich aus dieser Klemme herauöhelfen soll? Als er Garibaldi zu dem Freibeuter» zuge nach Sicilien ausrüstete und ihn mit Verletzung des Völkerrechts bei seiner Unternehmung fortwährend unter stützte, mußte er sich auf die Lage gefaßt machen, die er sich selbst geschaffen hat. Der Pfeil springt auf den Schü tzen zurück und das Gesetz erfüllt sich, wonach jedes Un recht sich selbst bestraft. Es gehörte die auffallendste Un- kenntniß des Wesens dieses merkwürdigen Mannes dazu, um glauben zu können, daß er ein gefügiges Werkzeug iu fremden Händen bleiben werde. Victor Emanuel hat die Revolution begonnen, allein es wiederholt sich an ihm nur die Erfahrung, daß Revolutionen vom Throne aus nicht zu machen sind und die Zügel den Händen der Staatsgewalt bald genug entrissen werden. Revolutionen gleichen den Erderschütterungen: sie gehen nicht von oben, sondern von unten aus und nicht mehr der König, sondern Garibaldi ist dör wahre Vorkämpfer der Revolution in Italien geworden. ES ließ sich vorauösthen^daß die unltü itulinna manchen inner» Kampf zu bestehen haben würde. Wir glauben daher auch nicht, daß sie bald in die Lage kommen werde, sich mit vereinigter Kraft auf Oesterreich zu stürzen, und je ruhiger däs Ausland zusicht, um so eher dürften die Massen im Innern in heftige Gäh- rung gerathen. Wilde Leidenschaften lassen sich weit leich ter'entflammen als löschen und die Bande staatlicher Ordnung leichter auflösen als Herstellen: diese Erfahrung dürste, aller Wahrscheinlichkeit nach, dem Könige von Sar dinien noch Vorbehalten sein. (L. I.) Wochenschau. Sachfett. Schandau, 4. Octbr. Bei dem heute Mittag 1 Uhr von Krippen nach Dresden abgehenden Couricrzuge fiel kurz vor Königstein der Schaffner St. auf eine noch unerklärliche Weise vom Wagen, wobei er einen Arm- und Beinbruch erlitten haben soll. Dresdens Fremdenverkehr war im Monat Septem ber ein sehr lebhafter. Vom schönen Wetter veranlaßt, fand sich noch so mancher Zugvogel ein. Im Ganzen wurden angcmeldct: 7132 Fr'emde, davon waren aus Ber lin 452, aus Leipzig 302, aus Breslau 167, aus Wien 138, auS Prag 124, aus Hamburg 123, aus Chemnitz 95, auS Görlitz 64, aus Frankfurt a. M. 49, aus Bremen 48. AuS Rußland waren 629, davon auö Warschau 197, aus Petersburg 161, aus Riga 61, auö Moskau 60; aus England 316, davon auö London 115; auö Frankreich 81, davon aus Paris 51; aus Amerika 113; auö Italien 30; aus der Schweiz 27; auö der Moldau, Wallachei und Ser- bien 26; aus Holland 24; auS Belgien 17; aus Däne- mark 17; auö Spaniens; aus Griechenland 3; auö Bra silien 3; aus Afrika 2; aus Asien 2. Leipzig, 29. Sept. Der in nuferer hiesigen Han- delSwclt schon längst gehegte und auch bereits durch die Presse öffentlich ausgesprochene Wunsch, auch hier in Leip zig eine Industrie- und Waarenbörse zu gründen, ist heute in erfreulichster Weise zur Ausführung gekommen. Unser Handclövorstand hatte zu diesem Zwecke durch die Herren: Wilhelm Seyfferth, Firma: Vetter u. Co., Vorsitzender, Ed. Becker, Firma: Becker n. Co.-, Heinrich Poppe, Bank director, Wilhelm Heymann, Firma: Heymann Welter u. Co., l)r. Wilh. Einert, den in- und ausländischen Fabril und HandelSstand zu einer Versammlung eingeladen, die unter sehr zahlreicher Bcihciligung auS allen Branchen heule Nachmittag 4 Uhr im Saale der hiesigen Börse statifand. Auch der Herr Bürgermeister Koch, sowie eine Nathödeputation, hatten sich dazu eingefundcn. Herr Banquier Seyfferth eröffnete als Vorsitzender die Versamm lung, motivirte den oben erwähnten Zweck derselben und theilte mit, wie sowohl die StaatSregiernng, als auch der Nath unserer Stadt, die Möglichste Unterstützung zur Förderung und Hebung deö Unternehmens zugesagt haben, was Herr Bürgermeister Koch für den letzten Theil be stätigte. Ohne große Debatten gelangte der Vorschlag des Vorsitzenden: die Industrie- und Waarenbörse zu con- stituircn, die Einzeichnung der Bcizutretenen vorzunehmen und aus ihrer Mitte 5 Vorstandsmitglieder zu wählen, die bis zu der nächsten ersten Versammlung im November die nöthigen Vorarbeiten und Einrichtung zu übernehmen hätten, zur allgemeinen Annahme. ES zeichneten sich heute bereits 112 Mitglieder ein, weitere Anmeldungen, die hoffentlick recht zahlreich erfolgen werden, sind an den hiesigen Börsenvorstand zu richten. DaS auö der Wahl hervorgegangene, jedenfalls wohl nur provisorische Comitö ist bis jetzt noch nicht bekannt; zu fürchten ist, daß sich nur eine MinoritätSwahl herausgestellt hat, da in der Einladung zu der heutigen Versammlung von einer Wahl nichts erwähnt worden ist, eine solche deshalb unerwartet kommen mußte, um so mehr, als auch nicht bekannt war, welche Firmen sich durch ihre Unterschrift zum Beitritt bereit erklärt haben. Die erste Versammlung wird den Mitgliedern durch Circulare, sowie durch Bekanntmachung in öffentlichen Blättern mitgeiheilt werden. — Am 27. September Abends besuchte die Ehefrau eines in der Querstraße wohnhaften Hadernhändlcrs Mö- biuS mit ihrem ein Jahr alten Mädchen, welches von einer Kinderfrau auf den Armen getragen wurde, die Kallcnberg'sche Thicrbude. Beim Eintritt auf den dritten Platz sprang ein auf einem Bretc oberhalb dieses Platzes sitzender Affe, dessen Kette, an welcher er angehangcn, jedenfalls.zu lang war, herah auf die Kinderfrau und zerkratzte dem Kinde dabei nicht nur das Gesicht, sondern brachte ihm Überbein noch eine erhebliche Wunde auf dem Kopfe bei, welche durch Näthe vereinigt werden mußte. — Am 1. Octbr. Vormittags setzte sich der Garten- arbciter I. G. Kluge von hier in der Gerbcrstraße in einen Fiakre, nachdem er zuvor dem Kutscher geheißen hatte, ihn in das JakobShospital zu fahren. Als der Kutscher vor dem Hospital anhielt und die Wagenthüre öffnete, fand er seinen Passagier darin todt vor. Kluge soll Brustkrank gewesen sein und es steht zu vcrmuthen, daß auf dem Wege nach dem Jakobshospitalc, wohin er sich freiwillig zu begeben gesonnen war, ihn ein Schlag anfall getroffen hat. In Stollberg hat sich in der Nacht vom 21. zum 22. Scptbr. der beklagenöwerthe Fall ereignet, daß ein Kind von acht Wochen durch Verwechselung der Fläschchen statt Nhabarbcrsaft Vitriolöl oder eine ähnliche Säure eingeflößt bekommen hat und in Folge dessen nach einigen Stunden verstorben ist. Kobttrg, 2. Oct. Als Prinz Albert gestern Abend nach 5 Uhr allein in einem vierspännigen Wagen vom Schloß Kallenberg hierher zurückfuhr, gingen in der Nähe des Dorfes Neuses die Pferde durch, so daß der Prinz sich veranlaßt sah, aus dem Wagen zu springen, wobei er auf der Chaussee ausgleitete und sich ganz unbedeu tend das Gesicht verletzte. Die Theilnahme der ganzen Bevölkerung an diesem Vorfall ist eine allgemeine.