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Montag, Verantwortlicher Ncdactenr »nd Verleger: Ludwig Donath in Schänden. Deiblatt zur „Siichsischru Elb-Ieituug" den 171. Mai 1833. Motto: Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze; Bilde Schönes, du streust Keime der Göttlichen aus. F. v. Schiller. Waldgeheimnisse. , Rouelle. (Fortsetzung.) Unter den vielen Armen, welche sich der Mild- thätigkcit Kora's erfreuten, befand sich eine gewisse Katharina Haberland auö Schönwald, die ihren Hcimachgenossen Lauterbach als Jüngling und Mann gekannt hatte und mehr als alle anderen Be sucher des Forsthauses von ihm zu erzählen wußte. Ihre Schilderungen von der Person und den Tha- ten des Wildschützen waren ganz geeignet ein hero isches Bild von ihm in der Einbildungskraft des sungcn Mädchens hcrvorzurufen und zu befestigen. Das er in der Fülle seiner Manmskrast, — nur sechsuudreißig Jahre alt, von der gräflichen Kugel dahin gerafft worden war, gereichte seinem Bilde zu nicht geringem Vortheil; kraftvoll und blühend wie das Original auf Erden allein gekannt gewe sen war, lebte es fort in der Erinnerung seiner Zeitgenossen und ging cs in die Seele Kora's über. Schade, daß die hohe^. Gestalt lhrer Träume einem Tobten gehörte. Es gab zwar einige wenige aufgeklärte Men schen in der Gegend, die nicht an den Spuk glaub ten und bei sich dachten, daß irgend ein lebender Wilddieb hinter demselben stecken müßte ; Aber diese hatten alle keinen Beruf die Sache näher zu untcr- 2. Iahrg N n in m e r 2tt. Wohltäterin davon Meldung zu machen, wobei sie jedoch hinznfügte, das der J...r „Rathhäuser" ein Mann wäre, der an nichts glaubte, selbst nicht an den lieben Herrgott. Wie der Blitz schlug diese Mitteilung in Ko- ra'S Seele. Wie? wenn es wirklich kein Gespenst war, wenn der rätselhafte Wildschütz leibte und lebte? Sie verbot der Botin, ihrem Vater oder sonst Jemand etwas von der Aeußeruna des I... r Nathswirthes zu sagen. Seltsame Gedanken und Empfindungen bewegten das Gcmüth des Mädchens und zum erstenmale in ihrem Leben floh sie in ih rem Bettchcn der ruhige Schlaf der Jugend. Ein paar Tage vermied jetzt Kora die ihr so werthe Nuine, als aber jeder Gedanke, daß das Gespenst ein lebendiger Mann sein könne, dem von Kindheit auf genährten Glauben an jenes wieder gewichen war, drieb sie desto stärkere Sehnsucht nach der romantischen Stelle. Die Nuine des alten Hauenstein ist in der That eines der großartigsten Ueberbleibsel feudaler Herrlichkeit, welche das deutsche Land aufzuweisen hat. Zwar ist auch nicht ein einziger Theil des mächtigen gothischen Baues, so weit er sich über die Erde erhebt, in einem einigermaßen erhaltenen Zu stande; die gewaltigen Thürme, die Wohngebäude, die Kapelle, Alles «st verfallen — theils durch die sengende Hand der wilden Nacheengel des 'heiligen Märtyrers von Constanz, theils gleichsam als ob dem Himmel die Menschenrache gegen das übermü- thige, pfaffenverbündete Grafengeschlecht nicht genügt habe, durch die Gewalt des Blitzes, theils vom na genden Maulwurfszahne der Zeit — aber in seinem Verfalle-noch grandios und ehrfurchtgebictend. Ein freistehender Felskegcl bildet das erhabene Fundament dieses alten Dynastensitzes und macht ihn zu einem riesigen Adlerhorste. Nur von einer Seite ist der Felsen zugänglich, von drei Seiten stürzt er fast senk recht in das vom Stnrzbach durchbrauste Thal hin ab, das in der schwarzen Schlucht seinen Anfang hat und bis an das Bette des größeren Stromes sich suchen; ja ihr Interesse ließ sie villcicht das Fort bestehen des Spukes wünschen. Da war z. B. der Nathskellerwirth zu I., in dessen weithin berühm ter Küche das Wildprct nicht ausging, welcher zu behaupten wagte, wenn man nur den Muth haben wollte, dem Gespenste in den unterirdischen Gewöl ben des Hauenstein einen Besuch abzustaeten, so werde man finden, daß cs so gur Fleisch und Bein hätte wie er selbst. Das sagte er aber zu keinem Forstbedientcn, sondern zu ganz gleichgültigen Per sonen. Zufällig hörte einmal die alte Katharina Haberland, welche die Botenfrau zwischen ihrem Wohnopt und I. machte, den Nathskellerwirth diese Acßerung thun und sie ermangelte nicht, ihrer > erstreckt, welchem der Sturzbach seine reißenden Flu