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Montag, Ken LS. Februar 1833. p Verantwortlicher Redaetenr «nb Verleger» Ludwig Donath in Schandau. Motto: Thatlos flüchtet der Feige beim Nahcü dcö drohenden Schicksal», Nur der kühnere Mann bietet voll Muth ihm Vie Stirn. So verbirgt sich die Lerche beim nahenden Sturm in der Furche, Aber eS schwingt sich der Aar über die Wolken empor. G. Keil. Die Preisftücke. Novelle von L Mühlbach. (Fortsetzung.)^ ES war, wie gesagt, heute ein lebhaftes Wogen und Treiben im Schausptelhause. Das Parterre glich einer einzlgen schwarzen Masse, die sich schwer- fällig bis zu den geöffneten Lhüren hinwüljte, und aus der man hier und da einzelne Laute des Jam mers und der Angst vernehmen 'konnte, wenn irgend ein kolossaler und muthiger JüngliNg sich mit Gla- diatortapferkcii verdrängte, um sich einen besseren Platz zu erkämpfen und dadurch rings um sich her Angst und ErsuctungSgefahr verbreitete. Auch die Logen füllten sich bereits und einige Empfindsame des Parterre bemerkten mit mitleidigem Seufzen, daß der alte Commerzienrath Waller dem Drange seiner Vaierzärtlichleit nicht habe widerstehen können und gekommen >el, das Werk seines entart.een Soh nes zu sehen! Er war allerdings da, er saß in einer Loge des ersten Ranges und neben ihm sah man seine Nichte Maric, aber ihr sonst so heueres und lächelndes Antlitz war heute bleich und farblos und «hre Lip pen zitterten. Diesem vollen, bewegten Hau>c gegen über überkam sie ein Gefühl unaussprechlicher Weh- muth, ward sie mit bitterem Schamgefühl ihres an Ernst begangenen Unrechts sich bewußt. Sie^ hatte sich als seine FeindlN bewiesen, sie, welche mit ihrem Herzblut für chr Glück, Ehre und Freude ihm hätte erkaufen mögen, sie hatte in dem Trotz ihrer ge kränkten Liebe ihm Femde und Widersacher erkauft, sie hatte das Geld seines Vaters gegeben, um dem Sohn damit Schmach und Unheil zu erkaufen! Ihre Augen füllten sich mit Thrancu! Sic hatte ein Ge fühl, als müsse sie Ernst auffuchen, als müsse sie zu seinen Füßen sitzen in dieser schweren Stunde der Vedrängniß. Ihre kleinen zitternden Hände zerknit terten das Nosenbouquet, das sie in der Hand hielt und das sie zu ihrem Antlitz emporhob, Um unbe merkt Vie Thränen darauf fallen zu lassen, welchs unwillkühtlich in ihre Augen stiegen. Hinter ihr satz Romeo. Sein Gesicht war stolz, zuversichtlich und siegeSgcwiß. Er tikigte sich zU Marien hin und flüsterte: „Werden Sie Ihres Schwures gedenken, Marte?" Sie wagte nicht, ihn anzusehcn, aber ihre ganze ' Gestalt erbebte. „Welches Schwures?" fragte sie kaum hörbar. „Sie haben mir gelobt, die Meine zu werden, wenn Ernst Wallers Drama heute Fiascö macht und er dadurch seine Geliebte verliert. Nün Wohl, ich weroe mein Wort halten! Werden auch Sie das Ihrige erfüllen?" „Sic glauben also Mit Bestimmtheit, daß Ernst dies Mißgeschick erleben wird?" fragte sie todes- blcich. „Ich glaube es nicht! Ich weiß cs! Aber sehen Sie da! Dort drüben jene stolze, majestätische Ge stalt, das ist die Geliebte Ernst Wallers!" „Ach, diese dort!" seufzte Marie, und sofort war das Gefühl des Mitleids in ihrem Busen er-/ loschen und sie empfand nichts mehr, als zornigen Haß gegen dieses Mädchen, welche ihr den Gelieb ten entrissen. Athcmlos, mit finsteren Blicken starrte sie hinüber. Allerdings, dort drüben in jener Loge war An tonie mit ihrem Vater, dem Minister, erschienen. Niemals hatte ihr Antlitz einen so stolzen, trium- phirenden Ausdruck gezeigt, niem.als hatte sie sich so erhoben und siegcsgewiß gefühlt, wie in dieser Stunde. Mit einem glücklichen Lächeln neigte sie sich zu ihrem Vater hin. „Sieh, mein Vater," flüsterte sie, „ein Dichter ist doch mächriger, als all' Ihr Staats männer, und die ganze Stadt strömt herbei, um ihm zuzujauchzen und seinen Pamen zu preisen." „Oder ihn in den Staub zu treten," sagte der Minister achselzuckend.