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Sächsische Schandau, Sebnitz und Hohnstein. LM- Durch alle Postanstalteu zu beziehe». Prättnmcrationsprciö vierteljährlich Iv Ngr. ^>1'. 4. Freitag, den 28. Januar 185V. Theure Worte. Eö wäre eine hübsche Aufgabe für einen neuen Adam Niese, sagt der „S. P." in einem Aufsätze über den Kricgölärm, die Millionen zu berechnen, welche jeder Buchstabe der napoleoni schen Neujahrsansprache an den österreichischen Gesandten binnen 14 Tagen der Welt gekostet hat. Ein- annäherndes Resultat würde sich wirklich wohl ermitteln lassen, wenn cs der Mühe wcrth wäre, mit Ziffern zu beweisen, — wovon ohnehin alle Welt überzeugt ist, — daß nämlich der von jenen kaiserlichen Worten angcrichtcte Schaden durch ungeheuere Summen reprä- sentirt wird; oder, um es genauer auszudrückcn: welchen die jenen Worten znm Grunde liegende Politik verursacht hat. Man braucht nur daran zu erinnern, daß der Kriegöschrecken an allen Börsen Europa'ö unermeßliche Werthbeträge um viele Pro- ccnte verringert, daß Frankreich, Oesterreich und Sardinien be reits außerordentliche Geldaufwendungen blos für vorbereitende Maßregeln zur Abwehr möglicher Gefahr gemacht haben. Jeder Privatmann, welcher Tirol oder die Schweiz bereist hat, weiß, daß cs Geld, viel Geld kostet, um über die Alpen zu gelangen; man braucht cs ihm nicht erst vorzurechncn, daß die Reise eines kaiserlich österreichischen Armeccorps mit Cavallcrie und Artille rie von den deutschen Erblanden, oder gar von Ungarn oder Galizien nach Mailand, Mantua und Verona eine verzweifelt theure Geschichte ist. Und dann wie groß sind die Einbußen zu schätzen, welche durch die Einschüchterung kaufmännischen Unter nehmungsgeistes, durch die Lähmung des Gewerbebetriebs ent stehen! Der Handel, angesichts einer unsichern Zukunft, fängt an, sich auf die nothwendigstcn Geschäfte einzuschränken; die Fabriken merken die Spannung der politischen Atmosphäre an dem Ausbleiben oder der Abbestellung umfangreicher Aufträge. Wiederum sehen die Arbeiter ihren Verdienst gekürzt oder doch in Frage gestellt, und sie ihrerseits werden minder fähig, die Erzeugnisse des Landbaueö und der Industrie zu kaufen. Die ländliche Bevölkerung, glücklicher Weise während einer für sie minder wichtigen Jahreszeit, sicht die Reihen ihrer rüstigsten jungen Männer durch die vcrhängnißvollen Einberufungen zur Fahne gelichtet. Zchntausende und aber Zehntausende werden dem Pfluge und dem Spaten entfremdet, um die unproductivc Muskete zu schultern und die gefräßige Kanone zu bedienen. In den englischen Seehäfen steigt die Matrosenheuer, — nicht weil Baumwolle, Reis und Zucker in reicherer Fülle als sonst nach Europa strömt, nicht weil köstliche Ladungen deö Kunstfleißes der Versendung nach kauflustigen Tropenländern harren, — sondern weil die Lords der Admiralität mehr Hände für die verschiedenen Linienschiffe, Fregatten und Briggs brauchen, um welche zu mehrerer Sicherheit Ihrer Majestät Canalflotte ver stärkt werden soll. Es wird eine ziemlich runde Summe hcrauskommcn, wenn man das Alles ein bischen zusammen addirt. Man sagt wohl, die constitutionellc Wirtschaft sei gewöhnlich kostspieliger als die alte patriarchalische Ordnung, nach welcher der Monarch ohne Einschränkung über Alles verfügt. ES ist wahr, die Kam mern unter dcm seligen Louis Philipp haben cs sehr gut ver standen, große Ausgabcbudgels zu machen. Aber was wollen alle finanziellen Sünden der Juli-Monarchie gegen diejenigen Gcldvcrwendvngen bedeuten, welche das Kaisertum dem Lande zumuthet? Frankreich ist die parlamentarische Negierung glück lich los geworden, aber das Wachstum seiner Ausgaben-Etatö wird nur von dem seiner Dcficitö und seiner Schulden über troffen. Man kann sagen, das geht uns nichts an, daS mag Frankreich mit sich selber oder mit dcm Kaiser ausmachen. Frei lich, wir können es nicht bessern, aber uns angehcn wird cs doch wohl etwas. Als noch der friedliebende Bürgcrkönig den Regenschirm über Frankreich auöspannte, konnten wir mit See lenruhe die langen Zahlen lesen, um welche die Deputaten und Journale in Paris sich zankten, — die Negierung verllM ihr Geld gemütlich und harmlos im Lande selbst, oder in Algerien, wo wir nichts verloren haben. Wer glaubte denn bis zum Jahre 1848 jemals so recht ernsthaft an einen großen europäi schen Krieg? Man machte wohl hin und wieder etwas in Al larm, Aufregung, spanischen Heirathen, Beckcr'schen Nheinliedern, Luxemburger Fragen und dergleichen, aber eigentlich war doch i'nmcr alle Welt von dcm schließlichen unblutigen Ende der Jn- tigue überzeugt, wie der geneigte Leser von der allgemeinen Versöhnung im fünften Act, wenn er einer Comödie zusicht. Jctzt ist eö nicht mehr so. DaS Krachen der Geschütze am Fuße der Alpen, an den Abhängen der Apenninen würde sein Echo über den Erdball dahiw tragen. Die Grundvestcn der eivili- sirtcn Welt würden davon erzittern. Und mit einem solchen Krachet« bedroht im Jahre der Gnade 1859 ein einziger Mann die Menschheit. Er bedroht sie damit, vielleicht wahrscheinlich nur zum Schein, nur um einer Demonstration Willen, — aber Niemand kann sich dafür verbürgen, daß nicht aus dem Scheine Ernst werde. Die Zeiten der vormärzlichen parlamentarischen Gcmüthlichleit sind vorüber, die Geschwätzigkeit der Tribune ist verstummt, aber mit ihr ist auch die warnende, hemmende Stimme verloren gegangen, mit welcher ein freies Land die ehrgeizigen Aufwallungen des Einzelnen von der verderblichen Bahn zurück ruft. Ein einziger Wille genügt jetzt, um eine halbe Million Soldaten gegen Europa loszulässen. Keinen braucht er zu fra gen, als sich selbst, seine eigene Weisheit, seine eigenen Leiden schaften. Darum ist Europa so erschrocken über die Worte deö Einen. Würden wohl selbst die Furchtsamsten gezittert haben, wenn Ludwig XVUt. oder LouiS Philipp diese Worte gespro chen hätte? Napoleon III. fängt an, denen am meisten unheimlich zu werden, die ihn am meisten gepriesen haben. Er kann sich nicht über Undank oder Uebclwollen oder Vorurthcile beklagen. Er -lst von den Fürsten und von dcm Publikum im Allgemeinen mit mehr Zuvorkommenheit, als er erwarten konnte, ausgenommen worden. Selbst die principiellen Gegner seines Systems haben