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Erzgebirgischer Volksfreund : 22.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192211220
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19221122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19221122
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-22
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 22.11.1922
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DK odrrschleMi» Nachrvohlen zu» Nekchetag. Veuthen, 20. Nov. Am Somktag sand»» In Oberschl«ss«i dt» Anchwahl«« gum R«ich»tao und preußisch«» Landt»» so. wie die Wahlen »um Provtnztallandtvq statt. Nach «inn amtlichen Feststellung ist da» Epgebmt» folgende»: Von 747 339 Wahlb«r«t^ nch-n wurden 500 707 Stimmen abgogeden. Davon «ntf leien «ms di, Demotmten 1191^ dt» Soziuldemok raten 7» SV«, da» Zentrum 19934«, di« Deutschnativnolen 69398, die Deutsche Bvü«partei S7SVV, die Deutschso»ialen 22191, die Kommunisten S««S4, die Polen VV1SS und die obe-schlesisch» «acholische Dolk»paetei Skowromiek 2« Stimme» Die Auslleserung de» deutsche«» Grundbesitze, an «usldnder. Berlin, SV. Nov. Gio Spanier au» Barcelona, der fricher mit Südfrüchten hallte, ist jetzt Besitzer von SOO deutschen Grund- stücken, di« »um größten Teil in Berlin, und »war in der Friedrich, strahe und im Westen liegen. Insgesamt sind schon Wer 8000 Berliner Grundstücke an Ausländer verlauft worden. Zn der Tschechoslowakei werden Berliner und Wiener Grundstücke wie eine Warr schändest. Man laust und verlaust sie dort nach Photo- gmphitn. Arbeltslosigkelt in Men. Me», »y. No». Trotz der herabgesetzten Löhne in manchen In dustriezweigen nimmt die Zahl der Entlassungen in Deutschdsterreich und besonders in Wien stark zu, da die Geschäftslosigkeit anhält. In Dien allein hat die Zahl der Arbeitslosen bereits 100000 überschrit ten, darunter befinden sich mehr als 10 000 Metallarbeiter. In der Textilindustrie wurde Kürzung der Arbeitsdauer von 48 auf 86 bis 84 Stunden wöchentlich vorgenommen. In der Schuhindustrie ar> beitet inan mangels ausländischer Bestellungen auf Lager. Elemente« st» New York. Parl», SV. Nov. Llemeneeau traf gestern in New Perk »i«. Er hielt ein« Begrüßungsansprache, worin er erklärte, daß er zweimal ein« deutsche Invasion in Frankreich erlebte und eine dritte nicht mehr erleben wolle. Infolgedessen könne er es niemandem gestatten, zu sagen, daß Frankreich zuviel Soldaten hätte, wenn Nicht jene, di« Frankreichs Militärmacht kritisierten, ihm Garantien für fein« Sicherheit böten. Morgen wird Clemenceau seinen «rsten Dordrag halten. Berlin, 21. Nov. Der 83. Ausschuß de« Reichstages wählte den Reichstagsabgeordneten Dr. Barth, Zwickau, zum Berichterstatter für den neuen Entwurf eines Gesetzes für den Verkehr mit Kraft fahrzeugen. Mainz, 20. Nov. Bei den gestrigen Stadtverordneten», Kreis- und Provinziallandtagswahlen ergab sich in Mainz und Worms eine beträchtliche Zunahme der Stimmen der Rechts parteien, die eine Anzahl Site gewannen, die den Sozial- demokvaten und teilweise den Demokraten verlorengingen. OerMche Angelegenhetten. Dunkle Nebel im Weltenraum. Don Hevmann A. Hahne, Berlin. Kni -Sternbilde des Stiers, in der Gegend der wohl allen Lesern als Siebengestirn, Gluckhenne oder auch Plsjaden bekannten Stevnmchäusung, Ärsindet sich eine dunkle Nobel wo kl«, deren Vor handensein durch Forschungen italienischer, holländischer und eng- kischer Forscher einwandfrei nack-gewiesen worden ist. Schon im Zull des vorige« Jahre« wurden Wer diesen „unbegreiflich großen Gegenstand im Hunmelsraum" Merlei phantastische Angaben in Tageszeitungen veröffentlicht. Jetzt aber liegen wirkluh« For- schunErgebnist» vor. Di, Anregung zu diesen Arbeiten stammt von-dem Leiter der BatÄm-Sternwarbe in Rom: Pater Hagen. Dieser stellte nämlich die Behauptung auf, daß der gesamte Hinrmel mit dunklen Nebel- massen überzogen sei. Gr begründete diese Behauptung damit, daß die Sterne diwch Zusammenziehung aus dunklen Nebeln, in die unser ganzes Sternsystem eingebettet ist, entstehen. So erklärt es sich denn auch, daß die Steruleeren am Himmel, die in großer Anzahl hauptsächlich in der MilclKraße zu finden sind, nickst schein bar, sondern tatsächlich ebenso wie die Nebeimaffen vorhanden sind. An den Stellen» <m denen sich dichte Nebelmassen -befinden, sind wenig Sterne; in sternreichen Gegenden «befinden sich Wer gar keine oder nur Spuren dieser Nssbelmassen. Di« Alaterie ist durch das Entstehen der Stern« gleichsam anfgezchrt. Ws Basis für diese Theorie wurden di« Arbeiten der Forscher Dyson, Melotte und Pannekoek heranavzoqen. Diese aber benutzten «in« Forschungsmechode, wie sie sonst bei Nebeln nicht vevmendet werden kann. Es wurde von 'der praktischen Alebhode des De- obachten« und Phvtogvaphierens zur theoretischen Methode der svatistischen Untersuchungen von Sternverteilungen üürrgcgcmgcn. Als Grundlage hierzu diente die sogen. „Frankltn-Adanis-Kartc", ein Hinrmelsatlas, der von einer englischen astronomischen Gesell schaft herausgogsben worden ist. Dieser besteht aus 206 Müttern, die in England und Südafrika auf photographischem Wege herge stellt worden sind und die Sterne bis zur 15. Größenklasse enthalten. Auf San» diese« Kart» ist besonder« vk Sagend der Vesaden m,Versucht worden, do man sich hiervon di« besten Erfolg« versprach. Zn der Tat ist der n«b»lig» Charakter dies« Gegend auf der Wen- erwähnt«» Karte um-erkennbar. Eine Abzählung «-ab auf «In« Fläännetnheit von fr 100 Quadvatminuten Werd» von S—74 Sternen, «ährend ungefähr SS Sterne an dieser Stell« pro Flächen inhalt nach anderen statistischen Avdeitm vschänden sein müßten. Dl« Entfernung dieser kosmischen Melde wich auf etwa 460 Lichtfohre oder 4500 Billionen Kilometer «»gesetzt, «in, zu den «n- achsuren Entfernungen der Spivalnebel wähl relativ niedrige Zahl. Di» Fläch«, die di« Wolke «innimmt, ist ungefähr Ob Lichtjahre lang und 20 Lichtfah« idveit. Ueber die Liefenau-dchnung tst leider nichts bekannt, sonst könnt« man auch di« Masse der Wolke be rechnen und daraus weitere Folgerungen ziehen. Trotzdem hat Pannekoek versucht, auf Grund bekannter Gasgesetze die Masi« zu berechnen, und kam zu dem ungeheuren Wert von vier Milliarden Sonn«nimassen. Der Astronmo Hozmann-Donn hält diesen Wert für nicht zutreffend, da dann di« Bewegungen der Svnn«n und der Stern« im Raume beeinflußt werden müßten. Diol annehm barer und wahrscheinlicher ist daher die Annahme, daß di« Wolke aus kosmischem Staub« bestände, wie er bei der v. Seeligerfchen Theorie der Gntstchung der neuen Sterne eine Rolle spielt. Di« Masse wird dann wett kleiner. Die Ergebnisse dieser Forschungen sind von besonderem Interess« insofern, als ein weitrrer Ausbau der Hagenschen Theorie auch neue kosmogonische Probleme zur Folge hoben kann. * Gelinde Winter. Dieser Winter soll, wie behauptet wird, nur ein« ganz kurze Frostperiode bringen, im übrigen aber durchaus gelinde verlaufen. Drese Prophezeiung, di« vor vier Wochen laut wurde, hat sich bisher bestätigt. Und wenn mau Vergleiche mit früheren Jahren zieht, so ist all« Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß wir einen so gelinden Winter erhalten, daß wir die Zlatur früh zeitig erwachen sehen werden. Nach Regensommern, di« wenig Sonnenschein brachten, kam stet» ein gelinder Winter. Das beweist die Chronik über das Detter, die ja immer gepflegt worden ist. Aus dieser Chronik erfahren wir überraschende Dinge, z. D. daß im Jahr« 1504 in der Neujahrswoche die Veilchen blühten. Freilich bracht« dafür der Himm-öifahrtstag Schn« und Eis. 1619 blühten in» Oktober und Nooeurber die Rosen. 1624 hütete man um Weih nachten die Kühe auf den Weiden, und Rosen und Pflaumcnbäumc blühten. 1620 im Januar trieben schon di« Obstbäume. Oi-gleich noch einmal Frost «intrat, war die Ernte gut. 1720 standen den ganzen Winter hindurch in vielen Orten di« Kirschbaum« in Mit«. Dieselbe Grschrimrng wird aus dem Jahre 1723 gemeldet. Der Winter 1795 und 1796 wird als ein Sommer-Winter geschildert. Es gab im Januar nur warnte Tage, Hellen Sonnenschein, wie im Frühling. Die Gartenerbsen schossen aus der Erde und die Bienen erwachten bereits im Januar aus ihrem Winterschlaf. * Die Not der Zeitungen. Die sprunghaften außerordentlich hohen Preissteigerungen für Druckpapier nehmen ihren Fortgang. Die Zeitungen können den Kampf ums Dasein nur dadurch erfolg reich führen, daß sie entsprechend den allgemeinen Preissteigerungen ihre Bezugspreis« weiter erhöhen. Zu welchen Beträgen das führen muß, erhellt aus folgender Nachricht: Für den Monat Dezember kosten: „Hamburger Fremdenblatt" 900 Miark, „Hamburger Nachrichten" 950 Mark, „Hamburger Korrespondent" 1050 Mark. ' Die Vereinsmeierei treibt trotz der schlechten Zeit immer noch ihre Blüten. So wurde ein „Verein der Wohnungssuchenden" ge gründet. Jetzt fehlt nur noch das Gegenstück, also ein Verein für üiejemgen, di« «ine Wohnung haben, dann kann die gegenseitige Reiberei boginneni » Me, A. Nov. Nm Donnerstag kommt der Landesposaunen, meister Psr. Adolf Müller noch Äu« und wird abends 8 Uhr in der Nicolaikirche mit dem Posaunemhor von St. Nicolai einen P o sa u n« n a b end veranstalten. Der gssä-ätzte Redner und Posaunistendirigent ist vom vorjährigen Posaunenfest in Aue be kannt und wird gewiß von vielen wieder gern gehört- werden, Es wird darum auf diesen Abend aufmerksam gemack-t. Gesangbücher sind mitzuürlngenl> - - -- Aue, 20. Nov. Tinen besonderen Genuß bieten Volkshoch, schule und Wissenschaftlicher Verein mit dem Vortrag des Berliner Musikgelehrten Privatdozentin Dr. Moeresmann, der am Sonnabend, den 25. November, abends 8 Uhr, in der Ober realschule über Beethoven spricht und Erläuterungen am Flü- gel bietet. Hörer und Mitglieder des Wissenschaftlichen Vereins zah len 5 Mk. Eintritt an der Abendkasse, sonstige 10 Mk. Zschorlau, 20. Nov. Der Geflügelzüchterverein veranstaltet am 2. und 3. Dezember eine Geflüoclausstcllung. Unter den zahlreichen Ausstellungstieren werden prächtige Farbentauben besonders hervor- tretcn. * * * Planem Der zwei Jahre alte Sohn eines hiesigen Ehepaares hatte sich, während die Mutter auf einige Augenblicke von der Küche in ein anderes Zimmer gegangen war, auf einen zusedccktou Eimer gesetzt. Der Deckel kippte und da» 'Kind rutschte in das im Eimer befindliche heiße Wasser. Es starb an den Verletzungen. " Olbernhau. Einen guten Fang machte ein Beamter der Zoll- inspektion im Abendzuge nach Neuhausen. Dem Beamten fielen drei mit größeren Paketen beladene Personen ans; .sie wurden verhaftet. In den Paketen befanden sich 1 Heydefernrohr, 1 Herrengehpelz, zwei Damcnhüt«, 4 Damenllelder, 2 Damonmäntel, 7 Damenbiusen, 1 Kin- vernao, so ynmen- und MSdchenschürzen, 6 Handtaschen, 16 Paar Herreustrümpf«, 11 Paar Damenstrümpke, 6 Paar wollen« und 4 Paar Lederhandschuhe, 7 Damenröcke, 2 Paar Hosenträger, 2 Hemden, 6 silbern« Lössth einig» Meter Bettzeug und Gardinenstosf. Der Gesamtwert der Textilwaren beträgt etwa 400 000 Mk., der Wert des Fernrohre» bürst» üb»r eine Million Marl betragen. " Leipzig, Ein» überfüll« Derfoumtlung von Funktionären der Arbsttsgemeinsch^t Deutscher Eisenbahn« rverbond und Reicha- aewerkschaft Deutscher GistUbahnbeamter und deren Anwärter nahm folaeiGe Entschließung an: Di« Versammlet»» hat nach ausgiebigen. Restraten und Aussprachen einstimmig, beschlossen, die Bildung eineri Reichsbahndirektton Leipzig au» wirtschast-ppiitischen und verkehrstechnischen Gründen nm allem Nachdruck zu fördern und zu vertreten. ' Wurzen. Die Stadt hat von dem ihr gehörigen Flugplatz- gelände, das sie «ährend de» Kriege» durch Enteignung für de» Staat geschaffen und später zurückgÄanft hatte, «inen Teil in der Gesamtfläche von 04 000 Quadratmeter an dst hiesige Firma G.A. Scküiy und an d>e Drand'str Tonwerke, die sich in dereslben Hcnd befinden, für 20 Millionen verkauft. Di« Firma Schütz wird eine Fabrikanlage errichten, die Brandistr Tonwerle kine Wohnsiedlung. Die Stadt will das gesamte Gelände, auf dem sich ein Anschlußgleis an die Staatsbahn befindet, für industrielle Zwecke erschließen. ' " Großenhain. Der Bezirksausschuß beschloß einstimmig, der geforderten Preiserhöhung für Milch für «die Amtshauptmannschaft Großenhain nicht beizutreten, da sie als unangemessen zu betrachten sei. Die Plünderungen in Dresden. Die sächsische Regierung verbreitet Wer die Vorgänge in Dresden folgende Darstellung der Vorgänge Die im Anschluß an eine Demonstration erwerbsloser Kriegs, opfer und arbeitsloser Invaliden am Sonnabend erfolgten Plünde rungen und sonstigen Ausschreitungen sind, wie die vorliegenden Feststellungen ergeben haben, systematisch von vevanwortungs- losen Elementen vorbereitet worden. Bereits in den am 7. und 16. November veranstalteten Versammlungen dieser Korpora tionen wurde in gar nicht mißzuverstchsnder Weise zur Selbst hilfe aufgefordert und eine „Hunger"-Demonstvation für Sonnabend angekündigt. Man hatte bereits in «der Erwerbslosen- Versammlung vom 7. November ganz offen erklärt: worin die Selbst hilfe bestehe, wisse feder einzelne selbst. Die Tage seien nicht mehr fern, wo jeder sich in den Geschäften das suchen müsse, was «r braucht. Der konnnunistische Landbagsabgeoldnet« Zipfel gab mit einigen Worten zustimmend die Erklärung ab, daß am Sonn abend di« K. P. D. auf dem Plan sein werde. Ein Redner gab da hingehende Ratschläge, daß einzelne zunächst in große Geschäft« gehen und dort an Las gute Herz dks Inhabers appellieren sollten. Wenn das fehlschlage, müßten die Massen ein solches Geschäft „kennzeichnen". Der Versammlungsleiter -erklärte sogar, die Ver antwortung könne er nur für die ersten 10 Reihen übernehmen, was die übrigen dann hinter ihm täten, könne er nicht übersehen. Ein bekannter Kommunist gab den Versammelten Li« Versicherung, daß eine große Anzahl Erwerbsloser aus Bautzen, Zittau, Kamenz, Pirna an der Dresdner Demonstration teilnehmen würde- Reisegelder seien bereits beschafft worden. Dwsden n>erdc die Augen aufmachen Und staunen, was am Sonnabend los- ochsn solle. Das Polizeipräsidium hat deshalb die Verantwort- irl-en auf dos Bedenkliche ihres Tuns energisch hingrwiesen und ich verpflichtet gefühlt, für Ruhe und Ordnung bei der Demon- tralion am Markt zu sorgen. Die Demonstranten hatten die Der- ylichtnng auch anerkannt, auch dein Ministerpräsidenten gegen- ibrr, den sie am Freitag aufgesucht hatten. Trotz ihres Ver- prechens haben nun einig« der Verantwortlichen den etwa 800 bis 1000 Demonstranten am Rathaus aufhetzende Reden eing«. prägt: daß da» Gebot der Stunde Selbsthilfe erheische, daß den Herrschaften endlich gezeigt werden müsse, daß die Massen lange genüg gehungert hätten. Di« Redner sprachen Lis Hoffmmg aus, es würden sich gewiss« ^tatkräftige Männer" finden; die ^zu Handeln verstündeNi"^-Gr sei-d«r Wille der Missen mahgSdend >rrnd nicht nur der. der Regierung. Zurufe aus der Mass«: „Heute muß es losgchcn! Di« Regierung muß herunter", waren das Echo dieser Aufforderung. Als sich der Zug am Hauptbahnhofe auslöst», haben di« Redner in noch deutlicherer Weise zu ungesetzlichen Taten auf- gcfordert. Daraufhin sind einzelne Trupps von 200 bis 300 Per sonen nach verschiedenen Richtungen auseinanderg-ezoaen und hatten ehe di« Polizei es verhindern konnte, mit tagelang vorher eigens für diesen Zweck angefertigten Holzkeulcn die Fensterscheiben von großen Geschäften zerschlagen und die Auslagen der Geschäfte geplündert. Dank der Wachsamkeit der Kriminalpolizei konnte ein großer Teil der Plünderer unmittelbar nach der Tat festgenommen und ein Teil der geraubten Güter den Eigentümern wieder zuge stellt werden." Die Regierungserklärung geht dann auf die von uns bereits gemeldeten Einzelheiten d«r Plünderungen ein und bestätigt, daß es sich meist rrm jugendliche Personen handelt. Von einer „Hunger-Demonstration Notleidender könne nicht Lie Rede'sein, da viele der Verhafteten mit hohen Geldsummen versehen waren. Einer hatte 47 000 Mark angebliche Lohngelder bei sich. Für die plan mäßigen Vorbereitungen der Plünderungen spricht, auch di« Aus rüstung mit Rucksäcken, Keulen und sogar Schußwaffen. In einigen Fällen sind von Geschäftsinhabern Geldsummen zwischen 5—10 000 Alark erpreßt worden. In anderen Fällen wurden Polizeibeamte Das Lächeln der Gioconda. Roman von Gatty Bachem-Tanger. Amerikanisches Copyright 1020 by Carl Duncker, Berlin. (Nachdruck verboten.) (34. Forisehung.) Er klebt» in Valeska nicht mehr di« Künstlerin in ihrer strahlen- öen Schönheit, er liebte sie al» sein Weib, als die Mutter seines Kind«». Wär, fi« krank, und elend, all ihver Schönheit beraubt gewesen, »» hatte seiner Lieb« keinen Abbruch tun können, denn ihr« Schönheit, di« ihn einst zu ihr hingezogen hatte, war nicht mehr «ine Bedingung seiner Lieb«. Er liebte Valeska, wie nur ein Man» sein Weib lieben konnte, und dennoch regle sich jetzt in ihm manchmal ein Gefühl wie Groll gvgen sie. Dieser Gefühl war ihm zum erstenmal gekommen, als eines Abends Dabeska der kleinen Maria den Gutenachtkuß gab. Gir war im Begriff, zum Theater zu fahren. Da» Auto war bereits oorgefohren. » Hastig nahm st« der Wärterin das Kind ab und drückte es zärt- I lich an füh, indem ihr« Lippen die Stirn der kleinen Maria be rührten. Dann wollte si« da» Kind der Wärterin zurückgeben. Aber . die kleinen Händchen klammerten sich krampfhaft am Li« Mutter fest, ; und als di» Wärterin sie zu lösen versuchte, fing da» Kindchen B jämmerlich an zu weinen. Auf der Treppe noch hörte Han» Joachim , da» Weinen. l Ex sah nicht da» schmerzliche Zucken Im Valeskas Zügen. * Gr schaute mit starrem Blick vor sich hi», und in seinem Herzen war zum erstenmal ein bitterer Dorwnvf für sein Meid. Gr dacht« bei sich: Jetzt kann die Wärterin di« M-rtter noch ersetzen, und dies« Tränen sind noch schnell getrocknet. Aber wie würde «» später fei», wenn niemand anders mehr dem Kind« Li» Mutter «fetzen konnte? Sollte sein Kind dann auch nach der Mutter weinen, die keine ßcit hatte, sich um ihr Kind zu sorgen? Ge wurde diese» Gefübl nicht los» Und als er am Schluß Ler Aufführung von seiner Loge aus <nrf die begeisterte Menge nieder blickte, mußt« er inmitten des jubeln den Beifalls wieder an das im Weinen kläglich verzerrt« Gssicht- chcn der kleinen Maria Lenken. In jenem Abend hatte er zum erstenmal kein anerkennendes Wort für Valeska gefunden. Schweigsam fuhren sie vom Theater nach Hause. Hans Joachim machte sich selbst Vorwürfe. Waren» hatte «r Valeska das Versprechen gegeben, si« nie in dem, was ihre Kamst betraf, beeinflussen zu wollen. Er wußte es ja, si« war fanatisch in bezug auf ihre Kunst, sie würde nie von selbst eins«hen> daß die Pflicht der Mutter über der Pflicht der Künstlerin stand. Don jeher hatte sie sich ja berufen gefühlt, «ine besondere Mission auf der Bühn« zu vollbringen, und Ler Erfolg hatte ihr recht gegeben. Gr selbst hatte ihr ja «inst, von der Weihe ihrer Kunst be zwungen, recht gegeben. M-er war es nun nicht genug damit? Mußte jetzt nicht die neue ht an die Stelle der andern treten? D-teog sie sich nicht selbst, indem sie Pflicht nannte, wär viel leicht nichts anderes war als der ni« gestillt« Hunger nach imm«r neuen Triumphen, der Egoismus de» Künstlertums, »dem sie weniger sich selbst al» ander« zum Opfer brachte? Valeska »mpfand schmerzlich die Abkehr ihre» Gatten von allem, war mit ihrer Kunst zusammenhing. So vermied sie es, von dem zu reden, wa» sie selbst beschäftigte. Man rodete miteinander von belanglosen Dingen, nur um ein peinliche» Schweigen zu ver- meiden. E, war ein unnatürlicher und unhaltbarer Zustand. Etwa» Unausgesprochenes lag zwischen ihnen, da« um so gefährlicher zu werd«n drohte, als jeder es mit sich allein tvlH und durch unsttvcht- bare« Grübeln Lie Verstimmung vergrößerte. Valeska ahnte nicht den Grund der Veränderung ihre» Mannes, und so begann in ihr ein Gefühl Ler Erbitterung gegen ihn aufzukeimen. Hans Joachim arbeitete eifriger als je. Aus Schloß Rothenegg hatte er mit der Arbeit an einem großen kunsthistorischen Werk bsimnn»» Damal« hatte er mit unerschöpflicher Schaffensfreude gearbeitet. Jetzt arbeitete er, um Ablenkung von seinen quälenden Gedanken zu finden. In Nothenegg war er glücklich in Lom Bewußtsein gewesen, daß er joden Augenblick, den er die Arbeit unterbrach, bei Valeska zubringen konnte. Jetzt störte ihn der Gedanke, Laß er sie nicht in ihren Gemächern auffuchen konnte. Ls störte ihn die Leere des Hauses und verursachte ihm ein Gefühl des Unbehagens. Auch Valeska litt unter dem Zwiespalt. Es verlangte.sie oft nach ihrem Kindchen, das sie zärtlich liebt«. Aber es fehlt« Ihr an Zeit. Es tat ihr weh, Laß da» Kindchen sich immer mehr an Lie Wärterin anschloß/ und daß st« selbst eine Fremde für ihr Töchterchen mürbe. Sie sehnt« sich nach den glücklichen Tagen von Rothenegg zu rück, aber «s kam ihr nicht der Gedanke an die Möglichkeit, ihr Leben zu ändern und ihre Künstlerlaufbahn aufzugeben. Wie oft wünschte sie das Ende Ler Probe 'herbes, um zu ihrem Gatten und der kleinen Maria zu kommen; und 'si« 'ging heim mit dem Willen, ihrem Gatten so wi« früher gogenübrrzutreten, aber dir Begrüßung brachte schon di» erste Enttäuschung, und bas Ge fühl der Befangenheit und Entfremdung stand wieder zwischen ihnen. Gin paarmal war «s oorgekommen, Loß bei einem anregenden Thema, da» sie plötzlich in ein« frühere glückliche Zeit versetzte, Lio Unterhaltung «inen anderen Ton annahm, der an längst vergangen« Tag» erinnert«, oder Laß sie im Spiel mit -er kleinen Maria di« unbefangen« Fröhlichkeit, di« einst in Roth«negg geherrscht hatte, wicderfand-n. Da war « jedesmal wie «in Verhängnis gewesen, daß Valeska abberufen wurde, «inmal, weil Ler Diener ihr m ldete, Laß da, Auto warte, da» sie zur Theaterprobe fahren sollte, ein andermal, weil sie am Telephon gewünscht wurde, wo Ler Theaterdirektor sind dringend selbst zu sprechen wünschte. . Dann war im Augenblick di« angeregte Stimmung vorbei, und wenn sie sich dann wieder begegneten, sanden sie nicht mehr den un befangenen heiteren Ton. So kam e», daß Valeska schließlich da, fruchtlose Mühen auf- gab und sich nur um so eifriger ihrer Kunst hingab, je ««Niger si« zu Hause ihre Befriedigung fand. (Fortsetzung folget
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