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Erzgebirgischer Volksfreund : 09.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192211094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19221109
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19221109
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-09
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 09.11.1922
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' Weitere Tariferhöhung«». Die N«ichs po st ver w a ltu n g pinnt zum 1. Januar 1923 eine neue Tarisrhöbuna um mindestens s Berlin, 7. Nov. Di« Reichsregieruua und die preußische Re- tzierung haben versucht, auf die Gewerkschaften einzuwirken, da mit am S. November keine Ausschreitungen seitens der Arbeiterschaft erfolgen, einerseits mit Rücksicht auf die in Ber lin anwesenden Ententekommissionen, dann um keine Gegen- Lemon st ratiocken auszulösen. Die Reichsregierung will in dieser Beziehung aus Süd deutsch land bestimmt« Nachrichten empfangen haben. Berlin, 7. Nov. Wie von zuständiger Seite mitgeteilt wird, hat eine Versammlung von Mitgliedern der Schutzpolizei eure Entschließung zugunsten des Achtstundentages für. die Schutzpolizei gefaßt. Dieser Standpunkt ist für die Negierung undiskutabel. Gegen die Beamten, die sich in jener Versammlung disziplinwidrig benommen haben, wird eingeschritten werden. Berlin, 7. Nov. Der Schiedsspruch im Buchdruck- und geitu ngsgewerbe wurde vom Reichsarbeitsminister für ver - kindlich erklärt. Angora lehnt jede KontroM ab. Konstantinopel, 7. Nov. Die alliierten Generale hab«» Ri- faat Pascha mitgeteilt, daß Konstantinopel entsprechend dem Daskenstillstanosvortroge zurzeit unter alliierter Kontrolle bleiben müsse. Rtfaat Pascha hat darauf geantwortet, er lehn« jede Art von Kontrolle ab, werd« aber in Angora noch Weisungen «tn- bolen. In Tschanak ist eine kritische Lag« entstanden, da dort tür kische Gendarmerie gegen die britischen Linien vorgerückt ist und das vorgehen britischer Patrouillen über die Dreimeilenzone verhindert. Ein« Not« an Angora. Part«, 7. Nov. Die „Agent« Hava»" melbet au» Konstantinopel: Die alliierten Oberkommissare haben folgende Not« veröffentlicht: Die alliierten Oberkommissare sind fest entschlossen, gegenüber den Ereignissen, welche die innere Politik der Türkei betreffen, strikte Neutralität zu bewahren. Sie stellen fest, daß diese Ereignisse nichts an dem ihnen von den allterten Regierungen übertragenen Mandat ändern können. Die alliierten Generale fuhren die Ihnen obliegende Mission fort, die in Mudania mit den Vertretern der großen Natio nalversammlung beschlossen« Konvention zur Anwendung zu brin gen und in der von den alliierten Armeen besetzten gon« Ordnung und.Sicherhcit aufrecht zu erhalten. I Oertliche Angelegenhetten. Die Neugestaltung -es höheren Schul wesens in Schneeberg. Ostern 1SSS beginnt noch Verordnung de» Kultusministeriums die schon seit längerer Zeit geplante Verschmelzung des Nefvrm- aymnaftums und des Lehrerseminars zu einer höheren Schule. Für die Eltern, di« ihre Söhne und Töchter einer höheren Unterrichts anstalt zuführen wollen, sollen die folgenden geilen zur Aufklärung dienen. Ihnen werden in kurzen Abstand weiters aufklärendr Artikel folgen. Die vereinigte höhere Staatsschule in Schneeberg, die Ostern 1S2S mit den beiden Unterklassen Sexta und Quinta eröffnet werden soll, legt für den gemeinsamen dreijährigen Unterbau den jetzt schon am Reformgymnasium geltenden Unterrichtsplan zu- gründe, Ler im wesentlichen mit dem Plan der Realschulen über einstimmt. Er sieht bei starker Betonung des Deutschen als erste Fremdsprache das Französische vor. Von Untertertia an tritt eine Gabelung ein. Die Schüler haben dann die Möglichkeit, entweder in die realgym-uastalc Ab teilung oder in die Deutsche Olxrschulabteilung-einzutreteir. Beide Abteilungen sichren in vollständig getrenntem sechsjährigen Lehr gang ihre Schüler bis zur Hochschulreife. In der realgymnasialen Abteilung treten von Untertertia an neben das Deutsche und das Französische als Hauptfächer das Lateinische und die Mathematik. Im Oberbau von Untersekunda an fall diese Abteilung nochmals eine Gabelrmg erhalten. Während in den roalgymnasialen Fug als dritte Freindsprache das Englische gelehrt wird, soll in einem humanistischen Zug das Griechische da für cintreten. Dieser zweite Zug wird also weiter die Vorbildung vermitteln, die bisher das humanistische Gymnasium geboten Has In beiden Abteilungen werden mit stärkerer Betonung Physik nur Naturwissenschaften getrieben. Von Obersekunda an ist für den humanistischen Zug wahlfreier hebräischer oder englischer Unter richt, für den roalgymnasialen Zug wahlfreier griechischer Unter richt vorgesehen. . Die deutsche Qberschulabteilung legt den Plan zugrunde, den der Sächsische Philologenverein ausgearleitet hat. Sie stellt mit Nachdruck das deutsche Kulturgut in den Mittelpunkt des Unter richts und betont daneben besonders die Naturwisscnslrafien und die künstlerischen und technischen Fächer. Als zweite Fremdsprache bringt sie von Untertertia an in Parallelkursen das Lateinische oder das Englische je nach dem Wunsche der Erziehungsberechtigten. Dabei wird aber die Möglichkeit geboten, daß von Obersekunda an bas Französisch anshört und statt seiner das Englische oder Lateinische als Pflichtfach eintritt. Jedenfalls dürfen in der deutschen Oberschule niemals mehr als zwei Fremdsprachen neben einander getrieben werden. Die nächsten Artikel werden die Berechtigungen, welche die neue Schule erteilt, ihre Organisation, ihre Lehrpläne im ein zelnen u. a. behandeln. Heute sei schon darauf hingewiesen, Laß Schüler der vereinigten Anstalten Aufnahme in das Seminarinter nat, Las weiter bestehen bleibt, finden können, soweit Plätze in diesem frei sind. Anmeldungen von Knaben und Mädchen für die beiden unteren Klassen Ler neuen Schule werden, wie aus der bald zu veröffentlichenden Anzeige ersichtlich, sein wird, von Mitte November an von den Direktoren des Gymnasiums und des Seminars entgsgengensmmen. Dorausstchlich wird in einer Versammlung für interessierte Erziehungsberechtigte über alle mit der Neugestaltung des höheren Schulwesens in Schneeberg zusammenhängenden Fragen ausführ lich berichtet werden. SkleMrr-er -er Natur. Zur Missionsnothilfe. Es gibt Leute, die Lie alten Spartaner bewundern, roeil sie, , frei von Sentimentalität," die schwachen und vrrkrüppelien Kinder aussetzten. Es gibt Leut«, die um der Gesundung Ler Rasse w'llen dem „biologischen Schund" nicht die Luft zum Atmen gönnen. „In Len Tod mit dem, was sterben will! Freie Dahn dem Gefunden!" Weißt dir, was das für Leute sind? Krüppel an Ler Seels nenne ich die, Lenen"es am Besten fehlt, an Ler Liebe. Ich will dich an eine Stätte führen, die Jesus, der König der barmherzigen Liebe, schuf. Mache deine Augen hell und urteil« selbst, ob hier nicht mehr ist als in Sparta. Das Kküppelheim Bethesda in Niederlößnitz bei Dresden, eine Tochteranstalt der Dresdner Diakonissen anstatt, birgt 70 Stiefkinder der Natur. Wir wollen sie in ihrer Schule besuchen. Wir treten in ein sonniges Klassenzimmer. Das Herz lacht uns: Bilder, Blumen, Farben überall. Ein Wondspruch: Der Herr segnet, die ihn fürchten, beide, Kleine und Große. Stimmt das, ihr Kinder? Du siehst dir Liese 14 Kinder der Elementarklasse an: die Kleinen, einig: Größere, einen Ajährigen. Es sind lauter Stief kinder Natur: Krüppel und KrÜppelchen mit Muskelschwund, Lähmungen, kraftlosen Gliedern, verkrümmtem Rückgrat. 2 Iber -er Herr segnet sie. Ob sie mit bunten Kreiden die ersten Schreib- ülnmgsn machen, ob sie an Krücken und Gehbänkchen mühsam sich V Di« Schlemmerei d«r Besatzung. ? Köln, 7. Nov. Die Besatzungstruppen und ihr Anhang sind steuerfrei; Lie Verbrauchssteuern werden ihnen zurllckvergütrt. Di« Anweisungen, bi« ste im letzten Jahre zurückgaben, verkünden, daß wir ihnen auf den Verzehr von Wein und Tabak zu alllem anderen noch 22 Millionen haben schenken müssen. Ihr Durst ist gut; sie tranken für 118 777 884 Mt. Wein, in die allein 124 7SS Flaschen deutschen Schaumweins einzurechnen sind. Ihr Verbrauch an Dier kostete der deutschen Steuerkaffe etwa SO 000 Mk., der an Zigarren etwa 2 Millionen Mk. Eine amerikanische Zeitschrift macht zu der Rechnung, die ste wiedergibt, die spöttische Bemerkung: „Das also zahlt Deutschland für Neger- und Halbnegertruppen, weiße Franzosen und zweifelhafte Engländer. ?lbcr «in Teil davon entfällt auch auf unsere amerikani schen Truppen. Deutschland ist von den amerikanischen Märkten durch den Zolltarif ausgeschlossen, bekommt aber im besetzten Gebiet auch nicht «inen Pfennig Steuern für die deutsche Verwaltung. Da, ist die wahre Gegenseitigkeit." g' Neue UnruAn in Irland. ft . Loudon, 7. Nov. De Dalera veröffentlicht einen Aufruf an ülle Iren, in dem er sie auffordcrt, sich an einer Wahl nicht zubeteiligen. Er sagt, diese Wahl sei von einer ausländi schen Regierung ausgeschrieben und nicht, von der irischen Volksvertretung. Wer sich an den Wahlen beteilige, unterwerfe sich Wieder der ausländisch-englischen Negierung, was ein Verbrechen ge gen Lie Einigkeit Irlands sei. Bockau, S. Nov. Oeffentliche Gemeinderatechtzung am 24. Vkt. Beschlossen wurden die Ausschreibungen von Handwerker-Arbeiten für Len Wohnhausneubam D«s geringen Ertrags wegen wird di« Bierstmer künftig nicht mehr erhoben. Angeregt wurde al» Ersatz dafür Lie Erhebung einer Branntweinsteuer. Als Beisitzer der Mieter zum Mietcinigungsamt wurde Gemei-ndeältester Engelmann, als Stellvertreter Fabrikarbeiter Gustav Brückner gewählt. Für die durch Unwetter Geschädigten in Obersachsenberg wurden 20v Mark bewilligt. Der 6. Nachtrag zur GemrinLesteuerordnung (Hundesteuer) wurde genehmigt. Erner Anregung auf Einführung von Schlachtungen wurde zugestimmt. Von Lsm geringen Ergeb, uis der Zeichnung von Kartoffeln für Minderbemittelt« durch di« Landwirt« wurde Kenntnis genommen; desgleichen vom Bericht über di« Hauptversammlung de» Giroverbandes in Dresden. Beierfeld, 7. Nov. Im Alter von nahezu 78 Jahren ist der Orts- -md Friedensrichter Gustav Hecker gestorben, eine weithin bekannte und angesehene Persönlichkeit, mit welcher wiederum ein Stück alter Geschichte hiesigen Orts zu Grabe getragen wird. Der Verstorben« widmete die Hauptkraft seines langen Lebens seinem Geburtsort« und wor in de» verschiedensten Ämtern tätig; 1876—86 war rr De- meindevorstand, 1886—1919 -erster Gemeindeältester, lange Zeit auch Schulvorstondsvorfitzender, 1889—1920 Nlitglied des Kirchenrwv- llimüs und seit 18W Kantoreimitgliod, als welches er bei der dies- jährigen Kirchenvisttation unter besonderen Ehrungen sein OVjäht. "ubitäum feiern konnte. Dies« vielseitige uneigennützige B-c. siitigung im Dienfte der Oeffentlichkelt und sein« streng« Gewifsen- mstigkett, mit Ler er auch bis an sein Lebensende sein Orts- und Friedensrichteramt versah, sichern ihm ein dankbares, ehrendes Ge dächtnis über dos Grab hinaus. , " Bärenstein. Unter den Stimmzetteln fand sich einer mit der Aufschrift: Wie auch der Gew AM heiße — Höher steigen Duttev- prcise! - " Meerane. In den letzten Nächten sind bei Gutsbesitzern in den benachbarten Landgemeinden zahlreiche Einbrüche verübt vorden. Die Spitzbuben bedienten sich bei ihren Raubzügen ab- nblendeter Llutos. " Wurzen. In der Sonntagnacht brannte, vermutlich infolge Brandstiftung, eine mit Getreide überfüllte Scheune des Rittergutes Nöcknitz nieder. Der Schaden wird auf mindestens 26 Millionen Mark geschätzt. . " Taura. Die Psarrschenne ist niedergebrannt. Dom Feuer fielen Erntevorräte und Wirtschstsgeräte zum Opfer, welche ver schiedenen Pächtern gehörten, die Teile der -Scheune gemietet hatten. Zuspitzung -er Lage im Orient. London, 7. Nov. „Daily Chronicle" schreibt, der Waffen stillstand von Mudania sei bereits ein toter Buchstabe. Es fänden zahlreiche Verletzungen der neutralen Zone statt und es sei kaum möglich, den rasch zunehmenden Ernst der Lage im nahen Osten zu übertreiben. Durch Len Staatsstreich in Kon stantinopel hätten die Kemalisten die Verwaltung Konstantinopels übernommen, das unter alliierter Kontrolle stehen solle. „Times" schreiben: Es ist di« Pflicht der britischen, französischen und italienischen Regierung, die Kemalisten r n Schn G z v halten und Bedingungen zu gewährleisten, unter denen die Frie denskonferenz möglich ist. „Times" berichten aus Smyrna, die Türken in Smyrna ge statteten de» Europäern nicht, bi« Stadt zu verlassen, außer wenn sic ein Schriftstück unterzeichnen, in welchem sie sich verpflichten, niemals jwieder nach Smyrna zurückzukehren. Konstantinopel, 7. Nov. Nach hier verbreitete Nachrichten hat Nifet Pascha verlangt, daß ihm gestattet werde, in Tschanak, Galli poli und an der adriatischen Küste des Bosporus türkische Ztvilbehör- dm «inzusetzen. , Die Friedcnsfordernngen der Türkei. London, 7. Nov. Das Reuterbüro meldet aus Konstantinopel: Die Nationalversammlung von Angora hat Ismet Pascha angewie sen, auf der Lausanner Konferenz folgende Punkte zu verlangen- 1. Die Grentzen -er Türkei müssen mit dem nationalen Pakt übereinstimmen. 2. Griechenland muß eine Entschädigung bezahlen. 3. Die Kapitulationen müssen beseitigt wer den. 4. Die Grenzen von Irak müssen neu geregelt werden. 6. Die Türkei muß vollständige Unabhängigkeit von finanziel ler, wirtschaftlicher und politischer Kontrolle erhalten. 100 bis 120 Prozent. Auch dl« Reichskahn erwägt weÄer« Tariferhöhungen. ' Dir Richtpreis« für Holzstoff werden, wie halbamtlich mit- geteilt wird, in Len nächste» Tagen mit Wirkung vom 1. Normend« aufgehoben wevden. ' LM«r Ka-rtoffelk^ndel. Di« Nachrichtenstelle Ler Staat». kanzl«i schreibt: Von landwirtschaftlicher Leite wirb darüber geklagt, baß täglich Vertreter! von Fabrik«», Betriebs räten, größeren Unternchimmgen nnb zusammrengeschlossen«» Käufgruppen -um Ankäufe von Kartoffeln in Lie land-wirtschaft- lichen Betriebe kommen, ohne im Besitz ber ««forderlichen Anians«, erlaub»!» zu sein, und Labet sehr oft eine drohende Haltung an- nehmen. Die Landwirt« werden Lurch solche Forderungen in «in« unangenehme Lage versetzt, würden sich ober auf der anderen Seite strafbar »lachen, wenn sie ihnen nachgeben. Es ist zu be. fürchten, daß solche Vorgänge den Zustand Le» vergangenen Jahre» hevbeiführen, indem Lurch Las Auftreten zahlreicher Aufkäufer und die dadurch vermehrte, überhastete Nachfrage bei Len Erzeugern die Preis, stark in- die Höhe getrieben worden sind. Di« Polizei- bc-hät-en find deshalb angewiesen worden, auf derartige.Vorgänge zu achten und sie ber Gtrafverfolguugsbehövde anzuzeigen. ^Mkkltke» mltgetM. Tr schreibt: Meine Vrvnb« N«. gen auf politischem Gebiete. Die schweren Zeiten der Lage können nur von einer Negierung gemeistert werden, deren Führung da« uneingeschränkt« -vertrau«» in w«it«st«n Schich. ttnve» Volke» besitzt. Ob diese Voraussetzung in hinreichendem Maß« besteht, muß ich nach vrrschiedrnen Erscheinungen der letzten 8«tt, deren Wurzeln bi» in di« Zeit meines Amt», antrttt«» zurückretchen, bezweifeln. De« Zeitpunkt de» Rücktritt» habe tch so wählen zu solle« geglaubt, daß der Land» taa die neue Session mit einen: neugebilveten Ministerium durch- führ«» kann. Das Lächeln der Gioconda. i Roman von Gatty Bachem-Tanger. Amerikanisches Gopyrtght 1V20 by Earl Duncker, Berlin, r (Nachdruck verboten.) - (L4. Fortsetzung.) Leonards saß am offenen- Fenster feiner Werkstatt und sah dam Flug Ler Bögel nach. Wie sie sich so leicht und mühelos in die Lüfte schwangen, so, als ob ihr Körper kein« Schwere und di« Luft keinen Widerstand hätte. Er riß den Blick los von Lem muntern Spiel in Len Lüften, »lud mit einem schweren Seufzer betvachtete er den- Torso einer Flugina schirr«, ble schwer und massig mit Len großen plumpen Holz- slügelu aus dem Boden lag. Monatelang hatte er daran gearbeitet, Hatta gedacht und be rechnet, erwog«» und vernichtet und wieder von neuem eufgc- baut, um -heut« zu erfahren, Laß alles vergebens gewesen ist. — AlnL doch mußt«, mußte es möglich sein. f Die Ikaru»sage war ihm mehr als nur «ine Sage. Der Mensch war der Herr der Elemente. Erde, Wasser und Feuer hatte er sich dienstbar gemacht, nur Li« Luft wollte noch keinem Zwang gehorchen. Ob e» ihm, ob e« erst «inam späteren Menschsngeschlecht be schicken war? Heute ließ Leonardo die Hände untätig im Schoße ruhen, Liese sonst nimmermüden Hände, welche die groben Hvlzflügel gefügt hatten, die Pläne für Kanalboulen, Fastungswälle, Hafenanlagen entworfen, diese geschickten Hände, Li« Len Meißel wie Len Pinsel führten. Was gab es, das Leonardos Geist nicht beschäftigt hätte? Sein gewaltiger Geist umfaßte La» Ml, Lie Bahnen Ler Ge- stirne und Liv treibende Kvaft der Erd«. Lie Gesetz« der Mechanik, und was für andere Lie geheime Kunst der Alchintie war, das nannte er die Gesetze -der Chemie. Er war Maler, Bildhauer, Baumeister, Musiker und Dichter. Alh» kannte er, alle» wußte er — nur von Ler Liebe -es Weibes wußte er nichts. Er fak bi« Frauen und sr«ut» sich ihrer Schönheit, sowi« »r sieb an den Blumen und Schmetterlingen freute. Doch er begehrte -d' Frauen nicht. -- Denn, sagt« er, pflücke ich Lie Blum«, so welkt sie in meine, Händen, und Len Schmetterling kann ich nicht -berühren, ohn seinen Schmelz abzustreisen. Leonardo faß also sinnend und warte!« auf Moua Lisa -el Gio con-da, deren Gatte ihr Bildnis von Leonardos Hand gemal wünschte. Die Uhr schlug elf. Zugleich geschahen zwei Schlage an d«r Tür, und als Leonardo öffnete, betrat Mona Lisa, gefolgt von ihrer Dienerin, den Helle, Raum. Leonardo stand betroffen. Er sah Mona Lisa heute -um erstenmal. Wohl kannte er ihren Gatten, den alten habgierigen Francesco del Gioconda. Und hat!« er auch des öfteren Mona Lisas Schönheit rühmen hören, so hätte er doch nie d«n Gioconda im Besitze eines solch königlich schönen Webbes, gewähnt. Mit edlem Anstand verneinte er sich tick und hieß Mona Lisa sich nietecsetzen, so daß das Helle Tageslicht sie voll -beschien Prüfend ruhten seine Blicke auf dem edelncformten Antlitz, aus -cm seidig schimmernden Haar, auf dem schlanken Hal», der sich in blendender Weiße au» L:m Ausschnitt des Gewandes hob. Nur ihr« Augen sah er nicht, den« sie hatte den Blick vor Kem prüfenden Auge Les Künstlers gesenkt, und ein leise» Rot stieg in ihr« Wang«». Da sprach Leonardo zu ihr, um den wechselnden Dcstchtsaus- oruck und Len Blick ihres Auges zu schauen und d-n Airgsnblick festzuhalten, der ihm -cr geeigneteste zu seinem Gemälde schien. Er erzählte ihr von fernen Ländern, die er gesehen, von Kairo, -er prächtigen Kalifcn-stadt, bei deren Sultan er in Diensten ge- stauben hatte. Er sprach ihr von Len Jahrtausende alten Pyra miden, von den gewaltigen Tempeln, deren Decken auf kotvssäulen ruhten, so Laß es schien, ein Wald von riesigen Lotosblumen sei «mporgc-wachfen und habe sich in granitnen Stein verwandelt. Er erzählte ihr von der Pracht Ler alten Kalifenpaläste, wo dl« Münde Ler Gemächer schimmerten von gleißendem Goldmosaik und einoeloatan Perlmutt mrd Elfenbein, und wo in «Kite«, attigen Hallen silberne Brunnen Kühlung ra-uschten in kunstvoll -formten Älabasterschalen. Er sah es Leists Mick ihrer Augen an, wie sich ihre Seele weit fnete und ihm entgcgenflog. Manch klr»ge Frage wußte sie so zu stellen, daß Leonardo iHv ,ehr von dem erzählte, wonach ihr Herz verlangt«. -Da sprach er zu ihr von allem, was sein Herz erfüllte, sprach hr auch von dem Vermögen Le» menschlichen Geistes, alle Hinder- ässc zu besiegen, selbst durch gewiss« Kräfte Li« Gesetz« der Schwer» u übwwinden und sich gleich dem Bogel in die Lüfte zu schwingen. Mit Anteil ruhten die klugen, ausdrucksvollen Augen- auf -dem 'lntlitz des Sprechers. Wohl blickt« sie erstaunt, Loch nicht un- Mkbig. Er s-ah, -aß sie sich -mühte, ihn zu verstehen, und was ie nicht verstand, das empfand sie ahnimgsvoll mit gläubigem Gemüt. Und wi« anders konnte sie ihn verstehen, al» weil ste ihn liebte? Nur Lie Liebe lehrte ste Lem Gedankenfluge Lessen folgen, dessen Deist um Jahrhunderte seiner Zeit vorausgseilt war. Er sag!«: „Die einen nennen mich einen Narre», Lie ander«» einen Zauberer und Gottlosen. Selbst Giovanni Doltraffia, mein Lirb- lingsschüler, hat sich in Mißtrauen und abergläubisch:! Furcht von mir obgewand-t. Sagt mir, Madonna, wie nennt Ihr mich?" Leise und doch feierlich -antwortet« st« „Meister, fo nenn ich Euch" In diesem Augenblick stand -er Gedarrte vor Leonardos Seel«. Was war dies schöne Weib für Len alten -geizigen Giocondo? Ein Schatz, Lessen Wert er nicht kannte und Len er dennoch mißtrauisch und neidisch vor allen Blicken versteckte. Nrrr ihn furchet: er nicht. Er wußte ja, wie all« es wußten; daß Lenonardo sich in seltsamer Scheu vor jeder Berührung Los Weibes'zuvückzog. Aus seinen Gedanken heraus fragte'er plötzlich: „Mona Lisa, weshalb seid Ihr Lie Gattin des Messer Fran cesco d-el Giocoirdo geworden?" „Weil mein ,Vater, der Messer Gherardino, mich ihm be stimmte." Sie sagte es ruhig und leidenschaftslos. lFortsetuno folgtt
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