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Erzgebirgischer Volksfreund : 07.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192203078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19220307
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19220307
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-07
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 07.03.1922
- Autor
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«r. 52. 7. Mär, 192L. Erzgebirgischer Doikssreunv. Verlag L. M. Gärtnrr. vetdlav, k Oerlttche Angelegenheiten. Nicht immer Magen! G, gibt Menschen, denen di« Mage wir «ine Krankheit anhSnyt. Stt fühlen sich «richt wohl, wenn si« nicht mindestens einmal am Tage Daleaen-eit schabt hoben, Wer die Zrit im allgmneincn und Wer ch« Not im besonderen zu klagen. Sie stürzen sich auf Lie Frag« Mi, sicht «»?" mit einer Antwort, di« mit »Schlecht bogiimt und ein, Klagelitanoi «»»löst. Mr all« kennen sie, und vielleicht gebest auch dn, Neber Kaser, W ihnen. Da wirst du «in schiefe, Gesicht ziehen und sagen Menn man doch Grund hat ... .* Wenn man doch Grund hat! Ich erkenn« schwere persönliche Schicksalsschläge als Grund an — nicht aber erkenn« ich an, daß jemand di« gemeinsamen, durch gemeinsames Geschick überkommenen Nöte fltr sich in Anspruch nehmen darf, dadurch, daß «r sie al» eigen« Not besonder» herrschet. S» geht un» Deutschen allen schlecht seit Versailles. Den einen drückt die Not da, den andern dort. Der Kaufherr hat ebenso daran « tragen wie der Bauer, der Beamte ebenso wie der Arbeiter. Don den Gewissenlosen spreche ich hier nicht, denn si« haben ihr Heunat- oecht, wenn auch nicht gesetzlich, so doch moralisch verloren. Warum klagen «vir uns also einander etwa, vor? Ist es nicht «Ml Schwatzerei, wenn man etums, was jeder weiß, immer wieder erzählt? Sind wir denn all« Waschweiber geworden, nachdem wir vier Jahve hindurch, ununterbrochen, Tag und Nacht, in Kampf und BrbeL in Front und Heimat «in Heldentum offenbart habe»«, wie xlanal» vor un, ein Volk, solange e* Menschen gibt?! DIellÄcht hoben wir an» im letzten Kriegejab» so wett Wer unser« Kraft verausgabt, daß di« Depression des Friedensschlusses zur Sselenbatastroph« wurde. Aber ich meins, es geht doch nicht an, daß wir — «in Volk von sechzig Millionen — noch jetzt nach drei Jahren so schwach und willenlos sind, daß un» die Klag« zum dritten Wort wird. versuchen wir « doch einmal ander«, hängen wir uns doch ein mal, wie man so zu sagen pflegt, ,-den Himmä voll Geigen* — zu viel Ovtknisnm» ist immer noch besser, als zu viel Pessimismus. Denn oer Optimismus macht unser« Herzen frei«, der Pessimismus kapselt fi« ein. Im kleinen muß man beginnen, und du glmGst gar nicht, NLer Leser, wie e» wirkt, wenn du di« Frage um dein Befinden fest und klar beantwortest mit eiiwm „Danke, recht gut*. Du magst ja in deinem Innern hinzusetzen ,/gemessen nach Len Desamto.-rhältnissen*. Paß auf, wie sich das Gesicht des Fvageieden, das schon ganz aus «Ins nisdevgeschlagene Antwort eingestellt war, aufhellch wie er aufmerkt, wenn du ihm erzählst: Mch mal, uns "cht?» ja gegen früher allen schlecht, da die» aber jetzt der Normalzustand ist, muß man danach «ich Li» „Besser* cLer „Schlechter* richtig einstellen. Zunächst wirb ihm dein« Antwort und di« Erklärung dazu so ausgefallen evsclrilnen, daß er sie lächelnd weitz.-rsrzähtt. Dam: wird man vielleicht mit dam Finger auf dich weisen: seht, oa ist einer, dem es gut gchtl Aber das wird nicht etwa verächtlich geschehen, sondern mit einem gewissen Frohsinn. Und es wird nicht lange dauern, dann wird Ler eine und der ander« genau so handeln, wie Dn . , .. lind glaubst du nicht, daß dadurch wieder ein gut Teil Lebensfreude in dein Haus mü> Dorf kommt und — Lebensmut?! Nicht immer klage»., nein! Klage stumpft ab unL tätet die Hoff, nmra. Hoffnung über ist der Ursprung Les Wollen» und WM« ist der Begum Ler Tat! O. N. * Verfassung und Dolkskirch«. Don der Freien Dolks- kirchlichen Vereinigung wird uns geschrieben: Da» Ver fassungswerk der sächsischen Landeskirche ist abgeschlossen. Es ist ein Kompromiß mit allen Schwächen desselben, aber auch mit dem Vorzug, daß er die verschiedenen Standpunkte einigen konnte. Das hat er fast erreicht. Es wurden von allen Seiten der Synode Opfer gebracht, nicht zuletzt auch von den Freunden der volkskirchlichen Richtung. Darum konnte auch von diesen in namentlicher Abstimmung ein festes, wenn auch schwer erkämpftes Ja abgegeben werden. Ein einziges „Nein" störte die Einheitlichkeit der Abstimmung. Es kam von einem Manne, dec dem freien volkskirchlichen Gedanken am schärfsten widersprach und eine ausgesprochene hierarchische Spitze normnen kamst « zu keinem Volksentscheid« kommt. Da» ist selbstverständlich «ine Verdrehung. Di» Loutschnationai« Fraktion wünscht de» Volk» entscheid woge» de» ». November» einmütig sobald al» mSAtch horb«^ hat Len Volk«entscheid tm Landtage selbst Lurch ihren ReLne» D» 6»h«lmnls,«variun ' «snrsnchano^t»l> keinen bittigen Kaffs« gibt» Msn kocht mit clen echter»- pKiflN'äiRffsrsKafke-^f-em Mache» Li« '.denbrlis «inen Versuchs Anigirr«lclss»r» u. Siibwnpslrot« iku Haven in Son Lekchiknn! Sitzung kommen möchte. Umgekehrt ist es aber durch Gespräch« t» Landtag« allgemein bekannt geworden, daß di« SoziakLem»- krati« «invn Bolk»«ntsch«id über d«n 0. Rvv«mb«, unter all«« Umstände« verbind,r« will. Bei «tm» solchen Gespräch ist von einem Leutschnattonolen Abgeordneten k» merkt worden, der Volksentscheid könne, wenn jene Vorlage ango- «ne Auflösnua de» Landtages, di» übrigens sehr Willkomm«, sein würbe. Der Volksentscheid könne nur dadurch verhindert werd«», wenn di« Sozialdemokratie selbst dafür sorge, daß di« Vorlage akge» lalmt würde. Auch hierbei hat er betont, daß Ler Volksentscheid sicher Len bürgerlichen Parteien einen Erfolg bringen würd». AM Grund einer gemeinschaftlichen Fvaktimwsitzung der sozialdemokra tischen Parteien Hoden di« LrÄ Regierungsparteien am folgend«« Tag« gegen di« bürgerlichen Stimmen durchgesetzt, daß die Fetertaa»- vorlage Li» zum April vertagt wurde. Für jede« verständige« Ly« sagt die» genug.* * Glue Landestagung zur Bekämpfung der Geschlecht» krankheiten fand am Sonnabend in Dresden statt auf Veran lassung des Landesamts für Wohlfahrtspflege, der Landes versicherungsanstalt Sachsen, des Landesausschusses Mr hygienische Volksbelehrung usw. Professor Werther be richtete, daß allein die Zahl der syphilitischen Erkrankungssäll» in Sachsen auf jährlich 83 OM zu berechnen sei. Del de» Dresdner Ortskrankenkasse sei die Zahl der Geschlechtskranke» von 2300 im Jahre 1917 auf 11 MO un Jahre 1921 gestiegen. Professor Dr. Galewsky forderte ein Gesetz, das die Verpflich tung für Geschlechtskranke vorschreibe, sich ärztlich behandeln zu lassen, ferner ein Verbot der Behandlung durch Nichtärzt» und der Fernbehandlung enthalte, weiter namentliche Meldung der Kranken, die ungeheilt aus der Behandlung wegblelbe«, Freigabe, des Verkaufs von Mitteln zur Verhütung der An steckung usw. Es folgten Vorträge über Ausbau der Fit» sorge für gefährdete und Prostituierte, über Schule und Kirch« km Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten usw. Daran schloß sich eine Besichtigung der Ausstellung über Geschlechtskranke heiten tm Hygiene-Museum. * Eisenbahner und Relchsgewerkschaft. Die Reichsgewerk schaft Deutscher Eiseubnhnbeamten und -Anwärter hatte ia Dresden »ine Versammlung einberufen, um den beiden Uv- hebern des Streikes, Menne und Scharfschwerdt au» Berlin Gelegenheit zu geben, ihre Streikprollamation, di» Führung und den Abschluß des Ausstandes zu rechtfertigen. Ihr bei diesem Streik bewiesenes gewerkschaftliches Ungeschick und ihre Bedenkenlosigkeit gegenüber den verhängni- ollen Aus wirkungen des Streikes auf unsere Dolkswirtscha^ versuchten die Führer durch Angriffe auf die gewerkschaftlichen Spitzen organisationen, die sich gegenüber dem Streik ablehnend ver halten hatten, zu bemänteln. In der Aussprache traten di» Vertreter anderer Gewerkschaften den beiden Referenten seh» entschieden entgegen. Schließlich wurde von der Versammlung eine Entschließung angenommen, die das Verhalten de» Ministers Groener in der Maßregelungsfrage mißbilligt und vom Reichskanzler erwartet, daß er fett» Versprechen baldigst einlost. - wünschte. Leider find die unmittelbaren Wahlen zur Synode nicht angenommen worden. Aber es gab doch auch unter den Gegnern der Urwcchl solche, dte ein« Entwicklung kommen sehen, durch die über kurz oder lang da» weitherzige Wahl- recht gefordert und gewährt wird. Abgelehnt wurden wiederum die Verhältniswahlen; im Lande gibt es auch unter den rechts gerichteten Kreisen Stimmen genug, die da» Ver- hältniswahlrecht als unbedingt nötig und gerecht fordern. — Sehr bedauerlich ist die Annahme der Bestimmung, daß Bischof und Präsident nicht von der Synode allein, sondern unter wesentlichem Einfluß de» Landeskonsistoriums gewählt werden. So viel auch in der 2. und 3. Lesung verbessert wurde, dieser Passus blieb l Aber erfreulicherweise fand der Gedanke Zu stimmung, daß dem Landeskirchenausschuß gegenüber den Be- schlüssen der Synode kein absolutes Veto zusteht, sondern die letzte Entscheidung bleibt der Synode. Auch die Be stimmung, daß eine Verfassungsänderung an di« Ge nehmigung des Landeskirchenausschusses gebunden wäre und nicht vor drei Jahren erfolgen dürfe, ist noch gefallen. Ebenso fiel das Privileg der Superintendenten, eine eigne Vertretung in die Synode wählen zu dürfen. Nicht unwesentlich ist auch der Beschluß, daß dte Dekenntnisformel der Verfassung voran- gestellt wird und danach außerhalb des Rahmens der Rechts ordnung bleibt. So ist die Arbeit der Freunds der freien volkskirchlichen Richtung doch nicht ganz vergeblich gewesen, wenn auch viele Wünsche unerfüllt blieben. Die Gerechtigkeit fordert zu sagen, daß auch die Gegner dieser Richtung sich weite Zugeständnisse abringen lassen mußten. «Republikanischer Reich,verband und Vere!« Sächsisch»« Richt««. Der Republikanische Ncichsverband verbreitet folgend« Mitteilung: Der sächs. Nichtertag hat in der Tagespreene vor dem republikanischen Nich» vsrbund gewarnt. Wir steilen fest, daß der republikanische Nichterbund eine Arbeitsgemeinschaft mit folgenden Zielen ist: 1. Schutz der be stehenden Staatsform und ihrer leitenden Persönlichkeiten. L. Moder- nisiierung der Gesetzgebung und der Rechtspflege in wahrhaft demo- kratlschen Sinne. 3. Modernisierung insbesondere des Geistes der Richter, die di» Ucberzeugung auch der politisch anders denkenden ach ten «no imstande sind, ihnen gerecht zu werden. Diese Bestrebungen werden vom sächsischen Nichtertag al» Anbahnung einer Politisierung de» Nichlerstandes und al» Eigenbrögelet bezeichnet. Hierzu schreibt der Verein sächsischer Richter und Staatsanwälte: „Der Sächsische Richtertag steht in der Begründung de» „Nepublikrm- chen Nichterbundes* einen tiefbedauerlichen Vorstoß gegen die Ge. schlossenhrit und Einheit des deutschen Nichtertums, wie sie sich im deutschen Nichterbund und seinen Landesvercinen v "körpert haben. Mit dem gesamten deutschen Richt«rstand hoben sich Ler deutsche Richter bund und seine Landesvedeine mit unzweideutigem Gelöbnis von An beginn auf den Boden der Reichs- und Landcsverfaenung gestellt. Ab seits von jeder Parteipolitik, erstreben si« ausschließlich die Förderung der deutschen Rechtspflege und der Berufsangelegenheiten der Mit- «lieber. Sie sind dabei jederzeit eingetreten für ein fdeie» und unab hängiges Nichtcrtum und -ür alle berechtigten Nssormbewegungen. Sie betrachten cs als die oberste Aufgabe des deutschen Nicht«rstandes, streng unparteiisch und unerschrocken, ohne Ansehen der Person nur dem Rechte und der Gerechtigkeit zu dienen und dadurch wahrhafte Schirmer der Freiheit und Ordnung zu sein. Mit ihnen hat das deutsch- Richter- tum, das sich au» allen Schichten des Volkes zusammenset^t, den Wunsch und den Willen, mit aller Kraft einer gesunden volkstümlichen Rechtspflege zu dienen- Wenn der „Revublikanisch« Richterbund* in einem Ausruf d«n Anschein erwecken will, als ob der deutsche Richter stand zu alledem erst seiner Führung und Wegwettung bedürfe, so ist dies irreführend und falsch. Di« Naumburger Entschließung des deut- slben Nicbterbnnde» vom Lg. September 1920 beweist, daß der „Re publikanische Ricktedbund* insoweit weder neu« Ziele, noch neue Wege bringen kann und will. Neu ist ibm nur sein Versuch der Anbahnung einer Politisierung de« Nichterstandes in der Form der Parteipokitik. Davon muß aber das Dichtertum und die Vakksgvsamthelt unter allen Umständen bewahrt bleiben. D r SäcMche Richtcdtag muß daher mit aller Entschiedenheit vor dem „Republikanischen Richterbund* und sei ner Eigenbrötelei warnen.* * Die Furcht vor dem Volksentscheid. Von zuständig-w Stell« wird dem „Sachs. AcitungsLienst" g schrieben: „Die „Dresdner Volkszeitung" brachte am L8. Februar «ins Notiz, wonach ein deutsch- nrtionaisr Abgeordnckr einem sozialdemokratischen Mgrordnttcn ge sagt hoben soll, dte sozialdemokratische Fraktion möchte zur Abstim- mung über die Feiertagsvorlage ei liege Mitglieder abkonrrnandieren, I Gebrüder WsskenrNsld. Roman von Lola Stein. (l. Fortsetzung.) Neber die Derbindungsbrücke vom Schiff zum Lande strömten die Passagiere. Manfred Westenmald lag in den Armen des Vaters, am Herzen der Mutter, küßte die Schwester und Kusine lachend und glücklich und sagte dann atemlos und so, als ob es das Wichtigste für ihn auf Erden sei, und er nicht in dieser Minute nach dreijähriger Trennung die Seinen zuerst wtedergesehen: „Ich muß euch mit den Gonvalvezschen Damen bekannt machen/ Frau Karoline fand, daß die Vorstellung noch wenige Augenblicke Zeit gehabt Hütte, auch der Senator und die jungen Mädchen mochten ebenso denken. Noch hatte man Manfred nicht einmal ordentlich angeschaut und schon kamen dis Fremden dazwischen. Aber Manfred hatte Senhora Gonzalvez den Arm geboten und führte sie nun den Seiuigen zu, während Octavio Gonzalvez dem Senator die Hand geschüttelt hatte und dl« Bekanntschaft mit den jungen Mädchen, die sich seiner kaum noch aus früheren Jahren erinnerten, er- nuerte. Die Senatorin reichte ln ihrer steifen und förmlichen Art der Brasilianerin die Hand und erwiderte mit einem herab lassenden Kopfneigen den tiefen Knlx der jungen Tochter Octavio Gonzalvez'. Aber Senhora Gonzalvez fiel mit einem Schwall von Worten über die Senatorin her, plauderte in ihrer temperamentvollen, südländischen Art gleich von der Reise, von Manfred Wcstenwald, der ihnen allen lieb wie ein Sohn ge» worden sei, mrd von der Hoffnung auf gut« und warme F>eundschaft. Donna Rosita sah man ihre einstige große Schönheit noch an, aber sie war zu stark geworden, ihre Formen waren aus» elnandergequollen und hatten jedes Ebenmaß und jede Linie verloren. Auch die Züge des ehemals blühend schönen Ge» sichte, waren verwischt, die Wangen mit einer dicken Schicht Puder bedeckt, di« Lippen aufdringlich rot gefärbt, wie die Landessitte es gebot. Und wahrhaft schön waren nur noch die großen, schwarzen Sammetaugen in diesem Frauenanlltz. Aber wenn man Donna Rositas junge Tochter sab, so dachte man unwillkürlich, daß sie einst gewiß ebenso 'w'' <1 gewesen war, wie die achtzehnjährige Imz heute, mm , ' leise Schwermut konnte einen befallen bei dem Gedam - - ' den ständigen Wechsel auf Erden und an di» Vergüngm^ü MW irdischen Kitt»» Dorothea Wesienwald hatte solche Gedanken, als Manfred ihr und Elisabeth die junge Brasilianerin zuführte und als dis beiden Mädchen überrascht und hingerissen auf diese Wunderblume der Tropen blickten. Denn Inez Gonzalvez war so schön, wie eine achtzehn- , jährige Brasilianerin nur zu sein vermag. Alle berückenden Vorzüge der Kreolin aus spanischem Blute zeigte dieser mittel» f große, biegsame Müdchenkörper, zeigte dieses rassige und feiue f Köpfchen mit der Hautfarbe matten Elfenbeins, mit dem granatrotcu üppigen Lippen, der zarten Nase, dem wunder vollen Oral der Wangen, dem blau schwarzen Lockenhaar und den großen, verträumten, sammetweichen, nachtdunklen Augen. Aber Dorothea W-stenwald konnte trotz des anfwallenden Gefühls der Freude über soviel fremdländische Schönheit eine leise Empfindung von Wehmut nicht ganz unterdrücken, als sie in dieses liebreizende Anlitz sah und einige Worte mit Inez Gonzalvez tauschte, ein Empfinden, das sie selbst nicht ver stand. Oder kam es daher, daß Manfred, statt die ersten Minuten des Wiedersehens sich mit den Seinen zu freuen, in diese schöne Stunde fremde Menschen gebracht, die sie störten? Sie hatte sich so auf sein Heimkommen gefreut — seit Jahren hatte sie diesen Tag herbeigesehnt — und nun war alles anders, als sie es erwartet. Denn sie las in seinen Augen nicht dieselbe Freude, die sie in sich fühlte, ach nein, sie sah, wie diese geliebten braunen Trüumeraugen an dem fremd ländischen Liebreiz Inez Gonzalvez hingen und keinen Blick hatten für sie selbst. Man verließ gemeinsam den Kai. Draußen wartete das Westcnwaldsche Auto, und ehe man es bestieg, erfuhr man noch, daß dis Fremden im Hotel Atlantic Wohnung zu nehmen beabsichtigten. Und Gonzalvez sagte lächelnd: „Nun, wir werden uns bald Wiedersehen* Dorothea aber hatte es geschienen, als habe Stimme und Lächeln einen ganz eigenen Ausdruck bei diesen Worten gehabt. Und nun saß man im Auto und jagte dahin. Manfred zwischen den beiden jungen Mädchen, den Eltern gegenüber, die ihn mit Fragen bestürmten und gleich in diesen ersten Minuten hunderterlei wissen wollten. Er antwortete lachend . und glückiich und wehrte die vielen Fragen ab. „Laß mich doch erst mal zur Ruhe kommen, Mütterchen, laßt eu a alle erst einmal richtig anschauen. Ihr habt euch kaum drrt," meinte er dann zu den Eltern. ,' . n recht alt geworden, Manfred.* i , , Vater, Leine Spur* „ . . wenn auch vielleicht nicht äußerlich, hier innen,* .und er chs auf sein Herz, «spüre ich es schon. Was aber sagst du zu Elly und Thea, Manfred? Die Mädchen haben sich doch mächtig verändert, seit du sie zuletzt gesehen hast. Wi» lange ist das her?* „Vor vier Jahren sahen wir «n» zuletzt,* sagt» Dorothea schnell. „Ia, wahrhaftig, Thea, du hast recht,* meinte Manfred. „Denn damals, während ich mein Jahr abdiente, kamt ihr Mädels in die Genfer Pension. Als ihr eure großen Ferien zu Hause verbrachtet, war ich im Manöver, und als ich dann nach Uebersee ging, wäret ihr noch nicht zurück. Ich habe euch als kleine Mädchen verlaßen und finde ruck) als Damen wieder. Und hübsch seid ihr beide geworden, Donnerwetteri* Aber seine Augen glitten doch nur flüchtig über fit hin, denn vor seiner Seele stand ein anderes Bild, sein inneres Auge sah eine andere, eine exotische Schönheit, und sein Blut war erfüllt von jenem anderen südliche» Liebreize, der ihn toll und sehnsüchtig gemacht. Und während er nun den Eltern ihre Frage über dl« Reise beantwortete, indes seine Seele, weit von dem allen war, schaute Dorothea ihn an. Und so sehr war er innerlich von ihr entfernt, obgleich e» an ihrer Seite saß, daß er nicht einmal den Blick diese» großen grünblauen Augen fühlte. Er hatte sich verändert in diesen vier Jahren — gewiß, reifer, männlicher war er geworden und sein schmales hübsche» Antlitz war gebräunt von der Sonne der Tropen. Aber dennoch — dennoch schien er ihr ganz derselbe noch zu fein, als der er damals vor vier Jahren den bunten Rock ange zogen, als d-m sie ihn in ihrem sehnenden Herzen, tn ihren zärtlichen Gc tten getragen. Das war noch immer ein ver träumter Iünglingskopf, obgleich Manfred nun 26 Jahr» zählte, das waren noch dieselben braunen Schwärmeraugen, die nicht für einen Hamburger Großkaufmann paßten. Der nüchterne, scharfe Blick hatte Manfred ja immer gefehlt. Un» Dorothea erkannte in dieser ersten Stunde de» Wiedersehens, daß er der gleiche geblieben war innerlich und Lußerlich. Dis auf das Eine, das ihr das Wichtigst» war Bis auf sei» Gefühl für sie. Denn sie hatte es sogleich beim Wiedersehen, bei diesem hastigen Händedrucke, diesem flüchtigen Kusse empfunden: er hatte sie vergessen gehabt. Ein anderes Mädchen hatte ihr Bild in seiner Seele ausgelöscht, eine andere Leidenschaft dl« Kinder» und Jugendliebe »u ibr in ibm verdrängt. Dies» Kind'r- und Jugendliebe, der sie treu geblieben war bi» z» dieser Stunde. , Eartfetzuag BWA H
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