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Erzgebirgischer Volksfreund : 03.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192203030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19220303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19220303
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-03
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 03.03.1922
- Autor
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Neues aus aller Wett fü- efire ge- Arbeit all« die Papievgcldmenge an Wert gnvlnnt, und daß , rechte Verteil,mq und keüre Lohnbevorzugusg einzelner Arbeiter, gruppen stattfindet! Keine Zncrngswlrffchast für die Arbeit! Sonder« Freiheit in der Arbeit für jeden, der mehr arbeiten und auf diesem einzig mögliche« sicheren Weg für sich und feine Familie evt bessere« Auskomme« schaffen will! Keine blinde Unstrstühnng Str Hender, bloß weil sie streike«! Sondern Unterstützung derjenigen Kräfte, di« sich gegen die Loh«, treibercien der ohnehin schon besser gestellten Arbeitergroppen za stemmen die überaus schwere, volkswirtschaftliche Aufgabe haben! Also nicht in der Erlangung größerer Papiergeldmasse« den Arbeiter mebr das Keil, sondern darin, daß durch < Gratis-Bezugschein. An den Marnlan-Derttleb, Berlin 8SS, Friedrich» pr. 18. Erbitte gratis und frsnlo »in« Prob« Marylan^trem« und da» Büchlein üb« Schduheit-pfleg«. . wird, als es der Raum, der mir für diesen Artikel zur Verfügung steht, erlaubt. Man erbSIt sogar, wenn man darum ersucht, kostenlos ein« Nein« Probe der „Marulau-Ereme" und kann sich durch den versuch, der in der Broschüre nüber beschrieben ist, überzeugen, daft es kein« bloße Theori« ist, wenn ich sage, daß Seife die Schönheit verdirbt, Marylan ob« st« «r» hält und wicderbringt. Besonders möchte ich diesen versuch auch allen denen empfehlen, di« an Hautunreinigkeiten leiden, zu denen ich nicht nur Mitesser und grauen Teint, sondern auch andere Schönheitsfehler rechne. Ich empfehle sofort zu schreiben, da die Firma diese Gratieproben nur kurz« gelt abgebt» wird. Benutzen Sie den Gratisbezugschein! Senden Eie ihn als Druck sache In offenem Eouoert. Auf dessen Rückseite schreiben Eie recht deut- lich Ihren Namen und genaue Adresse. EI« «sparen dadurch Porto. Dies« Drucksache Ist mit 50 Pfg. zu frankieren. Lin« Postkart« «fordert Mk. 1L5 Mk. Wie entstehen Runzeln? Mnrum aliert zuerst das Gesicht und erst viel später Arm«, Schultern mb Nacken usw. An, diese Frage zu beantworten, muft man weiter fragen: Wird da, bestück andere bei,nudelt als d!« übrigen Kör erteile? Und da haben wir >1« Lesung soiart: Das Gesicht wird häufiger und auch stärk« mit Waf er und Seife behandelt. Der Or nuicu ms bildet Fett und sondert durch di« Kaut Fett ab. sticht um diese., wertvollen Stoff zu verschwenden, denn der Organismus »«schwendet nichts, sondern um die Haut zu schützen. Dst Leise aber löst Fett auf, verwandelt es ebenfalls In Selfe. Hätte die Natur die Poren der Haut durch Seife schützen wollen, tatt durch eine» fciucn Fctthauch, so wäre Ihr das «in leichtes gewesen. Lie wollte aber Fett, und der Mensch verwandelt es In Seife. Die Volker des Altertums kannten kein« Eeif«, sondern reinigten den lörper durch Salben. Damen, welch« Geheimnisse der Schönheit»pfleg« 'enncn, tun es heute noch. Wer darin Lrjahrung hat, tenut sie unter Tausenden heran«: Si« iltern «richt! An «In« solch« Dam«, Ninon d« Lenclos, knüpft sich «in« tragisch« Begebenheit. Ihr eigener Sohn, der seine Mutter nicht kannte, verliebte sich in sie, al» sie schon eine Greisin, aber dem Neußeren nach «In fung«« Mädchen war, und erschoß sich, als er di« Wahrheit erfuhr. Die vor noch nicht lang« Zeit auf Schloß Löbichau in Thüringen im Alter von über 90 Jahren verstorbene Äcarena Pignatelli, Herzogin von Kurland, bezauberte noch im Alter von 60—70 Jahren die Herzen der Männer. Auch heute noch gibt es Damen, denen man ihr Alt« nicht im ent- ferntesten ansieht. Wir sind nicht so ungalant, das wahre Alter einer be kannten Bühnenschvnheit zu verraten, aber ihr TollettegeheimnI» wollen wir «nthüllen, es heißt „Marglan-Lremc". vorschriftsmäßig angewandt, was täglich nur einige Minuten mehr gelt erfordert al» da« Maschen mit Seife, kräftigt die Haut- und Gesichts- muskeln, die herabgesunkenen Partien bekommen wieder Halt, die Run- zeln gleichen sich wieder aus. Nicht jahrelang« Behandlung ist dazu nötig, sondern der Erfolg zeigt sich bald. Wenn man sich unter Berufnna auf dief« gsitnux an den „Marnlan- vertrieb", Berlin, wendet, so «hält man kostenlos ein« interessant ge- schrieben« vroschür«, tu w«tch«r da» oll« viel ausführlich«» klargelegt jenen fehlt! Nehmen wir an, In einem für sich abgeschlossenen Orte, der im ganzen 20 000 Arid eiter umfaßt, fetzen — sagen wir — 5000 davon di« Erhöhung ihres Lohnes um wöchentlich 100 Mark ohne Mehvarbeits» leistung durch. Die Folge davon wäre, daß diese 5000 Arbeiter und deren Frauen wöchentlich 500000 Mark mehr bei ihren Einkäufen ausgeben würden, ohne daß mehr Waren als vorher vorhanden wären. Durch di« Mehrausgabe und bei dem Mangel an der genügenden Warenmenge müßten die Preiss für all« Bedarfsgegenstände steigen und die übrigen 15 000 Arbeiter würden dem Wettlauf« mit dem im Lohne plötzlich besteige stellten Arbeiter bei ihren Einkäufen nicht mehr gewachsen sein. Da die Lohnerhöhung nicht auf einer höheren Arbeitsleistung der begünstigten Arbeiter vevuht, würde der Wert des gesamten umlaufenden Geldes sinken. Es tritt also der Fall ein, daß alle, auch die nicht im Lohne auf- g-besserten Arbeiter ein geringwertigeres Geld, mit dem sie nicht soviel wie vorher kaufen können, erhalten. Die Lohnaufbesserung des einen Teiles der Arbeiter bringt also ein« unmittelbare Schädigung des anderen Teiles mit sich, und der Vorteil der im Lohn aufgebess«. ten Arbeiter beruht im Grunde nur auf der damit verbundenen Be nachteiligung der anderen Arbeiter. Den benachteiligten Grupp«, könnte ja auf zweierlei Mrise ge holfen werden, einmal dadurch, und das ist der gewöhnliche Weg, daß — Ei« Prozeß auf Befehl de« Entente. Anfang März wird in Erfurt ein Prozeß von politischer Bedeutung gegen de» Eisenbahn» arbeite» Kühn und zwanzig Gesinnungsgenossen verhandelt werden, die im März v. I. einen Ententctransportzug, der au, Bonn kam und nach Kattowitz bestimmt war, aufgchalten Hütten. Die Arbeiter fuhren den Zug auf ein totes Gleis und hängten di» Munitionswagen ab. Auf dem Rangierbahnhof wurde dann ein großer Teil der Mu- nition ausgeladen und zur Explosion gebracht. Die französische Re gierung erhob daher Vorstellungen beim Auswärtigen Amt und ver langte Wiedergutmachung de, entstandenen Sachschaden» und eine Bestrafung der Täter. Nach langwierigen Ermittlungen konnten schließlich Kühne und di, übrigen Angeklagten der Tat überführt werden. — Dürfen znrückkommende Speisen nochmal» serviert «erdenk In Köln ist der Inhaber eines ersten Kaffees vom Wuchergericht mit 25 000 Marl Geldstrafe belegt worden, weil er eingestanden hatte, die Reste aus Kaffeekännchen zusammcngeschüttet zu haben, um Mokka-Eis daraus zu bereiten. In der Regel wurden die Reste auch dazu benutzt, um sie ausgekocht den Gästen erneut als frischen Kaffee vorzusetzen. Ritt Schokolade und Milch wurde in gleicher Weise ver- fahren. Der Inhaber eines anderen erstklassigen Kaffees, der als Sachverständiger vernommen wurde, erklärte, daß dieses Verfahren in allen Kaffees üblich sei. Der Präsident des Reichsverbandcs der Knsfcchausbesitzer Deutschlands wendet sich in einer Ausführung ge- gegen bas „unverständliche" Gutachten des Kölner Kaffeehausbesitzers und weist es zurllck, daß es Geschäftsgepflogenheit des deutschen Gast- und Kafseehausgewerbe, sei, zurückkommend« Speisen neu zu servieren. — Japan als Dücherland. Die japanische Verlagsproduktion ist im Jahve 1920 so groß gewesen, daß sie die deutsche Produktion noch übersteigt. Insgesamt wurden 30179 neue Bücher im Jahve 1920 in Japan verlegt. Davon entfallen auf Kunst und Literatur 9225, auf die Cozialw.sscnscheften 9184, auf industrielle Werke 6561, «ruf Schriften für Erziehung 4492, auf religiöse Literatur 2742, auf die N ^Wissenschaften 1602, auf Medizin 1243, auf Kriegsliteratur 603 und auf Philosophie 467. Auf Uebersetzungen entfielen nur 148 Lr» scheürungcu. — Weltumsegelung kn einem Segelboot. In Konstanz wurde in diesen Tagen das Modell eines Segelbootes ausgestellt, das nach sei- ner Fertigstellung einer Weltumsegelung dienen soll. Das Boot ist etwa 16 Nieter lang. Der Schiffskörper aus 30 Millimeter starkem Steineichenholz verfertigt. Der eiserne Kiel hat ein Gewicht von 5 Tonnen; als Notbehelf wird ein 6-P.S.-Motor eingebaut. Mit die sem Gefährt wollen im Somneer dieses Jahres von Genua aus 4 Sportsleute, ein Deutscher und 8 Oesterreicher, die Reife über Gi braltar nach Newyork antveten. Don dort geht e» dann über noch näher festzusetzend« Strecken „um di« Erde". A Sümrrren aus de« Leserkreis. Die 8Wü der Anlemehmer an ungiMmSWer Enllohnung -er Ar-eilMA Don Kurt Grützner. Wenn auch die Ausführungen kn dem Artikel für jeden Lenkenden Menschen Selbstverständlichkeiten sind, so dürsten sie doch für viel« nicht überflüssig s.in. Unter Ver früheren Regierung würbe kein Wert aus die volks wirtschaftlich: Aufklärung der Arbeiterschaft gelegt. Die letztere selbst hatte wegen des beschränkten Mitbestim- mungsrcchtes, das ihr auf den Gang der öffentlichen An- gelcgeuheiren zuitmd, nur ein geringes Interesse dafür. So kommt es, daß der deutschen Arbeiterschaft die volks- wirtschasrliäw Einsicht, die etwa die amerikanische, eng lische oder französische seit alten Zeiten besitzt, noch viel fach abgcht. Stun hat st« jenen Einfluß, aber noch nicht das genügend« Maß von Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiete der Volkswirtschaft. Hieran krankt unser deutsches Wirtschaftsleben. Der Verfasser hofft, daß es ihm gelungen ist, die Darlegungen so zu halten, daß sie für j bcn denkenden Arbeiter auch ohne irgendwelche nationalokonomischen Dorkenntuisse verständlich sind. Wenn an einer reichg-Leckten Tafel die Speisen in Hülle und Fülle vorhanden sind, steht man, wie einer dem anderen selbstlos und liebenswürdig die vollen Schüsseln zureicht. Anders ist das Bild, wenn ausgehungert«! Menschen vor mrr halb gefüllten Tellern stehen. Dann sucht jeder, soviel er nur kann, zu erlangen und achtet dabei wenig auf seinen Nächsten. Dor solchen Halbleeren Tellern steht da» deutsche Volk. Es hat während ü:r Kriegszeit sein Kapitol, das es in langen Friedens fahrer! angrsammelt halte und das den Erfolg der Arbeit vermehrte, zum großen Teil für die Kriegssührung aufwenden und verpulvern müssen, und jetzt bringt es, nachdem die unglückselige Verringerung der Arbeitszeit um img führ den sechsten Teil eingeführt und noch die Arbeitsunlust und Disziplinlosigkeit hinzugekommen ist, höchstens noch der früheren Erzeugung auf, von der die Entente unter Zustim mung erfiillunassreud!g:r Parteien noch einen guten Teil wcgnimmt, so daß am Tische der Natur für je 3 Deutsche höchstens mir 2 kärg liche Plätze gedeckt sind, oder anders ausg.brückt, auf dem Tisch eines joden Deutschen '» weniger als vor dem Kriege ausgetragen ist. Wenn P,nc Decke für zweie nicht zulangt, so zerren sie hin und her, und wenn für zwei Hungrige das Essen nicht zureicht, so gibt es Streit und Hauerei. Das ist das Bild, das jetzt da» deutsche Volk unter sich abgibt. Wenn es eine kleine Gruppe von Menschen ist — sagen wir sechs — die sich in das dürftige Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit teilen, so kann jeder einzelne von ihnen übersehen, den wievielten Teil er selbst und wieviel jeder von den anderen fünf zu dem Ergebnis bei getragen hat. Jeder einzeln« befindet sich also fünf anderen gegen über, die amau beurteilen können, was er geleistet hat und dis — besonders wenn Mangel b-rrscht — scharf auspassen, daß er sich nicht mehr, als ihm nach seiner Leistung zukommt, von dem Arbeitsergebnis aneignet. Man wird in dem kleinen Kreise nicht dulden, daß einer mehr aus der gemeinsamen, unzureichenden Schüssel herauslösfelt, al» ihm > zukommt. Sieht man doch borst ganz genau, daß, wenn einer sich zuviel nimmt, für joden der anderen weniger, als das ihm -»kommende, übrig bleibt. Diese einfach« Ilebersicht geht ober für den einzelnen in dem großen Millionen von Menschen umfassenden Wirtschaftsleben gänz lich verloren. Wenn es möglich wäre, im Wirtschaftsleben ohne Tauschmittel, ohne Geld ausMommcn und alle in Deutschland erzeugten Waren i (KlekbuayzstüA», Nohrung»mstbck «fw.) sibsrstchtNch «twq kn «b«n «roßen Behälter »u tun, au» dem jeder die auf keine Leistungen ent fallend« Meng, Waren zu beanspruchen hätte, dann müßt« e» auch dem kurzsichtigsten Mann au» dem Volk, sichtbar werden, daß er bei der Teilung um so schlechter roegkommt, je mehr ander« für sich bean spruchen. Der Lohn ist ober natürlich nicht» anderes al» ein« An weisung auf ein« bestimmt« Menge der Waren, di« in den Fabriken und Werkstätten, auf dem Ackerboden und in den Laboratorien «r- zeugt und vom Handel tn den gedachten großen Topf für den Der- brauch der Bevölkerung geworfen wevden. Wer im Verhältnie »u feiner Leistung sich eine zu groß« Anweisung in Gestalt höheren Lohne» verschafft, der bekommt auch «inen verhältnismäßig zu großen Teil von den Waren, »mb wenn irgendein Mensch mehr bekommt, al» ihm rechtlich -ukommt, mutz «tn andrv« in der Nähe sein, der unaevechterweise roerrlfler erhält. Da» ist aber eine schlechte Solida» ritat, gegen die sich eigentlich jeder wehren müßte! Man sollte annehmen, daß sich Lie gesamte Bevölkerung zu sanunenschließen müßte, wenn auf ihre Kosten sich eine bestimmte Arbeitcrgvuppe höhere Einnahmen «zwingen will, und daß sie einem darauf gerichteten Streik mit allen Mitteln entgcgentreten müßt«. Sollte deshalb der Bäcker bei einsm Streik der Eisenbahner nicht zu dem Lokomotivführer, der mit seinem 30 000 Mark Einkommen ebenfalls schlecht auskommt, sagen: Wenn ihr mich nicht fahrt, meinen Kindern keine Milch rind mir kein Mehl, keine Kohlen zuführen lassen wollt, so gebe ich euch kein Brot; wäre es nicht erklärlich, wenn all« in ihren Lebenebedingungen schwer Betroffenen, der Fabrikarbeiter, der Arzt und Rechtsanwalt, der Schuster, der Fleischer und Krämer, der Schneider usw-, wenn alle zusammen den streikenden Eisenbahnern gegenüber ebenfalls streikten? Hat man aber etwas Achnliches je gehört? Ist irgendwer jemals dagegen aufgetreten, wenn ein einzelner oder eine ganze Berufs gruppe für sich aus der gemeinsamen Schüssel zu viel zum Nacht il aller anderen herausholen wollte? Niemand! Im Gegenteil zeigt di« Erfahrung, daß eine Derufsgruppe die andere, di« sich bei dem Herauslöffel« besonders vordrängt, häufig noch zu unterstützen pflegt. Man weiß nicht, daß man sich selbst damit schadet. Wenn z. B. di« städtischen Straßenbahner höhere Lohnansprüche durchsetzen wollen, finden sich womöglich di« städtischen Elektrizität.»- arbeiter bereit, mitzu streiken, damit jene Lohnforderungen unter dem größeren Druck ja bewilligt wevden sollen. Und es ist Loch klar, baß Laun, wenn flir die Straßenbahner einige Millionen mehr aus dem Stadtsäckel bezahlt werden müssen, für die anderen städtischen Arbeitergvuppen zum Schluß weniger übrig bleiben muß, und daß überdies alle Fahrgäste!der Straßenbahn, zu denen ja auch die Elektrizitätsarbetter mit gebären, dann mehr von ihrem Einkommen als nötig in Gestalt des höheren Fahrgeldes hergeben müssen. Di« Arbeiterschaft Ist sich ost nicht darüber klar, daß sie selbst ja den weitaus größten Teil der Bevölkerung bildet, und daß si« selbst es ist, die in der Hauptsache die höheren Löhne, die irgend: ine De- russoruppe für sich herausholt, von ihrem eigenen Einkommen her» geden muß. Gegen wen richtet sich denn ein Streik, Len z. D. Lös Eisenbahner durchführen? Etwa gegen den Sifenbahnminister und L'e Eisenbahn- Direktoren? Diese Herren brauchen den Mehrlohn ebenso wenig aus ihren Taschen zu bezahlen, wie etwa die privaten Arbeitgeber bei einem Streik. Jeder Streik richtet sich mir gegen das Volk im all gemeinen. Die Milliarden, die z. B. Eisenbahner mehr v:rlangen, müßten in Gestalt des höheren Fahrpreises aufgebracht werben. Wenn der einzelne Arbeiter vor jeder Eisenbahnfahrt von dem Lokomotiv» führen selbst direkt gezwungen würde, ihm den auf ihn entfallenden höheren Zuschlag zu zahlen, dann würde wohl auch der nichtdenkende Arbeiter di« Sache klar erkennen. Da er aber den Betrag mit am Fahrkartenschalter zahlen muß, sieht er leider Len Zusammenhang nicht. Nur so läßt sich die ungeheuerliche Lücks in dem Denkvermögen z. D. mancher Unabhängigen (wenn auch nicht voll, so Loch vielleicht einigermaßen) erklären, wenn sie Lv, wo sie bei Staat und Gemeinde als Arbeitgeber mitzurcden haben, energisch für di« Erhöhung der Löhne z. B. der Straßenbahner und zugleich ebenso nachdrücklich ge- gen jede Erhöhung ü«: Poels«, z. B. des Fahrpreises der Straßen bahn, eintreten l Za, wo soll nach deren Ansicht denn das Geld zur Bezahlung der höheren Löhne Herkommen? Es herrscht vielfach die unklare Dorst-llung, Laß die Lohnechöh- ungen zum großen Teil von Len sogenannten „Kapitalisten" getragen würden. Nach Len statistischen Besteuerung »unterlagen entfallen auf 100 Einwohner in Deutschland etwa 2, die man notfalls als Kapi talisten" bezeichnen köi, e. Jeder denkende Arbeiter wird begreifen, daß Lie zwei Kapitalisten aus ihrem Zinseneinkommen, dos bekanntlich sehr ost niedriger als das Lohneinkommen eines Arbeit:rs ist, nicht die ganze Lohnerhöhung für Lie übrigen 98 Volksgenoffen aufbringen können. Gerade die beiden wevden aber überdies, da ste, wenn sie Kapita listen bleiben wollen, nur ihre Zinsen, nicht das Kapital für sich auf wenden können, oft nicht einmal salbst für sich die höhere Ausgabe in G:stalt erhöhter Fahr- und Warenpreise leisten können, geschweige denn gar für anders. (Siehe auch unser Flugblatt Kapitalismus".) Es bleibt also tatsächlich mir die große Menge Ler Arbeiterschaft übrig, die Lie Lohnerhöhungen der einzelnen Arbeitergvuppen trogen muß. Mechel« Arbeitevgruppen, db- nicht in Lesondsrs wichtigen De- trieben wie bei Dahn, Elektrizität, Bergbau usw. beschäftigt sind, kommen mit ihren Lohnforderungen aber den anderen nicht nach und bekommen deshalb einen zu kurzen Anteil von der allgemeinen ' Dütererzougung für sich, leiden Not, während andere Aibcitergruppen > vermöge allerhand ihnen günstige Umstände Las mehr erhalten, was § l st» sich bemüh«, Mich khmich^k» «firr« HEH«« Pt UEsmm«, ' Dies«» Mittel hält über nicht lang« vor, denn di« anderen günstig«» » gestellt«» Arbeitergrupptn merken sehr bald, wenn st« auch di« Ur sachen selbst nicht erkennen, Latz Lurch di« Lohnerhöhung der ander« Arbeiter ihr eigener Anteil an der allgemeinen Warenmenge sich natürlich verringert hat, denn die Vermehrung de» Velde» hat ihr Geld wertloser gemacht und ste müssen ja di« Lohnerhöhung der ande ren in Gestalt höherer Preis« mit bezahlen, bekommen also für da» bisherige Geld eine kleinere Meng« Warrn. Auf Grund brr höher«» Preise verlangen sie dann sofort wieder für sich «ine entsprechend» Lohnerhöhung und dadurch ist der alte Stand, der frühere Unterschied zwischen den Arbcitergruppen wieder hergesteltt. Der andere Weg wäve der, daß es möglich wöve, den Lchn der begünstigten Äkbeitergvuppen auf Len Stand Ler Benachteiligte« P» bringen. Dagegen würden sich jene natürlich mit alle« Kraft zur Weh» setzen und die benachteiligten Arbeitevgruppen selbst wollten und könn ten sicher nichts hiergegen ausrichten. Das eine aber müßten ste tun, nämlich <ck» betroffen» Masse sich selbst mit gegen ein« weitere Begünstigung der bevorzugten Arbeiter» gruppen stemmen und ste nicht etwa gar noch unterstützen, haben Loch ogar nach Zeitungsnachrichten der Verband Ler Polizeiboamten und ein großer Lehrerverband bei dem großen EiseNbahnerstveik im F» druar 1922 den streikenden Eisenbahnern movalifchs und materiell» Unterstützung offiziell zugesichert! Eigentlich brst ht in einem von selbst wirkenden volkswirtschaft lichen Gesetz eine natürliche Schutzvorrichtung, die es verhütet, daß jemand sich zum Nachteile eines anderen rin« größere Menge von der Gssamterzougung durch verhältnismäßig hohen Lohn verschaffe« kann. Um nämlich die größere Masse des arbeiteichen Bolte» vor über spannten Lohnsätzen Einzelner ober einzelner D-rufsgruppen zu schüt zen, ist von der vorsorglichen Natur im Wirtschaftsleben «in Berufs stand als eine Art Puffer h-rangebildet worden, Ler Len Zweck hat, solchen Lohntreibevoien Widerstand zu leisten: Da» ist der Stand der Arbeitgeber. Neben vielen anderen wichtigen volkswirtschaftlichen Aufgabe« (wie z. B. Erkenntnis der Bedürfnisse Ler kaufenden Bevölkerung, Erziehung und Ausbildung der Menschen zu sorgfältiger rascher Ar beit, Verhütung von Materialverschwendung und dergl., Einfichrung verkürzter Arbeitsmethoden, Ucberfttzung der wissenschaftlichen For- schungsergobnisse in die praktische Ausführung usw. usw.), neben dis- sen schwierigen Aufgaben hat der Stan- der Arbeitgeber im Interess« des verbrauchenden Volkes, das sich, wie wir sahen, nicht selbst wehrt, die besonders schwere Pflicht, darüber zu wachen, Laß Ler Dolksgv- meinschaft (also namentlich deren größter Toil, nämlich der Arbeiter schaft) in ihrer Eigmschaft als Verbraucher Ler hevgest llten Waren oder Benützer der geschaffenen Einrichtungen (Bahnen usw.) nicht al» Folge überspannter Löhne Ler Nachteil zu hoher Preise auferlügt wird. Der Stand der Arbeitgeber (zu dem natürlich auch Ler Staat und di« Gemeinden gehören) hat deshalb Lie Pflicht und Schuldigkeit, Li« Löhne gerecht zu bamessen, d. h. Ler Arbeitgeber darf ste, selbst wenn er es noch so gern möchte, nicht höher bewilligen als es durch di» Leistung des einzelnen Arbeiters oder der Arbeiiergruppe gerecht fertigt ist. Jede Versündigung des «inzelen Arbeitgebers gegen Liese wirtschaftliche Ordnung pflegt sich in normalen Zeiten von selbst durch ein anderes natürliches Gesetz sofort schwer zu rächen, nicht nur an dem Arbeitgeber selbst, sondern mich an den von ihm beschäftigten Arbeitern. Er kann nämlich sonst bei dem herrschenden scharfen Wettbewerb mit seinem Konkurrenten, Ler Lavartf ausgeht, der kaufen den Bevölkerung so billig und gut als mir möglich zu liefern, nicht bestehen. Er kann dann' keine Aufträge mehr erringen, sein Betrieb muß eingehen. Bei der jetzt durch den Achtstundentag verringerten Waren«- zeugung ist aber der Vorrat, Lie Erzeugung und deshalb das Ange bot der Waren so knapp, daß die kaufende Bevölkerung für gewisse Artikel, wenn es verlangt wird, bveitwilligst übertrieben hohe Preise zahlt. Infolgedessen ist jetzt jenes Gesetz in manchen Industriezweigen zum Teil ausgeschaltet, das eine übertrieben« Lohngewährung sosovt an dem Schuldigen heimsucht. Es gibt viele Arbeitgeber, die sich jetzt ih.« Pflicht nicht bewußt find und aus Gutherzigkeit, Deguemlichkeit ob« aus sonstigen Be weggründen bei Bemessung Ler Lohnhöhe nicht gewissenhaft verfahren und weit mehr Lohn zahlen als nach gerechten, wirtschaftlichen Grund sätzen mit Rücksicht auf Lie Arbeitergruppen in and ren Orten und Erwerbszweigcn gezahlt werden dürste. Vor allem sind „Staat" und „Gemeinden" als Arbeitgeber gewissenlos bei der Erhöhung -er Löhne verfahren und haben damit die gesamte übrige Bevölkevung, also wie gesaat, insbesondere die ganze übrige Arbeiterschaft auf da» schwerste geschädigt. Man zahlt unbekümmert die höhnen Löhne an die in den eigenen Betrieben beschäftigten Arbeit« und nimmt den Mehrbetrag dann der außerhalb stehenden Arbeiterschaft in Gestalt höher« Preise, Fahrlosten usw. wieder ab. Würde nicht die zwangsweise Verringe rung der Produktion bestehen, — es werden gegen früher durch schnittlich 54 mir 46 Stunden, a'so 8 Stunden oder eia Tag wöchent- lich weniger gearbeitet (man könnte ebensogut einen zweiten Sonn tag in die Woche einschieben), der sechste Teil der gesamten Erzeugung fällt, wie gesagt ,hierdurch gegen früher aus — also würde nicht dies« ungeheuere zwangsläufige Verminderung Ler Erzeugung bestehen und das arbeitende Volk als Verbraucher deshalb bei Beschaffung der notwendigen Waren (Lebensmittel, Kleidung usw.) in die größte Notlage gebracht werden, dann würde di« Herstellung L« größeren Warenmengen und die Sorge um deren Verkauf, wie das früher war, die Hersteller zu imm« niedrigeren Preisen zwingen bis ste sich dem Gesetz nicht mehr entziehen könnten, das ihnen die Pflicht zur ver nünftigen und gerechten Bemessung der Löhne auferlegt und di« Ver letzung der Pflicht mit dem Ruin -es Betriebes 'bestraft. Da wo keine größere Masse zahlend« Arbeit« vorhanden ist imd Lie Erhöhung z. B. der Straßenbahnfahrpreise deshalb nicht vorgenommen werden kann, bewirkt die Lohnerhöhung schon jetzt d» Auflösung der Bettübe, wie die Einstellung der Straßenbahnbärirb» in vielen mittleren und kleinen Orten beweist. Jeder Deutsche hat nur soviel zu leben wie früh«. So traw- rig das ist; aber ein Verbrechen, ihm weißzumachen, daß er durch Er langung von, mchr Papiergeld satter wird, ohne daß die anderen Volksaenossen darunter leiden!
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